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Johann Karl Stich 20 Juli 1888 in Wien 21 Oktober 1955 in Steyr war ein osterreichischer Jurist und Generalstaatsanwalt in Wien wahrend der NS Zeit Inhaltsverzeichnis 1 Karriere und Politik 2 Karriere im Nationalsozialismus 3 Nach Kriegsende 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseKarriere und Politik BearbeitenJohann Karl Stich wurde in Wien als Sohn eines Burgerschuldirektors geboren Nach dem Besuch des Elisabethgymnasiums studierte er Rechtswissenschaften an der Universitat Wien und trat 1907 der Burschenschaft Libertas bei Er wurde zum Dr iur promoviert 1913 trat er als Rechtspraktikant in den Justizdienst ein und war als solcher hauptsachlich in Krems tatig Stich war politisch deutschnational eingestellt und im Juli 1919 Grundungsmitglied der Ortsgruppe Krems der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei um Walter Riehl 1919 folgte auch die Ernennung zum Richter und er arbeitete in dieser Funktion zuerst in Krems ab 1921 am Bezirksgericht Enns 1923 wechselte Stich zur Staatsanwaltschaft Enns und arbeitete ab 1930 in Krems Steyr und Korneuburg Am 1 Mai 1930 trat er der NSDAP bei Mitgliedsnummer 301 746 1 wodurch er nach dem Anschluss Osterreichs als Alter Kampfer angesehen wurde 2 Sein politisches Engagement fur die NSDAP fuhrte zu einem Konflikt mit den staatlichen Institutionen Im April 1933 wurde er vom Oberstaatsanwalt verhort weil der Verdacht bestand dass er einen nationalsozialistischen Uberfall auf Heimwehrmitglieder organisiert und die spater deswegen verhafteten Nationalsozialisten gesetzeswidrig auf freien Fuss gesetzt habe Am 12 Juni 1933 wurde Stich zur Staatsanwaltschaft Wien versetzt Am 19 Juni 1933 wurde die NSDAP in Osterreich verboten und Stich kurz darauf unter Kurzung seiner Bezuge vom Dienst suspendiert da er offentlich den Hitlergruss gebraucht hatte Im Zuge eines Disziplinarverfahrens und vor dem Hintergrund des Juliputsches kam er am 27 Juli 1934 fur einige Tage in Polizeigewahrsam Er blieb zwar illegal NSDAP Parteimitglied da ihm aber nichts nachgewiesen werden konnte wurde im Juli 1935 seine Dienstenthebung aufgehoben Karriere im Nationalsozialismus BearbeitenAls alter Kampfer profitierte Stich nach dem Anschluss Osterreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich Schnell wurde er mit der Leitung der Staatsanwaltschaft Wien I betraut und am 11 April 1939 zum Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht OLG Wien bestellt Seine personliche Bekanntschaft mit dem Vizeburgermeister von Wien Hanns Blaschke hatte dabei nicht geschadet 1940 wurde Baldur von Schirach Gauleiter von Wien und versuchte Schlusselpositionen im OLG mit Juristen aus dem Altreich zu besetzen Obwohl Schirach bemuht war eine Abberufung Stichs zu erreichen hielt sich dieser bis zum Kriegsende als Generalstaatsanwalt Innerhalb der Sturmabteilung wurde er zum SA Standartenfuhrer befordert 3 Als gegen Ende des Zweiten Weltkrieges die Rote Armee immer naher an Wien heranruckte verliessen das Prasidium des OLG und die Generalstaatsanwaltschaft die Stadt Dabei wurde nicht nur der Justizapparat evakuiert sondern auch 60 Gefangene darunter 46 zum Tode verurteilte Diese mussten nun zu Fuss nach Westen marschieren Die Kontrolle daruber unterlag Stich da nach den damals gultigen Regelungen der Strafvollzug Aufgabe der Staatsanwaltschaft war Am 9 April 1945 erreichte der Tross Krems wo Stich die nicht zu Tode verurteilten Haftlinge entliess Die verbliebenen 44 zwei konnten unterwegs fliehen wurden in die Strafanstalt Stein gebracht wo sie am 15 April von Angehorigen der Waffen SS erschossen wurden Ob der Befehl fur dieses blutige Kapitel des Massakers von Stein von Gauleiter Hugo Jury oder von Generalstaatsanwalt Stich kam wurde nie endgultig geklart Stich war unterdessen als einer der wenigen Juristen des OLG Wiens langer in Krems geblieben wahrend die anderen weiter nach Westen zogen Der Grund dafur lag in vier Prozessen bei Standgerichten in Krems und St Polten bei denen er ab dem 13 April als Anklagevertreter fungierte In deren Folge wurden gegen 17 Personen Todesurteile erlassen und vollstreckt darunter auch jene gegen die Mitglieder der Widerstandsgruppe Kirchl Trauttmansdorff 4 Diese Prozesse