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Die Langobardentheorie des Zimbrischen fuhrt die Herkunft der zimbrischen Sprache und Bevolkerung auf langobardische Ursprunge zuruck Die umstrittene Theorie wird nur von einer Minderheit der Zimbern Forscher und Heimatforscher vertreten die akademische Dialektologie erkennt das Zimbrische als sudbairischen Dialekt Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung der Theorie 2 Argumentation 2 1 Sprachliche Indizien 2 2 Siedlungshistorische Quellen 2 3 Politische Autonomie 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseEntwicklung der Theorie BearbeitenDie Langobardentheorie des Zimbrischen wurde von dem Sprachforscher Bruno Schweizer seit 1937 Mitarbeiter der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe begrundet und im Jahr 1948 publiziert 1 1974 gelangte der italienische Germanist Alfonso Bellotto unabhangig von Schweizer zur selben Ansicht und begrundete dies ebenfalls in einer Veroffentlichung 2004 hat der zimbrische Linguist Ermenegildo Bidese die Argumente von Schweizer und Bellotto wieder aufgegriffen und auf einer sprachwissenschaftlichen Tagung erneut zur Diskussion gestellt 2 Auch einige weitere Linguisten haben sich im Laufe der Zeit dieser Theorie angeschlossen Die grosse Mehrheit der Fachwissenschaftler lehnt die Langobardentheorie mehr oder minder strikt zugunsten der Baierntheorie ab Danach gehen die Zimbern und ihre Sprache auf eine sudbairische Kolonisationstatigkeit der Zeit zwischen 1000 und 1200 zuruck 3 Argumentation BearbeitenSprachliche Indizien Bearbeiten Ein Hauptmerkmal des Langobardischen sei das angebliche Fehlen der althochdeutschen Diphthongierung Im konservativsten Teil des Zimbrischen namlich im Westteil der Sieben Gemeinden sei diese ausser im absoluten Wortauslaut nicht durchgefuhrt Beispiele sind liibar pruudar statt liabar pruadar lieber Bruder Die Langobarden gelten als Initiatoren der hochdeutschen Lautverschiebung In keiner Variante des Deutschen sei dies so konsequent durchgefuhrt wie im Zimbrischen Beispiele sind faifan statt pfeifen faff statt Pfaffe hoff statt Kopf Im Zimbrischen finden sich sogenannte langobardische Kennworter die in den oberitalienischen Dialekten nicht oder zumindest nicht so konsequent verwendet werden Beispiele sind bolbos Gespenst lt langobardisch walupaus Vermummung barba Onkel lt langobardisch barba Onkel Andererseits fehlen dem Zimbrischen die typischen Bezeichnungen fur samtliche Alpentiere so dass eine Abstammung von sudbairischen Migranten aus dem Alpenraum unwahrscheinlich sei Beispiele sind billa goaz wilde Geiss Gamse billar okso wilder Ochse Rothirsch billar hano wilder Hahn Auerhahn Dem Zimbrischen fehlen jegliche geographische Eigenbezeichnungen fur Orte oder Flusse aus dem sudbairischen Bereich Hingegen kennt es oberitalienische Ortsbezeichnungen in einer spatlateinischen oder fruh althochdeutschen Lautung aus der Zeit vor dem Jahr 1000 Beispiele Bearn Verona vgl Dietrich von Bern aus der germanischen Heldensage Slait Schio lateinisch scledum Im Zimbrischen finden sich nur jene sogenannten bairischen Kennworter die der kirchlichen Terminologie der arianischen Germanenstamme entstammen sollen und ausser bei den Goten und Bajuwaren vermutlich auch den arianischen Langobarden bekannt waren Beispiele ertakh Dienstag fiistakh Donnerstag foat Hemd Die binnenbairischen beziehungsweise sudbairischen Sprachmerkmale des Zimbrischen neuhochdeutsche Diphthongierung langes ai gt ɔa langes oː gt ɔa langes eː gt ɛa sind allesamt erst nach 1200 entstanden und konnen daher nicht von sudbairischen Ansiedlern vor 1200 mitgebracht worden sein Diesen angeblich langobardischen Sprachmerkmalen steht allerdings eine um ein Vielfaches grossere Anzahl von Merkmalen entgegen die nur auf das Bairische zuruckgefuhrt werden konnen Im Weiteren treffen die zugunsten des Langobardischen zu einem grossen Teil auch auf die in Nordwestitalien gesprochenen hochstalemannischen Walsermundarten zu wo sie von der Sprachwissenschaft dem Einfluss der benachbarten italienischen Mundarten zugeschrieben werden Dies gilt insbesondere fur die Monophthongierung von althochdeutsch ia uo zu iː und uː auch Issimedeutsch heisst es liiber bruuder lieber Bruder die scheinbare Extremverschiebung von althochdeutsch pf x gt f h auch bspw Rimelladeutsch heisst es faffo Pfaffe und henn Kind die Ubernahme von langobardischstammigen Wortern auch die Walser sagen barba Onkel und die infolge