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Der Nataraja Tempel auch Sabhanayaka Tempel ist ein Hindu Tempel in der Stadt Chidambaram im sudindischen Bundesstaat Tamil Nadu Er ist Nataraja einer Erscheinungsform des Gottes Shiva geweiht Als Ort an welchem dem Mythos zufolge Shiva als Konig des Tanzes seinen kosmischen Tanz vollfuhrt haben soll gehort der Nataraja Tempel zu den wichtigsten shivaitischen Heiligtumern Indiens Chidambaram scheint bereits fruh ein religioses Zentrum gewesen zu sein und wird ab dem 7 Jahrhundert in der Dichtung erwahnt In seiner heutigen Form stammt der Nataraja Tempel im Wesentlichen aus der Spatzeit der Chola Dynastie 11 13 Jahrhundert mit einigen Zusatzen aus der Pandya und Vijayanagar Zeit 13 16 Jahrhundert Blick uber den Tempelteich auf den Nordgopuram des Nataraja TempelsDer Nataraja Tempel ist ein hervorragendes Beispiel der dravidischen Tempelarchitektur Wie es fur diesen Baustil kennzeichnend ist hat der Tempel einen rechteckigen Grundriss und ist nach geometrischen Prinzipien aufgebaut Der mit uber 15 Hektar sehr weitlaufige Tempelkomplex besteht aus vier konzentrischen Bereichen die um den dem Gott Nataraja geweihten Hauptschrein herum aufgebaut sind Daneben gehoren zu dem Tempelkomplex zahlreiche weitere Bauteile darunter Nebenschreine mehrere grosse Tempelhallen ein Tempelteich und vier hoch aufragende Torturme gopurams Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Lage 3 Architektur 3 1 Uberblick 3 2 Schreine 3 3 Tempelhallen 3 4 Tempelteich 3 5 Gopurams 4 Religiose Bedeutung 4 1 Mythos 4 2 Shivaismus 4 3 Vishnuismus 5 Religioses Leben 5 1 Priester und Tempelverwaltung 5 2 Rituale 5 3 Tempelfeste 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksGeschichte BearbeitenDer Nataraja Tempel ist ein gewachsener Gebaudekomplex mit Bauteilen sehr unterschiedlichen Alters die teilweise mehrfach umgebaut sein konnen 1 Daher ist es oft sehr schwierig das Alter der jeweiligen Gebaudeteile zu bestimmen Kein Teil des Tempels lasst sich mit Sicherheit vor die Zeit der spaten Chola Konige 1070 1279 datieren 2 Es ist aber davon auszugehen dass die Ursprunge etwa des Hauptschreins weiter in die Vergangenheit zuruckreichen Die fruhe Geschichte des Tempels von Chidambaram liegt weitgehend im Dunkeln Sicher ist dass das Heiligtum bereits zur Zeit der Dichter Appar Sambandar und Sundaramurti existierte die im 7 und 8 Jahrhundert in ihren devotionalen Tevaram Hymnen Shivas Tanz in Tillai so der alte Name Chidambarams besangen 3 Fur den Bau des Nataraja Tempels sind im Wesentlichen die Chola Konige verantwortlich die zwischen dem 9 und 13 Jahrhundert uber grosse Teile Sudindiens herrschten Die Cholas machten Nataraja zu ihrer Familiengottheit und begannen den Tempel von Chidambaram zu fordern Konig Aditya I reg 871 907 oder sein Sohn Parantaka I reg 907 955 liess das Dach des Schreines mit Gold uberziehen welches die Cholas durch ihre Kriegszuge angehauft hatten 4 Rajaraja I reg 985 1014 zu dessen Zeit das Chola Reich den Hohepunkt seiner Macht erreichte vernachlassigte den Nataraja Tempel und liess stattdessen in der Hauptstadt Thanjavur den Brihadisvara Tempel als Zeichen seiner imperialen Herrschaft errichten Sein Nachfolger Rajendra I reg 1014 1044 verlegte die Hauptstadt nach Gangaikonda Cholapuram und erbaute dort ebenfalls einen grossen Tempel Erst unter Kulottunga I reg 1070 1120 wandte sich das Interesse der Chola Konige wieder dem Nataraja Tempel zu Die spaten Chola Konige wahlten Chidambaram als ihre Kronungsstatte und scheinen teilweise uber langere Zeit im Tempel Residenz gehalten zu haben 5 Der grosste Teil des Tempelkomplexes wie er heute existiert entstand unter der Herrschaft Kulottungas und seiner