www.wikidata.de-de.nina.az
Unter Paarbildung auch Paarerzeugung versteht man in der Teilchenphysik die Bildung eines realen beobachtbaren Teilchen Antiteilchen Paares Die stets vorhandenen virtuellen nur indirekt beobachtbaren Paare siehe Vakuumpolarisation sind mit dem Begriff im Allgemeinen nicht gemeint Im engeren Sinn wird unter Paarbildung die historisch zuerst bekannte Erzeugung eines Elektron Positron Paares aus einem energiereichen Photon verstanden Heute sind jedoch beispielsweise auch die Bildung von Myon Antimyon oder Proton Antiproton Paaren bekannt In jedem Fall tritt der Vorgang nur dann auf wenn die verfugbare Energie mindestens gleich der Summe der Ruheenergien der zu erzeugenden Teilchen ist Den entgegengesetzten Prozess bei dem ein Teilchen Antiteilchen Paar vernichtet wird nennt man Annihilation Inhaltsverzeichnis 1 Elektron Positron Erzeugung 1 1 Wechselwirkung eines Photons mit einem Atomkern 1 2 Wechselwirkung eines Photons mit einem Elektron 1 3 Wechselwirkung zwischen Photonen 1 4 Innere Paarbildung 2 Quantenmechanische Beschreibung 3 Literatur 4 EinzelnachweiseElektron Positron Erzeugung Bearbeiten nbsp DESY Blasenkammeraufnahme eine Paarbildung ist farbig markiert Die grune Bahn des Photons ist nicht direkt beobachtet sondern aus den spiralformigen Bahnen der Ladungen rekonstruiert nbsp Die charakteristische Spur der Paarbildung in der oben abgebildeten Blasenkammeraufnahme In einem starken Magnetfeld wird die Bahn der beiden Ladungen zu Spiralen mit entgegengesetztem Drehsinn geformt Die Erzeugung eines Elektron Positron Paares aus einem energiereichen Photon wurde 1933 als erster Paarbildungsprozess experimentell durch Irene Curie und Frederic Joliot nachgewiesen Diese Paarbildung stellt einen wichtigen Prozess der Wechselwirkung von Photonen mit Materie dar Sie fuhrt z B in Blasenkammern zu charakteristischen Spuren Man unterscheidet zwei Falle Die Paarbildung kann durch Wechselwirkung eines Photons mit dem elektrischen Feld eines Atomkerns oder eines Hullenelektrons stattfinden Wechselwirkung eines Photons mit einem Atomkern Bearbeiten Findet die Paarbildung im Feld eines Atomkerns statt wird nahezu die gesamte Energie des Photons in die Masse der beiden entstehenden Teilchen und ihre kinetische Energie umgewandelt Die Energie des Photons muss somit mindestens der Summe der Ruheenergien von Elektron und Positron entsprechen In eine genaue Energiebilanz geht zusatzlich noch der Ruckstoss des Atomkerns ein in dessen Feld die Paarbildung ablauft Die Schwellenenergie fur die Paarerzeugung betragt daher E g m i n 2 m e c 2 1 m e M displaystyle E gamma mathrm min 2m mathrm e c 2 left 1 frac m mathrm e M right nbsp mit M displaystyle M nbsp als Masse des wechselwirkenden Kerns m e displaystyle m mathrm e nbsp als Masse des Elektrons und c displaystyle c nbsp als Lichtgeschwindigkeit Der Term m e M displaystyle frac m mathrm e M nbsp kann haufig vernachlassigt werden Bei der Gammaspektroskopie mit einem Germanium Detektor ergibt sich mit der Masse des Germaniumkerns beispielsweise m e M 7 6 10 6 displaystyle frac m mathrm e M 7 6 cdot 10 6 nbsp E g m i n displaystyle E gamma mathrm min nbsp betragt somit naherungsweise 1 022 MeV Gammastrahlung Besitzt das Photon eine hohere Energie so wird diese in die kinetische Energie von Elektron und Positron umgewandelt Die Wahrscheinlichkeit der Paarbildung steigt dabei proportional zur Ordnungszahl des Atomkerns und zum Logarithmus der Photonenenergie Dass die Bildung eines Elektron Positron Paares nur bei Wechselwirkung des Photons mit einem Teilchen hier dem Atomkern aber nicht im Vakuum beobachtet wird lasst sich mit der allgemeingultigen Impulserhaltung erklaren Dazu folgendes Gedankenexperiment fur den Grenzfall einer Photonenenergie von gerade E g m i n displaystyle E gamma mathrm min nbsp womit die kinetische Energie der erzeugten Teilchen null ist Im Ruhesystem der beiden durch Paarbildung entstandenen Teilchen haben diese zusammengenommen einen Impuls von null Ein Photon hat aber in jedem Bezugssystem dieselbe Vakuumlichtgeschwindigkeit c und somit in diesem System auch einen Impuls der Grosse E g c displaystyle E gamma c nbsp Daher konnen die beiden Teilchen mit ihrem