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Kamenitzas sind beckenformige Vertiefungen in verkarstungsfahigem Gestein die durch Kohlensaureverwitterung entstehen Sie bilden sich meist auf nacktem Kalkstein und sind durch einen flachen Boden und uberhangende Seiten gekennzeichnet Kamenitzas sind Karrenstrukturen zweiter Ordnung Kamenitza im Dachsteinkalk In den Karen Totes Gebirge Inhaltsverzeichnis 1 Zum Begriff 2 Beschreibung 3 Vorkommen 4 Entstehung 4 1 Entwicklungsschema 4 2 Korrosionsraten 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseZum Begriff BearbeitenDer Ausdruck Kamenitza ist slawischen Ursprungs beispielsweise im Slowenischen kamenica im Slowakischen und im Tschechischen kamenice der sich von kamen Stein allgemein Gestein 1 auch fur Fels herleitet auch im allgemeineren Sinne im Sinne von Kiesel kamenny heisst steinig oder steinern Geroll auch ulomky oder Kies werden im Tschechischen als sterk bezeichnet Es bestand namlich in den Anfangen der Karstforschung die falsche Ansicht dass diese napfartigen Strukturen durch auf dem Kalkpflaster zuruckgebliebene Kiesel oder Gerolle verursacht wurden wie Kolke oder Gletschermuhlen diese Ansicht wurde noch 1924 von Jovan Cvijic vertreten 2 durfte aber allenfalls seltene Ausnahmeerscheinungen darstellen Kamenitzas im eigentlichen Sinne oft auch als Napfkarren oder Losungswannen englisch solution cups solution basins solution pans bezeichnet wurden 1924 wissenschaftlich zum ersten Mal von Jovan Cvijic bearbeitet Ihm folgten viele weitere Autoren wie beispielsweise J F Smith und C C Albritton 1941 Alfred Bogli 1961 3 P W Williams 1966 4 D C Lowry und J N Jennings 1974 Eine vor kurzem erschienene Arbeit stammt von Franco Cucchi Napfkarren sind eine der moglichen Erklarungen fur Schalensteine und werden daher auch Opferkessel genannt Beschreibung Bearbeiten nbsp Kamenitza bzw Opferkessel im Kalk bei Alto de Brenas in KantabrienKamenitzas bilden sich auf flachliegenden oder nur leicht einfallenden manchmal auch leicht gewellten Felsoberflachen im Karst Es handelt sich um ortliche Vertiefungen die periodisch feucht liegen oder mit Wasser gefullt sind Die napfartigen Becken sind gewohnlich 10 bis 40 Zentimeter breit und 1 bis 10 Zentimeter tief Sie konnen in seltenen Fallen bis zu 3 Meter breit und 50 Zentimeter tief werden Extreme Formen erreichen 6 Meter im Durchmesser 5 aus dem Palaokarst ist sogar ein Beispiel mit 7 Metern bekannt 6 Ihr Grundriss ist meist kreisformig bis oval Grossere Kamenitzas sind oft aus zusammenwachsenden kleineren Becken hervorgegangen Im Profil betrachtet fuhrt vom Rand meist ein sanft geneigter leicht konvexer Hang zum flachen Boden Die Rander konnen aber auch vertikal bzw nach aussen geneigt sein und zeigen dann oft einen wulstartigen Uberhang Kreisrunde bis ovale Rander und abgerundete Profile kennzeichnen gewohnlich Boden enthaltende Becken 7 Die Rander konnen aber auch im Zentimeterbereich von kleinen Muschelschalen ahnlichen Eintiefungen engl scallops uberpragt werden von denen gerundete Rillen ausgehen und uber den Seitenhang zum flachen Boden verlaufen Dieser geriefte Typus ist generell bodenfrei kann aber vereinzelt Moose und Algen enthalten sowie im Kustenbereich eine reichhaltige Flora und Fauna 8 Vorkommen Bearbeiten nbsp Kamenitza an der Kuste in Funtana KroatienKamenitzas entstehen normalerweise auf Kalkgestein auf sehr kalkreichen Sandsteinen und auf Dolomiten zumeist auf dem Festland 9 An der Kuste sind sie im Intertidalbereich Spritzwasserzone anzutreffen 10 Ahnliche oder analoge Strukturen Pseudokarren finden sich auf verwitternden Graniten und Syeniten 11 auf Basalten 12 auf Olivindoleriten 13 und auf einigen Sandsteinen als Beispiel moge der Elbsandstein dienen 14 Die Vertiefungen konnen in diesen Gesteinen auch steileren Partien aufsitzen und Boden sowie Pflanzenbewuchs enthalten Oft bilden sie Gruppierungen die treppenartig angeordnet sind So genannte Pseudokamenitzas treten in Rhyolithen und Ignimbriten auf Ihre Entstehung ist direkt an knollenartige mafische Konzentrationen in den Vulkaniten gebunden welche gegenuber Losungskorrosion anfalliger sind und daher schneller