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Die Kleine Galerie an der Ulrichskirche in Halle Saale existierte von 1947 bis 1951 und war neben der Galerie Henning die wichtigste private Kunstgalerie in der Saalestadt nach dem Zweiten Weltkrieg Ihre Inhaber Herbert und dessen Sohn Heinz Ruger prasentierten in den Geschafts und Wohnraumen in der Leipziger Strasse Kunst der klassischen Moderne und zeitgenossische Kunst vor allem von Kunstlerinnen und Kunstlern aus Halle Saale Leipzig Dresden und Berlin 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Vorgeschichte 1 2 Galeriebetrieb 1 3 Kleine Galerie am Falkenstein 1 4 Auflosung von Geschaft und Galerie 2 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Galerie wurde 1947 von Herbert Ruger 1892 ca 1966 gegrundet und mit einer umfassenden Ausstellung am Pfingstwochenende 1947 eroffnet parallel zur Eroffnungsschau der benachbarten Galerie Henning und der Kunstausstellung Sachsen Anhalt 1947 im Kunstmuseum Moritzburg Halle Saale Vorgeschichte Bearbeiten Herbert Ruger stammte aus Dresden wo er in der historischen Altstadt in der Rosmaringasse 1 Schlossstrasse 5 das 1840 gegrundete Hof und Galanteriewaren Geschaft J G Gartner fuhrte 2 Bereits im April 1935 hatte er eine Filiale in Halle Saale in der Nahe des Marktes am Kleinschmieden 6 eroffnet Geschaftsfeld des Unternehmens war in beiden Stadten die Anfertigung von und der Handel mit Schirmen Stocken Drechslerwaren einschliesslich Bernsteinschmucks 3 In der Leipziger Strasse 98 in Halle Saale gab es seit 1898 das Geschaft F B Heinzel den sogenannten Schirm Heinzel Nach dem Tod des letzten Inhabers des Familienbetriebs wird im Adressbuch der Stadt ab 1937 Herbert Rugers Ehefrau Elsa 1898 1960 als Verwalterin des Geschafts in der halleschen Einkaufsstrasse genannt 4 5 1939 nennt das Adressbuch Herbert Ruger als Eigentumer der Leipziger Strasse 98 6 Er erweitert das Sortiment in Richtung Kunstgewerbe und Luxusartikel Infolge der verheerenden Bombardierung Dresdens am 13 Februar 1945 war Rugers Geschaft in der dortigen Schlossstrasse zerstort worden und ubersiedelte die Familie nach Halle Saale Hier mietete Ruger im Oktober ein weiteres Ladengeschaft in der Grossen Steinstrasse 1 2 dem heutigen Platz Am Steintor Per 14 Marz 1946 wird Herbert Ruger im Handelsregister der Saalestadt als alleiniger Inhaber des Geschafts in der Leipziger Strasse 98 gefuhrt 7 Ab 1950 firmierte das Geschaft offiziell als Kunstgewerbegeschaft bzw Kunsthandlung Im Betriebsprufungsbericht des Finanzamts Halle Saale fur das Jahr 1950 wird das Geschaftsfeld mit Handel mit Kunst und kunstgewerblichen Gegenstanden beschrieben 8 Zum 1 Januar 1951 ubernahm Herbert Rugers Sohn Heinz 1924 2012 die Firma Galeriebetrieb Bearbeiten Neben den Firmenunterlagen existieren nur wenige Dokumente zum Galeriebetrieb Herbert und Heinz Rugers Gemass den Befehlen der Sowjetischen Militaradministration waren samtliche Kunstausstellungen und der Betrieb von Galerien genehmigungspflichtig sodass Herbert Ruger einer offiziellen Autorisierung seine Ausstellungen bedurfte die zumindest fur das Eroffnungsjahr 1947 nachweisbar ist 9 Die Eroffnung der Galerie fand am Pfingstsamstag 1947 statt dem 24 Mai 19 Tage nach der Eroffnung der Galerie Henning am 6 Mai Eduard Hennings Galerie am heutigen Hansering ab Dezember 1948 in der Lafontainestrasse befand sich nur etwa 200 Meter entfernt von der Herbert Rugers Eine kleines Faltblatt informierte uber die Ziele des Unternehmens Die hohe ethische Verpflichtung die dieses Wort Beethovens dem Kunstler auferlegt bindet auch alle die dazu beitragen wollen dem Werke des Kunstlers den Weg in die Offentlichkeit zu bereiten Ihre Aufgabe ist es zwar nur zu