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Pseudomorphose ist ein Begriff aus der Mineralogie und bezeichnet ein Mineral das nicht seine typische Eigengestalt Kristallsystem zeigt sondern die aussere Form einer anderen Mineralart angenommen hat Pseudomorphosen entstehen beispielsweise dadurch dass zuerst Mineral A in einem Gestein kristallisiert spater weggelost wird und der Hohlraum durch Mineral B verfullt wird Pseudomorphosen Sets nach Jeff Stretch Young Bayldonit Bayldonit nach Mimetesit Mimetesit Ferberit Ferberit nach Scheelit Reinit Scheelit Gips Gips nach Glauberit Glauberit Goethit Goethit nach Gips Gips Goethit Goethit nach Pyrit Pyrit Kupfer Kupfer nach Aragonit Aragonit Kupfer Kupfer nach Azurit Azurit Malachit Malachit nach Azurit unvollstandig Azurit Malachit Malachit nach Cuprit Cuprit Quarz Farbvarietat Amethyst Quarz nach Fluorit Fluorit Quarz Quarz nach Fluorit Fluorit Rhodochrosit Rhodochrosit nach Serandit SeranditDie Bezeichnung einer Pseudomorphose folgt immer der Regel Pseudomorphose von Mineral B nach A Ein Quarz der die Form eines Pyrits hat wird demnach als Pseudomorphose von Quarz nach Pyrit bezeichnet Ein guter Merkspruch fur die Bezeichnung einer Pseudomorphose ist der Hilfssatz Das was ist nach dem was war 1 Der Ersatz des Ursprungsminerals muss nicht unbedingt durch ein anderes Mineral erfolgen Im Falle der Halit Pseudomorphosen wurden Halit Kristalle weggelost und die Hohlraume durch tonig siltiges Sediment verfullt Dieses Sediment zeigt spater dann den wurfeligen Umriss der kubischen NaCl Kristalle Pseudomorphosen lassen sich nach Strunz folgendermassen klassifizieren 2 Inhaltsverzeichnis 1 Paramorphosen 2 Entmischungs Pseudomorphosen 3 Verdrangungs Pseudomorphosen 4 Perimorphosen und Ausfullungsmorphosen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseParamorphosen BearbeitenParamorphosen entstehen bei polymorphen Substanzen d h bei Elementen oder Verbindungen die in mehreren Modifikationen vorkommen Der Kohlenstoff als Element kann beispielsweise als Graphit oder als Diamant in der Natur vorkommen Als Paramorphose wird z B ein hexagonaler Hoch Quarz bezeichnet der sich bei einer Temperatur von uber 573 C gebildet hat und bei Abkuhlung in die bei Umgebungsbedingungen stabilere Phase des trigonalen Tief Quarzes umwandelt ohne die aussere Gestalt des erstgebildeten Hoch Quarzes zu verlieren Weitere Beispiele von Paramorphosen sind Calcit trigonal nach Aragonit orthorhombisch Akanthit monoklin nach Argentit kubisch Leucit tetragonal nach Hoch Leucit kubisch In der Klammer ist dabei das jeweilige Kristallsystem des Minerals welches massgeblich fur die Form des Kristalls ist angegeben Entmischungs Pseudomorphosen BearbeitenEntmischungs Pseudomorphosen entstehen durch die Entmischung eines Mischkristalls Hierbei wird im Allgemeinen ein bei hohen Temperaturen entstandener Mischkristall im Verlaufe einer langsamen Abkuhlung entmischt Es entstehen dabei Entmischungslamellen in einem Wirtskristall So kann z B ein bei 250 C entstandener Mischkristall Z n C u G a S displaystyle Zn Cu Ga S nbsp mit einer Zinkblenden Struktur bei langsamer Abkuhlung Gallit Lamellen C u G a S 2 displaystyle CuGaS 2 nbsp in dem Wirtskristall von Zinkblende Z n S displaystyle ZnS nbsp bilden 2 Verdrangungs Pseudomorphosen BearbeitenVerdrangungs Pseudomorphosen bilden die wohl umfangreichste Gruppe von Pseudomorphosen die sich nach Strunz 2 noch weiter unterteilen lassen Hierbei wird der chemische Stoffbestand des Ausgangskristalls durch Abgabe Aufnahme oder Austausch von Bestandteilen bzw Austausch des gesamten Stoffbestandes verandert Im Folgenden wird fur jede der vier Entstehungsarten von Verdrangungs Pseudomorphosen ein Beispiel angefuhrt