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Die Marokkanische Wanderheuschrecke wissenschaftlicher Name Dociostaurus maroccanus ist eine Feldheuschrecke die in steppenartigen Lebensraumen und in Halbwusten lebt Wie alle Wanderheuschrecken ist sie regional ein gefurchteter landwirtschaftlicher Schadling Marokkanische WanderheuschreckeDociostaurus maroccanusSystematikOrdnung Heuschrecken Orthoptera Unterordnung Kurzfuhlerschrecken Caelifera Familie Feldheuschrecken Acrididae Unterfamilie Grashupfer Gomphocerinae Gattung DociostaurusArt Marokkanische WanderheuschreckeWissenschaftlicher NameDociostaurus maroccanus Thunberg 1815 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Verbreitung 3 Lebenszyklus 3 1 Stridulation 4 Habitat und Lebensweise 5 Massenvermehrungen okonomische Bedeutung 5 1 Historische Massenvermehrungen 6 Taxonomie 7 Einzelnachweise 8 WeblinksMerkmale BearbeitenEs handelt sich um eine mittelgrosse Heuschrecke innerhalb der Gattung eine der grossten Arten Mannchen werden 17 bis 30 Millimeter Weibchen 20 bis 33 ausnahmsweise bis 38 Millimeter lang wobei zwischen verschiedenen Individuen erhebliche Grossenunterschiede bestehen Die grossen parallelseitigen Deckflugel Tegmina uberragen weit die Hinterleibsspitze und die Hinterknie Die Tiere sind meist in der Grundfarbe gelblichgrau gefarbt und recht kontrastreich mit dunklen Flecken und Binden gezeichnet Oben auf dem Pronotum befindet sich immer eine kontrastreiche Zeichnung aus vier gelben Linien die ein in der Mitte unterbrochenes x bilden in einem dunklen Feld Die Hinterflugel sind hyalin ohne Farbung oder Bindenzeichnung auch die Deckflugel sind fast transparent und durchscheinend mit undeutlichen dunkleren Flecken Die Hinterschienen sind meist rot mit basalem gelben Ring sie konnen aber auch rosa oder gelblich gefarbt sein Der Kopf ist im Profil vorn abgerundet der uber die Fuhlerbasen nach vorn vorragende Teil der Stirn Fastigium genannt bei Ansicht von oben funfeckig Die Scheitelgrubchen auf der Stirn sind quer trapezformig die breitere Seite neben den Komplexaugen 1 2 3 Die Art tritt in zwei unterschiedlichen Morphen oder Phasen auf Normalerweise leben die Tiere einzeln solitar Bei diesen Tieren tragt der bei der Art recht schlanke Hinterschenkel Femur der Sprungbeine eine auffallende Zeichnung aus drei schwarzen Flecken Kommen sehr viele Tiere auf engem Raum gemeinsam vor bilden sie die gregare oder Wanderform aus Diese Tiere sind etwas grosser die Flugel langer der Kopf ist orange gefarbt und die Flecken auf den Hinterschenkeln sind verblasst oder ganz fehlend Diese Unterschiede sind bereits an den Nymphen erkennbar 4 Verbreitung BearbeitenDie Marokkanische Wanderheuschrecke ist verbreitet im ariden Nordafrika westlich von der Atlantikkuste unter Einschluss der Kanarischen Inseln und Madeiras im mediterranen Sudeuropa uber Kleinasien ostwarts ostlich bis Tadschikistan und Nord Afghanistan Sie kommt normalerweise nicht sudlich von 28 und nordlich von 49 nordlicher Breite vor In Afrika werden vor allem der Atlas in Marokko und der Tellatlas in Algerien besiedelt 3 In Europa liegen die nordlichsten Vorkommen in der Crau in Sudfrankreich in der Puszta von Hortobagy in Ungarn in der rumanischen Moldauregion 5 und der Sudwest Ukraine der Krim und im Nordkaukasus In Sudspanien und auf dem Balkan ist sie haufig fehlt aber weitestgehend bereits in Katalonien 6 Lebenszyklus BearbeitenDie Art bildet im gesamten Verbreitungsgebiet nur eine Generation im Jahr aus monovoltin Die weitaus langste Lebensphase ist dabei die Eiphase sie dauert 9 bis 10 Monate in dieser Zeit sind weder Larven noch Imagines anzutreffen Die Weibchen legen die in eine Oothek eingeschlossenen Eier in den Boden in ca ein bis drei Zentimeter Tiefe ab Jedes Weibchen schafft dabei im