www.wikidata.de-de.nina.az
Karl Wollermann 24 April 1904 in Frankfurt am Main 30 Marz 1993 in Krailling war ein deutscher Architekt bildender Kunstler hoher nationalsozialistischer Kultur Funktionar und von 1963 bis 1967 erster Direktor der Hochschule fur Bildende Kunste Braunschweig Nachdem seine Tatigkeit wahrend der Zeit des Nationalsozialismus erst 1966 der breiten Offentlichkeit bekannt und diskutiert wurde trat Wollermann 1967 vorzeitig von diesem Amt zuruck Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 1 1 NS Kulturfunktionar 1 2 Nachkriegszeit 1 3 Erster Direktor der HBK 1 4 Vorzeitiger Rucktritt vom Amt des Direktors der HBK 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben und Werk BearbeitenWollermann war Sohn eines Arztes dessen Familie aus Ostpreussen stammte Mehrere seiner Verwandten waren ebenfalls bekannte Kunstler Ein Vorfahre war Bildhauer und Schuler von Christian Daniel Rauch Eine Grossmutter vaterlicherseits stammte aus einer kurmainzischen Schauspielerfamilie 1 Karl Wollermann besuchte zunachst eine Privatschule und anschliessend ein Realgymnasium in Hannover bis zur Obertertia Anschliessend machte er eine Tischlerlehre und legte 1924 die Gesellenprufung ab Wollermann zeigte kunstlerische Begabung die wahrend seines Studiums von 1924 bis 1928 an der Staatsschule fur angewandte Kunst Munchen von verschiedenen Professoren gefordert wurde darunter Richard Berndl und Adelbert Niemeyer 1 Seine erste Anstellung als Architekt fand er in Chemnitz gab diese aber bereits Ende 1929 wieder auf um die folgenden drei Jahre als Leiter eines Architekturburos in der jugoslawischen Hauptstadt Belgrad zu arbeiten 1932 kehrte er nach Deutschland zuruck und machte sich als Architekt in Munchen selbstandig Dort fuhrte er verschiedene Auftrage fur die ortliche Verkehrsfliegerschule aus und war von 1934 bis 1939 in leitender Position beim Luftkreiskommando III in Dresden tatig 1 NS Kulturfunktionar Bearbeiten Am 1 Oktober 1939 einen Monat nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Wollermann zum standigen Vertreter des Direktors der Akademie der Bildenden Kunste Nurnberg berufen 1941 folgte mit Unterstutzung der NSDAP die Ernennung zum Professor 2 Nach Jurgen Weber soll Wollermann die Professur dadurch erhalten haben dass er zuvor seinen Vorganger Eugen Nanz 1887 1958 3 denunziert haben soll 2 Der Herausgeber des NS Hetzblattes Der Sturmer Julius Streicher gehorte zu Wollermanns Privatschulern an der Nurnberger Werkkunstschule 2 In dieser Zeit begann Wollermann sich fur textile Kunste zu interessieren Seine kunstlerischen Arbeiten umfassten Stickereien Wandteppiche Seiden und Schattenstickereien aber auch innenarchitektonische Arbeiten sowie die Herstellung von Mobeln und Keramik Wollermann wurde zum Initiator der Nurnberger Gobelin Manufaktur NGM 1 die bis 2004 bestand Wahrend der NS Zeit war er deren Aufsichtsratsvorsitzender 4 Die von Wollermann stark gepragte NGM fertigte unter anderem Wand Teppiche fur das Reichsparteitagsgelande in Nurnberg 5 sowie fur verschiedene Kasernen und Offizierskasinos der SS 6 Geplant war dass der NS Staat Hauptauftraggeber der Nurnberger Gobelin Manufaktur werden solle 7 Ebenfalls 1941 wurde Wollermann Landesleiter der Reichskammer der bildenden Kunste