Nachfolger im 12 Jahrhundert nbsp F Swain Ward View of the Pagoda of Chelimbaram um 1762Mit dem Niedergang des Chola Reiches geriet Chidambaram im 13 Jahrhundert in den Einflussbereich lokaler Machthaber sowie der in Madurai residierenden Pandya Konige die einige Umbauten im Nataraja Tempel veranlassten Nach einem kurzen muslimischen Zwischenspiel kam Chidambaram gegen Ende des 14 Jahrhunderts wie ganz Sudindien unter die Herrschaft des Vijayanagar Reiches Wahrend die Konige von Vijayanagar an anderen Orten grosse Tempelbauprojekte unternahmen veranlassten sie im Nataraja Tempel nur kleinere Baumassnahmen Im Laufe des 18 Jahrhunderts nutzten die Kolonialmachte Grossbritannien und Frankreich wahrend der Karnatischen Kriege in denen sie um die Vorherrschaft in Sudindien rangen mehrfach den wehrhaften Nataraja Tempel als Festung Wegen der Kriegswirren wurde das Gotterbild des Nataraja nach Tiruvarur in Sicherheit gebracht und kehrte erst 1773 wieder nach Chidambaram zuruck 6 Mit dem Beginn der britischen Kolonialzeit endete die Forderung des Nataraja Tempels durch konigliche Herrscher Hingegen machten sich ab dem 19 Jahrhundert vor allem reiche Handler aus der Kaste der Nattukottai Chettiars um den Tempel verdient und finanzierten zahlreiche kleinere Umbau und Instandhaltungsmassnahmen Die letzte grosse Renovierung des Tempels kulminierte 1987 in einer grossen Neueinweihungszeremonie mahakumbhabhisheka Lage BearbeitenDer Nataraja Tempel ist nicht nur die alles uberragende Sehenswurdigkeit der ansonsten eher unbedeutenden 60 000 Einwohner Stadt Chidambaram sondern bildet auch den Mittelpunkt des Ortes Der Stadtgrundriss Chidambarams richtet sich nach dem Nataraja Tempel Mehrere rechteckige Strassenringe umgeben ihn seinen Umrissen folgend Querstrassen laufen axial auf die Eingangstore zu Der innerste der Strassenringe wird durch die Strassen East Car Street South Car Street West Car Street und North Car Street gebildet Die Strassen sind mit 18 Metern auffallig breit Sie werden bei den Tempelfesten fur die grossen Prozessionen genutzt Der Name Car Street ruhrt von den grossen Tempelwagen englisch car her die dabei um den Tempel herum gezogen werden und fur die restliche Zeit an der East Car Street gegenuber dem Osteingang des Tempels abgestellt sind Die zwischen der Car Street und der Tempelmauer gelegenen Hauser bilden das Wohnviertel der Priester des Tempels Mit seinem konzentrisch um den Nataraja Tempel herum aufgebauten Stadtgrundriss verkorpert Chidambaram den klassischen Typus der sudindischen Tempelstadt Architektur BearbeitenUberblick Bearbeiten nbsp Grundriss Zahlen beziehen sich auf den Text Der Nataraja Tempel umfasst einen weitlaufigen Komplex mit einem rechteckigen Grundriss von rund 450 330 Metern und einer Flache von uber 15 Hektar 7 Den Mittelpunkt des Tempels bildet das Allerheiligste mit dem Gotterbild Natarajas Vier Mauerringe welche das zentrale Heiligtum umgeben gliedern den Tempelkomplex in vier konzentrische Bereiche Prakaras genannt Je naher man sich dem Mittelpunkt nahert desto heiliger wird der Bereich So mussen Tempelbesucher ihre Schuhe an der dritten Umfassungsmauer ablegen ab den beiden innersten Bereichen ist das Fotografieren verboten den Nataraja Schrein schliesslich durfen allein die Tempelpriester betreten Der ausserste Prakara gehort im engeren Sinn nicht zum eigentlichen Tempel Er besteht aus Garten und Palmenhainen die fur die Offentlichkeit nicht zuganglich sind Die ausserste Umfassungsmauer besitzt in jeder der vier Himmelsrichtungen ein einfaches Eingangstor von dem jeweils ein Durchgang zum dritten Prakara fuhrt Die vier Tore in der dritten Umfassungsmauer werden von jeweils einem massiven Gopuram 1 4 bekront Der dritte