Regelfall zwei Ootheken gelegentlich auch drei oder vier mit jeweils 16 bis 45 im Durchschnitt 30 Eiern 7 Ablagezeit ist das spate Fruhjahr oder der Fruhsommer Die jungen Nymphen schlupfen dann nicht fruher als im Fruhjahr des folgenden Jahres aus Gleich zwei einander erganzende Mechanismen stellen die Diapause sicher Die Embryonalentwicklung stoppt zunachst bei Temperaturen oberhalb von 25 C die in den Lebensraumen der Art im Sommer fast immer uberschritten werden Die Entwicklung setzt erst bei Temperaturen unterhalb 16 C im Herbst wieder ein Sie stoppt aber erneut wenn die Temperatur unter 10 5 C fallt Ausserdem muss das Ei fur eine erfolgreiche Entwicklung Wasser aus dem Boden aufnehmen konnen benotigt also eine gewisse Bodenfeuchte die im Habitat fast nur im Winter gegeben sein kann 8 Die geschlupften Nymphen durchlaufen funf Larvenstadien sie benotigen dazu im Labor 36 bis 38 Tage die einzelnen Stadien zwischen 4 und 7 bis 12 Tagen In dieser Zeit ist ausreichende Warme fur eine erfolgreiche Entwicklung ganz wesentlich Etwa funf Tage nach der Imaginalhautung sind die Tiere paarungsbereit die Imagines leben insgesamt 30 bis 40 Tage lang 9 Die Imaginalperiode liegt im Fruhjahr April bis Mai in nordlichen Regionen ist sie zum Sommer hin verschoben Stridulation Bearbeiten Beide Geschlechter der Art konnen durch Stridulation einen Gesang erzeugen dabei wird eine Feile genannte Zapfenreihe auf dem Hinterfemur uber die Kante der Deckflugel gezogen 10 Die Mannchen produzieren einen Gesang um Weibchen anzulocken Ein anderer wird von beiden Geschlechtern bei Beruhrung als Storungslaut produziert Ein dritter wurde beim Mannchen wahrend des Paarungsversuchs registriert Habitat und Lebensweise BearbeitenDie Marokkanische Wanderheuschrecke lebt in semiariden Steppen oder Halbwusten mit Winterregen so dass im Fruhjahr meist eine etwas uppigere Vegetation aus annuellen Pflanzen vorhanden ist Sie lebt in Regionen mit etwa 300 bis 500 Millimeter Jahresniederschlag Optimal sind etwa fur sie aber nur 100 Millimeter Regen im Fruhjahr in nassen Jahren verpilzen die Ootheken wodurch weniger Tiere uberleben Dies hat zur Folge dass sie gerade in besonders trockenen Jahren insbesondere wenn mehrere in Folge auftreten die hochsten Siedlungsdichten erreicht Folgen drei oder mehr Trockenjahre aufeinander folgt in gunstigen Habitaten oft eine Massenvermehrung Gradation die Tiere verandern sich dann zur Wanderphase In Trockenjahren ist die Vegetation oft nur fleckenweise besser ausgebildet zwischen grunen Inseln bleibt viel offener Boden vorhanden diese Bedingungen sind fur die Entwicklung der Art besonders forderlich Oft bleiben im Lebensraum der Art Bulte des Zwiebel Rispengrases Poa bulbosa oder der Segge Carex pachystilis als letztes Grun erhalten die Arten werden von der Heuschrecke gern gefressen Beim menschlichen Einfluss auf die Art sind zwei gegenlaufige Tendenzen festzustellen Sie legt Eier ausschliesslich in ungestortem Boden ab in gepflugtem Ackerland erfolgt keine Eiablage Ganz besonders hohe Dichten erreicht sie aber in vom Menschen und seinem Weidevieh devastierten Regionen in denen die Vegetationsdecke durch Uberweidung zerstort wurde Massenvermehrungen sind beinahe ausschliesslich in uberweideten Regionen ausgepragt In Halbwusten tritt sie daher besonders haufig gerade in der Nahe menschlicher Ansiedlungen auf und fehlt in ungestorten Habitaten so zum Beispiel in Algerien In einigen Regionen so in Ungarn ist sie durch eine andere Art der Devastierung die Trockenlegung der umfangreichen Feuchtgebiete vielleicht uberhaupt heimisch geworden 11 Wird die Beweidung zu intensiv so dass die Grassteppe von Artemisia Bestanden abgelost wird verschwindet die Art allerdings wieder sie wird dann von anderen Arten wie Calliptamus barbarus