Der liechtensteinische Adel umfasst Personen und Familien, welche im Fürstentum Liechtenstein in den Adelsstand erhoben wurden oder eine Anerkennung ihres ausländischen Adels erfahren haben. Auch morganatische Zweige des Fürstlichen Hauses zählen dazu. Neben Belgien ist Liechtenstein die einzige deutschsprachige Monarchie, in welcher erbliche Adelsverleihungen und Standeserhöhungen noch heute grundsätzlich möglich sind, wobei aus adelsrechtlicher Sicht nur der liechtensteinische Adel tatsächlich ein „Adel deutscher Zunge“ ist.
Zuletzt kam es 1979 zu einer Nobilitierung.
Geschichte und Rechtsgrundlagen Bearbeiten
Das Recht, den Adel oder Adelstitel zu verleihen und anzuerkennen, steht, wie auch in anderen Monarchien, ausschliesslich dem Staatsoberhaupt, derzeit S.D. Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein, zu. Er allein entscheidet, in Beratung mit der Regierung, über Auszeichnungen und damit auch über etwaige Adelsverleihungen (Fons honorum).
Das Haus Liechtenstein erhielt bereits in einzelnen Linien 1607 mit dem Kleinen Palatinat das Recht zur Erstellung bürgerlicher Wappenbriefe und 1633 mit dem Grossen Palatinat das Recht, Adelsverleihungen und Standeserhöhungen vorzunehmen. 1815 wurde Liechtenstein als nunmehr unabhängiges Land in den deutschen Bund aufgenommen, wodurch die Fürsten endgültig ein hoheitliches Nobilitierungsrecht erhielten.
Adelsverleihungen waren in Liechtenstein seit jeher spärlich, wenngleich die Regierung die Möglichkeit neuer Nobilitierungen in der Zukunft nicht verneint. Die meisten Gnadenakte betreffen Ausländer, welche in liechtensteinische Dienste traten, sowie Mitglieder des Fürstlichen Hauses, welche bis Ende des 20. Jahrhunderts bei nicht standesgemässer Heirat ihren Prinzentitel ablegen mussten und einen niedrigeren Morganatentitel erhielten.
Das liechtensteinische Adelsrecht entspricht weitgehend dem österreichischen und ist grösstenteils ein ungeschriebenes Gewohnheitsrecht. Der Begriff „Adel“ wird in der liechtensteinischen Gesetzgebung nur selten erwähnt. Nach österreichischem Brauch wird in Liechtenstein ein Adelstitel, anders als vor 1918 in Deutschland, im Nachnamen, nicht vor dem Vornamen, angegeben. Ausgenommen davon sind Mitglieder des Fürstlichen Hauses, welche den Prinzentitel vor dem Vornamen führen. Der Adel oder ein Titel kann persönlich oder erblich sein. Der erbliche Adel wird im ehelichen, leiblichen Mannesstamme vererbt (salisches Recht). Die Ehefrau folgt dem Ehemann in seinem Stand – eine nichtadelige Frau wird durch die Heirat mit einem adeligen Manne adelig, eine adelige Frau verliert jedoch bei Verheiratung mit einem nichtadeligen Mann ihren Adel. Bemerkenswert ist, dass seit dem 20. Januar 1926 der liechtensteinische Adel unbeschränkt auch durch Adoption übertragen werden kann, wodurch theoretisch eine Umgehung des salischen Rechtes möglich ist.
Bei der Einbürgerung eines Ausländers kann sein Adel anerkannt werden. Dafür muss er wenigstens eine beglaubigte Abschrift der Adelsurkunde einreichen. Vorrechte sind mit der Anerkennung des Adels nicht verbunden. Für die Verleihung des Adels sowie für die Anerkennung des ausländischen Adels bei Einbürgerung wird eine Gebühr erhoben.
Im Fürstentum Liechtenstein ist der strafrechtliche Adelsverlust möglich.
Liste der bekannten adelsrechtlichen Gnadenakte Bearbeiten
Es existiert keine offizielle Liste der durch die Fürsten vorgenommenen Adelsverleihungen und Standeserhöhungen. Folgende Liste umfasst alle bekannten Adelsverleihungen, Standeserhöhungen und sonstigen Gnadenakte, welche durch die Fürsten von und zu Liechtenstein vorgenommen wurden, sowohl in Bezug auf die Mitglieder des Fürstlichen Hauses als auch auf Aussenstehende.
