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Der Monopolkapitalismus ist im Marxismus eine Entwicklungsphase des Kapitalismus in dem durch Konzentration Zentralisation und Kartellbildung breiter Wirtschaftszweige der fruhere Konkurrenzkampf weitgehend aufgehoben ist beziehungsweise andere Formen annimmt siehe auch Imperialismus In dieser Phase haben Oligarchen Grossgrundbesitzer und Grosskonzerne zumindest in den Schlusselindustrien eine marktbeherrschende Stellung Monopol Transparent am Rathaus von Halle Saale 1950 Aufnahme aus dem BundesarchivDie Monopolisierung und Kartellbildung am Ende des 19 Jahrhunderts geschah nicht zwangslaufig sondern hatte ihre Ursache auch in einer Politik die die Vermachtung der Markte als Beitrag zu Konjunkturdampfung und Produktivitatssteigerung forderte 1 Heute wird in den meisten marktwirtschaftlichen Landern durch rechtliche und institutionelle Einflussnahme versucht Einschrankungen des Wettbewerbs zu verhindern in Deutschland beispielsweise durch das GWB und das Bundeskartellamt Inhaltsverzeichnis 1 Theorie 1 1 Karl Marx 1 2 Rudolf Hilferding und Lenin 1 3 Moderne Interpretation 2 Geschichtlicher Hintergrund 3 Kritik 4 Zitate 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseTheorie BearbeitenKarl Marx Bearbeiten Schon im Band I von Das Kapital beschreibt Karl Marx den Zentralisationsprozess des Kapitals Marx nimmt an dass die Profitabilitat vor allem dadurch gesteigert wird dass je Arbeitsplatz immer mehr konstantes Kapital investiert wird Daraus folgt dass schliesslich immer mehr Rationalisierungsinvestitionen zu Lasten von Erweiterungsinvestitionen stattfinden Im Ergebnis fuhrt dies dazu dass die Beschaftigung insgesamt immer schwacher ausgedehnt wird Soweit die einzelnen Unternehmen noch die Beschaftigung ausweiten geschieht dies dadurch dass andere Unternehmen aus dem Markt gedrangt werden aufgekauft oder sonst wie geschluckt werden Im Band III wird dies noch einmal ausfuhrlich geschildert im Zusammenhang mit dem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate Im Ergebnis werden die verschiedenen Wirtschaftszweige von immer weniger Unternehmen im aussersten Fall von Monopolen beherrscht Damit andert sich die Erscheinung der Konkurrenz Monopole oder Oligopole stehen weniger in Konkurrenz mit Unternehmen die das gleiche Produkt herstellen Es geht aber nach wie vor um eine moglichst hohe Profitrate oder um langfristig gesicherte Profite Es kommt zur Konkurrenz zwischen Monopolen unterschiedlicher Branchen Ein Stahlkonzern gerat beispielsweise in Konflikt mit einer Eisenbahngesellschaft die hohe Transportkosten verlangt Ol Strassenbau und Automobilkonzerne geraten in Konflikt mit Eisenbahngesellschaften Ein jungeres Beispiel Unternehmen welche das Internet verbreiten wollen geraten in Konflikt mit Telefonmonopolen die hohe Telefongebuhren verlangen Bei diesen Auseinandersetzungen zwischen den Giganten geht es auch um den Einfluss auf den Staat So kann die Eisenbahngesellschaft mit den hohen Transportpreisen verstaatlicht werden um dann zu Kostenpreisen zu transportieren Die Telefonmarkte konnen dereguliert werden Trusts konnen im Interesse anderer Monopole zerschlagen werden Konkurrenten auf dem Weltmarkt konnen mit Hilfe staatlichen Protektionismus ferngehalten werden Billige Rohstoffe konnen mit Hilfe imperialistischer Politik gesichert werden Schliesslich kann der Staat in Not geratene Grossunternehmen durch Subventionen retten oder als Grossauftraggeber haufig in der Rustungsindustrie Konzerne stutzen Der Monopolkapitalismus wird sich also rasch zu einem staatlichen Monopolkapitalismus fortentwickeln bei welchem die herrschenden Monopole eng mit dem Staatsapparat verstrickt sind Verlagert sich die Konkurrenz weg von einer Konkurrenz zwischen Unternehmen einer Branche hin zu einer Konkurrenz zwischen kapitalistischen Nationalstaaten und Kapitalblocken nimmt sie mehr und mehr auch militarische Formen an Es kann sich eine permanente Rustungswirtschaft mit eigenen