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Die Kotze Affare war ein Skandal um den deutschen Kaiserhof Ende des 19 Jahrhunderts Dabei wurden ab 1891 mehrere Mitglieder der adligen Hofgesellschaft und der Familie Wilhelms II in anonymen Briefen sexueller Ausschweifungen beschuldigt Originalbriefe der Kotze Affare mit pornographischen Darstellungen aus dem Geheimen Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Verlauf 3 Historische Aufarbeitung 4 Verfilmung 5 Literarische Verarbeitung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDa die Brieftexte nichtoffentliche Details aus dem Hofleben enthielten wurde hinter dem Verfasser der Briefe ein hochrangiges Mitglied des Hofstaats vermutet Der Verdacht fiel 1894 schliesslich auf den Hofzeremonienmeister Leberecht von Kotze der daraufhin festgenommen wurde Kotze konnte jedoch nichts nachgewiesen werden Zur Wiederherstellung seiner Ehre forderte er zwei seiner Anklager zum Duell wobei er bei dem einen selbst verletzt wurde und Karl von Schrader gegen den er zweimal antrat letztlich totete Die Affare erregte wie einige Jahre darauf auch die Harden Eulenburg Affare in der Gesellschaft grosses Aufsehen und fuhrte zu einem Glaubwurdigkeits und Ansehensverlust des Kaiserhauses Verlauf BearbeitenWahrend sich das deutsche Kaiserhaus nach aussen hin tugendhaft zu prasentieren versuchte kam es bei Hofe immer wieder zu Gelagen und Orgien etwa wahrend Jagdausflugen auf Schloss Grunewald Zu einer solchen Zusammenkunft kam es im Januar des Jahres 1891 Unter den 15 Teilnehmern waren unter anderem Friedrich Karl von Hessen die Schwester des Kaisers Charlotte von Preussen als Gastgeberin Leberecht von Kotze sowie Charlotte von der Decken Gattin des Grafen Friedrich von Hohenau Am Tag darauf erhielten mehrere von ihnen anonyme Schreiben in denen die Ereignisse des Vorabends darunter Gruppensex und homosexueller Verkehr detailliert beschrieben waren Pornographische Bilder und Zeichnungen von Geschlechtsorganen waren beigelegt Dies wiederholte sich bei spateren Gesellschaften aber auch unbeteiligte Hoflinge und Adlige erhielten ahnliche Schmahbriefe in denen der Autor uber die sexuellen Ausschweifungen der hofischen Kreise berichtete Insbesondere Charlotte von der Decken wurde vom Autor als mannstoll beschrieben und mehrere ihrer hochrangigen Sexualpartner genannt aber auch Karl von Schrader und seine Frau Alide Insgesamt wurden mehr als 200 derartige Briefe verschickt nbsp Jagdschloss GrunewaldAls die so entstandenen Geruchte zunahmen entschlossen sich 1892 einige Betroffene die Briefe in zensierter Form der Polizei zu ubergeben Aufgrund der Detailfulle liess sich darauf schliessen dass der Autor der Briefe selbst zum engeren Zirkel der hofischen Gesellschaft gehorte und unter den 15 Teilnehmern der Orgie im Jagdschloss Grunewald gewesen sein musste Schliesslich wurde der kaiserliche Zeremonienmeister Leberecht von Kotze beschuldigt hinter den Schreiben zu stecken Er galt in Hofkreisen als geschwatzig und war aufgrund seines Sarkasmus unbeliebt wurde jedoch von Wilhelm II protegiert 1894 beschlagnahmte die Geheimpolizei Loschblatter aus von Kotzes Besitz die ihn angeblich belasteten woraufhin Wilhelm II von Kotze ohne Strafantrag festnehmen liess Da sich der Verdacht jedoch nicht aufrechterhalten liess wurde von Kotze wenige Tage darauf wieder freigelassen Wilhelm II hielt aber an seinem Vorgehen fest und beauftragte ein Militargericht mit der Untersuchung des Falles Das Gericht verhorte samtliche Mitglieder des Hofstaates konnte jedoch keine Schuld von Kotzes feststellen nbsp Leberecht von KotzeDarauf fuhrte der sogenannte Hohenau Schradersche Kreis zu dessen Protagonisten Friedrich von Hohenau und Karl von Schrader gehorten die Ermittlungen auf eigene Faust weiter Von Kotze aber forderte nun Genugtuung von seinen Anklagern 1895 kam es zu einem ersten Duell zwischen von Schrader und von Kotze das glimpflich verlief In einem Duell mit Hugo von Reischach wurde von Kotze jedoch am Oberschenkel verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert Wilhelm II sandte ihm ein Blumenarrangement in Gestalt eines Ostereis als Geste der Versohnung ans Krankenbett Dennoch kam es 1896 zu einem weiteren Duell mit von Schrader bei dem dieser ums Leben kam Die Duelle fuhrten auch bei der einfachen Bevolkerung zu grossem Aufsehen sodass es zu Menschenauflaufen an den