vermitteln Das aber verlangt nach bestem Wissen und Gewissen auszuwahlen sich nicht auf eine Begrenzung wie es dem Kunstler ziemt wie es der Neigung des Privatmannes naturlich ist einzuengen sondern allen Generationen die selbst lebendig ins Leben unserer Zeit kraftig wirken das Wort zu geben Die Galerie sieht ihre Aufgabe darin wertvollen Werken der Malerei Plastik und angewandten Kunst aller jener Richtungen die noch Gegenwartiges aussprechen Kunftiges schon vorbereiten ihre Raume offen zu halten und so zur notwendigen Gesundung unseres Kulturlebens einen bescheidenen aber steten Beitrag zu leisten 10 Uber die Eroffnung der Galerie wurde in keiner der lokalen oder uberregionalen Tageszeitungen berichtet Lediglich ein Artikel in der Freiheit berichtete im September 1947 von der zweiten Ausstellung der Galerie Gemass einer Aufstellung im Nachlass des Bildhauers Karl Albiker waren insgesamt 257 Arbeiten der bildenden und angewandten Kunst die Ruger in seinen Wohnraume n und Packraume n des Geschafts eingerichtet hatte zu sehen 11 Am umfangreichsten vertreten waren Charles Crodel mit 25 Werken Curt Lahs mit 16 sowie Gerhard Marcks und Adolf Sonnenschein mit jeweils 10 Aus dem Kreis der Berliner Kunstlerinnen und Kunstler waren der 1942 verstorbene Hermann Blumenthal mit 9 Arbeiten aus dem Nachlass sowie Else Driessen Fritz Duda Peter Fischer Otto Freytag Karl Hartung Bernhard Heiliger Karl Hofer Georg Kolbe Kathe Kollwitz Juro Kubicek Jeanne Mammen Oskar Moll Richard Scheibe Gustav Seitz Hans Uhlmann und Mac Zimmermann vertreten aus Dresden Karl Albiker Hans und Lea Grundig Karl Kroner Wilhelm Lachnit Hans Theo Richter und Paul Wilhelm aus Leipzig Max Schwimmer und Walter Thiemann die angewandte Kunst vertraten zahlreiche Kunstlerinnen und Kunstler von der Burg Giebichenstein wie Hedwig Fischer Dorothea Freise Sigrid von Kleist Karl Muller Herbert Post und Lily Schultz sowie Elisabeth Crodel Otto Scharge und Ilse Scharge Nebel Im Juni 1947 meldet Herbert Ruger dem zustandigen Referenten im Ministerium fur Volksbildung der Landesregierung Sachsen Anhalts Werner Mayer Gunther eine modifizierte Fortfuhrung seiner Ausstellung mit einer detaillierten Werkliste 12 Die durchnummerierte Aufstellung enthalt 338 Werke der bildenden Kunst Hinzu kommen nicht im Detail benannte Arbeiten der angewandten Kunst von 65 Kunstlerinnen und Kunstlern Die zweite Prasentation im Herbst 1947 hat den Rezensenten der Freiheit durch die Vielfalt der ausgestellten Arbeiten und der grossen Zahl der Kunstler die hier vertreten sind uberrascht 13 Im Fazit des Artikels heisst es Die beiden hallischen Privatgalerien um deren Erstehung sich Eduard Henning und Herbert Ruger mit viel Sorgfalt bemuhten haben bereits einen grossen Besucherkreis auch aus Berlin Dresden Leipzig Erfurt und anderen Kreisen angezogen Unsere Landeshauptstadt Halle erfahrt durch diese sich laufend erneuernden Ausstellungen einen neuen Beitrag zum Neuaufbau des Kulturlebens der bei dem Publikum und der Kunstlerschaft freudigen Widerhall findet Die Kunst die Herbert Ruger in seiner Galerie zeigte entsprach in keinster Weise dem was die Kulturpolitiker der Deutschen Zentralverwaltung in Berlin und der Sowjetischen Militaradministration guthiessen Sehr schnell stand offenbar ihr Programm in der Kritik So ist in einem Eintrag im Gastebuch der Galerie vom 2 Oktober 1948 zu lesen Die Galerie behalt nach wie vor ihren alten Glanz trotz mancher Schwierigkeiten sodass es jeder Muhe lohnt sic sie weiterhin bestehen zu lassen 14 Vom Dezember desselben Jahres stammt ein Schreiben von Wilhelm Worringer 1945 bis 1950 Ordinarius fur Kunstgeschichte an der halleschen Universitat und damit Instanz in kunstlerischen