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Karl Wolfgang Franz Motesiczky als Ritter von Motesiczky 25 Mai 1904 in Wien Osterreich Ungarn 25 Juni 1943 im KZ Auschwitz war ein osterreichischer Psychoanalytiker und aktiver Gegner des Nationalsozialismus Im Jahr 1980 wurde er als Gerechter unter den Volkern geehrt Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Sonstiges 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Gedenkstein am Gelande des Kinderdorfes nbsp Stolperstein in der Hinterbruhl nbsp Familiengrab in DoblingKarl Ritter von Motesiczky stammte aus einer vermogenden Wiener Adelsfamilie Sein Vater Dr Edmund von Motesiczky Motesiczky von Kesseleokeo entstammte einer Familie des ungarischen Uradels und starb als ungarischer Staatsburger zustandig nach Moravan am 12 Dezember 1909 in Wien 1 Seine Mutter Henriette geborene von Lieben kam aus einer judischen Wiener Bankiersfamilie und war Schwester des Erfinders der Radiorohre Robert Hermann von Lieben Die Familie besass die Villa Todesco ein Gut in der Hinterbruhl am Kropfelsteig auf dem Gelande des heutigen SOS Kinderdorfes Seine Kindheit war gepragt durch den fruhen Tod seines Vaters im Jahre 1909 seine Mutter erzog den Sohn und dessen Schwester Marie Louise zu einer demokratischen Anschauung Mit dem Adelsaufhebungsgesetz 1919 verlor die Familie ihre Adelstitel In Wien studierte Motesiczky Violoncello spater Jus Seit 1925 zahlte er zum Freundeskreis des Autors Heimito von Doderer und organisierte fur ihn Lesungen in Wien und spater auch in Heidelberg Doderers Divertimento No 2 ist der Passus Mote gewidmet vorangestellt 1928 ging Motesiczky nach Heidelberg 1930 dann nach Marburg wo er Philosophie und Theologie studierte Durch sein Engagement in der sozialistischen Studentenbewegung kam er auch in Kontakt mit dem Kommunismus 1931 ubersiedelte er nach Berlin wo er dem ehemals Wiener Psychoanalytiker Wilhelm Reich begegnete und dessen Patient Schuler und Mitarbeiter wurde Er folgte Reich 1933 auch in die Emigration uber Kopenhagen nach Oslo In Oslo setzte Reich ab 1934 seine sexualpolitische Arbeit fort Motesiczky wurde Mitarbeiter und Geldgeber der von Reich gegrundeten Zeitschrift fur Politische Psychologie und Sexualokonomie 2 in der Arbeiten veroffentlicht wurden die die Methode des dialektischen Materialismus auf die Sexualokonomie und Massenpsychologie anwendeten Motesiczky publizierte zwischen 1934 und 1938 unter dem Pseudonym Karl Teschitz einige Artikel 3 und aktuelle Notizen in dieser Zeitschrift in denen er sich unter anderem mit der Politik der Exil Linken auseinandersetzte In Oslo begann er Medizin zu studieren und unter der Supervision Reichs Patienten psychoanalytisch bzw charakteranalytisch zu behandeln Motesiczky kehrte im Winter 1937 38 nach Osterreich zuruck Obwohl er ein judischer Mischling ersten Grades war beschloss er nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten im Marz 1938 in Osterreich zu bleiben Seine Mutter floh gemeinsam mit Karls Schwester Marie Louise in die Niederlande und spater nach London Sein Gut in der Hinterbruhl wurde zum Treffpunkt judischer Familien und nichtjudischer Gegner des Nationalsozialismus so z B die Konzertpianistinnen Erna Gal und Isa Strasser sowie Ernst Wildgans die Przibrams Dr Ella und Kurt Lingens Wem Gefahr drohte von der Gestapo verhaftet zu werden dem gewahrte Karl in seinem Haus Unterschlupf und er verhalf vielen zur Emigration Im Herbst 1939 grundete er zusammen mit einigen Freunden u a Ella und Kurt Lingens und Robert Lammer eine Widerstandsgruppe Gleichzeitig setzte er sein Medizinstudium fort und ging zu dem in Wien gebliebenen Psychoanalytiker August Aichhorn in Analyse Motesiczky wurde es jedoch als einem Mischling ersten Grades nicht gestattet eine psychotherapeutische Ausbildung zu absolvieren Im Juli 1942 kamen zwei Ehepaare die aus dem besetzten Krakau entkommen waren nach Wien um mit Motesiczkys Hilfe in die Schweiz zu fliehen Von einem Mittelsmann denunziert wurde Motesiczky am 13 Oktober 1942 gemeinsam mit Ella Lingens von der Gestapo Wien verhaftet und nach vier Monaten Haft im Gestapo Gefangnis im vormaligen Hotel Metropol am Morzinplatz ins KZ Auschwitz deportiert wo er am 25 Juni 1943 an Typhus verstarb 1980 zeichnete Yad Vashem in Jerusalem Karl Motesiczky posthum mit dem Ehrentitel Gerechter unter den Volkern aus 4 Werk BearbeitenDas publizierte Werk von Karl Motesiczky besteht neben einigen kurzen Artikeln und Notizen in der Zeitschrift fur Politische Psychologie und Sexualokonomie nur aus einem Buch Karl Teschitz Pseudonym Religion Kirche Religionsstreit in Deutschland Dieses religionskritische Buch des ehemaligen Theologiestudenten ist zwar aus damals 1935 aktuellem Anlass entstanden als Waffe im Kampf gegen den Faschismus der im grossen gesehn auch stets ein Kampf gegen die Religion sein wird S 3 Es ist aber wegen der Persistenz und des Wiedererstarkens der Religion in unserer postfaschistischen Zeit nach wie