Prakara ist nicht komplett rechteckig sondern hat in der Nordwestecke eine Ausbuchtung Er besteht grosstenteils aus gepflasterten Hofflachen und beherbergt den Tempelteich 5 zwei grosse Saulenhallen die Hundert Saulen Halle 6 und die Tausend Saulen Halle 7 sowie Nebenschreine fur Shivas Gattin Shivakamasundari 8 und seine Sohne Murugan 9 und Ganesha 10 Der Bereich innerhalb der beiden innersten Mauerringe ist grosstenteils uberdacht Hier verbinden sich zahlreiche Bauteile zu einem verwinkelten und schwer zu uberschauenden Komplex Zum zweiten Prakara gehoren neben zahlreichen Kolonnaden und Korridoren zwei Tempelhallen die Deva Sabha 11 und die Nritta Sabha 12 der Mulasthana Schrein 13 sowie weitere kleinere Schreine Im innersten Prakara liegen der Govindaraja Schrein 14 sowie schliesslich das Allerheiligste des Tempels die Chit Sabha samt der direkt daran angeschlossenen Kanaka Sabha 15 Der Nataraja Tempel vertritt den Dravida Stil die in Sudindien vorherrschende Richtung der Tempelbaukunst Kennzeichnend sind vor allem die markanten Gopurams und der nach geometrischen Prinzipien konzentrisch um den Hauptschrein herum aufgebaute und an den Himmelsrichtungen orientierte Grundrissplan Jedoch weist der Nataraja Tempel nicht dieselbe strenge Symmetrie auf wie etwa die Tempel von Madurai oder Srirangam So stehen die Gopurams nicht in einer Linie sondern sind seitlich gegeneinander versetzt Schreine Bearbeiten nbsp Das goldene Dach des Nataraja SchreinsDas Allerheiligste des Nataraja Tempels tragt den Namen Chit Sabha und beherbergt ein rund einen Meter hohes Bronzebildnis Shivas in seiner anthropomorphen Form als Nataraja Konig des Tanzes Unter dem tamilischen Namen Chitrambalam kleine Halle wird sie bereits in den Tevaram Hymnen erwahnt Spater wurde der Name auf Sanskrit umgedeutet und in Chit Sabha Halle des Bewusstseins abgeandert Auch wenn nicht genau feststellbar ist wie alt die Chit Sabha in ihrer heutigen Bausubstanz ist scheint sie doch auf einen sehr alten Schrein zuruckzugehen 8 In architektonischer Hinsicht ist die Chit Sabha sehr ungewohnlich Sie hat einen rechteckigen Grundriss von weniger als 8 4 Metern ist aus Holz gebaut und hat ein vergoldetes Dach dessen gewolbte Form an ein Strohdach erinnert zudem blickt das Standbild Natarajas nach Suden Ublicherweise sind im Dravida Stil Schreine dagegen aus Stein gebaut quadratisch werden von einem pyramidalen Vimana bedeckt und sind nach Osten ausgerichtet Die Chit Sabha steht auf einer rund einen Meter hohen Plattform und offnet sich nach Suden hin zu der direkt angebauten Kanaka Sabha goldene Halle die als eine Art Vorhalle des Hauptschreins dient Das Dach der Kanaka Sabha hat dieselbe Form wie das der Chit Sabha ist aber kupferfarben Eine doppelte Kolonnade umgibt Chit Sabha und Kanaka Sabha nbsp Shivakamasundari SchreinDer zweitwichtigste Schrein des Nataraja Tempels ist Shivas Gattin Shivakamasundari der lokalen Form der Gottin Parvati geweiht Der Shivakamasundari Schrein stammt aus der Chola Zeit Er befindet sich im dritten Prakara und hat eine eigene Umfassungsmauer mit einer zweistockigen Kolonnade Dem Schrein vorgebaut ist eine Saulenhalle aus dem 17 Jahrhundert deren Dach mit reichen Malereien verziert ist Ebenfalls auf den Hof des dritten Prakaras befinden sich zwei Nebenschreine fur die Sohne Shivas und Parvatis Subramanya Murugan und Vinayaka Ganesha Der Murugan Schrein stammt aus der Pandya Zeit des 13 Jahrhunderts und zeichnet sich durch seine kunstvoll verzierten Saulen aus Ausser in seiner Gestalt als Nataraja wird Shiva im Mulasthana Schrein auch in Form eines nicht bildhaften Lingas verehrt Der Schrein liegt im zweiten Prakara nordlich des Hauptschreins und wurde vermutlich im 13 Jahrhundert