www.wikidata.de-de.nina.az
Johann Wilhelm Hittorf 27 Marz 1824 in Bonn 28 November 1914 in Munster war ein deutscher Physiker und Chemiker Er entdeckte 1869 die magnetische Ablenkung der Kathodenstrahlen Johann Wilhelm Hittorf 1893 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Leistungen 3 Ehrungen 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 QuellenLeben BearbeitenNach dem Besuch des alten Gymnasiums in der Bonngasse studierte Hittorf ab 1842 Naturwissenschaften und Mathematik an der Universitat Bonn zwischendurch ein Semester in Berlin 1846 wurde Hittorf in Bonn bei Julius Plucker mit der Abhandlung Proprietales sectionum conicarum ex aequatione polari deductae des Gebietes Kegelschnitte promoviert Hittorf war vom preussischen Unterrichtsminister fur den seit 1840 verwaisten Lehrstuhl fur Physik und Chemie an der Universitat Munster damals zwischenzeitlich Konigliche Akademie zu Munster i W vorgeschlagen worden Nach seiner Habilitation mit einer experimentellen Arbeit uber die galvanische Erzeugung von Oxiden der Edelmetalle im August 1847 stand seiner Berufung durch die Philosophische Fakultat zum Herbst 1847 nichts mehr im Wege 1 Nach Ablehnung des Rufs zum Ordinarius fur Physik nach Bern wurde Hittorf 1856 ordentlicher Professor Im Jahre 1879 brachte ihm die Reorganisation der Akademie die zum grossen Teil sein Werk ist die erwunschte Erleichterung durch Schaffung einer besonderen Professur fur Chemie wahrend Hittorf seine Lehrtatigkeit auf die Physik beschranken konnte Die Hochschule der sein Lebenswerk diente wurde durch ihn beruhmt 2 Im Wintersemester 1888 89 war Friedrich Paschen Hittorfs Assistent Als einer der Ersten fuhrte Hittorf 1850 51 praktische Ubungen ein 1 Mit dem Afrikaforscher Heinrich Barth war Hittorf befreundet 1 Leistungen Bearbeiten nbsp Prof HittorfFestschrift 1904Hittorf beschaftigte in Munster anfanglich die Aufklarung der elektrischen Leitfahigkeit Forschungen zum physikalisch chemischen Verhalten gewisser Sulfide Er sprach in dieser wichtigen Abhandlung von Schwefelsilber und Halbschwefelkupfer fuhrten Hittorf zur wichtigen Erkenntnis dass diese Sulfide nicht metallisch sondern elektrolytisch leiten Zugleich fuhrte er erstmals den Begriff metallisch in die Wissenschaft ein und verdeutlichte damit Faradays Sprechweise der eigentlichen Leitung Die gewonnene Erkenntnis ermoglichte Hittorf die Verschiebung des chemischen Gleichgewichts zwischen Cu2S und CuS zu beobachten was 16 Jahre vor Guldberg und Waages Massenwirkungsgesetz einen bemerkenswerten Zugang zur Erforschung dieser in der Chemie grundlegenden Gesetzmassigkeit eroffnete Untersuchungen zum Leitfahigkeitsverhalten ermoglichten Hittorf auch die Erscheinung Allotropie der chemischen Elemente durch Forschungen am Phosphor und besonders Selen wesentlich aufzuklaren Er erkannte dass der Wechsel der Modifikation amorph kristallin genau so wie bei den schon bekannten Anderungen des Aggregatzustands erfolgt insbesondere bei definierter Umwandlungstemperatur und mit bestimmter Warmetonung 3 Als Hittorf Phosphor aus einer Bleischmelze umkristallisierte gewann er erstmals den sog Hittorfschen Phosphor der violettstichig rot ist und monoklin kristallisiert 4 Zwischen 1852 und 1859 forschte Hittorf bahnbrechend uber die Beweglichkeit von Ionen bei