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Paul Ferdinand Linke 15 Marz 1876 in Stassfurt 19 Juni 1955 in Brannenburg am Inn war ein deutscher Phanomenologe der in der Stromung der Gegenstandsphanomenologie 1 und am Ubergang von Phanomenologie und analytischer Philosophie 2 verortet wird Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Politische Philosophie 2 2 Erkenntnistheorie 2 3 Philosophie der Logik 3 Schriften 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNach der Ausbildung am Domgymnasium Magdeburg studierte Linke ab 1897 zunachst bei Theodor Lipps an der Universitat Munchen Unter dessen Einfluss wechselte Linke das Studienfach von Jura zu Philosophie und Psychologie und ging an die Universitat Leipzig 3 Dort promovierte er 1901 bei Wilhelm Wundt mit einer Arbeit uber die Relationstheorie von David Hume Er war ein unorthodoxer 4 5 Schuler Edmund Husserls Linke lehrte an der Universitat Jena seit 1907 als Privatdozent fur Philosophie und Psychologie ab 1925 als ausserplanmassiger Professor Extraordinarius seit 1918 durfte er den Titel bereits tragen 1946 wurde er personlicher Lehrstuhlinhaber Ordinarius und 1950 emeritiert Gershom Scholem besuchte dort bei ihm Einleitungen in die Logischen Untersuchungen Husserls 4 Linke verfolgte ahnlich wie andere Psychologen etwa Katz die Ideen von Ewald Hering weiter 6 In einem Brief von 1919 an Linke bezieht sich Gottlob Frege zur Erorterung des Unterschieds von Sinn und Referenz auf ein Beispiel von Frege 7 In den 1920er Jahren beschaftigte Linke sich mit experimentellen Studien u a zur Nachbildwirkung Werk BearbeitenPolitische Philosophie Bearbeiten Linke gehorte zeitweilig der SPD an 8 9 Er hielt schon vor 1933 in Jena Seminarubungen zu Materialismus und Empiriokritizismus die auch Texte von Lenin kritisch behandelten 10 Er war freilich kein Marxist und auch kein Materialist sondern einer der allerletzten in der DDR verbliebenen altesten burgerlichen Philosophen 11 Erkenntnistheorie Bearbeiten Linke verteidigte transzendentalphilosophische Thesen Er stellt beispielsweise Kant in die Nahe Husserls und weist empirische Vereinnahmungen ab 12 Linke stellt sich dann aber gegen Husserls transzendentale Wende bezieht eine antisubjektivistische Position und wendet sich objektivistischen Denkern wie Franz Brentano Bernard Bolzano und Gottlob Frege zu 13 In deren Sinne komme der Logik eine Einheitlichkeit zu die Linke den mannigfachen Auspragungen der menschlichen Vernunft entgegenstellt 14 Philosophie der Logik Bearbeiten Linke hat sich gegen psychologistische logische Ansatze gewandt und stattdessen ein ontologisches Fundament der Logik postuliert Dieses wird konstituiert durch Sachverhalte die durch dass Satze ausgedruckt werden Wahrheit oder Falschheit seien Eigenschaften von Sachverhalten Negation und Konjunktion hatten so einen ontologischen Sinn als Weltelemente da sie Zusammensein und Getrenntsein entsprechen Die allgemeinsten ontologischen Gesetze seien die Gesetze der Logik 15 Dabei geht Linke von einer apriorischen Struktur dieser fundamentalen Logik aus Eine eigentliche Logik musse prinzipiell zweiwertig sein Mehrwertige Logiken seien nur nutzliche Arbeitsinstrumente setzten aber solche eigentlichen Logiken voraus Er wendet sich gegen Argumente zugunsten dreiwertiger Logiken Wahrheitswertunentschiedene indexikalisch zeitgebundene Satze konnten auch ohne indexikalischen Zeitbezug reformuliert werden 16 Chisholm hat dem in einer kurzen Besprechungsnotiz mit dem Hinweis widersprochen dass Satze uber zukunftige Ereignisse jetzt plausiblerweise noch weder wahr noch falsch sind 17 Linke hat sich auch zum Problem materialer Implikation geaussert Dieses sei