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KNM ER 1808 ist die Sammlungsnummer des fossilen Skeletts eines erwachsenen weiblichen Homo erectus dessen erste Knochen im Jahr 1973 von Kamoya Kimeu auf dem Gebiet der Fundstatte 103 von Koobi Fora an der Nordostkuste des Turkana Sees in Kenia entdeckt wurden 1 Es war zu diesem Zeitpunkt das vollstandigste jemals geborgene Skelett von Homo erectus verlor aber diesen Rang bereits im folgenden Jahr als westlich des Turkana Sees ebenfalls von Kimeu die Uberreste des Nariokotome Jungen entdeckt wurden Aus dem Bau der Knochen von KNM ER 1808 konnten Ruckschlusse auf Ernahrung und Sozialverhalten von Homo erectus gewonnen werden Inhaltsverzeichnis 1 Namensgebung 2 Entdeckung 3 Ursachenforschung an den Knochen 4 Ursache der Hypervitaminose 5 Literatur 6 BelegeNamensgebung BearbeitenDie Bezeichnung KNM ER 1808 wurde von Grabungsleiter Richard Leakey festgelegt Sie verweist auf den Verwahrort der Fossilien die National Museums of Kenya KNM sowie auf den Fundort ostlich englisch east des damals Rudolfsee heute Turkana See genannten Gewassers daher ER fur East Rudolf 1808 gesprochen Achtzehn Null Acht ist die fortlaufende Nummerierung von Fossilien dieser Fundstelle Entdeckung BearbeitenVom rund 1 6 bis 1 7 Millionen Jahre alten 2 Skelett Achtzehn Null Acht wurden zunachst Teile des Schadels und einige Zahne geborgen Die ubrigen Knochen lagen uber eine Flache von der Grosse eines Fussballfeldes verstreut berichtete Alan Walker im Jahr 2011 Das war schlimm genug Aber das ganze Areal wirkte als ob es mit Fossilienstuckchen berieselt worden ware Krokodile Schildkroten Flusspferde Antilopen Elefanten Riesenpaviane Giraffen alles lag zerfallen in hunderte Stucke herum 3 Insgesamt wurden 40 000 Fragmente von Fossilien aufgesammelt und die Bruchstucke der erectus Knochen anschliessend aussortiert Erleichtert wurde diese Zuordnung durch eine Erkrankung der erectus Knochen unterhalb des Schadels an der das Individuum gelitten hatte und an der es vermutlich auch gestorben war Vor allem die langen Arm und Beinknochen erwiesen sich als gut erkennbar weil ihre Fragmente im Querschnitt betrachtet im Inneren zwar normal geformt daruber jedoch mit einer bis zu einen Zentimeter dicken Schicht an Knochenmasse bedeckt waren wie sie allerdings nur lokal im Bereich von abgeheilten Knochenbruchen als Knochenkallus oder als Geflechtknochen auftreten kann Ursachenforschung an den Knochen BearbeitenRontgenarzte und Pathologen des Johns Hopkins Hospitals die von Alan Walker zu Rate gezogen wurden kamen aufgrund von Rontgenaufnahmen und Querschnitten der deformierten Knochen zu dem Ergebnis dass die Fehlbildungen eine Folge von Hypervitaminose A seien 4 das heisst einer Vergiftung durch zu viel Vitamin A in der Nahrung Die Uberdosis an Vitamin A fuhrte dazu dass sich die Beinhaut also jenes Gewebe das jeden Knochen unseres Korpers umhullt mit jedem Schritt und durch jede Muskelkontraktion vom Knochen ablost Die Muskeln sind uber die Beinhaut am Knochen verankert Abgeloste Blutgefasse entleerten ihren Inhalt zwischen Beinhaut und Knochen sodass sich diese Gewebeteile weiter auftrennten Im Falle von 1808 formten die Blutgefasse riesige Klumpen die verknocherten bevor sie starb 5 Douglas Mawson beschrieb 1915 in seinem Bericht uber eine gescheiterte Antarktis Expedition The Home of the Blizzards die extrem schmerzhaften Folgen einer Vergiftung mit Vitamin A die durch den Verzehr von Hundeleber verursacht wurden nach dem Verlust aller Lebensmittel 6 Daher gehen die Palaoanthropologen davon aus dass Achtzehn Null Acht vor lauter Schmerzen nahezu bewegungsunfahig gewesen sein muss Dennoch blieb sie am Leben wochenlang wenn nicht monatelang so dass die Blutungen in eine diffuse Knochenmasse umgewandelt werden konnten Hieraus wurde gefolgert dass sie vermutlich mit Wasser und Nahrung