erbaut Im innersten Prakara in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nataraja Schrein befindet sich ein 1539 fertiggestellter Schrein fur Govindaraja Vishnu Hinzu kommen zahlreiche weitere weniger bedeutende Schreine die anderen Erscheinungsformen Shivas und weiteren Gottheiten gewidmet sind sowie den 63 Nayanmars den in Tamil Nadu als shivaitische Heilige verehrten Hymnendichtern Tempelhallen Bearbeiten nbsp Saulen im Inneren des Nataraja TempelsZum Komplex des Nataraja Tempels gehoren mehrere Tempelhallen Im zweiten Prakara befindet sich in einer Linie mit der Chit Sabha die Nritta Sabha Tanzhalle Aus architektonischer Sicht ist sie der Chola Zeit zuzuordnen doch mag sich an ihrer Stelle bereits fruher ein Schrein befunden haben der moglicherweise der Gottin Kali geweiht war 9 Mit ihren 54 reich skulpturierten Steinsaulen und den Verzierungen in Form von Wagenradern und Pferden an den Aussenwanden die einen Tempelwagen Ratha nachbilden gehort die Nritta Sabha zu den kunstvollsten Gebauden des Tempelkomplexes 10 Ebenfalls im zweiten Prakara liegt ostlich des Hauptschreins die Deva Sabha Gotterhalle Die geraumige Halle hat eine Flache von rund 15 15 Metern erreicht eine Hohe von 19 5 Metern und wird ebenfalls von einem hohen gewolbten Dach gedeckt Sie dient zur Aufbewahrung der bronzenen Prozessionsstandbilder der Gotter die bei den Tempelfesten herausgetragen werden sowie als Versammlungshalle der Priester Auf dem Hof im dritten Prakara befinden sich zwei grosse Saulenhallen die Hundert Pfeiler Halle und die Tausend Saulen Halle Die Hundert Pfeiler Halle ist ca 48 35 Meter gross und liegt im westlichen Bereich an die dritte Umfassungsmauer und die Mauer des Shivakamasundari Schreines angelehnt Die Tausend Saulen Halle befindet sich freistehend im nordostlichen Bereich des Tempelareals und ist mit 106 58 Metern die grosste der Tempelhallen 7 Sie ist auch als Raja Sabha Konigshalle bekannt weil sie ursprunglich Mitte des 12 Jahrhunderts als Audienzhalle der Chola Konige entstanden war Heute nutzt man sie fur bestimmte Zeremonien bei den grossen Tempelfesten Tempelteich Bearbeiten nbsp Der Shivaganga TempelteichWie fast alle grossen Tempel Tamil Nadus verfugt der Tempel von Chidambaram uber einen Tempelteich Dieser ist als Shivaganga Teich bekannt nach der Gottin Ganga der Personifikation des Flusses Ganges Es handelt sich um ein 105 61 Meter 7 grosses rechteckiges Becken im Hofbereich des dritten Prakara Wahrend der Chola Zeit wurde der Teich mit zum Wasser fuhrenden Treppenstufen Ghats und einem Saulengang eingefasst Der Shivaganga Teich dient Glaubigen als Ort fur rituelle Waschungen Er ist einer von insgesamt zehn heiligen Badeplatzen tirthas in Chidambaram Dazu zahlt auch der Paramananda Kupa Brunnen nahe der Chit Sabha aus welchem das Wasser fur die Rituale im Allerheiligsten stammt sowie weitere Teiche in und um Chidambaram und schliesslich das nahe gelegene Meer Gopurams Bearbeiten nbsp Ostgopuram des Nataraja TempelsDas markanteste Bauelement des Nataraja Tempels sind die fur den Dravida Stil typischen auf querrechteckigem Grundriss erbauten Torturme gopurams Diese vier weithin sichtbaren Turme in der dritten Umfassungsmauer erreichen Hohen von bis zu 42 Metern Der alteste der Gopurams ist der Westgopuram um 1175 gefolgt von dem Ost um 1200 und Sudgopuram 1250 Der Nordgopuram wurde wahrscheinlich im 13 Jahrhundert begonnen aber erst im 16 Jahrhundert unter dem Vijayanagar Herrscher Krishnadevaraya fertiggestellt 11 Alle vier Gopurams folgen aber demselben Bauplan Sie bestehen aus einem massiven zweistockigen Steinsockel einem sieben Stockwerke hohen pyramidalen Uberbau und einem Dachaufsatz Die Sockel enthalten Nischen mit Statuen