eliminierbar Man musse nur Satze der Form Wenn Jena an der Saale liegt dann liegt Jena in Deutschland wie folgt paraphrasieren Ob es objektiv wahr oder falsch ist dass Jena an der Saale liegt es ist falsch dass Jena sowohl an der Saale liegt wie auch nicht in Deutschland liegt 18 Chisholm hat in einer kurzen Notiz eingewendet dass diese Analyse zwar zutreffend einfangt dass gewohnliche Ausserungen von Implatikationsverhaltnissen sich nicht auf die Wahrheit der Antecedensbedingung festlegen Eine zweite von Linke beanspruchte Adaqatheitsbedingung seiner Analyse wird aber nicht erfullt namlich dass im Explanans keine anderen logischen Konnektive ausser Negation und Konjunktion vorkommen denn ob es objektiv wahr oder falsch ist dass sei gerade ein solches Konnektiv 19 Schriften BearbeitenDavid Humes Lehre vom Wissen Ein Beitrag zur Relationstheorie im Anschluss an Locke und Hume Dissertation Engelmann Leipzig 1901 Hume s Lehre vom Wissen In Philosophische Studien Band 17 1901 S 624 673 Rezension von A Meinong Uber Annahmen In Vierteljahrsschrift fur wissenschaftliche Philosophie und Soziologie Band 2 1903 S 461f Die phanomenale Sphare Niemeyer Halle 1912 Rezension von A Meinong Uber Annahmen 2 A In Zeitschrift fur Psychologie Band 65 1913 S 408 411 Phanomenologie und Experiment in der Frage der Bewegungsauffassung In Husserl Jahrbuch Band 2 1916 S 649 668 Das Recht der Phanomenologie In Kant Studien Band 21 1916 S 163 221 Nachruf Oswald Kulpe In Kant Studien Band 21 1917 S 343 345 Untersuchungen uber die Bedeutung der Gegenstandtheorie und Phanomenologie fur die experimentelle Psychologie 1918 Grundfragen der Wahrnehmungslehre Ernst Reinhardt Munchen 1918 Review von W J H Sprott In Mind New Series 39 153 1930 S 82 89 Selbstanzeige von Grundfragen der Wahrnehmungslehre In Annalen der Philosophie Band 2 1921 S 139 141 Die Minderwertigkeit der Erfahrung in der Theorie der Erkenntnis Phanomenologische Randglossen zu Hans Cornelius Transzendentaler Systematik In Kant Studien Band 23 1918 19 S 426 443 Relativitatstheorie und Relativismus Betrachtungen uber Relativitatstheorie Logik und Phanomenologie In Annalen der Philosophie Band 2 1921 S 397 438 Die Existentialtheorie der Wahrheit und der Psychologismus der Geltungslogik In Kant Studien Band 29 1924 S 395 415 Vorwort zu Leopold Hartmann Sind Naturgesetze veranderlich Max Niemeyer Halle 1926 Sozialismus und Philosophie In Sozialistische Monatshefte Band 33 2 1927 S 104 108 Der Sieg des Subjektivismus In J E Heyde Hrsg Festschrift Johannes Rehmke zum 80 Geburtstage Felix Meiner Leipzig 1928 Logic and Phenomenology In Edward L Schaub Hrsg Philosophy Today Essays on Recent Developments in the Field of Philosophy Ayer Publishing 1928 ISBN 0 8369 0852 X S 359 392 Gegenstandsphanomenologie In Philosophische Hefte Band 2 1930 S 65 90 Relativitatstheorie und psychologische Zeit In Hans Israel Erich Ruckhaber Rudolf Weinmann Hrsg Hundert Autoren gegen Einstein Voigtlander Leipzig 1931 S 28 30 Rezension des Bandes von Hans Reichenbach In Vossische Zeitung Postausgabe 47 24 Februar 1931 Verstehen Erkennen und Geist Leipzig 1936 Rezension von Howard Becker in American Sociological Review Band 3 2 1938 S 257 258 Neupositivismus und Intentionalitat In Naturwissenschaft und Metaphysik Brunn Leipzig 1938 S 143 160 Gottlob Frege als Philosoph In Zeitschrift fur Philosophische Forschung Band 1 1946 S 75 99 auch mit informativer Einleitung in Roberto Poli Hrsg The Brentano Puzzle Ashgate Aldershot 1998 S 49 72 Review von Linkes Text von Heinrich Scholz in Journal of Symbolic Logic Band 13 3 1948 S 154 Die mehrwertigen Logiken und das Wahrheitsproblem 1 4 In Zeitschrift fur Philosophische Forschung Band 3 