widersprachen jedem zivilisierten Rechtsverstandnis Die Angeklagten hatten keine anwaltliche Vertretung wurden nur je zehn Minuten vom Gericht einvernommen und auch die Urteilsberatung war in zehn Minuten erledigt Am 5 Mai 1945 wurde Johann Karl Stich von amerikanischen Truppen gefangen genommen und der osterreichischen Justiz ubergeben Nach Kriegsende BearbeitenDie Nachkriegsjustiz hatte sich damit auseinanderzusetzen wie viel personliche Schuld Juristen auf sich laden wenn sie gesetzliche Bestimmungen die der Menschenwurde zuwiderlaufen anwenden Das Justizministerium hielt die Anwendung von geltenden nationalsozialistischen Gesetzen im Dritten Reich durch Richter und Staatsanwalte nicht fur strafwurdig Dazu kam fur die Zweite Republik das Dilemma dass man den Justizsektor entnazifizieren wollte andererseits aber den Gerichtsbetrieb trotz Personalknappheit aufrechterhalten musste Die Statistik der Verfahren gegen nationalsozialistische Angehorige des Justizapparates vor dem Volksgericht Wien ist ernuchternd Von 52 Beschuldigten wurden acht verurteilt Rechtskraft erlangten davon nur drei Verurteilungen darunter jene von Johann Karl Stich Am 18 Juni 1948 wurde Stich vom Landesgericht fur Strafsachen Wien als Volksgericht zu acht Jahren schwerem Kerker verurteilt und zum Verfall des Vermogens Wenngleich das Gericht auch die Vorgange in Stein in Betracht zog erfolgte die Verurteilung nur fur den Tatbestand der Illegalitat nach 10 und 11 des Verbotsgesetzes also der illegalen Mitgliedschaft bei der NSDAP nach ihrem Verbot 1933 Bereits am 22 Marz 1950 wurde er aus gesundheitlichen Grunden aus der Haft entlassen und bestritt danach seinen Lebensunterhalt als Versicherungsagent der Victoria 3 Hinsichtlich des Rests der Strafe wurde er am 25 Marz 1955 begnadigt Eine Gnadenpension fur seine Frau und ihn wurden abgelehnt Am 21 Oktober 1955 starb Stich in Steyr Literatur BearbeitenMatthias Keuschnigg Johann Karl Stich In Bibliotheksverein im Landesgericht fur Strafsachen Wien Hrsg Die Geschichte des Grauen Hauses und der osterreichischen Strafgerichtsbarkeit BMJ Wien Juni 2012 S 56 58 Online auf der Seite des BMJ PDF 13 2 MB Winfried R Garscha Claudia Kuretsidis Haider Die Raumung der Justizhaftanstalten 1945 als Gegenstand von Nachkriegsprozessen am Beispiel des Volksgerichtsverfahrens gegen Leo Pilz und 14 weitere Angeklagte In Gerhard Jagschitz Wolfgang Neugebauer Hrsg Stein 6 April 1945 Das Urteil des Volksgerichts Wien August 1946 gegen die Verantwortlichen des Massakers im Zuchthaus Stein Wien 1995 S 12 35 Online auf der Seite des DOW PDF 76 kB Helge Dvorak Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft Band 1 Teilband 8 Supplement L Z Winter Heidelberg 2014 ISBN 978 3 8253 6051 1 S 321 322 Weblinks BearbeitenDas Wiener Volksgerichtsverfahren gegen Viktor Reindl und Johann Karl Stich Seite mit vielen Links zu zeitgenossischen Zeitungsberichten uber den Prozess gegen Stich Einzelnachweise Bearbeiten Bundesarchiv R 9361 III 569587 Matthias Keuschnigg Johann Karl Stich PDF PFD 13 2 MB Nicht mehr online verfugbar In Die Geschichte des Grauen Hauses und der osterreichischen Strafgerichtsbarkeit Bibliotheksverein im Landesgericht fur Strafsachen Wien 2012 S 56 archiviert vom Original am 8 Februar 2015 abgerufen am 25 August 2017 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www justiz gv at a b Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Frankfurt am Main 2007 S 602 Aus Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien gegen den ehemaligen Landgerichtsdirektor Viktor Reindl und andere wegen Hochverrats und anderer Verbrechen 23 2 1948 In DOW Hrsg Widerstand und Verfolgung in Niederosterreich 1934 1945 Band 2 Osterreichischer Bundesverlag OBV Jugend und Volk Wien 1987 ISBN 978 3 215 06418 0 S 515 519 Auszug online auf der Seite des DOW Normdaten Person Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 29 September 2017 PersonendatenNAME Stich Johann KarlKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Jurist und Generalstaatsanwalt in Wien wahrend der NS ZeitGEBURTSDATUM 20 Juli 1888GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 21 Oktober 1955STERBEORT Steyr Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johann Karl Stich amp oldid 220774318