abgelost 12 Die Art bevorzugt eine mittlere submontane Hohenstufe etwa zwischen 500 und 1 000 Meter uber dem Meeresspiegel sie kommt ausnahmsweise auch in hoheren bis 2 200 Meter und tiefergelegenen bis 100 Meter vor Sie bevorzugt fur die Eiablage schwere tonige Boden In der Ernahrung ist sie polyphag und befrisst Graser und Krautarten gleichermassen 2 7 12 Massenvermehrungen okonomische Bedeutung BearbeitenInnerhalb ihres Verbreitungsgebiets zahlt die Marokkanische Wanderheuschrecke zu den bedeutendsten landwirtschaftlichen Schadlingen Die alteren Nymphen im englischen Sprachraum hopper genannt der Wanderform bilden aus ubervolkerten Gebieten heraus Marschkolonnen die bei nur wenigen Metern Breite Langen von mehreren Kilometern erreichen konnen Die flugfahigen Imagines fliegen in Kulturland ein und konnen hier grosse Schaden anrichten allerdings verlagern die Schwarme ihr Aufenthaltsgebiet kaum langere Wanderungen sind bei dieser Art die Ausnahme Der grosste je registrierte Schwarm der Art hatte eine Ausdehnung von 18 25 Quadratkilometern bei einer Dichte von 50 300 Tieren pro Quadratmeter Der Hauptschaden besteht meist in der Zerstorung des Weidelands mit Futtermangel fur das Vieh Die betroffenen Regionen konnen betrachtlich sein beispielsweise in Afghanistan 1989 mehr als 500 000 Hektar 13 300 000 ha in Syrien 1947 400 00 ha im Irak 1948 1 Mio Hektar 1993 in Kasachstan 12 Tragischerweise sind Massenvermehrungen besonders haufig in Kriegs und Krisengebieten wenn die Bevolkerung keine Moglichkeit hat die Tiere zu bekampfen Die Massenvermehrungen in Europa vor 1920 in Frankreich und auf dem Balkan werden direkt mit Auswirkungen des Ersten Weltkriegs in Verbindung gebracht in dem grosse vorher kultivierte Landstriche brach fielen und diese Brachen der Art zeitweise optimale Bedingungen boten 12 Die letzte Massenvermehrung in Ungarn 1983 wird mit der Umbruchsphase der Wendejahre in Verbindung gebracht 14 Auch in Afghanistan profitierte die Art vom Krieg 15 Historische Massenvermehrungen Bearbeiten Massenvermehrungen der Marokkanischen Wanderheuschrecke sind kein modernes Phanomen sie begleiten die Menschheit vermutlich seit der Sesshaftwerdung Alteste Zeugnisse die davon berichten sind zufallig erhaltene akkadische Keilschrifttexte aus der Habur Region in Nord Mesopotamien So schreibt um 1700 v Chr der Statthalter von Qattunan an Konig Zimri Lim von Mari dass in seiner Provinz die Ernte in zwei aufeinander folgenden Jahren durch Heuschrecken vernichtet worden ist Anhand der Beschreibung in dem Brief kann der Befall relativ sicher auf diese Art bezogen werden er ware fur andere Wanderheuschrecken sehr untypisch Eine zweite Plage in derselben Gegend schildert etwa 500 Jahre spater der Beamte Sin mudammiq seinem Vorgesetzten dem Grosswesir in Dur Katlimmu unter der Herrschaft von Tukulti Ninurta I Konig von Assyrien Die Einwohner von Wassukanni konnten die Feinde des Konigs nicht verfolgen weil die Heuschrecken ihre Ernte gefressen hatten Bereits damals konnen Heuschreckenausbruche oft mit Kriegsereignissen in Verbindung gebracht werden Aus weiteren assyrischen Texten geht hervor dass die Tiere in Friedenszeiten in ihren Brutgebieten beim Verlassen des Bodens bekampft worden sind das war in Krisenzeiten nicht moglich 16 Noch heute bekampft die Landbevolkerung in Afghanistan die Tiere bei krisenbedingtem Pestizidmangel indem Graben vor den Marschkolonnen der Nymphen ausgehoben werden um ihnen den Weg ins Kulturland zu verlegen 15 Taxonomie BearbeitenDie Gattung Dociostaurus umfasst 21 Arten davon leben 4 in Nordafrika 1 und 5 in Spanien 10 Dociostaurus maroccanus wurde als Gryllus maroccanus von Carl Peter Thunberg erstbeschrieben es ist die Typusart der Gattung Dociostaurus Fieber 1853 Typuslokalitat ist der marokkanische Atlas