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Das Aufnahmegesetz vom 22 August 1950 AufnG bis zum 1 Mai 1986 Gesetz uber die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet im historischen Kontext haufig auch Notaufnahmegesetz NAG war ein westdeutsches Gesetz wonach Personen die aus der sowjetischen Besatzungszone oder dem sowjetischen Sektor von Berlin in den Westen Deutschlands gefluchtet waren dort einer besonderen Aufenthaltserlaubnis bedurften 1 Abs 1 AufnG Es galt fur deutsche Staatsangehorige und deutsche Volkszugehorige die nicht aufgrund eines genehmigten Ausreiseantrags in den Westteil Deutschlands sondern abseits der Kontrollpassierpunkte dorthin gelangt waren sog illegale Grenzganger BasisdatenTitel Gesetz uber die Aufnahme von Deutschen in das BundesgebietKurztitel Aufnahmegesetz 1 Notaufnahmegesetz zuvor nicht amtlich Fruherer Titel Gesetz uber die Notaufnahme von Deutschen in das BundesgebietAbkurzung AufnG NAG zuvor nicht amtlich Art BundesgesetzGeltungsbereich Bundesgebiet gem Art 23 GG in der Fassung vom 23 Mai 1949 2 Erlassen aufgrund von Art 11 Abs 2 GGRechtsmaterie Vertriebene Fluchtlinge VerwaltungsrechtFundstellennachweis 240 2Erlassen am 22 August 1950 BGBl S 367 Inkrafttreten am 27 August 1950Letzte Anderung durch Art 11 G vom 18 Februar 1986 BGBl I S 265 267 Inkrafttreten derletzten Anderung 1 Mai 1986 Art 53 G vom 18 Februar 1986 Ausserkrafttreten 1 Juli 1990 G vom 26 Juni 1990 BGBl I S 1142 Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten Das Gesetz schrankte bis zu seiner Aufhebung zum 1 Juli 1990 das Grundrecht der Freizugigkeit insofern ein als diese Personen fur den standigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes einer besonderen Erlaubnis bedurften die nach einem besonderen Aufnahmeverfahren erteilt wurde Mit Gesetz vom 21 Juli 1951 wurde das Gesetz erganzt 3 Danach galt es auch im Land Berlin wenn dieses die Anwendung durch Gesetz gem Art 87 Abs 2 seiner Verfassung beschliesst 4 Seit dem 4 Februar 1952 galt das Gesetz uber die Notaufnahme von Deutschen in Berlin vom 21 Dezember 1951 5 1986 wurde es umbenannt in Gesetz uber die Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet Aufnahmegesetz AufnG 6 und das Aufnahmeverfahren vereinfacht 7 Die nach Offnung der innerdeutschen Grenze im Herbst 1989 bestehende Freizugigkeit rechtfertigte die Aufhebung des Gesetzes 8 9 10 Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung 2 Entstehungsgeschichte 3 Aufnahmevoraussetzungen und verfahren 4 Sowjetzonenfluchtlinge 5 Aufnahmelager 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBedeutung BearbeitenNachdem der Wortlaut des Art 11 Abs 1 GG vor Verabschiedung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat von alle Bundesangehorigen in alle Deutschen abgeandert worden war 11 hat es die Bundesrepublik Deutschland in den Worten des Bundesverfassungsgerichts ubernommen nicht einen grossen Teil der Staatsangehorigen des deutschen Gesamtstaates an den Grenzen ihres Machtbereichs abzuweisen Die Aufnahme eines Zuwanderers bedeute zwar in den meisten Fallen eine weitere Anspannung des Arbeitsmarktes und mittelbar in gewissem Umfange eine Inanspruchnahme offentlicher Mittel Diese Belastungen mussten aber in Kauf genommen werden denn die Verleihung der Freizugigkeit an die Deutschen in der sowjetischen Besatzungszone bedeute auch dass sie in dieser Hinsicht auf eine Stufe mit den Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland gestellt werden und die gleichen Chancen erhalten wie diese Einschrankungen der Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschland waren daher auch gegenuber Deutschen der sowjetischen Besatzungszone nur insoweit zulassig als bei dem einzelnen Zuwanderer einer der Grunde fur die Versagung der Aufnahme aus Art 11 Abs 2 GG vorliegt 12 nbsp Flucht uber die grune Grenze bei Marienborn Oktober 1949Entstehungsgeschichte BearbeitenSeit 1 September 1949 waren die meisten Ubersiedler aufgrund der Uelzener Beschlusse vom 11 Juni 1949 von den Landern des Vereinigten Wirtschaftsgebiets aufgenommen worden 13 Die Lander der ehemals franzosisch besetzten Zone waren an dieser Ubereinkunft nicht beteiligt 14 Eine entsprechende Regelung mit den Herren Ministerprasidenten der franzosischen Zone sollte jedoch herbeigefuhrt werden Nach dem Besatzungsstatut war den Besatzungsbehorden die Zustandigkeit fur verschleppte Personen und die Aufnahme von Fluchtlingen ausdrucklich vorbehalten Die Alliierte Hohe Kommission hatte jedoch die Bundesregierung in einem Memorandum vom 2 Dezember 1949 gebeten unter Beachtung gewisser Grundsatze insbesondere des Asylrechts fur politische Fluchtlinge gem Art 16 Abs 2 des Grundgesetzes die Aufnahme von deutschen Fluchtlingen selbst zu regeln 15 Am 16 Dezember 1949 reichte die SPD Fraktion im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf uber die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet ein 16 um eine bis dahin bestehende Rechtsverordnung der Bundesregierung gem Art 119 GG durch Bundesgesetz abzulosen Dieser Entwurf wurde nach den entsprechenden Ausschussberatungen als Notaufnahmegesetz verabschiedet 17 18 Aufnahmevoraussetzungen und verfahren BearbeitenDie besondere Erlaubnis zum Aufenthalt im Westen durfte Personen nicht verweigert werden die wegen einer drohenden Gefahr fur Leib und Leben fur die personliche Freiheit oder aus sonstigen zwingenden Grunden die betreffenden Gebiete verlassen mussten 1 Abs 2 AufnG 19 Dem begunstigten Personenkreis wurde damit ein Rechtsanspruch auf Aufnahme in das Bundesgebiet gewahrt 20 Mit Inkrafttreten des Bundesvertriebenengesetzes BVFG am 5 Juni 1953 erhielt 1 Abs 2 AufnG folgende Fassung 21 Die besondere Erlaubnis darf Personen nicht verweigert werden die fluchten mussten um sich einer von ihnen nicht zu vertretenen und durch die politischen Verhaltnisse bedingten besonderen Zwangslage zu entziehen und nicht durch ihr Verhalten gegen die Grundsatze der Menschlichkeit der Rechtsstaatlichkeit verstossen haben Eine besondere Zwangslage ist vor allem dann gegeben wenn eine unmittelbare Gefahr fur Leib und Leben oder die personliche Freiheit vorgelegen hat Wirtschaftliche Grunde allein begrunden keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der besonderen Erlaubnis Der Begriff der besonderen Zwangslage erforderte nach der standigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht dass irgendeine tatsachliche Bedrohung des Betroffenen wirklich schon vorgelegen haben muss Der Begriff umfasse vielmehr auch Falle in denen sich der Zwang aus inneren Vorgangen Angst Gewissensnot und dergl ergebe Es musste sich nur um eine besondere Zwangslage gehandelt haben also nicht nur um eine Zwangslage in der sich bei den heutigen Verhaltnissen mehr oder wenige alle Bewohner der Sowjetzone befinden sondern um eine solche die in der Person des Betroffenen bereits eine bestimmte Verscharfung erfahren und sich in irgendwie bedrohlicher Weise zugespitzt hat wobei auch innere Vorgange wie besonders Angst Besorgnisse oder Gewissensnote durchaus ausreichen konnen 22 23 24 Trotz