verschiedener Erscheinungsformen Shivas anderer Gotter und mythischer Gestalten Im Ost und Westgopuram befinden sich an den Seiten des Tordurchgangs Reliefdarstellungen welche die 108 Tanzpositionen des klassischen indischen Tanzes zeigen Die bunt bemalten Uberbauten sind mit Stuckfiguren geschmuckt Der Haupteingang des Tempels fuhrt durch den Ostgopuram Hier steht ein Tempelelefant der die Besucher gegen eine Geldspende durch eine Beruhrung mit dem Russel segnet Im Tempelinneren befinden sich weitere deutlich niedrigere Gopurams Die zweite Umfassungsmauer hat im Westen und Osten jeweils einen Gopuram der in einer Linie mit dem Nataraja Schrein steht In der innersten Umfassungsmauer befinden sich drei Torturme Einer im Suden und einer im Osten beide ebenfalls am Hauptschrein orientiert sowie ein weiterer im Osten der in einer Linie mit dem Govindaraja Schrein steht Auch der Shivakamasundari Schrein verfugt in seiner Umfassungsmauer uber einen Ostgopuram Religiose Bedeutung BearbeitenMythos Bearbeiten nbsp Shivas Tanz als Nataraja Fresko im Nataraja Tempel Wie fast jeder wichtige sudindische Tempel besitzt auch der Tempel von Chidambaram eine eigene Ortslegende welche die Grundungsgeschichte des Tempels erzahlt Sie ist in zwei Versionen uberliefert Im auf Sanskrit geschriebenen Chidambaramahatmya das eventuell aus dem 12 oder 13 Jahrhundert stammt und in einer tamilischsprachigen Version mit dem Titel Koyirpuranam die der Autor Umapati Shivacharya im 14 Jahrhundert verfasste 12 Das Chidambaramahatmya erzahlt Ein Weiser begab sich in einen Wald von Tillai Baumen in Chidambaram um Askese zu uben und verehrte dort am Ufer eines Teiches ein Linga indem er es mit Blumen schmuckte Er bat Shiva ihm die Klauen eines Tigers zu verleihen damit er auf die Baume klettern und dort die besten Blumen fur die Verehrung seines Herrn pflucken konne Shiva gewahrte dem Weisen diese Bitte und seitdem nennt man ihn vyaghrapada Tigerfuss Shiva begab sich in der Gestalt eines Asketen zusammen mit Vishnu der die Form einer schonen Frau angenommen hat in den Wald Daruvana wo eine Schar von Sehern Rishis lebte Wahrend Vishnu die Rishis betorte verfuhrte Shiva ihre Frauen Die Seher wurden zornig und hetzen nacheinander einen Tiger eine Schlange sowie eine Antilope auf Shiva um ihn zu toten Shiva aber besiegte die Tiere und trug ihre Haut als Schmuck Auch einen zwergenhaften Damon bezwang Shiva und begann auf seinem Rucken zu tanzen Vishnu der den Tanz verfolgt hatte berichtete der Schlange Shesha von dem was er gesehen hatte Shesha wunschte den Tanz Shivas zu sehen daher inkarnierte er sich in halb menschlicher Form als Patanjali und begab sich nach Chidambaram Dort fuhrte Shiva vor Vyaghrapada Patanjali und einer Schar von dreitausend Brahmanen seinen Tanz auf Spater kam ein bengalischer Konig namens Hiranyavarman nach Chidambaram Nach einem Bad im Teich des Tillai Waldes erhielt er einen goldenen Korper und wurde zu einem Verehrer Shivas Hiranyavarman erbaute in Chidambaram einen Tempel und holte die dreitausend Priester die sich zwischenzeitlich nach Nordindien begeben hatten dorthin zuruck 13 Shivaismus Bearbeiten nbsp Bronzestandbild Natarajas aus der Chola Zeit Metropolitan Museum of Art New YorkDer Tempel von Chidambaram ist ein shivaitischer Tempel der Shivaismus ist neben dem Vishnuismus und Shaktismus eine der drei Hauptstromungen des orthodoxen Hinduismus Die Hauptgottheit des Tempels ist Shiva in seiner Form als Nataraja Konig des Tanzes Chidambaram gilt als der Ort an dem Nataraja seinen kosmischen Tanz der Gluckseligkeit Ananda Tandava der den Prozess von Schopfung Zerstorung und Wiedererschaffung des Universums symbolisiert aufgefuhrt haben soll Der Tempel von Chidambaram