Einige Taxonomen fuhren sie unter dem Namen Stauronotus maroccanus der Gattungsname ist aber ein jungeres Synonym er bezieht sich auf dieselbe Typusart Alle anderen Synonyme sind seit langer Zeit ausser Gebrauch Einzelnachweise Bearbeiten a b Abdelhamid Moussi Abderrahmane Abba Abboud Harrat Daniel Petit 2014 Description of Dociostaurus biskrensis sp nov and male allotypes of four species Pamphagulus bodenheimeri dumonti P uvarovi Sphingonotus ebneri and Notopleura pygmaea Orthoptera Acridoidea in the region of Biskra Algeria Zootaxa 3755 4 379 390 doi 10 11646 zootaxa 3755 4 4 a b I Ya Grichanov Dociostaurus maroccanus Thnb Moroccan Locust Interactive Agricultural Ecological Atlas of Russia and Neighboring Countries Economic Plants and their Diseases Weeds and Pests 2003 2009 online a b Dociostaurus maroccanus bei Louveaux Amedegnato Poulain Desutter Grandcolas Orthopteres Acridomorpha de l Afrique du Nord Ouest Hojun Song Density Dependent Phase Polyphenism in Nonmodel Locusts A Minireview In Psyche Volume 2011 Article ID 741769 doi 10 1155 2011 741769 online Ionuţ Stefan Iorgu Elena Iulia Iorgu Nadejda Stahi 2013 The Orthoptera Insecta from Middle and Lower Prut River Basin Travaux du Museum National d Histoire Naturelle Grigore Antipa 56 2 157 171 download Josep Maria Olmo Vidal 2006 Atlas of the Orthoptera of Catalonia Atlas of Biodiversity No 1 a b Moroccan Locust bei FAO Locust Watch C Santiago Alvarez E Quesada Moraga P Hernandez Crespo 2013 Diapause termination and post diapause development in the Mediterranean locust Dociostaurus maroccanus Orth Acrididae under field conditions Journal of Applied Entomology 127 369 373 E Quesada Moraga amp C Santiago Alvarez 2001 Rearing and breeding of the Moroccan locust Dociostaurus maroccanus Thunberg Orthop Acrididae under laboratory conditions Journal of Applied Entomology 125 121 124 a b Maria Dolores Garcia Garcia Esther Larrosa Perez Eulalia Clemente Espinosa Juan Jose Presa Asensio 2005 Contribution to the knowledge of genus Dociostaurus Fieber 1853 in the Iberian Peninsula with special reference to its sound production Orthoptera Acridoidea Anales de biologia vol 27 155 189 Barnabas Nagy 1990 A hundred years of the Moroccan Locust Dociostaurus maroccanus Thunberg in the Carpathian Basin Boletin de Sanidad Vegetal Fuera de serie 20 67 74 a b c d Alexandre V Latchininsky 19989 Moroccan locust Dociostaurus maroccanus Thunberg 1815 a faunistic rarity or an important economic pest Journal of Insect Conservation 2 167 178 Field crop protection in northern Afghanistan Afghanistan Project findings and recommendations Report prepared for the Government of Afghanistan by the Food and Agriculture Organization of the United Nations acting as executing agency for the United Nations Development Programme Rome 1995 Barnabas Nagy 1994 Heuschreckengradationen in Ungarn 1993 Articulata 9 1 65 72 a b B Stride A Shah Shah Mahmood Sadeed 2003 Recent history of Moroccan locust control and implementation of mechanical control methods in northern Afghanistan International Journal of Pest Management Volume 49 Issue 4 265 270 doi 10 1080 0967087031000101098 Karen Radner 2004 Fressen und gefressen werden Heuschrecken als Katastrophe und Delikatesse im Alten Vorderen Orient Die Welt des Orients 34 7 22 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Marokkanische Wanderheuschrecke Album mit Bildern Videos und Audiodateien Dociostaurus maroccanus bei Orthoptera Species File online Version 5 0 5 0 Dociostaurus maroccanus bei Louveaux Amedegnato Poulain Desutter Grandcolas Orthopteres Acridomorpha de l Afrique du Nord Ouest mit Verbreitungskarte fur Afrika Moroccan Locust bei FAO Locust Watch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marokkanische Wanderheuschrecke amp oldid 230440697