gleichbleibender Aufnahmekriterien reichte ab 1953 der Nachweis eines Arbeitsplatzes im Westen von 1956 an gar der Beleg der blossen Arbeitsfahigkeit 25 Nahere Bestimmungen uber das Aufnahmeverfahren enthielt eine Durchfuhrungsverordnung vom 11 Juni 1951 DV 26 Die Fluchtlinge hatten sich zunachst in einem dafur bestimmten Aufnahmelager zu melden Dort entschied ein Aufnahmeausschuss uber das Vorliegen zwingender Grunde im Sinne des 1 Abs 2 NAG 2 NAG Die Ausschussmitglieder wurden vom Bundesminister fur Vertriebene berufen 5 DV und hatten den Sachverhalt umfassend aufzuklaren 11 DV Gegen die ablehnende Entscheidung war eine Beschwerde bei einem Beschwerdeausschuss moglich der abschliessend entschied 3 NAG Dagegen konnte gegebenenfalls eine Verwaltungsklage nach den entsprechenden Landesgesetzen seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung am 1 April 1960 gem 42 VwGO erhoben werden Aufgenommene wurden nach dem Konigsteiner Schlussel auf die einzelnen Bundeslander verteilt Die dafur entstehenden Kosten trug der Bund 5 7 NAG Eine aufgrund unrichtiger Angaben oder falscher Beweismittel erteilte Aufenthaltserlaubnis konnte widerrufen werden 16 DV Die anerkannten Ubersiedler erhielten finanzielle Hilfen Fluchtlingsbeihilfen Lastenausgleich fur zuruckgelassenes Eigentum ihre Rentenanspruche wurden geklart und Ausbildungszeugnisse uberpruft Wurde die Erlaubnis versagt so konnten die Ubersiedler gleichwohl in der Bundesrepublik bleiben erhielten jedoch keine staatlichen Eingliederungshilfen keine Arbeitserlaubnis und keine Zuteilung von Wohnraum 27 Im Notaufnahmeverfahren wurde auch eine Uberprufung der Antragsteller durch die alliierten Geheimdienste in der sogenannten Sichtungsstelle vorgenommen Sowjetzonenfluchtlinge Bearbeiten nbsp Ausweis fur Vertriebene und Fluchtlinge C fur einen Sowjetzonenfluchtling aus Magdeburg ausgestellt in DarmstadtPersonen bei denen sich die Abwanderung aus der sowjetischen Besatzungszone unter Verhaltnissen vollzogen hatte die einer Vertreibung gleichkam wurden als sog Sowjetzonenfluchtlinge in den Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes einbezogen 3 4 BVFG Die Abwanderungen aus sonstigen Grunden auch wenn diese nach dem Notaufnahmegesetz zu einer Aufenthaltserlaubnis berechtigen erfullten dagegen keinen Vertreibungstatbestand und begrundeten auch keine Eingliederungsanspruche nach dem BVFG wie Existenzgrundungsdarlehehen oder Vergunstigungen im Steuer und Abgabenrecht 28 Nur Sowjetzonenfluchtlinge und ihnen gleichgestellte Personen sog Nichtruckkehrer im Sinne der 3 4 BVFG erhielten einen Ausweis gem 15 BVFG 29 Aufnahmelager BearbeitenZur Notaufnahme bestimmte Lager wurden zunachst in Giessen in der amerikanischen 30 und Uelzen Bohldamm in der britischen Besatzungszone eingerichtet Das Notaufnahmelager Marienfelde folgte spater fur uber Berlin Gefluchtete Literatur BearbeitenHeinrich von Schonberg Das Notaufnahmegesetz in seiner sozialen Auswirkung Sozialer Fortschritt 1953 S 13 15 Elke Kimmel Das Notaufnahmeverfahren Deutschland Archiv Jg 2005 Nr 6 S 1023 1032 Bettina Effner Helge Heidemeyer Hrsg Flucht im geteilten Deutschland Erinnerungsstatte Notaufnahmelager Marienfelde Berlin bebra Verlag 2005 ISBN 3 89809 065 5 Helge Heidemeyer Flucht und Zuwanderung aus der SBZ DDR 1945 1949 1961 Die Fluchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland bis zum Bau der Berliner Mauer Dusseldorf Droste 1994 ISBN 3 7700 5176 9 Charlotte Oesterreich Die Situation in den Fluchtlingseinrichtungen fur DDR Zuwanderer in den 1950er und 