ist der einzige Hindu Tempel dessen Hauptgottheit Nataraja ist Zwar finden sich auch in zahlreichen anderen sudindischen Shiva Tempeln Nataraja Bronzen in Nebenschreinen doch verkorpert sich Shiva dort im Hauptschrein stets als nicht bildhaftes Linga 14 Mit dem Nataraja Kult ist eine Gruppe von funf Tempeln in Tamil Nadu assoziiert die als funf Tanzhallen Pancha Sabha bekannt sind Hierzu gehoren neben dem Nataraja Tempel von Chidambaram der Minakshi Tempel von Madurai sowie die Tempel von Tirunelveli Tiruvalangadu und Courtallam Wahrend die anderen vier Tempel jeweils einen Aspekt von Shivas Tanz Schopfung Erhaltung Verhullung und Erlosung verkorpern sind in seinem Tanz in Chidambaram alle diese Taten gleichzeitig prasent 15 Als Ort von Shivas kosmischen Tanz gehort Chidambaram zu den heiligsten Orten Indiens Sudindische Shivaiten betrachten den Nataraja Tempel als das wichtigste Shiva Heiligtum uberhaupt und bezeichnen ihn schlicht als den Tempel Koyil 16 Im Hauptschrein des Nataraja Tempels wird ausserdem das sogenannte Chidambara Rahasya Geheimnis von Chidambaram verehrt In einem durch einen Vorhang abgetrennten leeren Raum soll sich Shiva im unsichtbaren Ather akasha manifestieren 17 Damit gehort der Nataraja Tempel zu den Funf Elemente Tempeln Pancha Bhuta Sthalangal in denen man Shiva als Manifestation der Elemente Feuer Erde Wasser Wind und Ather wird im Hinduismus als Element verstanden verehrt Vishnuismus Bearbeiten Obgleich der Nataraja Tempel ein shivaitischer Tempel ist beherbergt er auch einen Schrein fur Vishnu den Hauptgott des Vishnuismus der hier unter dem Namen Govindaraja verehrt wird Dank des Govindaraja Schreins gehort Chidambaram unter dem Namen Tiruchitrakudam zu den 108 heiligen Orten Divya Desams des tamilischen Vishnuismus Der Schrein wurde 1539 wahrend der Vijayanagar Zeit erbaut Der Bauherr Konig Achyutadevaraya berief sich darauf die Verehrung Vishnus wiederherzustellen 18 Tatsachlich spricht der Umstand dass Chidambaram im 7 und 8 Jahrhundert von zwei vishnuitischen Hymnendichtern besungen wurde dafur dass es dort bereits in fruherer Zeit einen Vishnu Kult gab Von Konig Kulottunga II 1133 1150 wird berichtet er habe ein Bildnis Vishnus bei Chidambaram im Meer versenken lassen Zeitgenossische europaische Berichte aus dem 16 Jahrhundert berichten von erbitterten Auseinandersetzungen uber den Bau des Govindaraja Schreines bei denen sich shivaitische Priester aus Protest von der Spitze eines Gopurams gesturzt haben sollen 19 Religioses Leben BearbeitenPriester und Tempelverwaltung Bearbeiten nbsp Dikshitar Priester in Chidambaram um 1900 Die Priester des Nataraja Tempels gehoren der rund 1000 Mitglieder starken in Chidambaram ansassigen Gemeinschaft der Dikshitar an Wie alle hinduistischen Tempelpriester gehoren die Dikshitars zur Kaste der Brahmanen sie bilden aber eine eigene endogame Gemeinschaft die sich stark von den Tempelpriestern der ubrigen Shiva Tempel Tamil Nadus die allesamt zur Unterkaste der Adishaiva gehoren unterscheidet Die rund 200 verheirateten Dikshitar Manner haben eine besondere Initiation durchlaufen die sie dazu befahigt im Tempel als Priester zu dienen 20 Die Dikshitars fuhren ihren Ursprung auf die Gemeinschaft der Dreitausend Muvayiravar zuruck die der legendare Konig Hiranyavarman dem Mythos zufolge nach Chidambaram geholt haben soll Ausserlich sind die Priester an ihrer traditionellen Kleidung und ihrem Haarknoten auf der linken Kopfseite zu erkennen Wahrend die Priesterschaft in anderen Tempeln streng hierarchisch ist sind die Dikshitar Priester egalitar organisiert und wechseln sich in der Durchfuhrung der verschiedenen Rituale ab Da nur verheiratete Manner als Priester dienen konnen werden die