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Das Institut fur Medizinische Virologie ist eine seit 1966 bestehende Forschungseinrichtung an der Justus Liebig Universitat Giessen Das Institut ging aus einer interdisziplinaren Verbundforschung der veterinarmedizinischen humanmedizinischen und biologischen Fachbereiche hervor und beherbergte bei seiner Grundung den ersten selbststandigen Lehrstuhl fur medizinische Virologie in der damaligen Bundesrepublik Erster Lehrstuhlinhaber war Hans Joachim Eggers 1966 1972 gefolgt von Heinz Bauer 1973 1990 ab 1987 Prasident der Universitat Giessen Wolfram H Gerlich 1991 2010 und John Ziebuhr seit 2010 Das Institut war von 1996 bis 2010 Nationales Konsiliarlabor fur Hepatitis B und Hepatitis D Viren des Robert Koch Instituts und ist seit 2011 Nationales Referenzzentrum fur HBV und HDV Seit 2012 ist es Teil des Deutschen Zentrums fur Infektionsforschung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Giessener Virologie bis zur Grundung des Instituts 1 2 SFB 47 und MZI Gebaude 1 3 Die Giessener Virologenschule 1 4 SFB 535 und Konsiliarlabor 1 5 Neues Forschungsgebaude 2 Quellen 3 WeblinksGeschichte BearbeitenGiessener Virologie bis zur Grundung des Instituts Bearbeiten Die fruhesten Arbeiten zu Virusinfektionen am Institut fur Hygiene der Fakultat fur Humanmedizin in Giessen gehen auf Georg Gaffky 1850 1918 den Mitarbeiter und spateren Nachfolger Robert Kochs zuruck Die Forschungen beschrankten sich auf Krankheitsbeschreibungen da die Viren als eigenstandiges infektioses Agens noch nicht charakterisiert waren und eine Anzucht im Labor noch nicht gelang Rudolf Otto Neumann 1868 1952 beschaftigte sich 1912 mit Tollwutinfektionen jedoch war die Erforschung der Virusinfektionen noch kein eigenstandiges Fach und blieb bis zur Entwicklung der Zellkultur und der Elektronenmikroskopie ein exotisches Teilgebiet der Hygiene und Bakteriologie Mit Unterstutzung des Hygieneinstituts der Medizinischen Fakultat grundete die seit 1914 eigenstandige Veterinarmedizinische Fakultat 1924 ein eigenes Institut fur Veterinarhygiene Bakteriologie Veterinarpolizei und Tierseuchenlehre ab 1926 Institut fur Veterinarhygiene und Tierseuchenlehre Wilhelm Zwick 1871 1941 beschaftigte sich als erster Ordinarius des neuen Lehrstuhls uberwiegend mit Viruserkrankungen u a der Rinderpest und der Borna schen Krankheit Zwick verfolgte den Plan zur Errichtung eines Kaiser Wilhelm Instituts fur Tierseuchenforschung in Giessen was jedoch durch die Gleichschaltung der Universitat ab 1933 und den Tod Zwicks nicht verwirklicht wurde Nach dem Krieg ubernahm Elmar Roots 1900 1962 das veterinarmedizinische Institut und vertiefte den Schwerpunkt Virologie noch weiter Er schaffte 1955 das erste Transmissionselektronenmikroskop nebst Ultrazentrifuge der Giessener Universitat an dies waren neben der Zellkultur die grundlegenden Apparate auf denen die virologische Forschung bis in die 1960er Jahre hinein basierte Bei Roots promovierte auch Rudolf Rott 1926 2003 der nach kurzem Aufenthalt am Max Planck Institut fur Virusforschung in Tubingen heute MPI fur Entwicklungsbiologie bei Roots habilitierte und 1964 auf den ersten Lehrstuhl fur Virologie Fakultat Veterinarmedizin in Giessen berufen wurde Durch die arbeitsteilige Fakultatsstruktur nach der virologische Themen seit 1924 an der veterinarmedizinischen Fakultat stark vertreten waren entstand am humanmedizinischen Institut fur Hygiene und Bakteriologie keine eigene Abteilung fur Virologie Dies weicht von der ublichen Entwicklung anderer virologischer Einrichtungen im deutschsprachigen Raum ab Dass die Virologie in der humanmedizinischen Fakultat nicht eigenstandig vertreten war wurde insbesondere durch den Forschungsschwerpunkt Rotts offenbar der sich zusammen mit Christoph Scholtissek und Rudolf Dernick mit Influenzaviren beschaftigte Diese Viren reprasentieren in besonderer Weise die Wechselwirkung zwischen humaner und animaler Infektion Fur einen geplanten virologischen Forschungsverbund vor Ort und dessen Ausweitung in einem geplanten Sonderforschungsbereich wurde ein eigenstandiger medizinischer Lehrstuhl benotigt der 1966 errichtet wurde und auf den am 23 Juni 1966 Hans Joachim Eggers berufen