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Leonhard Schiemer in Vocklabruck 14 Januar 1528 in Rattenberg am Inn Tirol war eine fuhrende Personlichkeit der Tauferbewegung Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Begegnung mit dem Taufertum 1 2 Schiemer als Taufer 1 3 Lehre 1 4 Martyrium 1 5 Taufsukzession 2 Bedeutung 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenSchiemer entstammte einer religios gepragten Familie Er erlernte zunachst das Schneiderhandwerk Sein ursprungliches Berufsziel romisch katholischer Weltpriester zu werden gab er als Heranwachsender auf und trat stattdessen in das franziskanische Barfusserkloster in Judenburg ein Sechs Jahre spater verliess er fluchtartig die klosterliche Umgebung und gelangte nach Nurnberg wo er enttauscht vom monastischen Leben wieder in seinem erlernten Handwerksberuf arbeitete 1 Begegnung mit dem Taufertum Bearbeiten Ob Schiemer bereits in Nurnberg Kontakte zur Tauferbewegung knupfte ist unter Schiemers Biographen umstritten Fur diese Vermutung spricht allerdings dass Schiemer sich veranlasst sah nach Nikolsburg in Mahren zu wandern wo Balthasar Hubmeier eine grosse Taufergemeinde leitete Er wurde hier Zeuge einer auf Mai 1527 zu datierenden Disputation zwischen den tauferischen Fraktionen der sogenannten Stabler und Schwertler Wahrend die Stabler unter der Fuhrung von Hans Hut sich zum Gewaltverzicht bekannten erklarten Hubmeier und die Schwertler dass es einem Christen durchaus gestattet sei sich und andere durch das Schwert zu verteidigen Welche Position Schiemer hier einnahm ist unbekannt Einige Biographen vermuten er habe wohl Hubmeiers Ansichten geteilt da ihn Hans Hut spater in Wien nur sehr misstrauisch aufnahm Schiemer als Taufer Bearbeiten Nur wenige Wochen nach der Nikolsburger Disputation zog Leonhard Schiemer nach Wien Dort traf er wieder wie schon erwahnt auf Hans Hut und auch auf dessen Taufergemeinde in der Karntnerstrasse Zwei Tage Aufenthalt reichten um Schiemer fur die tauferischen Ansichten zu gewinnen und ihn gleichzeitig von den pazifistischen Grundeinstellung der Stabler zu uberzeugen Er liess sich von Oswald Glait taufen 2 und wurde Mitglied der Wiener Tauferkirche Schiemer begann sofort mit einer umfangreichen missionarischen Tatigkeit Er wirkte zunachst eine kurze Zeit in Steyr und Salzburg nahm im August 1527 an der Augsburger Martyrersynode teil und wurde von dort als Sendbote nach Tirol ausgesandt wo er sich in Rattenberg Tirol am Inn niederliess Dort existierte bereits eine Taufergemeinde die ihn sofort nach seiner Ankunft zu ihrem Bischof berief Wenige Wochen spater wurde Schiemer auf Veranlassung der romisch katholischen Kirchenbehorde verhaftet Bei den Verhoren berichtete der Tauferbischof von seinem Wirken Innerhalb der sechs Monate nach seiner Taufe habe er in 28 Stadten gepredigt und mehr als 200 Menschen fur das Taufertum gewonnen Den kurzen Aufenthalt im Untersuchungsgefangnis bis Januar 1528 nutzte Schiemer fur die Abfassung und Herausgabe sogenannter Sendschreiben Namentlich bekannt sind folgende Schriften Was die Gnade sei Vom Flaschl Denn gleichwie eine Flasche oben eng ist und unten weit also ist auch der Weg zur Seligkeit eng und schmal Aber der Herr trostet im hochsten Elend Dieser Trost ist nichts anderes als eine Vorkost des ewigen Lebens Von der Taufe im Neuen Testament Ein Bekenntnis vor dem Richter zu Rotenburg Rattenburg Januar 1528 Diese Sendschreiben fanden einen grossen Leserkreis und hatten uber Schiemers Tod hinaus einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklungen innerhalb des osterreichischen und suddeutschen Taufertums Lehre Bearbeiten Schiemer trennte das fur das physische Gehororgan des Menschen bestimmte aussere Wort der Bibel von dem unmittelbaren Wort Gottes das nur der geistbegabte innere Mensch zu horen fahig ist Dieses Wort Gottes treibt zur Gottesliebe und zur Nachfolge Christi wahrend das aussere Wort nur auf das Halten von ausserlichen Gesetzen und Verhaltensregeln abzielt Es macht Menschen lediglich zu guten Burgern nicht aber zu hingebungsvollen und opferbereiten Nachfolgern Jesu Zur Nachfolge und zur Opferbereitschaft gehorte nach Schiemer auch der Verzicht auf privates Eigentum Er war fasziniert von der Gutergemeinschaft der Jerusalemer Urgemeinde und lehrte sie als Kennzeichen echten Christseins Die Hutterer haben dieses Ideal zu ihrem Gemeindeprinzip gemacht Im Zentrum der Schriften Schiemers stand die Kreuzestheologie und die Leidensmystik des Spatmittelalters Christus leidet in den Glaubigen an dieser Welt Diese Theologie pragte auch die von ihm gedichteten Kirchenlieder vgl Ausbund Martyrium Bearbeiten nbsp Burg Rattenberg Hinrichtungsort SchiemersAnfang Januar 1528 unternahm Leonhard Schiemer einen Fluchtversuch der jedoch scheiterte