In mindestens einem Fall wurde eine in Liechtenstein vorgenommene Standeserhöhung (Albrecht Freiherr v. Dieckhoff) ins Genealogische Handbuch des Adels aufgenommen.
Die Informationen könnten unvollständig sein. Unsichere Angaben stehen in Klammern.
Gundakar Bearbeiten
1637 Bearbeiten
- Martin Johann Weidlich, Stadtschreiber von Mährisch Trübau, mit seinem Bruder Michael, bürgerlicher Wappenbrief
Carl Eusebius Bearbeiten
1662 Bearbeiten
- Lorenz Leitter, fürstlicher Rat, erblicher einfacher Adelsstand als Leitter v. Tannenberg
Anton Florian Bearbeiten
1717 Bearbeiten
- Sebastian Heinrich Sydler, fürstlich liechtensteinischer Hofmeister, mit seinen Gebrüdern und Vettern Josef Anton Gottlieb, Franz Wolf Anton und Josef Karl, einfacher erblicher Adelsstand als Sydler v. Rosseneck
- Prof. Dr. iur. Stephan Christoph Harpprecht (1676–1735), Jurist und fürstlich liechtensteinischer Hofrat, erblicher alter rittermässiger Adelsstand als Harpprecht v. Harpprechtstein
Josef Johann Adam Bearbeiten
Unbekanntes Jahr Bearbeiten
- Peter Nicklas Schoultzen, herzoglich schleswig-holsteinischer Amtmann in Neukloster, erblicher einfacher Adelsstand
1722 Bearbeiten
- Johann Umbscheiden, fürstlich liechtensteinischer Instruktor a. D., erblicher einfacher Adelsstand als Umscheiden v. u. z. Rittersdorf
1723 Bearbeiten
- Franz Anton Leitter v. Tannenberg, fürstlich liechtensteinischer Wirtschaftsrat, erblicher rittermässiger Adelsstand als Leitter Ritter und Edler v. Tannenberg
1730 Bearbeiten
- Dr. iur. Anton Herrmann Ellerts, fürstlich liechtensteinischer Rat und Gesandter in Kassel, erblicher rittermässiger Adelsstand
Josef Wenzel Lorenz Bearbeiten
1749 Bearbeiten
- Christian Metzger, k.k. Dragoner-Leutnant, erblicher alter rittermässiger Adelsstand
Unbekanntes Jahr Bearbeiten
- Ferdinand Wrede, Sekretär des Domkapitels zu Paderborn, erblicher alter rittermässiger Reichsadelsstand
Alois II. Bearbeiten
1846 Bearbeiten
- Eduard Strahl, Ausculant am k.k. Landgericht in Görz, erblicher einfacher Adelsstand als Edler v. Strahl
Johann II. Bearbeiten
1859 Bearbeiten
- Karl v. Vogelsang (1818–1890), Vertrauter des Fürsten und späterer christlich-sozialer Politiker, erblicher Freiherrenstand
- Prof. Dr. iur. Justin Thimotheus Balthasar v. Linde (1797–1870), Jurist und Diplomat, erblicher Freiherrenstand als Freiherr Linde v. Linden zu Dreyss
1872 Bearbeiten
- Hermann Karl Joseph Roesdorf-Salm, Sohn des Prinzen und Altgrafen Karl zu Salm-Reifferscheid-Krautheim (1803–1864) aus seiner morganatischen Ehe mit Thekla Roesdorf, erblicher Freiherrenstand als Freiherr v. Roesdorff
1873 Bearbeiten
- Franz Xaver Ritter v. Haberler, fürstlich liechtensteinischer Hofrat, erblicher Freiherrenstand
1884 Bearbeiten
- Karl Haus v. Hausen (1823–1889), Landesverweser, erblicher Freiherrenstand
Franz I. Bearbeiten
Unbekanntes Jahr Bearbeiten
- Eduard Oleg Alexandrowitsch von Falz-Fein (1912–2018), russischstämmiger Unternehmer, Sportfunktionär und Mäzen, (erblicher) Freiherrenstand
- Eduard Theodor von Falz-Fein (1912–1974), russischstämmiger Bobfahrer, (erblicher) Freiherrenstand
1936 Bearbeiten
- Maurice Arnold Freiherr de Forest-Bischoffsheim (1879–1968), Unehelicher Sohn von Freiherr Lucien v. Hirsch auf Gereuth, Rennfahrer und britischer liberaler Politiker, (erblicher) Grafenstand als Graf v. Bendern
Franz-Josef II. Bearbeiten
1938 Bearbeiten