Widerspruchen herausbilden Vor allem Friedrich Engels wies in seinen Anmerkungen zu den nach Marx Tod herausgegebenen Banden darauf hin dass wahrend Marx vor allem vom Wettbewerbskapitalismus ausgegangen sei nun eine starke Konzentration des Kapitals auftrat Rudolf Hilferding und Lenin Bearbeiten Rudolf Hilferding als Vertreter des Austromarxismus analysierte in seinem Buch Das Finanzkapital 1910 den weiteren Prozess der Monopolisierung des Kapitals in seiner spateren Eigenschaft als sozialdemokratischer Politiker der Weimarer Republik sah er im Staatsmonopolkapitalismus aber einen moglichen Weg zur Uberwindung des kapitalistischen Wirtschaftssystems Lenins Schrift Der Imperialismus als hochstes Stadium des Kapitalismus 1916 17 zieht weitere auch statistische Quellen heran um eine Monopolisierung des Kapitals nachzuweisen Nach seiner Theorie kann der Kapitalismus nicht durch eine Ruckfuhrung zum Wettbewerbskapitalismus entscharft werden da der Monopolkapitalismus genau aus dieser Basis entstanden ist Er bezieht sich ofters auf Hilferding tritt aber in eine klare Gegenposition zu Karl Kautsky Er greift insbesondere dessen Ultra Imperialismus These heftig an also die Vorhersage einer Beendigung des Imperialismus durch Eintritt einer neuen Stufe des Kapitalismus in der durch ein organisiertes Interessenmanagement zwischen den imperialistischen Machten und unterstutzt durch wechselseitige Kapital und Handelsverflechtungen ein Krieg zwischen ihnen unwahrscheinlich oder unmoglich wird Moderne Interpretation Bearbeiten Die bisher genannten Abhandlungen zum Monopolkapitalismus stammten aus der Zeit vor dem Ende des Ersten Weltkrieges Die beiden folgenden teilweise der Neuen Linken zugezahlten Autoren analysierten den Monopolkapitalismus nach den gravierenden Veranderungen der Zeit 1918 1945 Franz Neumann hat in seiner detailreichen Analyse veroffentlicht unter dem Titel Behemoth Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1942 1944 das nationalsozialistische Wirtschafts und Herrschaftssystem als totalitare Monopolwirtschaft gekennzeichnet Seine zentrale These lautet dass im Zentrum der Diktatur das Interesse der Sicherung der Kapitalreproduktion im Rahmen einer Monopolbildung steht die an die Interessen der wesentlichen Krafte der NSDAP anschliesst 2 Paul A Baran und Paul Sweezy zufolge wurde der Wettbewerbskapitalismus langst von einem Monopolkapitalismus abgelost Dieser ist dadurch gekennzeichnet dass riesige monopolistische Unternehmen die sogenannten Mammutkonzerne die Wirtschafts und Gesellschaftsordnung dominieren da sich das Kapital zunehmend auf diese konzentriert Den beiden Autoren ging es in ihrem gemeinsam verfassten Werk Monopolkapitalismus Ein Essay uber die amerikanische Wirtschaftsordnung 1965 darum anhand der USA eine Analyse uber den Monopolkapitalismus zu liefern Das Kernstuck ihres Essays dreht sich um die Produktion und Absorption des Surplus unter den Bedingungen des Monopolkapitalismus 3 Der amerikanische Soziologe Charles Wright Mills schreibt in seinem 1956 erschienenen Werk Die Machtelite dass es bei jedem sich entwickelnden grosseren Industriezweig anfangs einen lebhaften Wettbewerb von vielen kleinen Firmen gibt Beim Konkurrenzkampf bleiben dann drei oder funf Grossunternehmen ubrig die dazu ubergehen alle wichtigen Entscheidungen in Ausschussen zu besprechen weil zu viel auf dem Spiel steht Entscheidungen dem Einzelnen oder dem Zufall zu uberlassen Mills stimmt der These von John K Galbraith zu nach der der Unterschied zwischen der Monopolherrschaft einer einzelnen Firma und der einiger weniger grosser nur geringfugig sei Diese Grosskonzerne bildeten nach Mills keineswegs eine Gruppe einsamer Riesen sondern seien auf vielfaltige Weise u a in den Wirtschaftsverbanden verflochten und verwandelten so eng begrenzte wirtschaftliche Macht in eine Macht der gesamten Industrie Es komme dabei zur Herausbildung einer neuen Funktionselite denn an der Spitze der grossen Aktiengesellschaften mussten Leute stehen