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Der Begriff der Profitrate ist eine okonomische Kategorie die bei Karl Marx 1818 1883 eine zentrale Rolle spielt Sie druckt den Verwertungsgrad des angewandten Kapitals aus Es handelt sich hier um eine Lehnubersetzung aus dem Englischen rate of profit auch profit rate Im deutschen Sprachgebrauch ist das Wort Profitrate marxistisch vorgepragt Stattdessen werden burgerliche Begriffe wie Rentabilitat Kapitalrentabilitat Rendite oder Return on Investment verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Unterschiede zu burgerlichen Definitionen 2 Die allgemeine Profitrate 3 Mathematische Darstellung 3 1 Grundformel 3 2 Umschlagshaufigkeit des Kapitals 3 3 Stromgrosse oder Bestandsgrosse 3 4 Anschaffungskosten oder Wiederbeschaffungskosten 4 Profit 5 Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate 6 Definition von Profit und Profitrate im Einzelnen 6 1 Beispiel 6 2 Besonderheiten 6 3 Moralischer Verschleiss 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweisUnterschiede zu burgerlichen Definitionen BearbeitenEs gibt keine grundsatzlichen Unterschiede zwischen burgerlicher und marxistischer Profitrate Die Unterschiede zwischen Marxscher und burgerlicher Wirtschaftswissenschaft haben aber einige Auswirkungen So geht die Marxsche Wirtschaftstheorie von Werten gemass der Marxschen Arbeitswertlehre aus Unternehmen und die burgerliche Wirtschaftswissenschaft gehen dagegen von den Preisen und Lohnen aus Ein Unternehmen muss beispielsweise eine Korrekturrechnung machen wenn Geldentwertung oder Inflation vorliegt Das Phanomen der Inflation spielt zur Zeit von Karl Marx keine so grosse Rolle dass er es einer Betrachtung fur wert befunden hatte Bei der Bezugnahme zur Referenzgrosse Kapital wird im Quotienten der Gleichung Gewinnrate Gewinn eingesetztes Kapital displaystyle text Gewinnrate frac text Gewinn text eingesetztes Kapital nbsp bisweilen vereinfachend nur der Kapitalstock Bauten Produktionsanlagen und Maschinerie oder buchhalterisch Anlagevermogen verwendet Die Marx sche Profitrate hat in der Regel grundsatzlich nicht anders als in der Betriebswirtschaftslehre einen weiter gefassten Kapitalbegriff in den neben dem Anlagevermogen auch das Umlaufvermogen konstantes zirkulierendes Kapital bei Marx als auch die Wertsumme fur die ausgezahlten Lohne und Gehalter das variable Kapital eingehen Die allgemeine Profitrate BearbeitenAus den einzelnen individuellen Profitraten kann kapitalmassengewichtet eine durchschnittliche Profitrate errechnet werden Daruber hinaus kommt es zu einem tendenziellen Ausgleich der Profitraten so dass sich eine allgemeine gesellschaftliche Durchschnittsprofitrate eine einheitliche allgemeine Profitrate herausbildet Mathematische Darstellung BearbeitenGrundformel Bearbeiten Die Profitrate im Sinne der Kapitalanalyse von Karl Marx druckt das Verhaltnis aus zwischen dem erzeugten Mehrwert m displaystyle m nbsp und dem zu dieser Erzeugung notwendigen Einsatz an Kapital C displaystyle C nbsp Das Kapital C displaystyle C nbsp setzt sich zusammen aus dem konstanten Kapital c displaystyle c nbsp also Kapital fur Maschinerie Bauten Roh und Hilfsstoffe Halbfabrikate und aus dem variablen Kapital v displaystyle v nbsp der Lohnsumme fur die eingesetzte Arbeitskraft C c v displaystyle C c v nbsp Formal druckt sich die Profitrate p displaystyle p nbsp aus als