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Josef Matl 10 Marz 1897 in Machersdorf ehem Untersteiermark heute Mahovci Slowenien 12 Juni 1974 in Rottenmann Obersteiermark war ein osterreichischer Slawist Sudosteuropaforscher und Kulturhistoriker Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk Auswahl 3 Nachlass 4 Literatur 5 WeblinksLeben BearbeitenMatl stammt aus einer deutschsprachigen Bauernfamilie die das Abstaller Becken an der deutsch slowenischen Sprachgrenze besiedelte Mit der Grenzziehung 1919 wurde das Gebiet sudlich der Mur die sogenannte Untersteiermark zum Territorium des Konigreich der Serben Kroaten und Slowenen SHS Matl war zweisprachig aufgewachsen In Abstall heute Apace besuchte er von 1903 bis 1908 die Volksschule ab 1908 das humanistische Furstbischofliche Gymnasium Knabenseminar in Graz das er 1916 mit vorzeitiger Matura abschloss 1915 ruckte er als Freiwilliger in den Kriegsdienst ein und kam als Mitglied des Agramer Infanterieregiments 53 an die Front nach Galizien wo er 1917 verwundet wurde Im selben Jahr begann er ein Studium der Germanistik Slawistik und Geschichte an der Universitat Graz 1921 legte er in Wien die Lehramtsprufung fur Serbokroatisch und Slowenisch ab Im selben Jahr promovierte er bei Vatroslav Jagic Slawistik und Hans Uebersberger osteuropaische Geschichte an der Universitat Wien Von 1919 bis 1939 mit Unterbrechungen unterrichtete Matl Serbokroatisch an der Bundeshandelsakademie und der Technischen Hochschule in Graz Er war ausserdem Prufer fur Slowenisch sowie Mitglied der Prufungskommission fur das Lehramt an den mittleren kaufmannischen Lehranstalten in Wien Ab 1921 widmete er sich dem weiteren Studium der Slawistik Geschichte Volkswirtschaft und Soziologie in Graz 1924 veroffentlichte er ein Lehrbuch fur Serbokroatisch 1928 begann er seine Universitatslaufbahn als Privatdozent an der Universitat Graz wo er im selben Jahr bei Heinrich Felix Schmid fur slawische Philologie habilitierte Bis zu seiner Einberufung zum Kriegsdienst 1939 bildeten Lehrveranstaltungen zur sudslawischen kroatischen serbischen und slowenischen Literaturwissenschaft und zu kulturhistorischen Themen den Schwerpunkt seiner Lehrtatigkeit 1935 erhielt er den Titel eines ausserordentlichen Professors verliehen 1939 wurde Matl als Hauptmann der Reserve von der Wehrmacht zum Kriegsdienst einberufen Bis 1945 diente er als Erkundungsoffizier in der offensiven Feindaufklarung Heer I H fur den Sudost Sektor zunachst in den Abwehrstellen ASt Graz Salzburg 1939 Wien 1940 und Sofia 1941 Nach seiner Teilnahme am Balkanfeldzug trat Matl im Juni 1941 den Dienst in der ASt Belgrad an wo er fur den Raum Serbien seit 1943 44 auch fur Albanien und Italien zustandig war Matl stand der harten Serbienpolitik Hitlers ablehnend gegenuber In seiner militargeheimdienstlichen Tatigkeit unterstutzte er die vergleichsweise gemassigte Serbien Politik des Sonderbeauftragten Sudost Hermann Neubacher der sich fur eine Senkung der drakonischen Suhnequoten bei Geiselerschiessungen einsetzte Matl vermittelte ausserdem Verhandlungen zwischen der Wehrmacht und den serbischen Tschetnik Fuhrern Draza Mihailovic Milan Nedic und Jezdimir Dangic In Albanien fuhrte er Vorbesprechungen mit Xhafer Deva und Fuad Bey Dibra zur Bildung einer albanischen Regierung Im Zuge seiner geheimdienstlichen Tatigkeit hat Matl ein umfangreiches Archiv angelegt das die Grundlage fur ein Geschichtswerk uber die Aufstandsbewegung am Balkan bilden sollte Nach einem Krankenurlaub im Herbst 1944 kam Matl Anfang 1945 nach Wald am Schoberpass wohin sich schon vorher einige Mitarbeiter der Abwehrstelle