vor aktuell und zwar in seinen theoretischen Kapiteln wo Motesiczky den uber Marx und Freud hinausgehenden religionskritischen Ansatz Reichs gemeinverstandlich darstellt Denn Die Naturwissenschaft hat zwar die Autoritat der Religion erschuttert die Aufklarung ihrer gesellschaftlichen Funktion hat sie weiter untergraben Doch die Deutungskunste der Theologen haben die naturwissenschaftliche Propaganda gegen die Religion z T unschadlich gemacht Hinzu kommt die tiefe gefuhlsmassige Bindung ihrer Anhanger die meist starker ist als alle verstandesmassigen Erwagungen So reden wir mit unserer antireligiosen Aufklarung vielfach uber die Kopfe der noch religiosen Massen hinweg Sie werden mit dem Schlagwort Moses oder Darwin mit dem Nachweis wieviel Geld die Pfaffen jedes Jahr vom Staat erhalten kaum aufzuklaren sein S 4 Motesiczky stellt fest Wir stehen nach 90 Jahren Marxismus und 40 Jahren Psychoanalyse erst am Beginn einer wirklich materialistischen Religionsforschung S 7 Eine Fortsetzung dieser Erforschung des Religiosen zwecks Entwicklung effektiver Methoden zu seiner Bekampfung wie er sie sich wunschte hat in den weiteren 70 vergangenen Jahren nicht stattgefunden Sonstiges BearbeitenSein Gut in der Hinterbruhl wurde nach dem Krieg von Hermann Gmeiner erworben und ab den Jahren 1957 ein SOS Kinderdorf errichtet 5 Seine Mutter und seine Schwester liessen dort 1961 eine Gedenkstatte fur Karl errichten Motesiczkys Gedenkstatte wurde im Sommer 2000 zerstort und mit Hakenkreuzen geschandet 2007 wurde im Kinderdorf ein Stolperstein verlegt 6 Das immer noch bestehenden Schweizerhaus im Kinderdorf in dem judische Familien versteckt wurden wurde 2019 von der Internationale Raoul Wallenberg Stiftung als erstes Haus in Osterreich mit dem Titel Haus des Lebens ausgezeichnet 7 Schriften BearbeitenReligion Kirche Religionsstreit in Deutschland Sexpol Verlag Kopenhagen 1935 Politisch Psychologische Schriftenreihe der Sexpol Nr 3 Religiose Ekstase als Ersatz der sexuellen Auslosung Beobachtungen in einer religiosen Sekte Sexpol Verlag Kopenhagen 1937 Populare Schriftenreihe der Sexpol Nr 2 online Aufsatze aus der Zeitschrift fur Politische Psychologie und Sexualokonomie ZPPS im Nachdruck in Hans Peter Gente Hg Marxismus Psychoanalyse Sexpol Band 1 Frankfurt M Fischer TB 1970 Zur Kritik der kommunistischen Politik in Deutschland ZPPS 3 4 1934 S 256 258 S 203 219 Aus der internationalen Sexpol Diskussion ZPPS 1 2 1936 S 43 49 S 221 228 online Rezension Erich Fromm Autoritat und Familie Sozialpsychologischer Teil ZPPS 3 4 1936 S 176 178 S 307 309 online Literatur BearbeitenChristiane Rothlander Karl Motesiczky 1904 1943 Dissertation am Institut fur Zeitgeschichte der Universitat Wien Wien 2005 Christiane Rothlander Karl Motesiczky Kurzfassung Christiane Rothlander Karl Motesiczky 1904 1943 Eine biographische Rekonstruktion Turia amp Kant Wien 2010 ISBN 978 3 85132 537 9 Uberarbeitete Dissertation Helmut Dahmer Karl Motesiczky Auf den Spuren von Reich und Trotzki In Helmut Dahmer Die unnaturliche Wissenschaft soziologische Freud Lekturen Westfalisches Dampfboot Munster 2012 S 162 178 Rezension des Buches von Rothlander gekurzt vorher in Luzifer Amor 2011 und in Junge Welt 2011 Ausstellungskatalog Die Liebens 150 Jahre Geschichte einer Wiener Familie Bohlau Verlag Wien 2004 Ausstellung im Wiener Judischen Museum vom 11 November 2004 bis 3 April 2005 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Karl Motesiczky Quellen und Volltexte nbsp Commons Karl Motesiczky Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Karl Motesiczky im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Dokumentation uber die osterreichischen Gerechten Rothlander zur Familiengeschichte von K M Memento vom 14 November 2004 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Konvokationen Dr Edmund von Motesiczky In Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 11 19010 15 Janner 1910 S 60 Spalte 3 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung wrz Die Zeitschrift erschien vierteljahrlich von 1934 bis 1939 online Z B Grundlagen der Religion Karl Motesiczky auf der Website von Yad Vashem englisch Kurt Janetschek Hinterbruhl im Wandel der Zeit 1983 Stolpersteine zum Gedenken an zwei Hinterbruhler Opfer vom November 2007 abgerufen am 29 Juli 2013 Erstes Haus des Lebens ausgezeichnet auf ORF vom 22 August 2019 abgerufen am 22 AugustNormdaten Person GND 140954902 lobid OGND AKS LCCN no2010083065 VIAF 120218525 Wikipedia Personensuche Letzte Uberprufung 20 April 2019 GND Namenseintrag 127395628 AKS PersonendatenNAME Motesiczky KarlALTERNATIVNAMEN Motesiczky Karl Wolfgang Franz Graf vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG osterreichischer Psychoanalytiker und aktiver Gegner des NationalsozialismusGEBURTSDATUM 25 Mai 1904GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 25 Juni 1943STERBEORT Auschwitz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl Motesiczky amp oldid 212849818