p m C m c v m v c v 1 displaystyle p frac m C frac m c v frac frac m v frac c v 1 nbsp Da die Zusammensetzung der Kapitale in den Unternehmen einer Volkswirtschaft unterschiedlich ist ergeben sich nach dieser Formel auch unterschiedlich hohe Profitraten Das fuhrt nach Marx zu einer Wanderung der Kapitale zu jeweils profitableren Bereichen und damit zu einem Ausgleich der Profitraten so dass sich tendenziell eine einheitliche Profitrate herausbildet Umschlagshaufigkeit des Kapitals Bearbeiten Bei obiger Formel kann nicht einfach der Wert eines Muhlengebaudes das neunzig Jahre halt zum Wert des Getreides das noch am selben Tag zu Mehl gemahlen wird zu konstantem Kapital summiert werden vielmehr mussen die unterschiedlichen Lebensdauern der Bestandteile des konstanten Kapitals beachtet werden oder anders ausgedruckt die unterschiedlichen Umschlagshaufigkeiten des Kapitals Siehe ausfuhrliches Zahlenbeispiel unten Stromgrosse oder Bestandsgrosse Bearbeiten Im Kapital findet man okonomische Kategorien die aus heutiger Sicht entweder Strom oder Bestandsgrossen widerspiegeln Dafur zwei Beispiele Der Mehrwert entsteht in einer bestimmten Zeitperiode ist also eine Stromgrosse Ein Teil des Kapitaleinsatzes zirkulierendes Kapital kann dagegen als Verbrauch je Periode Stromgrosse der andere Teil fixes Kapital als Bestand interpretiert werden der am Periodenbeginn vorliegt und erforderlich ist um in der folgenden Periode den Produktionsprozess durchfuhren zu konnen Diese Unterscheidung explizit vorzunehmen war zu Marx Zeiten noch nicht ublich Siehe ausfuhrliches Zahlenbeispiel unten in dem Kapital als Bestandsgrosse zu Periodenbeginn in die Formel eingeht Anschaffungskosten oder Wiederbeschaffungskosten Bearbeiten Um den Profit zu ermitteln muss der Uberschuss des Produktionswertes c v m uber die Kosten c v ermittelt werden Die Kosten konnen zu Anschaffungskosten ermittelt werden Will der Kapitalist jedoch ermitteln inwieweit die Substanz seines Unternehmens erhalten wird muss er die Kosten zu Wiederbeschaffungskosten berechnen Es kommt nicht darauf an was die Produktionsmittel einst gekostet haben sondern was ihr Ersatz kosten wird wenn sie aufgebraucht sind Herrscht Inflation werden diese Kosten steigen Andererseits werden im Zuge des technischen Fortschritts die Produktionsmittel immer kostengunstiger hergestellt So betrachtet ist zu erwarten dass die Wiederbeschaffungskosten niedriger liegen als die Anschaffungskosten Schliesslich kommt ins Spiel dass die Unternehmen wollen sie in der Konkurrenz mithalten die technisch neuesten Produktionsmittel anschaffen mussen Man kann annehmen dass je teurer die neuen Produktionsmittel sind desto grosser zunachst einmal die Profitrate die mit ihnen erzielt werden kann Dies fuhrt jedoch zu einem Paradox Tendenziell werden die Unternehmen von dem zu investierenden Kapital einen immer grosseren Teil als konstantes Kapital investieren um so moglichst profitable Produktionsmittel zu kaufen Wenn dies aber alle Kapitalisten tun steigen so die technologisch bestimmten Wiederbeschaffungskosten die Kosten die notwendig sind will sich die Unternehmung weiterhin in der Konkurrenz behaupten Im Ergebnis sinkt die Profitrate berechnet zu den technologisch bestimmten Wiederbeschaffungskosten Dies ist das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate Profit BearbeitenDer Profit ist die innerste Triebkraft der