Gesamtimpuls null nicht die einzigen nach dem Prozess vorhandenen Teilchen sein Vielmehr erfolgt die Paarbildung nur wenn ein zusatzliches Teilchen in diesem Fall der Atomkern den Impuls aufnimmt Wechselwirkung eines Photons mit einem Elektron Bearbeiten Findet die Paarbildung im elektrischen Feld eines Elektrons der Atomhulle statt wird dieses Elektron mit seiner geringen Masse durch den ubertragenen Impuls stark beschleunigt und aus dem Atom gelost Wegen der drei freien Teilchen zwei Elektronen und ein Positron wird dieser Prozess auch Triplettbildung genannt Die notwendige Schwellenenergie lasst sich aus der Energie Impuls Beziehung E Ruhe 2 E 2 p c 2 displaystyle E text Ruhe 2 E 2 left pc right 2 nbsp herleiten Unter der Annahme dass sich alle drei Teilchen nach der Paarerzeugung mit der gleichen Geschwindigkeit in die gleiche Richtung bewegen sich relativ zueinander also in Ruhe befinden entspricht die Ruheenergie E Ruhe displaystyle E text Ruhe nbsp des Systems mit 3 m e c 2 displaystyle 3m mathrm e c 2 nbsp gerade der Ruheenergie der drei Teilchen Da sich die Gesamtenergie vor der Paarbildung aus der Energie des Photons und aus der Ruheenergie des gebundenen Elektrons zusammensetzt folgt 3 m e c 2 2 E g m i n m e c 2 2 E g m i n c c 2 displaystyle left 3m mathrm e c 2 right 2 left E gamma mathrm min m mathrm e c 2 right 2 left frac E gamma mathrm min c cdot c right 2 nbsp Wird die Gleichung nach E g m i n displaystyle E gamma mathrm min nbsp aufgelost ergibt sich die Schwellenenergie E g m i n 4 m e c 2 displaystyle E gamma mathrm min 4 m mathrm e c 2 nbsp Davon wird der Betrag 2 m e c 2 displaystyle 2m mathrm e c 2 nbsp fur die Bildung des Elektron Positron Paares benotigt wahrend sich die ubrige Energie von ebenfalls 2 m e c 2 displaystyle 2m mathrm e c 2 nbsp als kinetische Energie auf die drei Teilchen ubertragt Wechselwirkung zwischen Photonen Bearbeiten Auch durch Stosse sehr energiereicher Photonen untereinander konnen reale Elektron Positron Paare erzeugt werden Breit Wheeler Effekt Dies wurde erstmals 1997 mit einem Experiment im Stanford Linear Accelerator Center nachgewiesen Die Photonen eines Nd Glas Lasers wurden dazu durch Streuung an Elektronen von 47 Gigaelektronvolt GeV ihrerseits auf GeV Energien gebracht 1 2 Eine solche Erzeugung von Materie durch Photon Photon Stosse wird fur einige Sternentstehungen angenommen Innere Paarbildung Bearbeiten Beim Ubergang eines angeregten Atomkerns in einen Zustand geringerer Energie kann bei genugender Energiedifferenz auch eine Innere Elektron Positron Bildung auftreten Sie ist insbesondere bei leichten Nukliden beobachtbar falls ein Gammaubergang aufgrund der Drehimpulserhaltung unmoglich ist Beispiel in 16O und in 90Zr haben sowohl der Grundzustand als auch der erste angeregte Zustand Spin und Paritat 0 oder durch grosse Drehimpulsdifferenz erschwert verboten ist 3 4 5 Quantenmechanische Beschreibung BearbeitenQuantenmechanisch lasst sich die Paarerzeugung durch einen vierfach differentiellen Streuquerschnitt beschreiben 6 Durch Integration uber zwei Winkel 7 erhalt man einen zweifach differentiellen Streuquerschnitt der gut in Monte Carlo Simulationen verwendet werden kann Literatur BearbeitenJorn Bleck Neuhaus Elementare Teilchen 2 Auflage Springer 2013 ISBN 978 3 642 32578 6 Einzelnachweise Bearbeiten D L Burke et al Positron Production in Multiphoton Light by Light Scattering Physical Review Letters Band 79 1997 Seite 1626 1629 1 Home Page des SLAC Experiments Hans Bucka Nukleonenphysik Walter de Gruyter 1981 S 392ff https people nscl msu edu witek Classes PHY802 EMdecay pdf D K Jha Radioactivity And Radioactive Decay Chapter 4 5 S 146ff H Bethe W Heitler On the Stopping of Fast Particles and on the Creation of Positive Electrons In Proceedings of the Royal Society of London Series A Band 146 Nr 856 8 Januar 1934 S 83 112 doi 10 1098 rspa 1934 0140 Christoph Kohn Ute Ebert Angular distribution of Bremsstrahlung photons and of positrons for calculations of terrestrial gamma ray flashes and positron beams In Atmospheric Research doi 10 1016 j atmosres 2013 03 012 In Press Accepted Manuscript Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paarbildung Physik amp oldid 237707764