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Der Kurustama Vertrag auch Kurustama Vertrag war eine zwischenstaatliche Vereinbarung aus dem 15 Jahrhundert v Chr zwischen dem Agyptischen Reich und dem Hethiterreich Teile des Vertrages sind auf keilschriftlichen Tafeln aus Ḫattusa erhalten geblieben einerseits als Sekundarquellen in spaterer Uberlieferung andererseits existiert auch ein Fragment des Originalvertrages Es ist der alteste erhaltene paritatische Staatsvertrag 1 Als Vertragspartner kommen auf hethitischer Seite Tudḫaliya I und auf agyptischer Seite Thutmosis III oder nach alterer Auffassung Amenophis II in Frage In dem Vertrag regelten Agypter und Hethiter die Folgen der Emigration von Bewohnern aus Kurustama ins Herrschaftsgebiet der Agypter Der Vertrag scheint auch Grenzregelungen beinhaltet zu haben Er besass bis zum Uberfall der Hethiter auf das agyptische Amka am Ende der agyptischen 18 Dynastie Gultigkeit ca 1330 v Chr siehe dazu auch Daḫamunzu Affare Die Stadt Kurustama lag vermutlich im nordlichen oder nordostlichen Anatolien eine genaue Lokalisation ist jedoch nicht moglich 2 Inhaltsverzeichnis 1 Uberlieferung 2 Datierung 3 Interpretationen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseUberlieferung Bearbeiten nbsp Geopolitische Situation in Vorderasien im 14 Jh v Chr nbsp Beispiel eines hethitischen Keilschrift Fragments mit den Mannestaten Suppiluliumas In Ḫattusa der Hauptstadt des Hethiter Reiches entdeckten Archaologen die Tontafel Archive der hethitischen Staatsverwaltung Darunter befanden sich die sogenannten Mannestaten Suppiluliumas auch Annalen Suppiluliumas genannt die Mursili II ein Sohn und Nachfolger des hethitischen Grosskonigs Suppiluliuma I verfasste Darin ist die sogenannte Daḫamunzu Affare uberliefert Als hethitische Truppen am Ende der Amarnazeit ins agyptische Grenzgebiet einfielen gerieten die Agypter in eine schwierige Lage da gerade der Pharao gestorben war In dieser Situation schrieb die kinderlose Konigswitwe vermutlich Anchesenamun einen Brief an Suppiluliuma I mit der Bitte um einen Sohn als Gemahl der uber Agypten regieren sollte Suppiluliuma I liess daraufhin in den Archiven nach fruheren agyptisch hethitischen Beziehungen recherchieren Man brachte ihm einen Vertrag in dem die Bewohner von Kurustama eine wichtige Rolle spielen weshalb er als Kurustama Vertrag bezeichnet wird und dann forderte mein Vater die Vertragsurkunde Wie fruher der Wettergott den Mann von Kurustama den Hethiter nahm und ihn in das Land Agypten fortbrachte und sie zu Leuten von Agypten machte wie der Wettergott zwischen dem Lande Agypten und dem Land Ḫatti einen Ver trag schloss wie sie auf ewig untereinander befreundet waren wie man vor ihnen die Tafel vorlas Dann sprach mein Vater folgendermassen zu ihnen Von alters her war en Ḫattusa und Agypten befreundet Jetzt ereignete sich uns auch noch dies untereinander Das Land Ḫatti und das Land Agypten werden weiterhin auf ewig untereinander befreu ndet sein Mannestaten des Suppiluliuma I 3 In der Daḫamunzu Affare gab Suppiluliuma I schliesslich dem Begehren der agyptischen Konigswitwe nach und schickte seinen Sohn Zannanza nach Agypten der jedoch ermordet wurde Suppiluliuma fuhrte einen Vergeltungsschlag gegen Agypten von dem jedoch die Kriegsgefangenen eine Seuche meist als Pest bezeichnet in Anatolien einschleppten an der auch Suppiluliuma starb In den sogenannten Pestgebeten versuchte Mursili II uber Orakelanfragen den Grund fur den Zorn der Gotter und den damit verbundenen