1949 S 378 398 Schluss In Zeitschrift fur Philosophische Forschung Band 3 1949 S 530 546 Review von Paul Bernays in Journal of Symbolic Logic Band 17 4 1952 S 276 277 Materialismus und Idealismus in der Philosophie In Universitats Zeitung Jena 2 1950 4 S 3 5 Was ist Logik In Zeitschrift fur philosophische Forschung Band 6 1951 1952 S 372 398 Warum philosophische Wissenschaft In Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena GSR 2 1952 53 2 25 38 Eigentliche und uneigentliche Logik In Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena GSR 2 1952 53 4 S 53 62 Wissenschaftliche und unwissenschaftliche Haltung in der Philosophie In Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena GSR 2 1952 53 5 S 37 44 Die Implikation als echte Wenn so Beziehung In Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena GSR 3 1953 54 1 S 107 108 Was ist Logik Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena GSR 3 1953 54 2 3 S 179 190 Zum Kriterium der Wissenschaftlichkeit Gegner und Feind in der philosophischen Polemik In Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena GSR 3 1953 54 4 5 555 557 Intentionalitat und Transzendenz in Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena GSR 4 1954 55 5 6 S 389 393 Eigentliche und uneigentliche Logik In Methodos Milano Band 6 1952 S 165 188 Review von Roderick M Chisholm in Journal of Symbolic Logic Band 22 4 1957 S 383 384 jstor org Protokoll der philosophischen Konferenz uber Fragen der Logik am 17 und 18 November 1951 in Jena In Deutsche Zeitschrift fur Philosophie 1 Beiheft Berlin 1953 S 122f Kontroverse mit Leisegang uber Denkformen Die Philosophie Franz Brentanos In Zeitschrift fur philosophische Forschung Band 7 1953 S 89 99 Die Implikation als echte Wenn so Beziehung Bemerkungen zu den Fundamental Paradoxien der Logistik In Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich Schiller Universitat Jena 1953 S 107ff Review von Roderick M Chisholm in The Journal of Symbolic Logic Band 19 1 1954 S 67 Die Unentbehrlichkeit der wissenschaftlichen Haltung in der Philosophie In Zeitschrift fur philosophische Forschung Band 9 1955 S 209 218 Uber Schein Irrtum Luge und Tauschung In Rugard Otto Gropp Hrsg Festschrift fur Ernst Bloch zum 70 Geburtstag Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1955 S 181 199 Niedergangserscheinungen in der Philosophie der Gegenwart Wege zu ihrer Uberwindung Munchen Basel 1961 Aus dem Nachlass Die Unhaltbarkeit des Aristotelischen Wahrheitsbegriffes und die Folgen In Zeitschrift fur philosophische Forschung Band 19 2 1965 S 306 319 Hellmuth Dempe Hrsg Erinnerungen aus dem alten Jena In Kultur und Geschichte Thuringens Band 3 1 1982 S 79 94 Literatur BearbeitenHellmuth Dempe Paul Ferdinand Linke Ein Leben fur Philosophieren im sokratischen Geiste In Zeitschrift fur philosophische Forschung 11 1957 2 S 262 275 Reinhold N Smid Munchener Phanomenologie Zur Fruhgeschichte des Begriffs In E Ave Lallemant und Herbert Spiegelberg Hrsg Pfander Studien Den Haag 1982 S 109 153 Uwe Dathe Der Geist Freges in Jena Paul Ferdinand Linke Ein Beitrag zur Jenaer Universitatsgeschichte In Gottfried Gabriel und Uwe Dathe Hrsg Gottlob Frege Werk und Wirkung Mentis Paderborn 2000 ISBN 3 89785 085 0 Oliver Sticht Die phanomenale Sphare nach Paul Ferdinand Linke In Sachlogik als Naturrecht zur Rechtsphilosophie Hans Welzels 1904 1977 Schoningh Paderborn u a 2000 ISBN 3 506 73390 7 63 66 Christian Tilitzki Jena 1925 30 Die Berufungen von Paul F Linke und Hans Leisegang In Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im dritten Reich Akademie Verlag 2001 ISBN 3 05 003647 8 S 285 290 Leo Nitschmann Sogar das Denken ist eingeplant Der gesellschaftliche