wurde Eggers hatte an der Rockefeller Universitat New York die RNA Polymerase des Poliovirus entdeckt und ihre Mutationen charakterisiert nachdem er zuvor am MPI fur Virusforschung in Tubingen promoviert hatte Die ersten Labore des neuen Instituts befanden sich hinter dem Institut fur Geflugelkrankheiten in einem ehemaligen Stallgebaude in der Gaffkystrasse Es trug wie sein Partnerinstitut der Veterinarmedizin die gleichlautende Bezeichnung Institut fur Virologie jedoch mit dem Zusatz Fachbereich Humanmedizin Um Verwechslungen vorzubeugen burgerte sich in den 1980er Jahren immer mehr die Bezeichnung Institut fur Medizinische Virologie ein SFB 47 und MZI Gebaude Bearbeiten Eggers und Rott entwarfen einen damals neuartigen Forschungsverbund der 1968 in der Errichtung des Sonderforschungsbereichs 47 Pathogenitatsmechanismen von Viren mundete Dieser fasste weitere Forschergruppen der Universitat zusammen so der Biochemie Pharmakologie Mikrobiologie und spater Pflanzenvirologie Aus dem bis 1988 aussergewohnlich lange bestehende SFB 47 ging eine Forschergruppe hervor deren Sprecher ebenfalls Rott bis zu seiner Emeritierung 1994 blieb Bei Grundung des SFB waren die Raumlichkeiten beschrankt und die Universitat begann 1968 mit der Errichtung eines damals als vorbildlich geltenden interdisziplinaren Forschungszentrums in der Frankfurterstrasse 107 das sogenannte Mehrzweckinstitut MZI Dieses Gebaude wurde auf die Bedurfnisse des SFB zugeschnitten und beherbergte nach seinem sukzessiven Bezug 1970 1972 alle relevanten Institute des Forschungsverbundes Die Bundelung dreier virologischer Institute Veterinarvirologie Humanvirologie und Pflanzenvirologie in einem einzigen Forschungsgebaude war damals europaweit einmalig Eggers nahm 1970 den aus New York kommenden Hans Dieter Klenk als Assistenten in das Institut fur Medizinische Virologie auf womit die veterinarvirologischen Arbeitsgruppen zu Influenzaviren eine humanmedizinische Erganzung fanden Ebenfalls wurde eine Forschergruppe um Gisela und Gerd Wengler eingerichtet die sich mit weiteren RNA Viren beschaftigten den Alpha und Flaviviren Erster Leiter der neu eingerichteten diagnostischen Abteilung wurde Jan Leidel der 1973 Eggers an die Universitat Koln folgte Neuer Lehrstuhlinhaber wurde 1973 Heinz Bauer der vom MPI in Tubingen kommend das damals noch junge Forschungsgebiet der Retrovirologie im Institut etablierte Hans Dieter Klenk erhielt im gleichen Jahr eine C3 Professur am Institut die er bis zu seiner Berufung an das Institut fur Virologie in Marburg 1985 behielt Heinz Bauer wurde 1987 Prasident der Justus Liebig Universitat womit eine langere Zeit der Lehrstuhl unbesetzt blieb Der 1986 auf die C3 Professur berufene und aus dem Labor von Michael Bishop und Harald Varmus in San Francisco kommende Retrovirologe Roland Friedrich ubernahm die kommissarische Leitung des Instituts Er widmete sich der Untersuchung Virus induzierter Leukamien insbesondere dem Friend leukemia virus Die Giessener Virologenschule Bearbeiten Am Institut arbeiteten von Beginn an viele Forschergruppen aus denen national und international bedeutende Virologen hervorgingen Neben Hans Dieter Klenk Direktor des Instituts fur Virologie Marburg gehoren zu diesem als Giessener Virologenschule bezeichneten Kreis auch Robert Friis Teruko Tamura Heiner Niemann Direktor des Friedrich Loeffler Institut Angelika Barnekow Professur an der Universitat Munster Helga Rubsamen Schaeff Direktorin des Georg Speyer Haus Bernhard Fleischer Direktor des Bernhard Nocht Institut fur Tropenmedizin und Masanori Hayami Direktor des Instituts fur Virusforschung Kyoto SFB 535 und Konsiliarlabor Bearbeiten Nachfolger Bauers als Direktor wurde 1991 Wolfram H Gerlich der zuvor am Gottinger Institut fur Hygiene bei Reiner Thomssen Vorstand der Abteilung Medizinische Mikrobiologie Zentrum fur Hygiene und Humangenetik der Universitat am Kreuzbergring 57 und an der Stanford University bei William S Robinson uber das Hepatitis B Virus HBV gearbeitet hatte Das Gottinger Institut was damals Nationales Referenzzentrum fur Hepatitisviren Gerlich charakterisierte unter anderem des Oberflachenprotein des HBV HBs Antigen und entdeckte erstmals die kovalente Bindung eines