Ausbruch der Seuche festzustellen Im 2 Pestgebet wird als Grund der Einfall in die Amka Ebene und damit der Bruch des Kurustama Vertrages genannt und ich fand zwei uralte Urkunden Die zweite Tafel aber uber die Stadt Kurustama Wie der Wettergott von Hatti die Leute von Kurustama in das Land Agypten fortbrachte wie der Wettergott von Hatti ihnen einen Vertrag machte und sie dann durch den Wettergott von Hatti vereidigt waren Und ungeachtet der Tatsache dass die Leute von Ḫattusa und die Leute von Agypten durch den Wettergott von Hatti vereidigt waren kamen die Leute von Ḫattusa um die Oberhand zu gewinnen und die Leute von Ḫattusa brachen dadurch sofort den Gotteseid Mein Vater sandte Truppen und Wagen und sie griffen das Land Amka das Grenzland zu Agypten an Und er schickte wieder und sie griffen wieder an Wie ich die eben erwahnte Tafel uber das Land Agypten vorfand Zweites Pestgebet 3 Ein fragmentarisch erhaltenes Pestgebet CTH 379 erwahnt ebenfalls den Kurustama Vertrag Es war eine Tafel uber Agypten Zu dieser Tafel habe ich kein Wort hinzugefugt noch habe ich irgendeines weggenommen Oh ihr Gotter meine Herren merket auf Ich weiss nicht ob einer von den Konigen vor mir ein Wort hinzugefugt oder weggenommen hat Ich weiss nichts davon und ich habe davon seitdem kein Wort mehr gehort Ich beschaftigte mich nicht mit diesen Grenzen die fur uns vom Sturmgott gesetzt wurden Diese Grenzen die mein Vater mir hinterlassen hatte diese Grenzen behielt ich bei Ich wollte von ihm nichts Noch nahm ich etwas von seinem Grenzland Pestgebet CTH 379 3 Durch die Identifizierung des Fragments KBo VIII 37 CTH 134 zugeordnet als einen Teil des Originalvertrages hat sich die Beleglage deutlich verbessert 4 Mittlerweile sind noch weitere Fragmente CTH 134 hinzugekommen bei denen es sich teilweise um jungere Abschriften des Kurustama Vertrages handelt 5 Im agyptisch hethitischen Friedensvertrag zwischen Ramses II und Ḫattusili III um 1259 v Chr wird die Erneuerung eines alteren Vertrages erwahnt bei dem es sich um den Kurustama Vertrag handeln konnte 6 Datierung Bearbeiten nbsp Thutmosis III der als agyptischer Vertragspartner in Frage kommt Im Gebet CTH 379 erwahnt Mursili II dass er nicht dafur garantieren konne dass andere Konige vor ihm den Vertrag nicht verandert hatten Demnach mussen zwischen der Abfassung und der Erwahnung Mursilis II mehrere Konige regiert haben womit auch eine Datierung in die Regierungszeit Suppiluliumas I entfallt Dies passt auch zur Aussage Suppiluliumas ein Vertrag bestunde seit alters von jeher CTH 134 datiert aufgrund von palaographischen und sprachlichen Kriterien eindeutig ins 15 Jahrhundert v Chr Auch andere Fragmente und Zitate enthalten typische mittelhethitische Schreibungen Somit herrscht in der Forschung mittlerweile Einigkeit uber eine Datierung in die mittelhethitische Zeit Das wortliche Zitat im 2 Pestgebet des Mursili II weist ebenfalls grammatische Archaismen auf Am ehesten kommt die Regierungszeit von Tudḫaliya I in Frage Nach innenpolitischen Wirren engagierte sich dieser erstmals wieder in Vorderasien beispielsweise durch Vertrage mit Tunip KBo IXX 59 und Astata KUB LVII 18 7 Auf agyptischer Seite kommen aus chronologischen Grunden nur die Konige Amenophis II und Thutmosis III in Frage Itamar Singer sprach sich fur Amenophis II aus Die Regierung Thutmosis III sei noch zu fruh Er verweist auf die Memphis Stele nach welcher Ḫatti und Sanger Babylon bei ihm um Frieden baten was als Hinweise auf diplomatische Beziehungen