Fachfragen in dem dieser einer nicht genannten Behorde gegenuber versichert dass die von Herrn Ruger veranstalteten wechselnden Ausstellungen sehr viel zur Lebendigkeit des Kunstlebens in Sachsen Anhalt beitragen Herr Ruger ist in offen lligster Weise standig bemuht gewesen vielen Kunstlern des Landes die Gelegenheit zu schaffen ihre Arbeiten an die weitere Offentlichkeit und zum eventuellen Verkauf zu bringen Ich wurde es ungemein bedauern wenn seine kaufmannische Unternehmungskraft die so vielen Kunstlern zu Gute kommt und die auch bei einem grosseren Publikum dankbaren Anklang gefunden hat durch irgendwelche Umstande behindert wurde 15 Worringer selbst kehrte 1950 von einer Reise nicht in die DDR zuruck nachdem man in seiner Abwesenheit seinen Namen unter einen politischen Aufruf gesetzt hatte 16 Die Ereignisse standen in einem direkten Kontext zur Formalismus Realismus Debatte die im November 1949 mit dem Erscheinen des Artikels Uber die formalistische Richtung in der deutschen Malerei Bemerkungen eines Aussenstehenden von Alexander Dymschitz Leiter der Kulturabteilung der Sowjetischen Militaradministration offiziell entbrannte Die letzte nachweisbare Ausstellung der Kleinen Galerie an der Ulrichskirche war eine Personalschau des Malers Peter Ruckert die im Januar Februar 1951 stattfand Kleine Galerie am Falkenstein Bearbeiten 1948 eroffnete Herbert Ruger in Ostrau einem Ortsteil von Bad Schandau eine kleine Filiale seiner Galerie in Halle Saale Ihre Geschafte lassen sich bis weit in die 1950er Jahre nachweisen Auflosung von Geschaft und Galerie Bearbeiten Im Februar 1961 ubersiedelte Heinz Ruger mit seiner Frau und Tochter in die Bundesrepublik zunachst nach Stuttgart spater nach Wiesbaden Die Firma F B Heinzel in Halle Saale wurde von den staatlichen Behorden liquidiert Die Kleine Galerie an der Ulrichskirche gab es bereits seit 1951 nicht mehr die Filiale in Ostrau wurde ebenfalls aufgelost Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Bauer Friedrich Gott schutze die Kunst vor jenen die sich die Machthaber nennen Gerhard Handlers Netzwerk beim Wiederaufbau der Sammlung des Kunstmuseums Moritzburg Halle Saale 1947 bis 1949 In Matthias Rataiczyk Hrsg Kraft der Melancholie Alexander Camaro und Seelenverwandte Kunsthalle Talstrasse Halle Saale 2023 ISBN 978 3 948389 08 6 S 45 65 SLUB Dresden Adressbuch der Landeshauptstadt Dresden Freital Radebeul mit umliegenden 6 Stadten und 24 Gemeinden Abgerufen am 31 Oktober 2023 deutsch Firmenunterlagen im Stadtarchiv Halle Inhouse Digitalisierung Hallesches Adressbu 7457 1937 abgerufen am 31 Oktober 2023 Inhouse Digitalisierung Hallesches Adressbu 7634 1937 abgerufen am 31 Oktober 2023 Inhouse Digitalisierung Hallesches Adressbuch 495 1939 abgerufen am 31 Oktober 2023 Handelsregister Abteilung II Nr HRA 5865 Stadtarchiv Halle Finanzamt Halle Saale Betriebsprufungsbericht Firma F B Heinzel 26 09 1951 Stadtarchiv Halle Landesarchiv Sachsen Anhalt identifizieren K 10 Nr 3151 Faltblatt im Nachlass Heinz Ruger Privatbesitz Badische Landesbibliothek Teilnachlass Karl Albiker K 3487 889 892 Landesarchiv Sachsen Anhalt K 10 Nr 3151 Bll 118 130 Kunstausstellungen in Halle Hochwertige Arbeiten in den Privatgalerien In Freiheit Nr 226 27 September 1947 S 2 Grosses Gastebuch der Kleinen Galerie an der Ulrichskirche Halle Saale Eintrag vom 02 10 1948 Privatbesitz Wilhelm Worringer an eine nicht benannte Behorde 23 12 1948 Privatbesitz Helga Grebing Die Worringers Bildungsburgerlichkeit als Lebenssinn Wilhelm und Marta Worringer 1881 1965 Berlin 2004 51 481584 11 972613 Koordinaten 51 28 53 7 N 11 58 21 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kleine Galerie an der Ulrichskirche amp oldid 238794245