Nurnberg Mittelfranken 8 Laut Jurgen Weber war Wollermann damit einer der hochsten Kulturfunktionare der Goebbelsschen Kulturdiktatur 9 In dieser Funktion beeinflusste er Einstellungen bzw Entlassungen bei der Nurnberger Kunstakademie u a besuchte er die Ateliers vom NS Regime als Entartete diffamierter Kunstler um zum Beispiel die Einhaltung des ihnen auferlegten Malverbotes zu uberwachen Auch konnte nur Wollermann Kunstler in seinem Bereich u k stellen lassen oder aber umgekehrt dafur sorgen dass sie zum Kriegsdienst eingezogen und an die Front geschickt wurden 2 Dies fuhrte dazu dass er sich in den Kunstlerkreisen Nurnbergs ungewohnlich verhasst gemacht hat 4 Nachkriegszeit Bearbeiten Am 1 Mai 1946 wurde Wollermann von der amerikanischen Militarregierung fur Bayern entlassen und war anschliessend bis zu seiner Berufung als Direktor der Werkkunstschule Braunschweig aus der spater die Hochschule fur Bildende Kunste Braunschweig hervorging am 15 Dezember 1951 als freischaffender Architekt in Ellingen tatig 1 Im Zuge der Entnazifizierung wurde er in einem Spruchkammerverfahren am 19 Februar 1948 in Gruppe 2 als belastet Aktivist Militarist und Nutzniesser eingestuft bei 50 iger Einziehung seines Vermogens wurde er zusatzlich zu 1 Jahren alliierten Arbeitslagers verurteilt Nach Ablauf der Haftzeit legte er Berufung ein und wurde nur noch als Mitlaufer eingestuft 4 Erster Direktor der HBK Bearbeiten Bernhard Mewes 1901 1984 war wahrend der Zeit des Nationalsozialismus Stadtrat fur Kultur und kulturelles Leben in Braunschweig In dieser Funktion grundete er 1941 den Kunstverein Braunschweig neu 10 und hatte schliesslich das kulturelle Leben in Braunschweig linientreu ausgerichtet 11 Mewes war zu diesem Zeitpunkt bereits mit Wollermann der in Nurnberg tatig war befreundet Nachdem Wollermann 1951 uber die neu zu besetzende Direktorenstelle an der Werkkunstschule in Braunschweig erfahren hatte wohl durch Mewes bewarb er sich um die Position und erhielt sie auch 12 da sein alter Bekannter Mewes im Hintergrund die Faden zog 13 1953 gelang es Mewes mit Hilfe der CDU zum Kulturdezernenten aufgestellt zu werden 1956 schlug Mewes mit Unterstutzung Wollermanns den Hitler Poeten 12 Hans Baumann Dichter des von der NS Propaganda haufig verwendeten Liedes Es zittern die morschen Knochen fur den Friedrich Gerstacker Preis der Stadt Braunschweig vor der ihm dann auch verliehen wurde 12 1963 wurde die Werkkunstschule Braunschweig zur Staatlichen Hochschule fur Bildende Kunste heute HBK erhoben Wollermann wurde ihr erster Rektor 11 nbsp Dornse des Altstadtrathauses 2014 Im Hintergrund Wollermanns Wandteppich Braunschweig In seiner Zeit in Braunschweig entstanden mehrere Werke darunter einige die sich heute im Besitz der Stadt befinden So entstand 1956 der 240 400 cm grosse mehrfarbige Wandteppich Phoenix aus der Asche Er wurde in der Nurnberger Gobelin Manufaktur hergestellt und zeigt den Untergang des brennenden Braunschweig durch den Bombenangriff vom 15 Oktober 1944 und das Wiederauferstehen der Stadt Wie Phonix aus der Asche Der Teppich war fur den grossen Ratssaal des Braunschweiger Rathauses bestimmt 14 Wohl um 1960 entstand der 500 800 cm grosse Bildteppich Braunschweig Er hangt heute in der Dornse dem grossen Festsaal im