gedeutet werden kann 8 Allerdings ist nach Francis Breyer den Texten dieses Konigs wenig Glauben zu schenken Demnach versuchte dieser nur uber die Tatsache hinwegzutauschen wie wenig er an die Erfolge seiner Vorganger anzuknupfen vermochte 9 Demgegenuber scheinen durchaus Synchronismen zwischen Tudḫaliya I und Thutmosis III zu bestehen 10 So erfolgte vermutlich die Eroberung Aleppos durch Tudḫaliya I im Kontext der Schwachung Mitannis durch die Aktivitaten Thutmosis III 11 Deshalb kommt fur Breyer als Vertragspartner im Kurustama Vertrag auf agyptischer Seite nur Thutmosis III in Frage In den Annalen Thutmosis III findet sich auch das erste gesicherte Auftreten Ḫattis in altagyptischen Quellen Beim Ausdruck Ḫt3 ˁ3 Gross Ḫatti handelt es sich um einen spezifischen Terminus technicus in hethitischen diplomatischen Texten Weitere Hinweise auf Beziehungen zum Hethiter Reich sind die Toponyme jsy Isi tnj Teni und qtj Keti bei denen es sich vermutlich um anatolische Ortsnamen handelt 12 Interpretationen BearbeitenInhaltlich geht aus den Tafeln hervor dass die Migration der Bewohner von Kurustama eine vertragliche Regelung zwischen Agyptern und Hethitern zur Folge hatte Der Vertrag scheint auch Grenzregelungen beinhaltet zu haben die bis zum Uberfall der Hethiter auf das agyptische Amka am Ende der Amarna Zeit Gultigkeit besassen Uber daruber hinausgehende inhaltliche Rekonstruktionen herrscht in der Forschung Uneinigkeit Dietrich Surenhagen bezeichnete den Kurustama Vertrag als Entlassungsvertrag und versuchte herauszuarbeiten dass er sich von einem in den Texten erwahnten fruheren agyptisch hethitischen Vertrag unterscheidet Wohl sei er aber der Anlass mit Agypten in diplomatischen Verkehr zu treten da die Leute aus Kurustama aus ihrer bisherigen Untertanenschaft entlassen und zu Leuten von Agypten wurden 13 Eine zeitliche Differenzierung der Ereignisse ist allerdings nicht moglich womit diese Theorie wenig plausibel erscheint 14 Nach Emil Forrer handelt es sich bei den Leuten von Kurustama um Fluchtlinge die infolge der Eroberung Syriens durch die Hethiter vertrieben wurden und auf agyptischem Territorium Asyl suchten Demnach sei es eine der Aufgaben des hethitischen Gesandten Ḫattusazidi in der Daḫamunzu Affare gewesen wegen dieses Fluchtlingsproblems mit der agyptischen Seite zu verhandeln 15 Vergleichend zum Arzawa Brief EA 31 siehe Amarna Briefe in welchem Kaskaer als Arbeitskrafte gefordert werden sieht dagegen Eugene Cavaignac die Kurustamaer als hethitische Gefangene 16 Nach Breyers Auffassung hatten sich die beiden Grossmachte soweit angenahert dass eine direkte Konfrontation drohte weshalb sie diplomatische Kontakte aufnahmen Die Agypter lernten die Keilschrift um sich international verstandigen zu konnen Bereits vor der Amarna Zeit entstand somit eine Art Verhaltenskodex zwischenstaatlicher Beziehungen Die beginnenden und intensiver werdenden Kontakte zwischen den beiden Kulturen wurden in der Thutmosidenzeit erstmals fassbar Nicht nur bei den diplomatischen Beziehungen muss man sich also von dem lieb gewonnenen Bild einer Internationalisierung erst in der Amarnazeit verabschieden bereits die fruhen Thutmosiden waren global player 17 Literatur BearbeitenFrancis Breyer Agypten und Anatolien Politische kulturelle und sprachliche Kontakte zwischen dem Niltal und Kleinasien im 2 Jahrtausend v Chr Osterreichische Akademie der Wissenschaften Denkschriften der Gesamtakademie Band 63 Contributions to the Chronology of the Eastern Mediterranean Band 25 