Kinder der Dikshitars sehr jung verheiratet Jungen um das Alter von zwolf Madchen von sieben Jahren Die Dikshitar Gemeinschaft erwartet von allen ihren mannlichen Mitgliedern Priester zu werden und erlaubt ihnen nur in Ausnahmefallen eine Arbeit ausserhalb Chidambarams anzunehmen 21 Hieraus resultiert auch die aussergewohnlich hohe Zahl an Priestern die im Nataraja Tempel dienen im ahnlich grossen Minakshi Tempel von Madurai arbeiten etwa nur 60 Priester 22 Traditionell wurde der Nataraja Tempel durch einen demokratischen Rat geleitet den die zweihundert Dikshitar Priester bilden 23 Hierin unterschied er sich von den anderen grossen Tempeln Tamil Nadus die durch den Staat verwaltet werden Seit der Unabhangigkeit Indiens versuchte die Regierung des Bundesstaates mehrfach den Nataraja Tempel unter ihre Kontrolle zu bringen Zwei Gerichtsentscheidungen in den Jahren 1954 und 1981 sprachen den Dikshitars noch das Recht zu den Tempel selbst zu verwalten 24 Im Februar 2009 ubertrug der oberste Gerichtshof Tamil Nadus nach einem langwierigen Rechtsstreit die Kontrolle uber den Nataraja Tempel auf das staatliche Hindu Religious and Charitable Endowments Administration Department 25 Im Januar 2014 widerrief das Oberste Gericht Indiens aber die vorige Entscheidung und ubertrug die Tempelverwaltung wieder den Dikshitar 26 Rituale Bearbeiten Die ausgefeilten Rituale die taglich von den Priestern des Nataraja Tempels ausgefuhrt werden folgen einem genau festgelegten Ablauf Wahrend der Offnungszeiten des Tempels von 6 bis 13 und von 17 bis 22 Uhr finden am Hauptschrein jeden Tag sechs Pujas statt Bei der ersten Puja wird morgens gegen 6 30 Uhr ein Bildnis der Fusse Shivas aus seinem Schlafgemach einem separaten Raum in dem es uber Nacht aufbewahrt worden war zuruck in den Hauptschrein gebracht Zu den Ritualen die im Laufe des Tages folgen gehoren die Waschung der Gotterbilder sowie das Schwenken von Kampferlichtern vor der Gottheit Dabei versammeln sich die Tempelbesucher vor dem Schrein um die Gottheit zu erblicken Darshana Am Abend bringt man das Bildnis wieder in den Raum zuruck um die Gottheit zeremoniell zum Schlaf zu betten 27 Ahnliche jedoch schlichtere Rituale finden in den Nebenschreinen statt Anders als die anderen Shiva Tempel in Tamil Nadu folgen die Priester in Chidambaram nicht den shivaitischen Ritualhandbuchern den Shaiva Agamas sondern einem eigenen Handbuch das der Sanskrit Grammatiker Patanjali im 2 Jahrhundert v Chr niedergeschrieben haben soll Nach Ansicht der Priester geht der von ihnen praktizierte Ritus letztlich auf die Veden die altesten heiligen Schriften des Hinduismus zuruck 28 Tempelfeste Bearbeiten nbsp Tempelwagen ratha bei einer ProzessionChidambaram feiert jahrlich mehrere Tempelfeste Das wichtigste findet im tamilischen Monat Markali Dezember Januar statt Das zehntagige Fest beginnt mit der Zeremonie des Flaggehissens und umfasst mehrere Prozessionen bei denen die Glaubigen Gotterbilder durch die Stadt tragen Ihren Hohepunkt erreichen die Feierlichkeiten am neunten Tag an dem Nataraja sein Heiligtum verlasst und sich dem Umzug anschliesst Wahrend normalerweise die Hauptgotterbilder eines Hindu Tempels unbeweglich sind und man fur die Tempelfeste spezielle Prozessionsfiguren benutzt wird in Chidambaram das Bronzebildnis Natarajas aus dem Allerheiligsten herausgetragen und auf einem grossen Wagen ratha um den Tempel herum gezogen Am zehnten und letzten Tag wird die Gottheit in der grossen Abhisheka Zeremonie gesalbt 29 Diese Tage bilden in Chidambaram den Hohepunkt des Jahres und ziehen regelmassig bis zu 200 000 Besucher an 30 Ein zweites grosses Tempelfest findet im Monat Ani Juni Juli statt Es dauert ebenfalls zehn Tage und ahnelt in