der Elektrolyse Er hatte Konzentrationsgefalle an den Elektroden festgestellt und deutete sie durch unterschiedlich schnelle Bewegung verschiedener Ionen Durch Messung konnte er ihnen sogenannte charakteristische Transportfaktoren zuordnen die heute nach ihm benannten Hittorfschen Uberfuhrungszahlen Die Arbeiten stiessen zunachst auf den Widerspruch bedeutender Wissenschaftler Sie erschienen in der Reihe Ostwalds Klassiker 5 Hittorf erforschte gemeinsam mit Plucker in Gasentladungsrohren als Alternative oder notwendigen Ersatz zum Flammenspektrum die Spektren vieler chemischer Elemente Dabei zeigte sich dass allotrope Modifikationen unterschiedliche Spektren ergeben konnen 2 Plucker und Hittorf selbst erwahnen in der Arbeit die Bedeutung von Geisslers wirksamer Quecksilbervakuumpumpe und von Ruhmkorffs Hochspannungsinduktor nbsp Bezeichnungen der Hell und Dunkelraume einer Glimmentladung Unten Raumlicher PotentialverlaufDie Fortschritte in der Experimentiertechnik ermoglichten Hittorf die uber Faraday hinausgehende Erforschung elektrischer Leitungsphanomene in stark verdunnten Gasen Er fuhrte sie in Gasentladungsrohren unterschiedlicher Gestalt teils mit Potentialsonden aus und entwickelte die Hittorfrohre Der wenig Licht ausstrahlende Bereich zwischen dem Kathodenlichtsaum und dem negativen Glimmlicht in einer Glimmentladung ist nach ihm als Hittorfscher Dunkelraum auch Kathodendunkelraum benannt 6 7 Hittorf beobachtete 1868 69 die Abschattung der Fluoreszenz auf der Glaswand durch materielle Hindernisse und entdeckte damit die Kathodenstrahlen und deren geradlinige Ausbreitung bei abwesendem Magnetfeld Damit schuf er die Grundlage fur die Entwicklung von Rontgenrohre und Kathodenstrahlrohre Hittorf selbst sprach im Jahre 1869 von den geradlinigen Bahnen oder den Strahlen des Glimmens 8 Die charakteristische Veranderung des Schattenwurfes durch ein Magnetfeld fuhrten Hittorf zum Vergleich mit einem materiellen elektrischen Stromleiter Tausche ich mich nicht so sind diese Verhaltnisse ausserst gunstig um uns Schlusse auf den Vorgang des elektrischen Stromes selbst zu gestatten es ist nicht unmoglich dass die Gase auf unserem Gebiete so wie in der Lehre der Warme am leichtesten das Wesen der Erscheinungen erkennen lassen und die moderne Physik von ihren letzten Imponderabilien den elektrischen befreien werden 9 Diesem weitsichtigen Leitgedanken entsprechend wurde schliesslich dreissig Jahre spater die Aufklarung des Tragers negativer Elektrizitat erfolgreich abgeschlossen Hittorfs Gasentladungsarbeiten waren ganzlich unbeachtet 1 geblieben William Crookes meinte noch zehn Jahre spater die von Hittorf beobachteten Phanomene erstmals zu beschreiben Eugen Goldstein pragte 1876 den Begriff Kathodenstrahlen mit diesen Elektronenstrahlen nach J J Thomson 1897 experimentierte Philipp Lenard um 1894 erstmals ausserhalb der Hittorfrohre Ehrungen BearbeitenHittorf war Mitglied gelehrter Gesellschaften des In und Auslandes und Ehrenmitglied der Londoner Physikalischen Gesellschaft Der Orden Pour le merite fur Wissenschaft und Kunste seit dem Jahre 1897 und der Bayerische Maximiliansorden fur Wissenschaft und Kunst zahlten ihn zu ihren Mitgliedern Hittorf ist Ehrendoktor der Medizin und Naturwissenschaften und er wurde als einer der Ersten von zwei