Proteins an ein virales Genom Mit seiner Berufung kamen sukzessive weitere Mitarbeiter aus Gottingen nach Giessen die sich mit verschiedenen Aspekten der Hepadnaviridae und des damals neu entdeckten Hepatitis C Virus beschaftigten Da zu dieser Zeit der aus dem SFB 47 hervorgegangene und von Gerd Hobom initiierte SFB 272 bestand und diesem absehbar nur eine kurze Antragsperiode beschieden war betrieb Gerlich ab 1995 die Grundung eines neuen SFB der anknupfend an die bestehenden interdisziplinaren Strukturen in Giessen auch zusatzlich virologische Forschergruppen aus Marburg einbinden sollte Dies gelang schliesslich 1997 mit dem SFB 535 Invasionsmechanismen und Replikationsstrategien von Krankheitserregern Dieser vom Institut fur Medizinische Virologie koordinierte SFB 535 bestand in der maximalen Antragsperiode bis 2009 und formte wesentlich die Infektionsforschung verschiedener Institute in Giessen 1996 wurde das Institut zum Nationalen Konsiliarlabor fur Hepatitis B und D ernannt wodurch es auf nationaler und Internationaler Ebene unter anderem mit Fragen der Standardisierung Aufklarung von Ubertragungsfallen der Effizienz von Impfpraparaten Testverfahren und Verfahren zur Virusinaktivierung und Virussicherheit bezuglich HBV und HDV beauftragt wurde Aus dieser Zeit stammen die weiterhin bestehenden engen Kooperationen mit der WHO dem Paul Ehrlich Institut und dem Robert Koch Institut Neues Forschungsgebaude Bearbeiten Mit der Emeritierung Gerlichs 2010 endeten bestimmungsgemass zunachst die Aufgaben als Konsiliarlabor und im Jahr davor die Maximallaufzeit des SFB 535 Mit der Berufung des von der Queen s University Belfast kommenden Virologen John Ziebuhr konnte der Lehrstuhl im gleichen Jahr wiederbesetzt werden Ziebuhr arbeitet zuvor in Wurzburg zur Molekularbiologie von Coronaviren und war an der Charakterisierung und Aufdeckung des SARS Coronavirus in China beteiligt Nach Beendigung des Konsiliarlabors wurden die Aufgaben eines solchen vom RKI neu definiert und aufgrund gewachsener Bedeutung der Erreger eine Hochstufung zum Referenzzentrum empfohlen und als solches ausgeschrieben Das Institut wurde nach einem neuen Auswahlverfahren 2011 vom Bundesministerium fur Bildung und Forschung zum Nationalen Referenzzentrum NRZ fur Hepatitis B und D Viren ernannt Bereits seit den 1990er Jahren wurde die Planung eines neuen Forschungsgebaudes fur die Institute des MZI vorangetrieben Nach baulichen Verzogerungen konnte im Marz 2012 das Institut in das neue Biomedizinische Forschungszentrum Seltersberg BFS umziehen da die Arbeiten im mittlerweile uber 40 Jahre alten MZI Gebaude nicht mehr den Anforderungen an virologische Arbeiten genugten Ziebuhr wurde zum ersten Sprecher des BFS gewahlt 2012 gelang ihm gemeinsam mit dem Marburger Virologen Stephan Becker die Grundung des SFB 1021 RNA viruses RNA metabolism host response and pathogenesis der die drei virologischen Institute Veterinarvirologie und Humanvirologie in Giessen Humanvirologie in Marburg erneut zu einem Forschungsverbund zusammenschliesst Im gleichen Jahr wurde das Institut fur Medizinische Virologie Teil des Deutschen Zentrums fur Infektionsforschung Quellen BearbeitenChristian G Schuttler Das Institut fur Medizinische Virologie In Volker Roelke Hg Die Medizinische Fakultat der Universitat Giessen Von der Wiedergrundung 1957 bis zur Gegenwart Frankfurt 2007 S 88 94 ISBN 978 3 7973 1063 7 Manfred Messing Virologie ein Sonderforschungsbereich der Giessener Universitat In Giessener Universitatsblatter 1973 6 Jg Heft 2 S 61 67 Rudolf Rott und Stuart Sidell One hundred years of animal virology Journal of General Virology 1998 79 S 2871 2874 Hans Dieter Klenk Rudolf Rott 1926 2003 eine Leben fur die Virusforschung Nachruf pdf 482 kB Wolfram H Gerlich Sonderforschungsbereich 535 Invasionsmechanismen und Replikationsstrategien von Krankheitserregern Giessener Universitatsblatter 2006 39 Seite 67 75 Klaus Munk Virologie in Deutschland die Entwicklung eines Fachgebietes Karger Freiburg i B 1995 ISBN 3805560044 S 74fWeblinks BearbeitenInstitutsseite Nationale Referenzzentren in Deutschland Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Institut fur Medizinische Virologie Giessen amp oldid 211162810