seinem Ablauf dem Markali Fest Bei einem weiteren Fest im Monat Masi Februar Marz bringt man das Bildnis Natarajas an die Meereskuste Literatur BearbeitenJames Coffin Harle Temple Gateways in South India The Architecture and Iconography of the Chidambaram Gopuras M Manoharlal Publ New Delhi 1995 ISBN 81 215 0666 2 Nachdr d Ausg Oxford 1963 Vivek Nanda Hrsg Chidambaram Home of Nataraja Mary Publ Mumbai 2004 ISBN 81 85026 64 5 Balusubrahmanyam Natarajan Tillai and Nataraja Mudgala Trust Madras 1994 David Smith The dance of Siva Religion art and poetry in South India Cambridge Studies in religioud traditions Bd 7 Foundation Books New Delhi 1998 ISBN 81 7596 042 6 Nachdr d Ausg Cambridge 1996 Paul Younger The home of dancing Sivaṉ The traditions of the Hindu temple in Citamparam OUP New York u a 1995 ISBN 0 19 509533 2 Einzelnachweise Bearbeiten Zur Baugeschichte des Nataraja Tempels siehe u a Paul Younger The home of dancing Sivaṉ The traditions of the Hindu temple in Citamparam New York u a 1995 S 81 117 Gerd J R Mevissen Chola Architecture and Sculpture at Chidambaram In Vivek Nanda Hrsg Chidambaram Home of Nataraja Mumbai 2004 S 83 Younger 1995 S 83 Younger 1995 S 94 f Younger 1995 S 40 Younger 1995 S 146 a b c Zahlen nach Vivek Nanda Chidambaram A Ritual Topography In Vivek Nanda Hrsg Chidambaram Home of Nataraja Mumbai 2004 S 8 21 Es finden sich abweichende Grossenangaben Younger 1995 S 84 87 Younger 1995 S 89 f Mevissen 2004 S 83 f Mevissen 2004 S 88 Younger 1995 S 163 Zusammenfassung nach Hermann Kulke Cidambaramahatmya Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen und historischen Hintergrunde fur die Entstehung der Tradition einer sudindischen Tempelstadt Wiesbaden 1970 S 1 29 John Guy The Nataraja Murti and Chidambaram Genesis of a Cult Image In Vivek Nanda Hrsg Chidambaram Home of Nataraja Mumbai 2004 S 73 Saskia Kersenboom Dort wo Shiva tanzt In Johannes Belz Hrsg Shiva Nataraja Der kosmische Tanzer Zurich 2008 S 63 David Smith The dance of Siva Religion art and poetry in South India Cambridge u a 1996 S 1 B Natarajan Chidambara Rahasya The Secret of Chidambaram In Vivek Nanda Hrsg Chidambaram Home of Nataraja Mumbai 2004 S 55 59 Younger 1995 S 111 f B Natarajan The City of the Cosmic Dance Chidambaram New Delhi 1974 S 59 Younger 1995 S 13 Younger 1995 S 22 ff C J Fuller Servants of the Goddess The Priests of a South Indian Temple Cambridge u a 1984 S 25 Younger 1995 S 19 f Younger 1995 S 148 HR and CE starts cleaning up Chidambaram temple premises In The Hindu vom 7 Februar 2009 und Court order ends an era in Chidambaram temple In The Hindu vom 8 Februar 2009 Dikshitars right to manage Natarajar temple cannot be taken away SC In The Hindu vom 7 Januar 2014 Younger 1995 S 24 28 Younger 1995 S 24 Younger 1995 S 54 67 2 lakh devotees throng Chidambaram Memento des Originals vom 31 Marz 2004 imInternet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www hinduonnet com In The Hindu vom 31 Dezember 2001 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Nataraja Tempel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website des Nataraja Tempels Bernhard Peter Der Nataraja Tempel von Chidambaram Alan Croker Temple Architecture in South India In Robert Irving Hrsg The Journal of the Society of Architectural Historians Australia and New Zealand Nr 4 1 Juni 1993 S 109 123 PDF 345 kB TempleNet Chidambaram englisch nbsp Dieser Artikel wurde am 9 Mai 2009 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen 11 399444444444 79 693333333333 Koordinaten 11 23 58 N 79 41 36 O Normdaten Geografikum GND 4390921 8 lobid OGND AKS LCCN n82119546 VIAF 67817438 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nataraja Tempel amp oldid 235329315