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Das Palais Borsig war ein als private Residenz danach als Bank und schliesslich als Regierungsgebaude genutztes Bauwerk im Berliner Stadtviertel Mitte Friedrichstadt Das Gebaude befand sich von 1875 1877 bis zu seiner Zerstorung im Zweiten Weltkrieg in der Vossstrasse 1 an der Ecke zur Wilhelmstrasse Palais Borsig an der Ecke Vossstrasse links und Wilhelmstrasse um 1881Fassade des Palais Borsig Inhaltsverzeichnis 1 Errichtung und Anlage 2 Nutzung 3 Villa Borsig 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseErrichtung und Anlage BearbeitenDas Palais Borsig wurde vom Direktor der Berliner Bauakademie dem Architekten Richard Lucae 1829 1877 im Auftrag des Fabrikanten Albert Borsig 1829 1878 als neues Berliner Wohnhaus fur Borsig entworfen Der Bau erfolgte in den Jahren 1875 bis 1877 Lucae gestaltete das Palais als zweigeschossiges Gebaude im Stil der damals sehr beliebten Neorenaissance Am Obergeschoss in den Nischen zwischen den einzelnen Fenstern wurden Plastiken von Archimedes Leonardo da Vinci James Watt George Stephenson und Karl Friedrich Schinkel platziert die den technischen Fortschritt symbolisieren sollten Als Bildhauer waren Reinhold Begas Otto Lessing Erdmann Encke und Emil Hundrieser beteiligt Die Fassaden wurden mit Sandsteinplatten verkleidet Architekt wie Kunstler gehorten zu den Besten die im damaligen Berlin zu finden waren Sowohl mit dem an der italienischen Hochrenaissance orientierten Stil der auf die italienischen Stadtrepubliken wie Venedig oder Florenz verweist als auch durch das Figurenprogramm wird das Selbstbewusstsein des aufstrebenden Burgers Borsig deutlich gemacht Im umliegenden Bereich der Wilhelmstrasse gab es bisher nur Palais von Adeligen die auf eine vielhundertjahrige Tradition zuruckblickten Albert Borsigs Vater hatte aus dem Nichts ein Grossunternehmen aufgebaut Im Jahr 1878 musste am gerade beendeten Haus schon der erste Umbau vorgenommen werden Gerade unter den Fenstern des einen grossen Teil des Obergeschosses einnehmenden Festsaals liess der Nachbar in der Vossstrasse 2 seinen Pferdestall bauen der Furst von Pless Hans Heinrich XI von Hochberg der zudem in Schlesien mit den Borsigs im Bereich der Montanindustrie konkurrierte Nutzung BearbeitenAls 1878 der Innenausbau des Hauses ausgefuhrt werden sollte starb der Bauherr Albert Borsig Die Bauarbeiten wurden daraufhin eingestellt das Haus blieb unter nicht genauer geschilderten Umstanden trotz der exponierten Lage und des hohen Grundstuckswerts rund ein Vierteljahrhundert ungenutzt bis es 1904 fur 1 3 Millionen Mark kaufkraftbereinigt in heutiger Wahrung rund 9 83 Millionen Euro von der Preussischen Pfandbriefbank erworben und fur die Nutzung als Bankgebaude ausgebaut wurde 1 Vom Juni 1933 bis zum 30 Juni 1 Juli 1934 diente das Palais Borsig als Amtssitz der Kanzlei des Stellvertretenden Reichskanzlers in der Regierung Hitler Franz von Papen Am 23 Marz 1934 wurde das Palais vom Reich gekauft Wahrend der knapp einjahrigen Nutzung des Gebaudes als Vizekanzlei diente sie als Reichsbeschwerdestelle bezeichnet als Sammelpunkt einer sich aus engen Mitarbeitern von Papens rekrutierenden diesen selbst aber nicht einbeziehenden Widerstandsgruppe gegen die NS Diktatur in der Literatur u a als Papen Kreis Jung Gruppe Jung Bose Ketteler Tschirschky Gruppe bezeichnet Dieser gehorten im Wesentlichen mit Herbert von Bose Wilhelm Freiherr von Ketteler Friedrich Carl von Savigny Fritz Gunther von Tschirschky Hans von Kageneck Kurt Josten und Walter Hummelsheim sieben Angehorige aus dem Stab des Vizekanzlers an Hinzu kam der ausserordentliche Mitarbeiter der Kanzlei Edgar Julius Jung Am 30 Juni 1934 wurde die Vizekanzlei im Zuge der Rohm Affare von einem SS Kommando ersturmt und besetzt Papen wurde danach in seiner Privatwohnung in der Lennestrasse interniert Bose wurde in den Raumlichkeiten der Kanzlei erschossen Tschirschky