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Moritz Hartmann 15 Oktober 1821 in Duschnik Bohmen 13 Mai 1872 in Oberdobling war ein osterreichischer Journalist Schriftsteller und Politiker Moritz Hartmann Holzschnitt nach Adolf Neumann Die Gartenlaube 1859 Moritz Hartmann Grafik aus der Zeitschrift Freya 1865 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Ausbildung 2 Wirken 3 Werke Auswahl 3 1 Lyrik 3 2 Romane Erzahlungen Novellen 3 3 Satiren 3 4 Reiseberichte 3 5 Buhnenstucke 3 6 Werkausgaben 4 Briefe 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHerkunft und Ausbildung BearbeitenHartmanns Vater war ein judischer Hammerwerkbesitzers und seine Mutter die Tochter des Kreisrabbiners von Jungbunzlau Nach dem Gymnasium in Prag besuchte er das antisemitisch gepragte Piaristengymnasium in Jungbunzlau was er nur durch den Beistand seines orthodoxen aber undogmatischen Grossvaters ertrug den er sehr verehrte Hier gehorte Leopold Kompert zu seinen Mitschulern Im Alter von 17 Jahren wendete er sich vom Judentum ab und war ohne Konfession laut anderen Quellen konvertierte er zum Katholizismus Dem Willen der Eltern folgend begann er an der Karls Universitat Prag das Studium der Medizin nach anderer Quelle der Philosophie und Literatur Wahrend dieser Zeit freundete er sich mit Alfred Meissner und mit seinem spateren Schwager Siegfried Kapper an und veroffentlichte erste schriftstellerische Publikationen in Ost und West Doch bereits zwei Jahre spater ging er 1840 nach Wien um sich hier ganz der Literatur und der Schriftstellerei zu widmen Seinen Unterhalt verdiente er als Erzieher und Hofmeister Wirken BearbeitenHartmann wurde Dichter aus der Uberzeugung heraus eine Wirkung zu erzielen Er war radikaler und uberzeugter Demokrat der nicht nur das Ende der Monarchie herbeisehnte sondern auch ein einheitliches Deutschland auf revolutionarem Weg schaffen wollte Sein literarisches Wirken umfasst Gedichte Romane Satiren sowie Novellen Er gilt als der Chronist der Wiener Revolution von 1848 1844 ging er fur einige Jahre nach Deutschland und war vermutlich in Leipzig Paris und Berlin Im Jahr 1845 veroffentlichte er in Leipzig seinen ersten Gedichtband Kelch und Schwert der den osterreichischen Zensurbestimmungen zum Opfer fiel da darin das Hussitentum glorifiziert wurde Sein zweites Werk Neuere Gedichte erschien 1846 ebenfalls in Leipzig Auf der Flucht vor der polizeilichen Verfolgung kam er nach Brussel und Paris wo er auf Heinrich Heine traf mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verbinden sollte Seine liberalen vormarzlichen Dichtungen und die damit verbundene polizeiliche Verfolgung machten ihn in der Offentlichkeit bekannt und als er 1847 nach Bohmen zuruckkehrte wurde er als Abgeordneter des Distriktes Leitmeritz in die Frankfurter Nationalversammlung gewahlt Als einer der radikalsten Vertreter der demokratischen Linken schloss er sich gemeinsam mit Robert Blum und Julius Frobel dem Wiener Oktoberaufstand 1848 an Auf kaiserlichen Befehl wurde der konstituierende Reichstag in Wien am 22 Oktober geschlossen und nach Kremsier verlegt Am 26 Oktober befahl Alfred I zu Windisch Graetz die Beschiessung Wiens Der polnische General Josef Bem fuhrte die Verteidiger an Windisch Graetz schlug den Aufstand blutig nieder Mehr als 4000 Tote und 2400 Verhaftungen waren die Folge 500 wurden verurteilt davon 25 zum Tode Wahrend Robert Blum hingerichtet und Julius Frobel verhaftet wurde gelang Moritz Hartmann in letzter Sekunde die Flucht aus Wien Mit dem Frankfurter Rumpfparlament ging er nach Stuttgart und blieb bis zur Auflosung Abgeordneter Nach der Teilnahme an der Badischen Revolution musste er endgultig aus Deutschland fliehen Es folgten Jahre der Wanderschaft die ihn in die Schweiz nach England und Frankreich fuhrten Von Paris aus unternahm er Reisen nach England Holland Belgien und Italien Er lebte von Beitragen fur Zeitungen und Zeitschriften so berichtete er fur die Kolnische Zeitung als Korrespondent vom Krimkrieg 1854 1855 in der Turkei Vom Kriegsschauplatz kehrte er mit einer Beinverletzung zuruck und war langere Zeit ans Bett gefesselt Er wurde Anziehungspunkt fur viele prominente Intellektuelle und Fluchtlinge 1860 erhielt er das Angebot obgleich er kein einschlagiges Studium abgeschlossen hatte an der Genfer Akademie