kapitalistischen Produktionsweise d h es wird nur das und nur dann produziert wenn die Produktion einen hoheren Wert abwirft als zu ihrer Herstellung an Werten notwendig war Dieses mehr an Werten ist der Mehrwert der sich in die verschiedenen Teile des Mehrwerts verwandelt namlich Unternehmergewinn Profit Zins Bodenrente welcher aus der unbezahlten Mehrarbeit resultiert Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate BearbeitenSiehe Hauptartikel Gesetz des tendenziellen Falls der ProfitrateDieses Gesetz druckt folgendes aus Die Akkumulation von Kapital d h die permanente Erweiterung der stofflichen wie wertmassigen Basis der Produktion vollzieht sich in einer starkeren Ausdehnung des konstanten Kapitals im Verhaltnis zum variablen Kapital Die Wertzusammensetzung des Kapitals das Verhaltnis c zu v wachst vgl obige Formel Damit die Profitrate dadurch nicht sinkt muss zum Ausgleich m v die Mehrwertrate das Verhaltnis von Mehrwert m zu Lohnsumme oder variablem Kapital v entsprechend stark ausgeweitet werden vgl obige Formel Da dies laut Marx nicht oder nur unzureichend erreicht werden kann kommt es zur fallenden Tendenz der Profitrate Dabei ist wesentlich dass die Wertubertragung von konstantem Kapital und die Erzeugung neuen Werts des variablen Kapitals und des Mehrwerts insgesamt der Neuwert m v gemass der Arbeitswertlehre ausschliesslich durch die lebendige Arbeit genauer durch die Arbeit der freien Lohnarbeiter innerhalb des Arbeitsprozesses erfolgt Der permanente Zwang zur Erweiterung des Kapitals technische Verbesserungen um sich im Konkurrenzkampf mit anderen Einzelkapitalien durchzusetzen schreibt diese gesamtwirtschaftliche Tendenz fort Eine bekannte Kritik des Gesetzes ist das Okishio Theorem Definition von Profit und Profitrate im Einzelnen BearbeitenBeispiel Bearbeiten Zu Beginn eines Jahres es kann auch eine andere Periodenlange gewahlt werden dann ergeben sich andere Zahlenwerte muss der Kapitalist einen bestimmten Kapitalbetrag investieren Er muss z B investieren 100 fur Lohne variables Kapital v Ausserdem muss er fur konstantes Kapital c investieren 100 fur Produktionsmaterial 100 fur Gerate mit einer Lebensdauer von 2 Jahren 100 fur Maschinen mit einer Lebensdauer von 4 Jahren 100 fur eine Produktionsanlage mit einer unendlich langen Lebensdauer Insgesamt investiert er also zu Jahresbeginn 500 Es soll nun weiterhin angenommen werden dass wahrend des Jahres Waren im Wert von 300 produziert und verkauft werden Von diesem Umsatz mussen aber die Kosten abgezogen werden die wahrend des Jahres anfallen Das sind fur zirkulierendes Kapital also Ausgaben fur Produktionsmittel und Arbeitskraft die noch wahrend des Jahres wieder verbraucht werden 100 Lohnkosten variables Kapital dies war ja die Annahme oben 100 Ausgaben fur Produktionsmaterial wiederum laut obiger Annahme Kosten fur fixes Kapital Abschreibungen Der Wert von Produktionsmittel die uber mehrere Jahre hinweg zum Einsatz kommen stellt fixes Kapital dar Der Kapitalist muss berucksichtigen dass seine Gerate und Maschinen nicht ewig halten sondern nach Abnutzung ersetzt werden mussen Er muss also von den Erlosen jahrlich etwas zurucklegen Abschreibungen um zum Lebensende der Gerate und Maschinen gleich die Ersatzinvestitionen tatigen zu konnen Je Jahr muss er von den Geraten 50 abschreiben 100 Anschaffungskosten dividiert durch Lebensdauer von 2 Jahren es ist