nbsp GlendonitDer Name Glendonit bezeichnet eine Pseudomorphose von Calcit nach Ikait 3 4 5 Ikait CaCO3 6 H2O bildet sich im ufernahen Meerwasser bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt bei 0 bis 4 C Wichtig fur die Bildung von Ikait sind zudem weiche Sedimente die reich an organischem Material sind und carbonatreiche Fluide sowie calciumreiches Meerwasser Wird Ikait geborgen d h dem kalten Meerwasser entzogen wandelt es sich nach Greinert und Derkachev 5 bei etwa 5 bis 10 C in Calcit CaCO3 um Hierbei wird das im Kristallgitter gebundene Wasser abgegeben ohne dass der Ikait seine Form verliert Allerdings ist diese Umwandlung mit einer deutlichen Volumenreduktion verbunden Es bilden sich dabei Poren im Kalzit die mit einer Lupe oder unter dem Mikroskop zu erkennen sind Bekannt sind die igel oder sternformigen Glendonite vom Weissen Meer Olenitsa Russland die haufig auf Mineralienborsen zu bewundern sind Ikait displaystyle mathrm longrightarrow nbsp Calcit Wasser C a C O 3 6 H 2 O C a C O 3 6 H 2 O displaystyle mathrm CaCO 3 cdot 6 H 2 O longrightarrow CaCO 3 6 H 2 O nbsp Ein Beispiel fur eine Pseudomorphosenbildung durch Aufnahme von Bestandteilen sind die bekannten Speckstein Pseudomorphosen der Johanneszeche bei Gopfersgrun Fichtelgebirge Hierbei wurden beispielsweise Quarzkristalle durch Thermalwasser gelost Kieselsaure und Magnesium in Form von Mg2 Ionen durch den vorhandenen Dolomit MgCO3 hinzugefuhrt aus dem sich dann der Speckstein dichter Talk unter einer Schicht von kollomorphem Speckstein aus Magnesiumsilikat Gel gebildeter Speckstein bilden konnte 2 6 Dolomit Kieselsaure displaystyle mathrm longrightarrow nbsp Talk Wasser Kohlensaure 3 M g C O 3 4 H 4 S i O 4 M g 3 O H 2 S i 4 O 10 4 H 2 O 3 H 2 C O 3 displaystyle mathrm 3MgCO 3 4 H 4 SiO 4 longrightarrow Mg 3 OH 2 Si 4 O 10 4H 2 O 3H 2 CO 3 nbsp Dabei entstanden die schonen Pseudomorphosen die wohl in fast jeder Mineraliensammlung zu finden sind Unter dem Mikroskop sind die vielen kleinen Talk Schuppchen gut zu erkennen die als Ganzes makroskopisch die Form eines schonen weissen Quarzkristalls annehmen Pseudomorphosen von Malachit nach Azurit bekannt von Tsumeb Namibia sind durch Austausch von Bestandteilen Anionenaustausch entstanden 2 Azurit displaystyle mathrm longrightarrow nbsp Malachit 2 C u 3 O H C O 3 2 2 O H 3 C u 2 O H 2 C O 3 C O 3 2 displaystyle mathrm 2Cu 3 OH CO 3 2 2 OH longrightarrow 3Cu 2 OH 2 CO 3 CO 3 2 nbsp Die Bedingungen bei denen entweder Malachit oder Azurit entstehen wurden von Menschel und Usdowski 7 experimentell untersucht Entscheidend hierbei ist der CO2 Gasanteil der vorbeifliessenden kupferhaltigen Losungen Entspricht der CO2 Gasanteil 0 5 Vol dann kann sich sowohl Azurit als auch Malachit aus der H2O Cu2 CO2 Losung bilden Grossere CO2 Anteile entsprechend einem Kohlensaureanteils grosser als 0 0136 g l fuhren zur Bildung von Azurit kleinere zu Malachit Da normales Regenwasser ublicherweise einen relativ kleinen Kohlensaureanteil aufweist ist Malachit haufiger anzutreffen als Azurit Koritnig 8 beschreibt ausfuhrlich wie die Pseudomorphosen Bildung ablauft Zunachst sorgt eine kohlensaurereiche Losung fur die Bildung von Azurit Kristallen Nimmt dann der Kohlensaureanteil der vorbeifliessenden Losung ab dann ist Azurit nicht mehr stabil und wandelt sich beginnend an Baufehlern der Azurit Kristalle in Malachit um Die Malachit Bildung erfolgt dabei radialstrahlig was sich an den Pseudomorphosen auch gut erkennen lasst Ein Austausch des gesamten Stoffbestandes zeichnet die Pseudomorphose von gediegen Kupfer nach Aragonit von Coro Coro Bolivien aus Kupferhaltige Losungen verdrangten an der Oberflache beginnend die Aragonit Kristalle 9 Viele Pseudomorphosen