versorgt wurde Ihre Knochen sind ein ergreifendes Zeugnis vom Beginn einer Gesellschaft von starken Banden zwischen Individuen die weitaus starker waren als alles was wir bei Pavianen Schimpansen und anderen nicht menschlichen Primaten sehen 7 Einen vergleichbaren Beleg fur fursorgliches Verhalten erbrachten im Jahr 2005 die etwas alteren Fossilien von Dmanissi deren sogenannter Schadel 4 von einem zahnlosen alteren Mann stammt dessen verheilte Entzundungen im Kiefer vermuten lassen dass er mit stark zerkleinerten Nahrungsmitteln versorgt und trotz seiner Behinderung sozial integriert gewesen sein muss 8 9 Ursache der Hypervitaminose BearbeitenRuckschlusse auf die Lebensweise von Homo erectus ergab auch die Suche nach der Quelle fur das mutmasslich im Ubermass konsumierte Vitamin A Ausgeschlossen werden konnten pflanzliche Quellen da Achtzehn Null Acht taglich einen Zentner Wurzeln und Blatter hatte verzehren mussen um sich zu vergiften Als eine mogliche Quelle wurde zeitweise Bienenbrut erwogen also ein Verzehr von Eiern Larven und Puppen der Ostafrikanischen Hochlandbiene doch auch dies konnte letztlich als unwahrscheinlich ausgeschlossen werden 10 Alan Walker zufolge muss daher als wahrscheinlichste Quelle fur Vitamin A die Leber von Raubtieren gelten 4 da fur die 38 5 kg 11 schwere Achtzehn Null Acht bereits ein halbes Kilogramm Raubtierleber ausgereicht hatte um sich zu vergiften Diese These wurde durch die extreme Zerkluftung gestutzt die sich unter dem Mikroskop auf den Zahnen von Homo erectus zeigte Vergleichbare Abnutzungsspuren zeigen ausschliesslich Fleisch und Knochen fressende Raubtiere wie Hyanen 12 Folglich unterschied sich das Nahrungsspektrum von Homo erectus deutlich von den uberwiegend pflanzliche Nahrung verzehrenden ursprunglicheren Arten der Hominini wie beispielsweise Australopithecus afarensis und Australopithecus africanus sowie Paranthropus Da Homo erectus zwar muskulos war aber keine morphologischen Merkmale eines Pradators besitzt der andere Pradatoren erbeuten kann wird vermutet dass er ein Aasfresser war Literatur BearbeitenSean G Dolan A Critical Examination of the Bone Pathology on KNM ER 1808 a 1 6 Million Year Old Homo erectus from Koobi Fora Kenya New Mexico State University Las Cruces New Mexico 2011 Volltext Belege Bearbeiten Richard Leakey Further evidence of Lower Pleistocene hominids from East Rudolf North Kenya 1973 In Nature Band 248 1974 S 653 656 doi 10 1038 248653a0 KNM ER 1808 auf humanorigins si edu Alan Walker und Pat Shipman Turkana Junge Auf der Suche nach dem ersten Menschen Galila Verlag Etsdorf am Kamp 2011 S 189 ISBN 978 3 902533 77 7 a b Alan Walker Michael R Zimmerman und Richard Leakey A possible case of hypervitaminosis A in Homo erectus In Nature Band 296 1982 S 248 250 doi 10 1038 296248a0 Alan Walker und Pat Shipman Turkana Junge S 196 Douglas Mawson The Home of the Blizzards William Heinemann London 1915 Band I und Band II Alan Walker und Pat Shipman Turkana Junge S 198 David Lordkipanidze Abesalom Vekua et al The earliest toothless hominin skull In Nature Band 434 2005 S 717 718 doi 10 1038 434717b David Lordkipanidze Abesalom Vekua et al A fourth hominin skull from Dmanisi Georgia In The Anatomical Record Band 288A Nr 11 2006 S 146 1157 doi 10 1002 ar a 20379 Mark Skinner Bee brood consumption an alternative explanation for hypervitaminosis A in KNM ER 1808 Homo erectus from Koobi Fora Kenya In Journal of Human Evolution Band 20 1991 S 493 503 doi 10 1016 0047 2484 91 90022 N Mark Grabowski Kevin G Hatala William L Jungers und Brian G Richmond Body mass estimates of hominin fossils and the evolution of human body size In Journal of Human Evolution Band 85 2015 S 75 93 doi 10 1016 j jhevol 2015 05 005 Alan Walker und Pat Shipman Turkana Junge S 201 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title KNM ER 1808 amp oldid 225578399