herauswittern Die resultierenden Rundformen werden somit in diesem Fall von der petrologischen Textur des Gesteins vorgezeichnet Entstehung Bearbeiten nbsp Mit Pflanzen gefullte Kamenitzas In den Karen Totes GebirgeKamenitzas oder Napfkarren sind ein Ergebnis oberflachlicher Losungsverwitterung bewirkt durch Unebenheiten oder Vertiefungen im Gestein ausfullendes Wasser Inwieweit organische biologische Prozesse hierbei beteiligt sind ist noch umstritten Manche Autoren vertreten nach wie vor den Standpunkt rein anorganischer Losungsprozesse 15 andere hingegen den eines rein biochemischen an endolithische Algen gebundenen Vorgangs 16 Ebenfalls nicht restlos geklart ist die Frage ob und in welchem Ausmass Kamenitzas unter Bedeckung gebildet wurden Manche Forscher betrachten sie als halb bedeckte geomorphologische Strukturen deren Entwicklung begann als sie noch von Erdfetzen und Gesteinsbruchstucken uberlagert wurden Fur diese Vermutung spricht die Tatsache dass Kamenitzas sehr haufig auf geglatteten Felsoberflachen angetroffen werden deren heutige Undulationen von einem vormals bedeckten Karst geerbt wurden Erosion und Freilegung des beschutzenden Bodens fuhrt dann uber statische Korrosion zur Bildung von Kamenitzas und dynamisch zu Strukturen wie Rinnenkarren und Rillenkarren Die Losungskorrosion an den Seiten der Strukturen erfolgt normalerweise mit einer hoheren Geschwindigkeit als zur Tiefe hin Die in der Vertikalen eingeschrankte Losungsgeschwindigkeit erklart sich durch die am Boden der Napfe angesammelten unloslichen Ruckstande wie Gesteinsmehl durch Wind angewehten Staub und organische Verbindungen 17 Eine Ausnahme stellen jedoch die zylindrischen bis konischen solution cups in vorwiegend dolomitischen Gesteinen dar deren Entwicklung vorwiegend zur Tiefe hin voranschreitet Dies wird durch verstarkte organisch bedingte Kohlendioxidproduktion in einer untersattigten Losung in Bodennahe erklart 18 Die solution cups ahneln in ihrem Aussehen dabei sehr den Opferkesseln und Losungswannen in granitischen Gesteinen Die Erklarung der mit sekundaren Rillenkarren uberzogenen Kamenitzas ist problematisch da die Entstehung von Rillenkarren an fliessendes bewegtes Wasser gebunden ist Moglicherweise werden in den stagnierenden Becken durch Temperaturunterschiede bedingte Konvektionszellen eine Taylor Gortler Instabilitat am konkaven Seitenhang oder vom Wind erzeugte kleine Wellen erzeugt Entwicklungsschema Bearbeiten nbsp Kamenitza mit Maanderkarre als Ablauf In den Karen Totes GebirgeKamenitzas folgen gewohnlich einem Entwicklungsschema welches folgende Phasen durchlauft Freilegung der Oberflache und Bildung der Struktur Wachstum Degradierung und VerschwindenDie statische Korrosion akzentuiert nach dem Freilegen der Oberflache vorhandene Unebenheiten Wasser kann sich in ihnen akkumulieren und den Korrosionsprozess dann in die Breite fortsetzen die Struktur wachst Oft kommt es in diesem Stadium zum Uberlauf und zur Bildung einer Abflussrinne die letztendlich das Bodenniveau der Kamenitza erreichen wird Wahrend der Verbreiterung und Vertiefung der Abflussrinne senkt sich in der Kamenitza allmahlich der Wasserspiegel und eine Mikrokerbe bildet sich am Rand Diese vergrossert sich bis der Rand wulstformig uberhangt Durch Einbrechen der Rander und weitere Verbreiterung der Abflussrinne endet die Entwicklung Desgleichen passiert wenn innerhalb der Kamenitza eine Kluft oder Spalte angetroffen wird die das stehende Wasser nach innen abfliessen lasst Der Grundriss der sich entwickelnden Kamenitzas ist von Unstetigkeitsflachen wie Klufte Bruche Risse mineralisierte Adern etc im Gestein abhangig Nur in sehr homogenen Gesteinen wie beispielsweise Mikriten wird eine mehr oder weniger kreisrunde Form verwirklicht Ovale langliche und gestreckte Formen entwickeln sich wenn Bruche zugegen bzw dominante oder sich uberkreuzende Kluftscharen angelegt sind Inhomogenitaten im Gesteinsverband steuern somit eine selektive Korrosion In Bruchzonen entsteht eine hohere Porositat die wiederum eine erhohte Permeabilitat der korrodierenden Losung zur Folge hat Dies bedeutet dass die seitliche Erosion entlang der Richtung