jahrhundertelanger Isolation sehr eigenwillige Entwicklung des Wortschatzes Das Fehlen sudbairischer Ortsbezeichnungen bei den Zimbern entspricht dem Fehlen alemannischer Ortsbezeichnungen bei den Walsern und wird dort ebenfalls im Zusammenhang mit der Isolation gesehen Im Ubrigen konnen Lautentwicklungen polygenetisch entstehen mussen also nicht zwingend schon aus der Urheimat mitgebracht worden sein so entspricht liiber bruuder standarddeutschem lieber Bruder ist aber unabhangig davon entstanden Siedlungshistorische Quellen Bearbeiten Es gibt eine einzige mittelalterliche Quelle die infolge einer Hungersnot von der Umsiedlung einiger Dutzend Bauern aus der Gegend von Benediktbeuern nach Verona berichtet Dem steht eine ungleich grossere Zahl historischer Dokumente gegenuber die die Ansiedlung langobardischer Wehrbauern Arimannen an den Nordgrenzen des langobardischen Reiches bekundet Ausweislich diverser Schriftquellen aufgrund der extremen Haufung langobardischer Namen und Lehnworter im italienischen Regionaldialekt wegen der gehauften Anzahl langobardischer Kirchenpatrozinien sowie wegen des massierten Auftretens langobardischer Graberfelder muss angenommen werden dass besonders um die Stadt Vicenza die Langobarden nicht nur als oberste Herrscherschicht auftraten wie anderswo in Italien sondern die normale Bevolkerung bildeten Vicenza wurde daher im Mittelalter auch Cymbria genannt Umgekehrt hiess die zimbrische Sprache im Binnendeutschen Wisentainisch Vicentinisch Die zimbrische Besiedlung der Hochebene der Sieben Gemeinden sei daher aus dem mehrheitlich langobardisch besiedelten Raum von Vicenza erklarbar wo auch nachweislich die Mutterpfarreien der Sieben Gemeinden liegen Ahnliche Verhaltnisse konnten auch fur die zimbrische Besiedelung der Dreizehn Gemeinden vom Gebiet Verona aus bestanden haben Politische Autonomie Bearbeiten Die weitgehende politische Autonomie der zimbrischen Republik der Sieben Gemeinden von etwa 1200 bis 1800 und in deutlich geringerem Umfang die der Dreizehn Gemeinden sei mit Wehrbauern aus der langobardischen Oberschicht leichter zu erklaren als mit ehemaligen Hintersassen bairischer Kloster Eine entsprechende Autonomie kennen allerdings auch andere Siedlergruppen in den Alpen wie die Walser und in diesem Fall geht die Gewahrung der Autonomie nachweislich auf die ortlichen Grundherren zuruck welche die Siedler in ihre Gebiete gerufen haben Literatur BearbeitenAlfonso Bellotto Il cimbro e la tradizione longobarda nel vicentino I In Vita di Giazza e di Roana 17 18 1974 S 7 19 italienisch Alfonso Bellotto Il cimbro e la tradizione longobarda nel vicentino II In Vita di Giazza e di Roana 19 20 1974 S 49 59 italienisch Ermenegildo Bidese Die Zimbern und ihre Sprache Geographische historische und sprachwissenschaftlich relevante Aspekte In Thomas Stolz Hrsg Kolloquium uber Alte Sprachen und Sprachstufen Beitrage zum Bremer Kolloquium uber Alte Sprachen und Sprachstufen Diversitas Linguarum Bd 8 Verlag Brockmeyer Bochum 2004 ISBN 3 8196 0664 5 S 3 42 James R Dow Bruno Schweizer s commitment to the Langobardian thesis In Thomas Stolz Hrsg Kolloquium uber Alte Sprachen und Sprachstufen Beitrage zum Bremer Kolloquium uber Alte Sprachen und Sprachstufen Diversitas Linguarum Volume 8 Verlag Brockmeyer Bochum 2004 ISBN 3 8196 0664 5 S 43 54 englisch Bruno Schweizer Die Herkunft der Zimbern In Die Nachbarn Jahrbuch fur vergleichende Volkskunde 1 1948 ISSN 0547 096X S 111 129 Bruno Schweizer Zimbrische Gesamtgrammatik Vergleichende Darstellung der zimbrischen Dialekte Zeitschrift fur Dialektologie und Linguistik Beiheft 132 Hrsg von James R Dow Franz Steiner Verlag Stuttgart 2008 ISBN 978 3 515 09053 7 Weblinks BearbeitenBruno Schweizer Die Herkunft der ZimbernEinzelnachweise Bearbeiten Bruno Schweizer Die Herkunft der Zimbern In Die Nachbarn 1 1948 S 111 129 Webseite der Universitat Trient Memento des Originals vom 18 Juni 2010 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot portale unitn it italienisch Statt vieler etwa Eberhard Kranzmayer Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes Osterreichische Akademie der Wissenschaften Wien bzw Bohlaus Nachf Graz Koln 1956 S 5 Peter Wiesinger The Central and Southern Bavarian Dialects in Bavaria and Austria In Charles V J Russ The Dialects of Modern German A Linguistic Survwey Routledge London 1990 S 441 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Langobardentheorie des Zimbrischen amp oldid 221898446