Altstadtrathaus Er zeigt pragnante Kirchen und sonstige Bauwerke der Stadt sowie deren alten Grundriss mit dem die mittelalterliche Stadt ursprunglich umschliessenden Wallring und das Wappen der Stadt Braunschweig Vorzeitiger Rucktritt vom Amt des Direktors der HBK Bearbeiten 1966 hatte Jurgen Weber seit 1961 Professor und Lehrstuhlinhaber fur elementares Formen an der HBK Kontakt zu Marion Grafin Donhoff Chefredakteurin und Mitherausgeberin der Wochenzeitung Die Zeit aufgenommen und informierte sie uber Wollermanns NS Vergangenheit in der Hoffnung Die Zeit werde daruber berichten was sie aber nicht tat 15 Ende 1966 schliesslich war im Nachrichtenmagazin Der Spiegel ein Bericht uber das Buch In einem heimgesuchten Land des israelischen Journalisten und Schriftstellers Amos Elon erschienen in dem dieser uber seine Reise durch das fruhe Nachkriegsdeutschland sowohl BRD als auch DDR berichtete Er kam u a zu dem Schluss dass in beiden deutschen Staaten das Problem deutscher Vergangenheitsbewaltigung uberhaupt nicht existiert die NS Geschichte demnach verdrangt werde Dieser Spiegel Bericht hatte zahlreiche Leserbriefe zur Folge darunter auch einen von Jurgen Weber Sein Brief wurde in der Spiegel Ausgabe vom 6 November 1966 abgedruckt 9 Weber wies in seinem Schreiben auf die Verhaltnisse in der Braunschweiger Kunstszene hin wo offenbar eine Seilschaft alter Nazis existiere die sich gegenseitig half und schutzte So war Wollermann nach verbusster Haftstrafe 1951 nach Braunschweig gekommen wo seine NS Vergangenheit nur sehr wenigen bekannt war 4 Informationen uber Wollermanns NS Vergangenheit hatte Weber nach eigener Aussage von den beiden Kunstmalern Peter Lufft und Bruno Muller Linow erhalten Wie Wollermann war Muller Linow in den 1950ern Professor an der Werkkunstschule Braunschweig 16 Wollermann verblieb danach zunachst im Amt doch auf Drangen des niedersachsischen Kulturministers Richard Voigt dessen Sohn Peter Voigt von Wollermann selbst an die HBK berufen worden war trat dieser schliesslich Anfang 1967 vorzeitig zuruck 17 Amtsnachfolger wurde Peter Voigt 18 Literatur BearbeitenHarald Duin Pfiffikus mit brauner Vergangenheit In Braunschweiger Zeitung vom 13 Mai 2003 Paywall Peter Lufft Wollermann Karl In Manfred Garzmann Wolf Dieter Schuegraf Hrsg Braunschweiger Stadtlexikon Erganzungsband Joh Heinr Meyer Verlag Braunschweig 1996 ISBN 3 926701 30 7 S 140 Vincent de Maar Ein Bildteppich von Karl Wollermann In braunschweig sic Berichte aus dem kulturellen Leben Nr 1 1957 Westermann Verlag Braunschweig 1957 S 10 11 Heinrich Mersmann Bildstickereien von Karl Wollermann In braunschweig sic Berichte aus dem kulturellen Leben Nr 2 1964 Westermann Verlag Braunschweig 1964 S 32 33 Anja Prolss Kammerer Irma Goecke und Karl Wollermann Gobelins fur den Fuhrer Die Nurnberger Gobelin Manufaktur In Akademie der Bildenden Kunste in Nurnberg Hrsg Geartete Kunst Die Nurnberger Akademie im Nationalsozialismus Begleitband zur Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelande Nurnberg 2012 Verlag fur moderne Kunst Wien 2012 S 202 221 Stadtisches Museum Braunschweig Hrsg Karl Wollermann Ausstellung vom 15 Februar bis 15 Marz 1959 Ausstellungskatalog Friedrich Vieweg amp Sohn Braunschweig 1959 Stadtisches Museum Braunschweig Hrsg Karl