dieser Flachen schneller voranschreitet Ein nicht zu ubersehender Faktor ist ferner die Eindringtiefe der genannten Unstetigkeitsflachen Die Strukturierung des jeweiligen Gesteins hat somit einen sehr grossen Einfluss auf die letztliche Ausgestaltung der Kamenitzas es konnen durchaus komplexe gelegentlich auch mehrphasige Formen resultieren Korrosionsraten Bearbeiten Experimentelle Studien uber die Evolutionsgeschwindigkeit von Kamenitzas sind selten Messungen im klassischen Karstgebiet durch F Cucchi et al 1990 ergaben eine Absenkungsrate des Bodens von 0 02 bis 0 03 mm Jahr d h zur Bildung einer 5 cm tiefen Kamenitza vergehen 1670 bis 2500 Jahre 19 Bei einem Niederschlag von 1350 mm Jahr fanden Cucchi et al in einer spateren Studie im klassischen Karstgebiet eine etwas breiter angelegte Streuung von Absenkungsraten zwischen 0 01 und 0 04 mm Jahr d h 1250 bis 5000 Jahre im obigen Beispiel 20 Eine sehr ahnliche gelegene Schatzung im Karst von Lancashire stammt von Rose amp Vincent die einen Wert von 1630 Jahren fur 5 Zentimeter Absenkung ansetzen 21 Die Korrosionsraten sind lithologie und gleichzeitig korngrossenabhangig Sie sind hoch bei Mikriten Mudstones Sparite Rudstones oder Grainstones nehmen eine Mittelstellung ein und niedrig bei dolomitischen Kalken und kalkigen Dolomiten Siehe auch BearbeitenKarre Rinne KarstLiteratur BearbeitenJ R L Allen Sedimentary structures their character and physical basis Elsevier 1984 ISBN 0 444 42232 3 Franco Cucchi Kamenitzas In Angel Gines Martin Knez Tadej Slabe Wolfgang Dreybrodt Hrsg Karst Rock Features Karren Sculpturing 2009 S 139 149 zrc sazu si Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kamenitzas Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Otakar Zeman Karel Benes et al Anglicko Cesky Geologicky Slovnik s rejstrikem ceskych nazvu Academia Praha Praha 1985 S 261 Jovan Cvijic The evolution of Lapies A study in karst physiography In American Geographical Society of New York Hrsg Geographical Review Band 14 1 1924 S 26 49 A Bogli Karrentische ein Beitrag zur Karstmorphologie In Zeitschrift fur Geomorphologie Band 5 3 1961 S 185 193 P W Williams Limestone pavements with special reference to western Ireland In Transactions of the British Geographers Band 40 1966 S 155 172 K Bryan Origin of Rock Tanks and Charcos In American Journal of Science Band 50 4 1920 S 163 174 S E Humbert S G Driese Phased development of a subaerial paleokarst plane in upper Pennington Formation limestones upper Mississippian and associated paleokarst features In M Sc Thesis 2001 M M Sweeting Karst Landforms Macmillan London 1972 Emery K O J Geol Band 54 1946 S 209 228 J Avias Karst Hrsg M Merak V T Springfield Elsevier Amsterdam 1972 S 129 188 F Coetzee Trans Geol Soc S Afr Band 78 1975 S 323 333 S Dzulynski A Kotarba Zeitschrift fur Geomorphologie Band 23 1979 S 172 191 J A Bartrum A P Mason N Z J Sci Technol Band 30 1948 S 166 172 D L Reynolds J Geol Band 69 1961 S 110 117 M Mainguet Le Modele des Gres Hrsg Institut Geographique National 2 Bande Paris 1972 F Forti Le vaschette di corrosione In Atti e memorie della Commissione Grotte Eugenio Boegan Band 11 1972 S 37 65 G Perna U Sauro Atlante delle microforme di dissoluzione carsica superficiale del Trentino e del Veneto In Memorie del Museo Tridentino di Scienze Naturali Band 22 Trento 1978 C A Kaye U S Geol Sur Prof Pap 317 B 1959 S 49 140 P Forti et al Le marmitte de corrosione de la Grotta Perolas San Paolo Brasile In Le Grotte d Italia Band 3 2 2001 S 15 24 F Cucchi N Radovich U Sauro I campi solcati di Borgo Grotta Gigante nel Carso Triestino In International Journal of Speleology Band 18 Nr 3 4 1990 S 125 138 F Cucchi F Forti F Marinetti Surface degradation of carbonate rocks in the karst of Trieste Classical Karst Italy In J J Fornos A Gines Hrsg Karren Landforms Universitat de los Illes Baleares Palma de Mallorca 1996 S 41 51 L Rose P J Vincent The kamenitzas of Gait Barrows National Nature Reserve north Lancashire England In K Patersen M M Sweeting Hrsg New Directions in Karst Geobooks Norwich 1986 S 473 495 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kamenitza amp oldid 237470438