- Dr. Walter Probst (1887–1963), Exportunternehmer und liechtensteinischer Honorarkonsul, erblicher einfacher Adelsstand als v. Probst
- Ernst Charles Pauer, Anerkennung der (fremden) Erhebung in den Adelsstand für Liechtenstein bei seiner Einbürgerung auf Beschluss des Landtages
1939 Bearbeiten
- Heinrich Georg Stahmer (1892–1978), nationalsozialistischer deutscher Diplomat, deutscher Botschafter in Japan, erblicher Freiherrenstand und persönlicher Grafenstand als Freiherr v. Stahmer, Graf v. Silum
- Dr. iur. Albrecht Diedrich Dieckhoff (1896–1965), Rechtsanwalt und Rechtsberater des Fürsten bei der deutschen Regierung, erblicher Freiherrenstand als Freiherr v. Dieckhoff
1950 Bearbeiten
- Prinz Wilhelm von und zu Liechtenstein (1922–2006), erblicher Grafenstand als Graf v. Hohenau
1951 Bearbeiten
- Shelagh Brunner (1902–1983), (erste) Ehefrau zur linken Hand von Prinz Ferdinand von und zu Liechtenstein (1901–1981), erblicher Grafenstand als Gräfin v. Rietberg
1971 Bearbeiten
- Prinz Albrecht von und zu Liechtenstein (1940–2017), erblicher Freiherrenstand als Freiherr v. Landskron
1975 Bearbeiten
- Georgette Maria Ansay (1916–2003), (vierte) Ehefrau zur linken Hand von Prinz Ferdinand von und zu Liechtenstein (1901–1981), Titel einer Prinzessin von und zu Liechtenstein ad personam
1979 Bearbeiten
Es wird angegeben, dass im Jahre 1979 eine Nobilitierung stattfand, ohne den Begünstigten zu nennen.
Hans-Adam II. Bearbeiten
Fürst Hans-Adam II. hat bisher keine Nobilitierungen und Standeserhöhungen vorgenommen.
Jedoch wurde bei der Heirat des Erbprinzen Alois im Jahre 1993 die Zugehörigkeit seiner Frau Erbprinzessin Sophie, geborene Herzogin in Bayern, zum Haus Wittelsbach anerkannt, sodass ihr in Liechtenstein die Anrede Königliche Hoheit statt der sonst für Mitglieder des Fürstlichen Hauses üblichen Anrede Durchlaucht gebührt. Da sie bis zur Heirat ausschliesslich deutsche Staatsbürgerin war, wäre dies nach bundesdeutschem Recht eigentlich nicht gegeben.
Anmerkungen Bearbeiten
- rein bürgerlicher Wappenbrief mit Stechhelm, ohne Adelsverleihung
- Da Fürst Carl Eusebius nur das kleine Palatinat hatte, war diese Adelsverleihung strenggenommen rechtswidrig.
- unter Bestätigung der Nobilitierung seines Grossvaters Lorenz
- unter Bestätigung der angeblichen Abstammung vom westfälischen Uradelsgeschlecht Wrede und Verleihung des Wappens dieses Geschlechtes; nicht verwandt mit den ebenfalls eine solche Abstammung beanspruchenden bayerischen Wrede
- als Bestätigung der unbewiesenen Zugehörigkeit zum Patriziat einer schwäbischen Reichsstadt gedacht; keine Anerkennung in Österreich, dafür aber Verleihung des österreichischen Ritterstandes 1873
- aus preussischem Adel
- bürgerlich geboren als Justin Linde, Verleihung des einfachen hessischen Adelsstandes 1839 als v. Linde, Verleihung des österreichischen Freiherrenstandes 1870
- sein Vater Anton Haberler hatte 1854 mit dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse den erblichen österreichischen Ritterstand erhalten
- aus österreichischem Adel
- 1915 wurde der Familie Falz-Fein durch Kaiser Nikolaus II. der erbliche russische Adel verliehen
- 1899 Verleihung des österreichischen Freiherrnstandes unter dem Namen v. Forest; 1900 Royal Licence zur Führung des Titels eines Barons in Grossbritannien (1920 zurückgenommen)
- Obwohl Stahmer nach dem Zweiten Weltkrieg nach Vaduz zog, wurde er zeitlebens nie liechtensteinischer Staatsbürger.