Technischen Hochschulen ehrenhalber zum Dr Ing ernannt 2 1914 verlieh ihm die Stadt Munster die Ehrenburgerschaft nbsp Das Grab von Wilhelm Hittorf und seiner Schwester Helene auf dem Zentralfriedhof Munster Nach Johann Wilhelm Hittorf wurden das Wilhelm Hittorf Gymnasium in Munster und das Hittorf Gymnasium in Recklinghausen benannt Weiters die Hittorfstrasse in Munster Bonn Koln Essen Remscheid Burghausen und Berlin Dahlem sowie die Johann Hittorf Strasse in Berlin Adlershof Schriften BearbeitenJ W Hittorf J Plucker On the spectra of ignited gases and vapours with especial regard to the same elementary gaseous substance In Phil Trans Royal Soc London Band 155 1865 S 1 Volltext Literatur BearbeitenJosef Niesen Bonner Personenlexikon 2 verbesserte und erweiterte Auflage Bouvier Bonn 2008 ISBN 978 3 416 03180 6 Hans Schimank Hittorf Wilhelm In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 266 270 Digitalisat Johann Wilhelm Hittorf Nachruf bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften von Arnold Sommerfeld PDF Datei Bernd Haunfelder Die Rektoren Kuratoren und Kanzler der Universitat Munster 1826 2016 Ein biographisches Handbuch Veroffentlichungen des Universitatsarchivs Munster 14 Aschendorff Munster 2020 ISBN 978 3 402 15897 5 S 116 118 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Johann Wilhelm Hittorf Sammlung von Bildern Literatur von und uber Johann Wilhelm Hittorf im Katalog der Deutschen NationalbibliothekQuellen Bearbeiten a b c d Ulrich Hoyer Johann Wilhelm Hittorf In Heinz Dollinger Hrsg Die Universitat Munster 1780 1980 Aschendorff Munster 1980 ISBN 3 402 05197 4 S 437 445 a b c J W Hittorf J Plucker On the spectra of ignited gases and vapours with especial regard to the same elementary gaseous substance In Phil Trans Royal Soc London Band 155 1865 S 1 Neudruck zum 80 Geburtstage Wilhelm Hittorfs Barth Leipzig 1904 Vorwort von Adolf Heydweiller Hrsg Die Festschrift enthalt die beeindruckende Subskribentenliste sie reprasentiert die damalige naturwissenschaftlich technische Welt die auf diese Weise die Festschrift fur Hittorf forderte Hans Schimank Johann Wilhelm Hittorf In Phys Bl Band 20 1964 S 571 577 hier S 572 A F Holleman E Wiberg Lehrbuch der Anorganischen Chemie 57 70 Auflage Walter de Gruyter Berlin 1964 S 255 Wilhelm Hittorf Uber die Wanderungen der Ionen wahrend der Elektrolyse Ostwalds Klassiker der Exakten Wissenschaften Nr 21 u 23 2 Bande Engelmann Leipzig 1891 A F Holleman E Wiberg Lehrbuch der Anorganischen Chemie 57 70 Auflage Walter de Gruyter Berlin 1964 S 653 Kathodendunkelraum In Lexikon der Physik Spektrum Akademischer Verlag 1998 abgerufen am 28 Mai 2023 Wilhelm Hittorf Ueber die Elektrizitatsleitung der Gase Erste Mitteilung In Ann Phys und Chemie Band 136 1869 S 1 31 Wilhelm Hittorf Ueber die Elektrizitatsleitung der Gase Zweite Mitteilung In Ann Phys und Chemie Band 136 1869 S 197 234 Normdaten Person GND 119321157 lobid OGND AKS LCCN no2005041139 VIAF 52496598 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hittorf Johann WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher Physiker und ChemikerGEBURTSDATUM 27 Marz 1824GEBURTSORT BonnSTERBEDATUM 28 November 1914STERBEORT Munster Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johann Wilhelm Hittorf amp oldid 237841681