Er wurde erneut verhaftet und alsbald dem Scharfrichter ubergeben Nach zahlreichen Folterungen uberliess man ihn dem Scharfrichter der ihn schliesslich am 14 Januar 1528 auf Burg Rattenberg enthauptete 3 Schiemers Martyrium blieb nicht das einzige in Rattenberg Zwischen 1528 und 1540 starben auf Veranlassung der romisch katholischen Kirchenbehorde weitere 70 Taufer und Tauferinnen fur ihre Glaubensanschauungen Taufsukzession Bearbeiten Die Linie der Taufsukzession geht bei Leonhard Schiemer uber Oswald Glait 1526 Balthasar Hubmaier Ostern 1525 Wilhelm Reublin Januar 1525 Jorg Blaurock Januar 1525 auf Konrad Grebel Januar 1525 zuruck Die in Klammern gesetzten Daten bezeichnen das jeweilige Taufdatum Belege dazu finden sich in den Biographieartikeln der erwahnten Personen Bedeutung BearbeitenLeonhard Schiemer zahlt trotz seiner kurzen Wirkungszeit zu den wichtigsten Vertretern des Hutschen Taufertums das die durch die Bauernkriege entstandenen revolutionar militanten Krafte zu einer wohl noch apokalyptischen aber doch friedvollen von der Welt abgesonderten Christusnachfolge fuhrte 4 Bei aller geistigen Verwandtschaft mit Hut bleibt Schiemer jedoch durchaus ein eigenstandiger Denker Die apokalyptische Lehren Huts treten bei ihm stark in den Hintergrund dafur lehrt er das Ideal einer Gemeinde die sich leidens und opferbereit dieser Welt stellt und auf den Einsatz von Mitteln der Macht und Gewalt bewusst verzichtet Man kann ihn durchaus als Avantgardisten der modernen pazifistischen Bewegung bezeichnen Werke BearbeitenSchriften SchiemersEine hubsche Erklarung der 12 Artikel des christlichen Glaubens Was die Gnad sey Eine Vorred Vom Flaschlen gantz chlarlich endteckt was es bedeytet allen Frommen trostlich zu leesen 1527 Von der Tauff im Neuen Testament anderer Titel Von dreyerlei Tauff Trostbrief an einen schwachen Bruder Ein wahrhaft kurz Evangelium heut der Welt zu predigen Ein Bekanntnus vor dem Rickter zu Rotenburg 1528 Ordnung der Gemein wie ein Christ lebensollAusserdem sind funf anonyme Traktate vorhanden bei der die Autorenschaft Schiemers wahrscheinlich ist Unter den Traktaten findet sich auch kurzer Katechismus Von Schiemer gedichtete LiederDein heilig statt hond sie zerstort Wir bitten dich ewiger Gott neig zu uns deine Ohren im Ausbund unter der Nummer 31 Sollstu bei Gott dein wolmung han Lieder der Hutterischen Bruder unter den Nummern 28 29 Wie kostlich ist der Heil gen TodLiteratur BearbeitenPeter Hoover Feuertaufe Das radikale Leben der Taufer eine Provokation Down to Earth Berlin 2006 ISBN 978 3 935992 23 7 S 36 51 und 77 84 J Loserth Der Anabaptismus in Tirol in Archiv f osterr Gesch 78 1892 427 604 79 1893 127 276 Lydia Muller Glaubenszeugnisse oberdeutscher Taufgesinnter Leipzig 1938 R Wolkan Die Lieder der Wiedertaufer Berlin 1903 W Wiswedel Bilder u Fuhrergestalten aus dem Taufertum Bd 2 Kassel 1930 174 186 Ders Zum Problem inneres u ausseres Wort bei den Taufern in Archiv zur Religionsgeschichte 46 1955 1 19 R Friedmann Leonhard Schiemer and Hans Schlaffer Two Tyrolean Anabaptist Martyr Apostles of 1528 in Mennonite Quarterly Review 33 1959 31 41 Daniel Heinz Schiemer Leonhard In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 9 Bautz Herzberg 1995 ISBN 3 88309 058 1 Sp 201 203 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Ludwig Keller Schiemer Leonhard In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 31 Duncker amp Humblot Leipzig 1890 S 183 f Weblinks BearbeitenRobert Friedmann Schiemer Leonhard d 1528 In Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online Lied des Tauferbischofs Leonhard SchiemerEinzelnachweise Bearbeiten Robert Friedmann Schiemer Leonhard d 1528 In Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online Martin Rothkegel Die Sabbater Tauferischer Sabbatarismus in Mahren im 16 Jahrhundert In Sabbat und Sabbatobservanz in der Fruhen Neuzeit Hrsg Anselm Schubert Band 217 in der Schriftenreihe des Vereins fur Reformationsgeschichte Gutersloher Verlagshaus Gutersloh 2016 ISBN 978 3 579 05997 6 S 121 Quellensammlung Glaubensstimme Bericht uber die Gefangennahme und das Martyrium Schiemers Quelle Martyrerspiegel eingesehen am 15 Dezember 2010 Daniel Heinz Schiemer Leonhard In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 9 Bautz Herzberg 1995 ISBN 3 88309 058 1 Sp 201 203 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Normdaten Person GND 129494143 lobid OGND AKS LCCN nr98005979 VIAF 71302185 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Schiemer LeonhardKURZBESCHREIBUNG Personlichkeit der TauferbewegungGEBURTSDATUM 15 Jahrhundert oder 16 JahrhundertGEBURTSORT VocklabruckSTERBEDATUM 14 Januar 1528STERBEORT Rattenberg am Inn Tirol Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leonhard Schiemer amp oldid 199085036