Auftrag der ostzonalen Deutschen Zeitschrift fur Philosophie In Die Zeit Nr 4 1955 Karl Schuhmann Husserl s Yearbook In Philosophy and Phenomenological Research Band 50 Supplement 1990 S 1 25 Traugott Konstantin Oesterreich Friedrich Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie Band 4 Mittler Berlin 1923 S 514 Robin D Rollinger Paul Linke sulla filosofia scientifica e la fenomenologica dell oggeto in S Besoli and L Guidetti eds Il Realismo Phenomenologico Sulla Philosophia dei circoli di Monaco e Gottinga Macerata Quodlibet 2000 637 656 Robin D Rollinger Scientific Philosophy Phenomenology and Logic The Approach of Paul Linke In The New Yearbook for Phenomenology and Phenomenological Philosophy V 2005 57 79 Michael Eckardt Die Wissenschaft bedarf des Gegners Die Anfange der Debatte zwischen Georg Klaus und Paul Ferdinand Linke als Beispiel der philosophischen Streitkultur in der fruhen DDR In Helle Panke e V Hg Anfang und Ende der ostdeutschen Philosophie Studien zum Wirken von Ernst Bloch Wolfgang Harich Georg Klaus und weiteren Philosophen in der DDR Philosophische Gesprache Heft 47 Helle Panke e V Berlin S 47 60 Einzelnachweise Bearbeiten Herbert Spiegelberg Karl Schuhmann Hrsg The phenomenological movement A historical introduction Springer 1981 ISBN 90 247 2535 6 Klaus Michael Kodalle Angst vor der Moderne Philosophische Antworten auf Krisenerfahrungen Konigshausen amp Neumann 2000 ISBN 3 8260 1919 9 Barry Smith Introduction to Adolf Reinach On the Theory of the Negative Judgment In Barry Smith Hrsg Parts and Moments Studies in Logic and Formal Ontology Philosophia 1982 S 289 313 309 PDF Memento vom 16 Juni 2006 im Internet Archive a b Gerschom Scholem Von Berlin nach Jerusalem Frankfurt M 1994 S 114 Gerschom Scholem Walter Benjamin Frankfurt am Main 1975 S 65f Grundfragen der Wahrnehmungslehre S 3 Gottlob Frege Wissenschaftlicher Briefwechsel S 156 Rudiger Stutz Uwe Hossfeld Jenaer Profilwandel In Werner Buchholz Hrsg Die Universitat Greifswald und die deutsche Hochschullandschaft im 19 und 20 Jahrhundert Franz Steiner 2004 ISBN 3 515 08475 4 S 217 270 230f George Leaman Gerd Simon u a SD uber Philosophie Professoren PDF 144 kB S 32 Wolfgang Harich Martin Morgenstern Hrsg Nicolai Hartmann Grosse und Grenzen Konigshausen amp Neumann 2004 ISBN 3 8260 2432 X S 84 Hans Christoph Rauh Zur philosophischen Problemlage und Darstellungsweise der marxistisch leninistischen Erkenntnistheorie im Rahmen der DDR Philosophie 1945 1988 In Heinz Eidam Wolfdietrich Schmied Kowarzik Martin Blumentritt u a Hrsg Kritische Philosophie gesellschaftlicher Praxis Konigshausen amp Neumann 1995 ISBN 3 8260 1011 6 S 251 264 255 Das Recht der Phanomenologie vgl David S Ferris Hrsg Walter Benjamin Theoretical Questions Stanford University Press 1996 ISBN 0 8047 2569 1 S 222 Sven Schlotter Die Totalitat der Kultur Philosophisches Denken und politisches Handeln bei Bruno Bauch Konigshausen amp Neumann 2004 ISBN 3 8260 2749 3 S 46f Verstehen Erkennen und Geist S 24f Was ist Logik l c hier nach Chisholm Kurznotiz in The Journal of Symbolic Logic 19 1 1954 S 65 Eigentliche und uneigentliche Logik l c Rez von Eigentliche und uneigentliche Logik l c Die Implikation l c Chisholm Rezension von Die Implikation l c Normdaten Person GND 117035076 lobid OGND AKS LCCN no2009175985 VIAF 57382045 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Linke Paul F ALTERNATIVNAMEN Linke Paul Ferdinand vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher PhanomenologeGEBURTSDATUM 15 Marz 1876GEBURTSORT StassfurtSTERBEDATUM 19 Juni 1955STERBEORT Brannenburg am Inn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paul F Linke amp oldid 239122472