Vorlesungen uber die deutsche Literaturgeschichte zu halten Am 14 Juni 1860 heiratete er auf Wunsch der Schwiegermutter auch protestantisch 1 in Le Petit Saconnex Bertha Roediger 1839 1916 Tochter des Achilles Roediger ehem Lektor und Kantor der Wallonisch Niederlandische Kirche und Inhaber der Roediger sche Privat Unterrichts und Erziehungsanstalt in Hanau 2 Roediger trat ein fur religiose Toleranz er engagierte sich fur Benachteiligte und Verfolgte und fur die Badische Revolution von 1848 49 Als Folge wurde er aus dem Kirchendienst entlassen und verlor die Berechtigung zur Fuhrung seiner Privatschule Die Familie Roediger musste 1852 nach Genf ins Exil gehen wo sie in der Campagne La Chatelaine erneut ein Pensionat eroffnete Das Ehepaar Hartmann hatte die Sohne Heinrich 1861 1865 und Ludo Moritz Hartmann wurde 1863 Redakteur in Stuttgart wo er ab 1867 die Redaktion der Zeitschrift Freya leitete Nach der Amnestie 1867 wurde er Feuilleton Redakteur der Neuen Freien Presse und Burgtheaterreferent in Wien Ab 1870 litt Hartmann an einer schweren Nierenerkrankung und war zunehmend ans Bett gefesselt Sein Sohn Ludo Moritz hatte daher bis zu seinem siebenten Lebensjahr intensiven Kontakt zu seinem Vater sowie zu den zahlreichen Besuchern und Gasten Im Hause Hartmann verkehrten Bankiers Literaten Wissenschaftler Arzte Kunstler und Universitatsprofessoren unter ihnen der reichsdeutsche Politiker und Abgeordnete Ludwig Bamberger der Chirurg Theodor Billroth der Philosophiehistoriker Theodor Gomperz der Rechtshistoriker Adolf Exner sowie der Historiker Heinrich Friedjung Zu den wichtigsten Werken Hartmanns gehorten die Gedichtbande Kelch und Schwert 1845 und Neuere Gedichte 1846 die Novellen Erzahlungen eines Unstaten 1858 und Nach der Natur 1866 sowie die Romane Der Krieg um den Wald 1850 und Die Diamanten der Baronin 1868 Die Revolutionssatire Reimchronik des Pfaffen Maurizius 1849 zahlte zu seinen grossten Erfolgen und brachte ihm schnellen Ruhm Darin geisselte er die osterreichische Reaktion und verarbeitete die Unzufriedenheit mit der Frankfurter Nationalversammlung und den aufkeimenden ungarischen Freiheitskampf Hartmanns Leben und seine zum grossten Teil politische Dichtung bezeugen Werte wie Prinzipientreue Mut Gewissenhaftigkeit ein humanitarer Freiheitsgedanke sowie der Glaube an den historischen Fortschritt Hartmann steht fur den Kampf gegen Unterdruckung auf staatlicher Seite durch den Absolutismus und den Polizeistaat Metternichs welcher mit den Mitteln der Zensur vor allem die Schriftsteller und Dichter zu Verfolgten machte und auf kirchlicher Seite durch die katholische Amtskirche Durch seine Eheschliessung mit Bertha Roediger deren Familie ebenso burgerlich liberaler Gesinnung war Friedrich Siegmund Jucho blieb er seiner Vergangenheit als Achtundvierziger treu Zu seinen Freunden zahlten unter anderen Leopold Kompert Josephine von Wertheimstein und ihre Schwester Mina Gomperz Familie Josef Breuer Maximilian Schlesinger der schwabische Demokrat Karl Mayer der Astronom Adolphe Hirsch aus Neuchatel sein fruherer Genosse aus der Paulskirche und spatere Minister Johann Nepomuk Berger und vor allem Ludwig Pfau mit dem er in Paris zeitweise unter einem Dach lebte und ausgedehnte Reisen in Frankreich unternahm unter anderem in die Bretagne Gemeinsam mit Pfau entdeckte er dort den Reiz der uberlieferten bretonischen Lieder und Gedichtsammlung und publizierte sie gemeinsam mit Pfau in einem bibliophil ausgestatteten Band erstmals deutsch 3 Nach den Erinnerungen von Ludwig Bamberger machte Hartmann seinen Freund Pfau auch zuerst auf den Roman Mon oncle Benjamin von Claude Tillier aufmerksam den dieser darauf mit grossem Erfolg ins Deutsche ubersetzte und auf diese Weise den damals in Frankreich bereits vergessenen Tillier auch dort wieder bekannt machte 4 Nach dem Tod Moritz Hartmanns sorgte die 33 jahrige Witwe allein fur die Erziehung des Sohnes auf Wunsch des Verstorbenen unterstutzt von zwei Mitvormundern Ludwig Bamberger und dem Wiener Bankier Leopold von Lieben Werke Auswahl BearbeitenLyrik Bearbeiten Kelch und Schwert Dichtungen Weber Leipzig 1845 Neuere Gedichte Wigand Breitkopf amp Hartel Leipzig 1847 Zeitlosen Gedichte Vieweg Braunschweig 1858 Romane Erzahlungen Novellen Bearbeiten Der Krieg um den Wald Eine Historie Roman