die sich aus dem begrenzten Horizont ihres Unternehmens losen und ihren ganzen Industriezweig vertreten Deren Macht beruhe zwar immer noch auf dem Eigentum aber es sei zum Eigentum der ganzen Klasse geworden 4 Mills stellte fest dass es eine Gruppe von 55 Personen war die fur die Entscheidungen im Namen der Vereinigten Staaten verantwortlich waren Sie umfassen den Prasidenten den Vizeprasidenten die Kabinettsmitglieder Berater des Prasidenten den Stab des Weissen Hauses sowie die Leiter der wichtigsten Verwaltungsabteilungen Regierungsamter und Ausschusse Von diesen hatten nur 14 eine politische Karriere hinter sich hingegen waren 30 das heisst uber die Halfte eng mit der Grossindustrie verbunden finanziell beruflich oder beides 5 Geschichtlicher Hintergrund BearbeitenEnde des neunzehnten Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts kam es zunehmend in Landern wie Deutschland oder USA zu starker Kapitalkonzentration was auch ausserhalb des Marxismus beunruhigte In den USA wurde der Begriff der robber barons gepragt der Raubritter der Begriff soll tatsachlich von den Raubritter Burgen am deutschen Rhein die von den vorbeifahrenden Kaufleuten Zolle verlangten inspiriert worden sein Zunehmend wurden die Trusts als eine Gefahr fur die Funktionsfahigkeit der Wirtschaft angesehen Damals entstand in den USA die Antitrustgesetzgebung siehe auch das deutsche Kartellrecht Nach dem Zweiten Weltkrieg pragte der US Prasident Dwight D Eisenhower den Begriff des militarisch industriellen Komplexes Die marxistische Theorie der permanenten Rustungswirtschaft fuhrt die vergleichsweise gunstige Entwicklung kapitalistischer Wirtschaften bis in die fruhen 70er Jahre auf die sehr hohen Rustungsausgaben des Kalten Krieges zuruck Der US Wirtschaftswissenschaftler John Kenneth Galbraith pragte in den 60er Jahren den Begriff der Technostruktur wonach Big Business und Big Labour die grossen Gewerkschaften zu Lasten der restlichen Wirtschaft eine gemeinsame Politik betreiben Neuerdings insbesondere vor dem Hintergrund der Ol Kriege wird gelegentlich von Marxisten vom Petro Komplex gesprochen gemeint ist die Olindustrie oder die Olindustrie einschliesslich der Autoindustrie Von den 25 grossten Konzernen der Welt sind 16 in der Ol oder Automobilbranche tatig Kritik BearbeitenAn der Theorie des Monopolkapitalismus wird das einfache linear geschichtliche Schema kritisiert Konkurrenzkapitalismus Monopolkapitalismus staatsmonopolistischer Kapitalismus oder in anderen marxistischen Richtungen Staatskapitalismus Tatsachlich gibt es wie schon Karl Marx in Das Kapital festgestellt hat neben den zentripetalen immer auch wieder zentrifugale Krafte Auch die Wechselwirkung zwischen Staat und Grosskapital und der Einfluss der Banken auf die Industrie Finanzkapital sind einem komplizierteren geschichtlichen Wandel unterworfen Die Entwicklung eines Weltmarkts kann nationale Monopole wieder der Konkurrenz unterwerfen Zitate Bearbeiten Und sobald die Kapitalbildung ausschliesslich in die Hande einiger wenigen fertigen Grosskapitale fiele ware uberhaupt das belebende Feuer der Produktion erloschen Karl Marx MEW 25 Das Kapital III S 269Siehe auch BearbeitenStamokapLiteratur BearbeitenKarl Marx Das Kapital Rudolf Hilferding Das Finanzkapital 1910 Lenin Der Imperialismus als hochstes Stadium des Kapitalismus 1916 Paul A Baran und Paul Sweezy Monopolkapital Ein Essay uber die Amerikanische Wirtschafts und Gesellschaftsordnung Frankfurt 1973 Frederico Hermanin Karin Monte Claus Rolshausen Hrsg Monopolkapital Thesen zu dem Buch von Paul A Baran und Paul M Sweezy Frankfurt 1973Einzelnachweise Bearbeiten https wirtschaftslexikon gabler de definition monopolkapitalismus 41055 Georg W Osterdiekhoff Hrsg Lexikon der soziologischen Werke Westdeutscher Verlag Wiesbaden 2001 S 500 Baran Sweezy 1973 S 17 Charles Wright Mills Die Machtelite Frankfurt M 2019 S 192 ff Mills Machtelite S 231 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Monopolkapitalismus amp oldid 237235346