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2010 ISBN 978 3 7001 6593 4 Francis Breyer Thutmosis III und die Hethiter Bemerkungen zum Kurustama Vertrag sowie zu anatolischen Toponymen und einer hethitischen Lehnubersetzung in den Annalen Thutmosis III In Studien zur Altagyptischen Kultur SAK Band 39 Hamburg 2010 S 67 83 Detlev Groddek Agypten sei dem hethitischen Lande Bundesgenosse Zur Textherstellung zweier Paragraphen des Kurustama Vertrages In Gottinger Miszellen Band 218 2008 S 37 44 Hans Gustav Guterbock The Deeds of Suppiluliuma as Told by his Son Mursili II In Journal of Cuneiform Studies Band 10 Nr 2 1956 S 41 68 Bd 10 Nr 3 1956 S 75 98 Bd 10 Nr 4 1956 S 107 130 Itamar Singer The Kurustama Treaty Revisited In Emilio O Forrer Detlev Groddek Sylvester Rossle Hrsg Sarnikzel Hethitologische Studien zum Gedenken an Emil Orgetorix Forrer Verlag der Technischen Universitat Dresden Dresden 2004 ISBN 3 86005 392 2 S 591 607 Itamar Singer Harry A Hoffner Hittite Prayers Writings from the ancient world Nr 11 Society of Biblical Literature Atlanta 2002 ISBN 1 58983 032 6 Dietrich Surenhagen Paritatische Staatsvertrage aus hethitischer Sicht Studia Mediterranea Band 5 1 Ausgabe Iuculano Pavia 1985 ISBN 88 7072 080 2 Dietrich Surenhagen Forerunners of the Hattusili Ramesses treaty In The British Museum Studies in Ancient Egypt and Sudan Nr 6 2006 S 59 67 Online als PDF Datei Weblinks BearbeitenSilvin Kosak Konkordanz der hethitischen Keilschrifttafeln In Hethitologie Portal Mainz Uni Wurzburg mit einer Online Datenbank der Keilschrift TexteEinzelnachweise Bearbeiten F Breyer Thutmosis III und die Hethiter Hamburg 2010 S 83 Trevor Bryce The Routledge Handbook of the Peoples and Places of Ancient Western Asia From the Early Bronze Age to the Fall of the Persian Empire Routledge London New York 2009 S 399 400 a b c F Breyer Agypten und Anatolien Wien 2010 S 141 Bernhard Rosenkranz Rezension zu KBo VIII In Bibliotheca Orientalis Band 14 1957 S 234 235 F Breyer Agypten und Anatolien Wien 2010 S 142 143 Dietrich Surenhagen Forerunners of the Hattusili Ramesses treaty In The British Museum Studies in Ancient Egypt and Sudan Nr 6 2006 S 59 67 Online F Breyer Thutmosis III und die Hethiter Hamburg 2010 S 69 70 Itamar Singer The Kurustama Treaty Revisited In D Groddek S Rossle Hrsg Sarnikzel Hethitologische Studien zum Gedenken an Emil Orgetorix Forrer Verlag der Technischen Universitat Dresden Dresden 2004 S 591 607 F Breyer Thutmosis III und die Hethiter Hamburg 2010 S 72 73 Stefano de Martino A Tentative Chronology of the Kingdom of Mitanni from its Rise to the Reign of Tusrata In H Hunger R Pruszinsky Hrsg Mesopotamian Dark Age Revisited Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2004 S 35 42 Jorg Klinger Synchronismen in der Epoche von Suppiluliuma I Einige Anmerkungen zur Chronologie der mittelhethitischen Geschichte In O Carruba et al Hrsg Atti del II Congresso internazionale di hittitologia Studia Mediterranea Band 9 Gianni Iuculano Pavia 1995 S 246 F Breyer Thutmosis III und die Hethiter Hamburg 2010 S 67 Dietrich Surenhagen Paritatische Staatsvertrage aus hethitischer Sicht Iuculano Pavia 1985 insbesondere S 22 39 F Breyer Agypten und Anatolien Wien 2010 S 142 Emil Forrer The Hittites in Palestine In Palestine Exploration Quarterly Band 68 1936 S 190 203 Eugene Cavaignac Subbiluliuma et son temps Belles Lettres Paris 1932 S 72 F Breyer Thutmosis III und die Hethiter Hamburg 2010 S 83 Abgerufen 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