Berliner Duellplatzen kam Die Presse kritisierte das Verhalten der hofischen Gesellschaft scharf sie wurde dem Royalismus und dem Ansehen des Konigshauses schaden Auch das Duellwesen selbst wurde kritisiert Wilhelm II verbot offentliche Trauerfeiern fur von Schrader um weiteres Aufsehen zu verhindern Historische Aufarbeitung Bearbeiten1996 konnte Tobias C Bringmann erstmals die Originaldokumente im Geheimen Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz einsehen und auswerten Er liess einige Passagen aus Grunden des Anstands unveroffentlicht 1 Wolfgang Wippermann machte in seinem 2010 erschienenen Buch Skandal im Jagdschloss Grunewald die Briefe erstmals dem Publikum im Original zuganglich 2 Wer die Briefe geschrieben hat ist bis heute ungeklart John C G Rohl halt es fur wahrscheinlich dass es Herzog Ernst Gunther von Schleswig Holstein Sonderburg Augustenburg der Schwager des Kaisers gemeinsam mit Komplizinnen aus der Halbwelt war 3 Er folgt damit den seinerzeit auch offentlich geausserten ersten Erkenntnissen der damaligen Ermittler Insiderwissen und Standesdunkel so Rohl sprachen fur Herzog Ernst Gunther als Verfasser der zudem selbst fur sein ausschweifendes skandaltrachtiges Sexualleben bekannt war 4 Wippermann legt sich nicht fest vertritt aber die Meinung dass einiges fur Herzogin Charlotte von Meiningen als Urheberin der Briefe spreche Auch sie wurde bereits von der zeitgenossischen Berliner Gesellschaft verdachtigt Begrundet wird dies zum einen damit dass Art und Weise der ausfuhrlichen Beschreibung der weiblichen Geschlechtsteile in den Briefen fur eine Frau als Autorin sprechen zum anderen mit einem unterstellten Ressentiment der Herzogin gegen die Grafin Hohenau Als geborene von der Decken entstammte die Grafin dem niederen Adel sie hatte aber durch die Heirat mit Graf Friedrich von Hohenau der als Sohn aus der morganatischen Ehe des Prinzen Albrecht von Preussen sr mit Rosalie von Rauch mit dem Konigshaus verwandt war Zutritt zu den engeren Kreisen des Hof und Hochadels erhalten ein sozialer Aufstieg der in Hofkreisen regelmassig Missgunst sogar Feindschaft hervorrufen konnte Auch die belegte spatere Parteinahme der Herzogin Charlotte fur das Ehepaar Kotze 5 das durch die falsche Verdachtigung Leberecht von Kotzes stark diskreditiert worden war kann als Indiz gesehen werden Auch eine Verbindung beider Theorien wurde in der Forschung diskutiert Danach habe Charlotte mit ihrem Schwippschwager Ernst Gunther von Schleswig Holstein Sonderburg Augustenburg kollaboriert 1 Verfilmung BearbeitenDie Affare wurde 1966 von Wolfgang Luderer fur die DEFA Fernseh Reihe Pitaval des Kaiserreiches unter dem Titel Der Skandal um Herrn Leberecht von Kotze verfilmt Literarische Verarbeitung BearbeitenFalko Hennigs Roman Ein Yankee an Kaiser Wilhelms Hof Pataphysique behandelt fiktiv Mark Twains Zeit in Berlin vor dem Hintergrund der Kotze Affare Literatur BearbeitenTobias C Bringmann Reichstag und Zweikampf Die Duellfrage als innenpolitischer Konflikt des Kaiserreichs 1871 1918 Hochschul Verlag Freiburg 1996 ISBN 3 8107 2249 9 Fritz Friedmann Der deutsche Kaiser und die Hofkamarilla Schmidt Zurich 1896 John Rohl Die Kotze Affare In Wilhelm II Der Aufbau der personlichen Monarchie C H Beck Munchen 2001 ISBN 3 406 48229 5 S 741 ff Wolfgang Wippermann Skandal im Jagdschloss Grunewald Mannlichkeit und Ehre im deutschen Kaiserreich Primus Verlag Darmstadt 2010 ISBN 978 3 89678 810 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kotze Affare Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Matthias Schulz Swingerclub im Grunewald In Spiegel de 1 September 2010 Christia Staas Gruppensex im Grunewald In Zeit de 19 August 2010 Stephan Wiehler Rudelei im Grunewald In Tagesspiegel de 26 Januar 2015 Armin Fuhrer Wie Adelige mit Sex Partys im Jagdschloss Grunewald den Kaiser bruskierten In Focus de 21 Januar 2020 Richard Hemmer Daniel Messner Die Kotze Affare In Spektrum de 7 Dezember 2019 Podcast von Geschichten aus der Geschichte Audiodatei 45 Min Einzelnachweise Bearbeiten a b Tobias C Bringmann 1996 3 Krankhaft weibisch veranlagte Personen S 59 in Skandal im Jagdschloss Grunewald John Rohl S 751 753 Gruppensex im Grunewald auf ZEIT online Vgl Marie von Bunsen Zeitgenossen die Ich erlebte Koehler amp Amelang Leipzig 1932 S 35 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kotze Affare amp oldid 238791455