1960er Jahren Die aus der Mau Mau Siedlung Verlag Dr Kovac Hamburg 2008 ISBN 978 3 8300 3498 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Notaufnahme Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Homepage der Erinnerungsstatte Notaufnahmelager Marienfelde Im neuen Deutschland Sie kommen aus der DDR hoffen auf Bruder und Schwestern zu treffen und finden sich wieder in einem fremden Land Die Zeit 18 August 1989 Einzelnachweise Bearbeiten Art 11 des Gesetzes vom 18 Februar 1986 BGBl I S 265 267 BGBl 1949 S 1 Gesetz zur Erganzung des Gesetzes uber die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet vom 21 Juli 1951 BGBl I S 470 vgl Verfassung von Berlin vom 1 September 1950 Verordnungsblatt Berlin 1950 Teil I S 433 ff verfassungen de abgerufen am 1 August 2021 GVBl 1952 S 1 VGl BVerwG Beschluss vom 10 Dezember 1953 I B 259 53 Rz 4 Erstes Gesetz zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrensrechts vom 18 Februar 1986 BGBl I S 265 vgl Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrensrechts BT Drs 10 1232 vom 4 April 1984 S 73 Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Aufnahmegesetzes BT Drs 11 6910 vom 11 April 1990 Gesetz zur Aufhebung des Aufnahmegesetzes vom 26 Juni 1990 BGBl I S 1142 Gesetz zur Aufhebung des Aufnahmegesetzes Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages BR Drs 388 90 vom 1 Juni 1990 Wernicke Bonn Komm Anm I zu Art 11 und im JoR NF Bd 1 S 128 133 Abg Carlo Schmid in der 44 Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats Stenogr Berichte S 573 f BVerfG Beschluss vom 7 Mai 1953 Az 1 BvL 104 52 BVerfGE 2 266 Notaufnahme vgl Entschliessung der Fluchtlingsverwaltungen der Lander des Vereinigten Wirtschaftsgebietes auf der Tagung in Uelzen am 11 Juli 1949 BT Drs 685 Anlage 2 Zonengrenze Freizugigkeit aller Deutschen Der Spiegel 19 April 1950 Memorandum der Alliierten Hohen Kommission an die Bundesregierung uber die Frage der Aufnahme von deutschen Fluchtlingen in Westdeutschland Deutsche Ubersetzung BT Drs 685 Anlage 1 Drs 350 vgl Bericht des Ausschusses fur gesamtdeutsche Fragen 8 Ausschuss uber den Entwurf eines Gesetzes uber die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet BT Drs 685 S 3 ff Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet Kabinettsprotokolle der Bundesregierung online abgerufen am 3 August 2021 vgl Berlin Kanal voll Der Spiegel 3 April 1951 BVerfG Beschluss vom 7 Mai 1953 Az 1 BvL 104 52 BVerfGE 2 266 Notaufnahme 101 BVFG in der Fassung vom 19 Mai 1953 BGBl I S 201 BVerwG Urteil vom 25 Februar 1955 IV C 059 54 Rz 15 BVerwG IV C 032 54 BVerwG IV C 031 54 Das Notaufnahmeverfahren Memento des Originals vom 2 August 2021 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www notaufnahmelager berlin de Erinnerungsstatte Notaufnahmelager Marienfelde abgerufen am 2 August 2021 Verordnung zur Durchfuhrung des Gesetzes uber die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet vom 11 Juni 1951 BGBl I S 381 Elke Kimmel Hilfe die Ostler kommen Der Tagesspiegel 2 September 2005 Entwurf eines Gesetzes uber die Angelegenheiten der Vertriebenen und Fluchtlinge Bundesvertriebenengesetz BT Drs Nr 2872 vom 26 November 1951 S 24 vgl zur Abgrenzung BVerwG Urteil vom 9 Dezember 1955 IV C 0667 55 Rz 13 ff Heinz Dorr Vom Fluchtlingskommissariat zur Zentralen Aufnahmestelle Ruckblick auf 45 Jahre Fluchtlngslager Giessen Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Giessen MOHG 1996 S 49 68 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aufnahmegesetz amp oldid 230381849