Wollermann Ausstellung vom 22 Marz bis 19 April 1970 Ausstellungskatalog Waisenhaus Buchdruckerei und Verlag Braunschweig 1970 Jurgen Weber Narrenschiff Kunst ohne Kompass Universitas Munchen 1994 ISBN 3 8004 1311 6 Weblinks BearbeitenLeserbrief von Jurgen Weber 1966 an den Spiegel Friedrich Walz Zwei Wandteppiche in Braunschweigs guten Stuben Teil 1 Giftige Kunst auf histbrun hypotheses org Friedrich Walz Zwei Wandteppiche in Braunschweigs guten Stuben Teil 2 Kritische Fragen auf histbrun hypotheses org Friedrich Walz Zwei Wandteppiche in Braunschweigs guten Stuben Teil 3 Versaumnisse auf histbrun hypotheses orgEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Bert Bilzer uber Karl Wollermann in Stadtisches Museum Braunschweig Hrsg Karl Wollermann Ausstellung vom 15 Februar bis 15 Marz 1959 Katalog a b c d Jurgen Weber Narrenschiff Kunst ohne Kompass S 20 Informationen uber Eugen Nanz auf landesarchiv bw de a b c d Jurgen Weber Entmundigung der Kunstler Geschichte und Funktionsweise der burgerlichen Kunsteinrichtungen Damnitz Munchen 1979 S 245 Gesticktes fur den Fuhrer auf sueddeutsche de vom 21 Januar 2020 Gobelins fur den Fuhrer Die Geschichte der Nurnberger Gobelinmanufaktur und der Bildwirkerei im Nationalsozialismus auf ns dokuzentrum muenchen de Max Gnugesser Mair Kritik an der geschonten und verkurzten Darstellung zahlreicher Kunstlerbiografien der Nazizeit im Nurnberger Kunstlerlexikon S 8 auf nazistopp nuernberg de PDF Peter Lufft Wollermann Karl In Braunschweiger Stadtlexikon Erganzungsband S 140 a b Leserbrief von Jurgen Weber 1966 an den Spiegel S 20 21 N N Kunstverein Braunschweig e V In Luitgard Camerer Manfred Garzmann Wolf Dieter Schuegraf Hrsg Braunschweiger Stadtlexikon Joh Heinr Meyer Verlag Braunschweig 1992 ISBN 3 926701 14 5 S 136 a b Jurgen Weber Entmundigung der Kunstler Geschichte und Funktionsweise der burgerlichen Kunsteinrichtungen Damnitz Munchen 1979 S 244 a b c Jurgen Weber Narrenschiff Kunst ohne Kompass S 21 Harald Duin Pfiffikus mit brauner Vergangenheit Vincent de Maar Ein Bildteppich von Karl Wollermann In braunschweig sic Berichte aus dem kulturellen Leben Nr 1 1957 Westermann Verlag Braunschweig 1957 S 10 11 Jurgen Weber Narrenschiff Kunst ohne Kompass S 22 Jurgen Weber Narrenschiff Kunst ohne Kompass S 24 25 Jurgen Weber Narrenschiff Kunst ohne Kompass S 23 Ehemalige PrasidentInnen auf hbk bs de Prasidenten und Rektoren der Hochschule fur Bildende Kunste Braunschweig RektorenKarl Wollermann 1963 1967 Peter Voigt 1967 1971 Gottlieb Mordmuller 1972 1976 Siegfried Maser 1976 1978 Gerhard Buttenbender 1978 1983 Dieter Welzel 1983 1987 Michael Schwarz 1987 1989 Prasidenten Dieter Welzel 1989 1996 Michael Schwarz 1996 2004 Barbara Straka 2004 2010 Hubertus von Amelunxen 2010 2013 Nikolas Lange 2013 2016 Vanessa Ohlraum seit 2016 Normdaten Person GND 118771191 lobid OGND AKS VIAF 3266736 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wollermann KarlKURZBESCHREIBUNG deutscher Architekt bildender Kunstler hoher NS Kultur Funktionar erster Direktor der Hochschule fur Bildende Kunste BraunschweigGEBURTSDATUM 24 April 1904GEBURTSORT Frankfurt am MainSTERBEDATUM 30 Marz 1993STERBEORT Krailling Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl Wollermann amp oldid 231110316