Belgrad zuruckgezogen hatten Matl wohnte bei einem Bergbauern oberhalb des Dorfes Nach dem 8 Mai 1945 zerstreute sich die Gruppe Matl blieb jedoch auf dem Bauernhof Die Rote Armee besetzte Wald am 10 11 Mai In den folgenden Tagen wurden auch die Bauernhofe ausserhalb des Dorfes von Rotarmisten durchsucht Dabei wurde Matls Offiziersuniform gefunden Matl wurde verhaftet und von den Soldaten misshandelt Beim Verhor durch den Ortskommandanten konnte Matl mit diesem Russisch sprechen und ihn davon uberzeugen dass er kein Kriegsverbrecher war Er wurde daraufhin freigelassen gelangte aber spater in britische Kriegsgefangenschaft Bis zu seiner Freilassung im Jahr 1947 war er in Wolfsberg interniert Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im Jahr 1947 nahm Matl seine Lehrtatigkeit wieder auf ab 1948 als ausserordentlicher Professor und Vorstand des Seminars fur Slawische Philologie spater Institut fur Slawistik und Sudostforschung der Universitat Graz 1954 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt Nach dem Krieg hatte Matl zunachst Landesverbot in Jugoslawien Anfang der 1950er Jahre brachte ihn der jugoslawische Konsul in Graz im Diplomatenwagen uber die Grenze Mitte der 1960er Jahre wurde Matl in der jugoslawischen Presse rehabilitiert wobei seine Bemuhungen Sanktionen gegen Zivilisten einzuschranken unterstrichen wurden Von 1947 bis 1969 lag der Schwerpunkt seiner Lehr und Forschungstatigkeit bei der vergleichenden slawischen Sprach und Literaturwissenschaft und Volkskunde Er unternahm auch regelmassig Exkursionen und Studienreisen bei denen er das Land kreuz und quer durchstreifte Zwischen 1939 und 1973 begutachtete Matl 53 Dissertationen 22 davon als approbierender Erstbetreuer Zu seinen Schulern zahlen Valentin Inzko Harald Jaksche Helmut Kettenbach Anneliese Lagreid Erich Prunc Herbert Schelesniker Herbert Trathnigg Sigrid Darinka Volkl France Vrbinc Paul Zablatnik und andere 1968 wurde Matl emeritiert Noch 1969 hielt er Vorlesungen an der Universitat Graz sowie 1970 71 an der Universitat Salzburg Werk Auswahl BearbeitenMatl bezeichnete sich als einen Schuler Vatroslav Jagics Matthias Murkos und Aleksandr Veselovskijs In seiner Publikationstatigkeit befasste er sich mit politischen kulturellen und literaturwissenschaftlichen Themen sowie deutsch slawischen Kulturbeziehungen Dabei untersuchte er nicht ausschliesslich die sogenannte Hochkultur sondern auch das archaisch patriarchale und die sogenannte Volkskultur insbesondere die sudslawische Volksepik Matls Schulerin Sigrid Darinka Volkl bezeichnet ihn daher als einen Vorlaufer von Cultural Studies In seinem sprachwissenschaftlichen Werk hob Matl die Bedeutung der Prager Schule hervor die neben die bisher vorherrschende genetisch historische diachronistische Betrachtungsweise die synchronistische gestellt hat Er widmete sich der Erforschung des Problemkreises Sprache Kultur welcher Matl zufolge vor allem in der Slawistik weitgehend zu Gunsten der Laut und Formenlehre vernachlassigt worden sei Hierbei stutzte er sich auf die Volkskunde Rechtsgeschichte Wort und Namensforschung und Semasiologie Matl zahlte neben Hermann Wendel Gerhard Gesemann und Alois Schmaus zu den Wissenschaftlern die fur eine jugoslawische staatliche Einheit eintraten Er war ein Grossdeutscher innerhalb des Osterreichertums Stanislaus Hafner der auf seine bauerliche Abstammung stolz war und sich als Bauern auf dem glatten Parkett bezeichnete Wissenschaftliche Auseinandersetzungen fuhrte er beherzt wobei er mit seiner Offenheit und mit seinem packenden Vortragsstil beeindruckte Er stand mit vielen jugoslawischen und russischen