Literarische Anstalt Frankfurt am Main 1850 Schatten Poetische Erzahlungen Leske Darmstadt 1851 Erzahlungen eines Unsteten 2 Bande Duncker Berlin 1858 Nach der Natur Novellen 3 Bande Ebner Stuttgart 1866 Die letzten Tage eines Konigs Historische Novelle Hallberger Stuttgart 1866 Die Diamanten der Baronin Roman 2 Bande Lesser Berlin 1868 Das Schloss im Gebirge In Deutscher Novellenschatz Hrsg von Paul Heyse und Hermann Kurz Bd 11 2 Aufl Berlin 1910 S 221 262 In Weitin Thomas Hrsg Volldigitalisiertes Korpus Der Deutsche Novellenschatz Darmstadt Konstanz 2016 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv Satiren Bearbeiten Reimchronik des Pfaffen Maurizius Frankfurt am Main 1849 Digitalisat Reiseberichte Bearbeiten Tagebuch aus Languedoc und Provence 2 Bande Leske Darmstadt 1853 Buhnenstucke Bearbeiten Gleich und Gleich Dramatisches Sprichwort in zwei Akten 1865 Werkausgaben Bearbeiten Moritz Hartmann s Gesammelte Werke hrsg von Ludwig Bamberger und Wilhelm Vollmer 10 Bde Stuttgart Cotta 1873 1874 Moritz Hartmanns Gesammelte Werke hrsg von Otto Wittner Prag 1906 1907 Band 1 Moritz Hartmanns Leben und Werke erster Teil Der Vormarz und die Revolution Prag 1906 Digitalisat Band 2 Moritz Hartmanns Leben und Werke zweiter Teil Exil und Heimkehr Prag 1907 Digitalisat Briefe BearbeitenBriefwechsel Clara Schumanns mit Maria und Richard Fellinger Anna Franz geb Wittgenstein Max Kalbeck und anderen Korrespondenten in Osterreich hrsg von Klaus Martin Kopitz Anselm Eber und Thomas Synofzik Schumann Briefedition Serie II Band 4 Koln 2020 S 529 553Literatur BearbeitenWilliam Neumann Moritz Hartmann Eine Biographie Kassel Balde 1854 Digitalisat Constantin von Wurzbach Hartmann Moriz In Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich 8 Theil Kaiserlich konigliche Hof und Staatsdruckerei Wien 1862 S 4 11 Digitalisat Mitteilungen des Vereins fur Geschichte der Deutschen in Bohmen II 1873 S 145 169 Ferdinand Hiller Hartmann Moritz In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 10 Duncker amp Humblot Leipzig 1879 S 697 f Otto Wittner Moritz Hartmanns Jugend Diss Bern 1902 Ludo Moritz Hartmann 1923 Die burgerliche Revolution von 1848 in Arbeiterzeitung vom 11 Marz 1923 Hartmann Moritz In Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815 1950 OBL Band 2 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 1959 S 196 f Direktlinks auf S 196 S 197 Hans Lass Moritz Hartmann Entwicklungsstufen des Lebens und Gestaltwandel des Werkes Diss Hamburg 1963 Wilmont Haacke Hartmann Moritz In Neue Deutsche Biographie NDB Band 7 Duncker amp Humblot Berlin 1966 ISBN 3 428 00188 5 S 737 f Digitalisat Heribert Sturm Hrsg Biographisches Lexikon zur Geschichte der bohmischen Lander Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum Institut Band 1 R Oldenbourg Verlag Munchen Wien 1970 ISBN 3 486 49491 0 S 544 Gerold Unterhumer Freiheit Gleichheit Bruderlichkeit Demokratie und Volksbildung bei Ludo Moritz Hartman Diplomarbeit Wien Oktober 2005 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Moritz Hartmann Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Moritz Hartmann Quellen und Volltexte Literatur von und uber Moritz Hartmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von Moritz Hartmann Publizist im Projekt Gutenberg DEEinzelnachweise Bearbeiten Fellner Gunter 1985 Ludo Moritz Hartmann und die osterreichische Geschichtswissenschaft Grundzuge eines paradigmatischen Konfliktes Wien Salzburg Geyer S 101 Ludo Moritz Hartmann Das Andenken der Mutter Zur Erinnerung an Bertha Hartmann fur ihre Freunde aufgezeichnet von ihrem Sohne Wien im Selbstverlage des Verfassers 1917 S 3 f Bretonische Volkslieder Barzaz Breiz Grosstenteils nach der Sammlung des Herrn von La Villemarque Ubersetzt von Moritz Hartmann und Ludwig Pfau Koln Du Mont Schauberg 1859 Ludwig Bamberger Erinnerungen Berlin Georg Reimer 1899 281Normdaten Person GND 118773348 lobid OGND AKS LCCN n85348438 VIAF 102343304 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hartmann MoritzKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Journalist Schriftsteller und PolitikerGEBURTSDATUM 15 Oktober 1821GEBURTSORT Duschnik BohmenSTERBEDATUM 13 Mai 1872STERBEORT Oberdobling Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Moritz Hartmann Publizist amp oldid 232361033