- aus einer alten bremischen Patriziersfamilie, von welcher mehrere Zweige geadelt wurden; der 1728 preussisch geadelte Zweig ist erloschen
- ↑ siehe Stammliste des Hauses Liechtenstein
- ↑ Unter Verzicht auf den Titel und Namen eines Prinzen von und zu Liechtenstein, aufgrund nicht standesgemässer Heirat
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Die Dekorationen. In: Das Fürstenhaus von Liechtenstein. 13. April 2021, abgerufen am 28. September 2023 (deutsch).
- Der Erbe des Barons von Hirsch: Maurice Arnold Freiherr von Deforest-Bischoffsheim. In: Jahrbuch des Historischen Vereines für das Fürstentum Liechtenstein. 2011, abgerufen am 28. September 2023.
- ↑ Maximilian Gritzner: Standes-Erhebungen und Gnaden-Acte deutscher Landesfürsten während der letzten drei Jahrhunderte nach amtlichen Quellen gesammelt und zusammengestellt. Band 2. Görlitz 1881 (uni-duesseldorf.de).
- ↑ Das Personen- und Gesellschaftsrecht vom 20. Januar 1926. In: Lilex - Gesetzesdatenbank des Fürstentum Liechtenstein. Abgerufen am 28. September 2023.
- Gesetz vom 4. Januar 1934 über den Erwerb und Verlust des Landesbürgerrechtes in der Fassung des Gesetzes vom 2. November 1960. In: Lilex - Gesetzesdatenbank des Fürstentum Liechtenstein. Abgerufen am 28. September 2023.
- Strafprozessordnung (StPO) vom 18. Oktober 1988. In: Lilex - Gesetzesdatenbank des Fürstentum Liechtenstein. Abgerufen am 28. September 2023.
- Paul Vogt: "Wann ein pauer zehen mahl recht hat, darf man ihm gleichwohl nicht recht lassen". In: Jahrbuch des Historischen Vereins des Fürstentums Liechtenstein 2019. 2019, abgerufen am 28. September 2023.
- Umbscheiden. In: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon. Band XV. C.A. Starke, Limburg an der Lahn 2004.
- Vogelsang Karl von, Freiherr, kathol. Publizist, Politiker, Sozialreformer. In: e-archiv.li. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
- Allen County Public Library Genealogy Center: Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser : zugleich Adelsmatrikel der im Ehrenschutzbunde des Deutschen Adels vereinigten Verbande. Gotha : Julius Perthes, 1910 (archive.org [abgerufen am 2. Oktober 2023]).
- Linde [von Linden zu Dreyss] Justin, Freiherr, Prof. Dr. iur., Jurist, Diplomat. In: e-archiv.li. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser: zugleich Adelsmatrikel der im Ehrenschutzbunde des Deutschen Adels vereinigten Verbande. Julius Perthes., 1893 (google.de [abgerufen am 2. Oktober 2023]).
- Haus von Hausen Karl, Freiherr, Landesverweser. In: e-archiv.li. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
- Forest Maurice Arnold de, Graf von Bendern. In: e-archiv.li. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
- Probst Walter, Dr., Konsul. In: e-archiv.li. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
- Nichtöffentl. Landtagssitzung vom 20. Sept. 1938. In: e-archiv.li. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
- Stahmer Heinrich Georg (Heinz), Graf von Silum, Freiherr, dt. Politiker und Diplomat. In: e-archiv.li. Abgerufen am 28. September 2023.
- Dieckhoff Albrecht Diedrich, Freiherr, Dr. iur, Hamburger Rechtsanwalt. In: e-archiv.li. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
- Dieckhoff. In: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon. Band II. C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1974.
- ↑ Liechtenstein. In: Genealogisches Handbuch des Adels, Fürstliche Häuser. Band X. C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1978.
- I.K.H. Erbprinzessin Sophie. In: Das Fürstenhaus von Liechtenstein. Abgerufen am 28. September 2023 (deutsch).