Forschern und Kulturschaffenden in personlichem Kontakt etwa mit dem slowenischen Literaturwissenschaftler Anton Slodnjak dem Bildhauer Ivan Mestrovic oder dem russischen Sanger und Schriftsteller Bulat Okudschawa Der Beginn des nationalen Schrifftums bei den oststeirischen Slowenen der Windischen Buheln phil Diss nicht publiziert Wien 1921 Praktisches Lese und Lehrbuch der serbokroatischen Sprache Wien 1924 Die Agrarreform in Jugoslawien Berlin Breslau 1927 Das Slaventum zwischen Westen und Osten Versuch einer Synthese Klagenfurt 1950 Das Ost West Problem im gegenwartigen Europa Graz 1958 Europa und die Slaven Wiesbaden 1964 Sudslawische Studien Sammelband Munchen 1965 Die Kultur der Sudslawen Frankfurt 1966 Nachdr 1970 1973 Bauer und Grundherr in der Geschichte der Balkanvolker Darmstadt Munchen 1968 Osterreich in der Meinung der Sudslawen Kongressbeitrag Eisenstadt 1973 Ein Schriftenverzeichnis wurde in der Gedenkschrift fur Josef Matl Anzeiger fur slawische Philologie IX 1977 S 3 26 veroffentlicht Nachlass BearbeitenMatls vermachte einen kleinen Teil seiner Bibliothek der Universitat Giessen ein weiterer kleiner Teil befindet sich am Institut fur Slawistik in Graz Matls wissenschaftlicher Nachlass bestehend aus Manuskripten fur Publikationen wissenschaftlicher Korrespondenz Referaten sowie Kongress und Tagungsunterlagen wird am Institut fur Slawistik der Universitat Graz aufbewahrt Matls Nachlass aus der Zeit seines Einsatzes bei der Wehrmacht 1939 1947 eine einmalige zeitgeschichtliche Quelle befindet sich im Steiermarkischen Landesarchiv und ist unbearbeitet Matl hat verfugt diesen Bestand nur sachlich qualifizierten Bearbeitern zuganglich zu machen Literatur BearbeitenMichael Reichmayr Ein Portrat des Slavisten und Balkanologen Josef Matl 1897 1974 In Signal Jg 2001 2002 Pavelhaus Pavlova hisa Laafeld Bad Radkersburg 2001 Michael Reichmayr Ardigata Krucinal Ein slowenisches Schimpfworterbuch basierend auf Arbeiten von Josef Matl 1897 1974 zum deutsch slawischen Sprach und Kulturkontakt Wissenschaftliche Schriftenreihe des Pavelhauses Band 1 2003 ISBN 3 9501567 3 9 Zoran Konstantinovic Zur Diachronie und Synchronie der Germano Jugoslavica Wendel Gesemann Matl Schmaus In Anzeiger fur slawische Philologie 9 1977 171 185 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Josef Matl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Biografie von Josef MatlInhaber der Lehrstuhle bzw Professuren fur Slawistik an der Universitat Graz 1 Lehrstuhl fur Slawische Sprachwissenschaft Gregor Krek 1875 1902 Matija Murko 1902 1917 Rajko Nahtigal 1917 1919 Heinrich Felix Schmid 1929 1938 Simon Pirchegger 1943 1945 Heinrich Felix Schmid 1945 1948 Josef Matl 1954 1968 Linda Sadnik 1968 1975 Harald Jaksche 1978 1989 Branko Tosovic 1996 2016 Professur fur Slawische Sprachwissenschaft Boban Arsenijevic seit 2016 2 Lehrstuhl fur Slawische Literatur und Kulturwissenschaft Karel Strekelj 1908 1913 Stanislaus Hafner 1967 1988 Wolfgang Eismann 1988 2009 Professur fur Slawische Literatur und Kulturwissenschaft Renate Hansen Kokorus 2009 2019 Sonja Koroliov 2009 2022 Tatjana Petzer seit 2023 3 Professur fur Slowenistik Andreas Leben seit 2010 4 Professur fur Sudosteuropaische Geschichte und Politik Florian Bieber seit 2011 Normdaten Person GND 127706267 lobid OGND AKS LCCN nb2005001818 VIAF 1042400 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Matl JosefKURZBESCHREIBUNG osterreichischer SlawistGEBURTSDATUM 10 Marz 1897GEBURTSORT Machersdorf Mahovci SlowenienSTERBEDATUM 12 Juni 1974STERBEORT Rottenmann Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Matl amp oldid 237635813