Savigny und Hummelsheim verhaftet und zeitweise im Gestapo Hauptquartier in der Prinz Albrecht Strasse und in Konzentrationslagern gefangen gehalten Kageneck Ketteler und Josten konnten die Kanzlei ungehindert verlassen und fliehen Wer die Anweisung fur die Aktion gegen die Vizekanzlei gegeben hat ist bis heute unklar Fur einen letztinstanzlichen Auftrag Adolf Hitlers spricht dass er Alfred Rosenberg gegenuber wenige Tage zuvor bei einem Gesprach uber aus dem Regierungsapparat selbst kommende Stormanover gegen seine Politik auf das Gebaude der Vizekanzlei wies und meinte Ja da kommt alles her ich werde das ganze Buro einmal ausheben lassen 2 Welcher von Hitlers Unterfuhrern die Aktion konkret organisierte und umsetzen liess ist dabei nicht ganz eindeutig Tschirschky vermerkte in seinen Memoiren Erinnerungen eines Hochverraters dass es unter den Kriminalbeamten die die Kanzlei ersturmten Streitigkeiten gegeben habe wer ihn verhaften durfte Den Fuhrer der einen kleineren Gruppe die spater im Palais eintraf um ihn in Gewahrsam zu nehmen identifizierte er als einen Mitarbeiter Hermann Gorings Von dem Anfuhrer der zuerst eingetroffenen hauptsachlich aus SS Leuten bestehenden Gruppe der sich schliesslich durchsetzen und ihn verhaften konnte nahm er an dass er ein Mitarbeiter Heinrich Himmlers und Reinhard Heydrichs war Fur diese Annahme spricht abseits davon dass die SS Leute in erster Linie diesen beiden unterstanden obwohl auch Goring bei Bedarf ein Verfugungsrecht an ihnen gehabt hatte dass der erschossene Herbert von Bose ein personlicher Feind Heydrichs war und dass er Tschirschky in das Gestapo Hauptquartier in der Prinz Albrecht Strasse verschleppt wurde Am 1 Juli 1934 ordnete Hitler an das Palais als Vizekanzlei raumen zu lassen Stattdessen beauftragte er den Architekten Albert Speer damit das Palais Borsig zum neuen Hauptquartier fur den Stab der SA umzubauen den Hitler im Sommer Herbst 1934 schrittweise von Munchen nach Berlin verlegen liess Vom November 1934 an konnten 32 Raume des Palais Borsig von der SA Fuhrung unter Viktor Lutze und 12 Raume von der Prasidialkanzlei des Fuhrers unter Leitung von Otto Meissner genutzt werden Als 1938 1939 die Neue Reichskanzlei entstand wurde das Palais Borsig im Innern umgestaltet und in den Neubau integriert Im Zweiten Weltkrieg zerstorten Fliegerbomben und Folgebrande das Palais Borsig Seine Ruine wurde zusammen mit der Neuen Reichskanzlei ab 1949 beseitigt Auf dem Gelande befinden sich seit 1990 acht bis neungeschossige Wohnblocks und Parkplatze Villa Borsig BearbeitenNicht zu verwechseln mit dem Palais Borsig sind zwei Gebaude die den Namen Villa Borsig tragen Villa Borsig in Berlin Moabit Strasse Alt Moabit 1849 1911 Borsig Villa ReiherwerderLiteratur BearbeitenRainer Orth Der Amtssitz der Opposition Politik und Staatsumbauplane im Buro des Stellvertreters des Reichskanzlers in den Jahren 1933 1934 Bohlau Koln 2016 ISBN 978 3 412 50555 4 Laurenz Demps Berlin Wilhelmstrasse Eine Topographie preussisch deutscher Macht 3 aktualisierte Auflage Ch Links Berlin 2000 ISBN 3 86153 228 X Gotz Eckardt Hrsg Schicksale deutscher Baudenkmale im zweiten Weltkrieg Eine Dokumentation der Schaden und Totalverluste auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik Band 1 Berlin Hauptstadt der DDR Bezirke Rostock Schwerin Neubrandenburg Potsdam Frankfurt Oder Cottbus Magdeburg Henschel Berlin 1980 S 36 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Palais Borsig Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Fotorealistische Rekonstruktion Memento vom 15 Oktober 2013 im Internet Archive bei atelier neubauer deEinzelnachweise Bearbeiten Deutsche Bauzeitung 38 Jg 1904 Nr 24 vom 23 Marz 1904 S 148 Burghard Freudenfeld Stationen der deutschen Geschichte 1919 1945 1962 S 119 52 511666666667 13 383055555556 Koordinaten 52 30 42 N 13 22 59 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Palais Borsig amp oldid 221443688