lineare Abschreibung unterstellt und von den Maschinen 25 100 Anschaffungskosten dividiert durch Lebensdauer von 4 Jahren Von der Produktionsanlage muss er nichts abschreiben weil diese in diesem Beispiel ewig halt Insgesamt betragen die Kosten je Jahr also 275 Zieht man vom Umsatz von 300 diese Kosten ab verbleibt ein Profit von 25 hier gleich dem Mehrwert m 25 bezogen auf einen Kapitaleinsatz von 500 ergeben eine fur dieses Jahr 5 prozentige Profitrate 1 Besonderheiten Bearbeiten In diesem Beispiel wurde angenommen dass die Lohne vorschussig also zu Jahresbeginn gezahlt werden Werden sie nachschussig erst zu Ende des Jahres gezahlt sind sie nach wie vor vom Umsatz als Kosten abzuziehen sie gehen aber nicht mehr in den Kapitaleinsatz zu Jahresbeginn ein Die Profitrate hat dann einen anderen hoheren Wert Im Beispiel wurde angenommen dass die Umschlagsperiode des Produktionsmaterials ein Jahr betragt Die 100 Euro mussen also zu Jahresbeginn vorgehalten werden Kann dagegen das Produktionsmaterial laufend wahrend des Jahres nachgekauft werden Kapitalumschlagsperiode fur Produktionsmaterial kleiner als ein Jahr dann muss weniger Kapital fur sie vorgehalten werden Die Profitrate ist entsprechend hoher Ahnliches gilt auch fur die Lohne Werden diese laufend als Monats Tages oder Stundenlohn ausgezahlt muss der Kapitalist fur Lohne weniger Kapital vorhalten Moralischer Verschleiss Bearbeiten Im Beispiel bestimmte sich die Lebensdauer des fixen Kapitals durch den physischen Verschleiss durch die physische Abnutzung im Produktionsprozess Karl Marx nennt daneben auch den moralischen Verschleiss die Entwertung von fixem Kapital weil neuere Produktionsmittel mit hoherer Profitrate sich ausbreiten und die alten Produktionsmittel entwerten In obigem Beispiel konnte beispielsweise der Wert der physisch ewig haltenden Anlagen nach vier Jahren wegen technischen Fortschritts auf null absinken Dann mussten auch die Anlagen jahrlich mit 25 abgeschrieben werden Der Gewinn von 25 ohne moralischen Verschleiss wurde auf 0 mit moralischem Verschleiss sinken Im Kapitalismus besteht also eine Rationalitatenfalle in dem Sinne dass die Anschaffung neuer Anlagen mit hoherer Profitrate dem Kapitalisten einen Konkurrenzvorteil verschafft verbreiten sich jedoch diese neuen Anlagen auf die Gesamtwirtschaft geben sie die Norm vor und entwerten alte bestehende Produktionsmittel Diese Entwertung gehort zu den Kosten und vermindert die Profite Literatur BearbeitenPeter Sass Die Untersuchung der Profitraten Unterschiede zwischen den westdeutschen Industriebranchen nach dem 2 Weltkrieg Verlag Mohr Tubingen 1975 ISBN 978 3163369016 Stephan Kruger Profitraten und Kapitalakkumulation in der Weltwirtschaft Arbeits und Betriebsweisen seit dem 19 Jahrhundert und der bevorstehende Epochenwechsel VSA Verlag Hamburg 2019 ISBN 978 3 96488 023 9Weblinks BearbeitenKarl Marx Wirkung des Kapitalumschlags auf die ProfitrateEinzelnachweis Bearbeiten Vgl MEW 25 118f obwohl die Profitrate bestimmt wird durch die Gesamtwertsumme des angewandten Kapitals einerlei wieviel davon konsumiert ist oder nicht Zitiert nach Stephan Kruger Allgemeine Theorie der Kapitalakkumulation Konjunkturzyklus und langfristige Entwicklungstendenzen Kritik der Politischen Okonomie und Kapitalismusanalyse Band 1 Hamburg 2010 S 434 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Profitrate amp oldid 231535928