von Kupfer nach Aragonit sind nur teilweise erfolgt wie z B an einem Anschliff einer zerteilten Pseudomorphose 10 zu erkennen ist welcher einen Aragonit Kern zeigt der durch gediegen Kupfer umrandet ist Perimorphosen und Ausfullungsmorphosen Bearbeiten nbsp Perimorphose Calcit Sphalerit Siderit von aussen Aggeneys Sudafrika nbsp Perimorphose Calcit Sphalerit Siderit von innen Aggeneys SudafrikaPerimorphosen sind krustenartige Umwachsungen von grosseren Kristallen Sie werden auch als Umhullungs Pseudomorphosen bezeichnet So konnen sich beispielsweise kleine Quarzkristalle um einen grossen Fluorit Kristall bilden Dies wird dann als Perimorphose von Quarz nach Fluorit bezeichnet Hierbei ist es unerheblich ob der Fluoritkristall vollig oder teilweise erhalten ist oder vollstandig weggelost wurde Es kann auch vorkommen dass der Hohlraum eines weggelosten Kristalls durch eine andere Substanz wieder aufgefullt und spater die Kruste wieder weggelost wird Diese Pseudomorphose wird dann als Ausfullungs Pseudomorphose bezeichnet Damit wird deutlich dass die Bildung von Pseudomorphosen als ein hochst komplizierter Vorgang oftmals ratselhaft ist und sich auch die Entstehungsgeschichte manch einer Pseudomorphose wissenschaftlich nicht eindeutig bestimmen lasst Literatur BearbeitenRock Currier Stretch Young Rupert Hochleitner Stefan Weiss Robert Brandstetter Michael Huber Wolf Gerd Frey Patrick Reith Pseudomorphosen In Christian Weise Hrsg extraLapis Band 43 Christian Weise 2012 ISSN 0945 8492 S 8 31 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pseudomorphosen Sammlung von Bildern Mineralienatlas Pseudomorphose Lutz Geissler Glendonite Calcitpseudomorphosen nach Ikait Nicht mehr online verfugbar In geoberg de 12 Juni 2010 archiviert vom Original am 15 Oktober 2013 abgerufen am 26 Oktober 2018 Einzelnachweise Bearbeiten Rupert Hochleitner Michael Cooper Lydie Touret Werner Lieber Ferdinand Damaschun Gunter Grundmann Reinhard Balzer Paul Rustemeyer Alain Martaud Rudolf Duthaler Calcit Das formenreichste Mineral der Erde Christian Weise Hrsg extraLapis Band 14 Christian Weise Verlag 1998 ISBN 3 921656 44 3 ISSN 0945 8492 S 16 a b c d e Hugo Strunz Pseudomorphosen Der derzeitige Kenntnisstand Versuch einer Klassifizierung In Der Aufschluss Jg 33 9 VFMG Heidelberg 1982 S 313 342 Lutz Geissler Glendonite Calcitpseudomorphosen nach Ikait Nicht mehr online verfugbar In geoberg de 12 Juni 2010 archiviert vom Original am 15 Oktober 2013 abgerufen am 26 Oktober 2018 I P Swainson R P Hammond Ikaite CaCO3 6 H2O Cold comfort for glendonites as paleothermometers In American Mineralogist Band 86 Nr 11 12 Washington D C 2001 S 1530 1533 a b J Greinert A Derkachev Glendonites and methane derived Mg calcites in the Sea of Okhotsk Eastern Siberia implications of a venting related ikaite glendonite formation In Marine Geology Band 204 Nr 1 2 Amsterdam 2004 S 129 144 G Stettner Die Lagerstatte des Specksteins von Gopfersgrun Thiersheim im Fichtelgebirge In Geologica Bavarica Nr 4 Bayer Geologisches Landesamt Munchen 1959 G Menschel E Usdowski Experimentelle Untersuchungen uber die Stabilitat von Cu Karbonat zur Klarung der Genese von Azurit im Cornberger Sandstein In Contributions to Mineralogy and Petrology Band 49 Berlin Heidelberg 1975 S 141 147 S Koritnig Malachit Azurit Betrachtungen zu ihrer Entstehung In Der Aufschluss Jg 31 1 VFMG Heidelberg 1981 S 1 5 J Hyrsl A Petrov Eine der grossten Kupferlagerstatten der Welt Corocoro in Bolivien In Mineralien Welt Band 8 6 Bode Verlag Haltern 1997 S 30 35 G C Amstutz Kupfer nach Aragonit In Lapis Band 11 Pseudomorphosen Weise Verlag Munchen 1981 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pseudomorphose amp oldid 237842552