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Die Industrialisierung Frankreichs im 19 Jahrhundert verlief langsamer als die Grossbritanniens und Deutschlands obwohl das franzosische Kaiserreich unter Napoleon zu Beginn des 19 Jahrhunderts die fuhrende Wirtschaftsmacht Europas war Inhaltsverzeichnis 1 Stadien der Industrialisierung 1 1 Proto Industrialisierung 1 2 Fruhe Industrialisierungen 1 3 Die Take Off Phase 1 4 Konsolidierungsphase 2 Industriesektoren und Bergbau 2 1 Bergbau 2 2 Metallverarbeitende Industrie 2 3 Textilindustrie 2 4 Chemische Industrie 3 Verkehrspolitik 3 1 Strassenbau 3 2 Kanalbau 3 3 Eisenbahnbau 4 Bevolkerung 5 LiteraturStadien der Industrialisierung BearbeitenProto Industrialisierung Bearbeiten In Frankreich war durch den Merkantilismus im Ancien Regime die Proto Industrialisierung mit Verbreitung des Verlagssystems bereits weit fortgeschritten besonders in den Gegenden um Amiens und Rouen sowie in der Bretagne und der Champagne wo grosse Zentren der Leinenweberei existierten Fruhe Industrialisierungen Bearbeiten Die Erfindung und Verbreitung der Dampfmaschine und ihr Einsatz im Bergbau in der Textilindustrie bei der Eisenbahn und in der Schifffahrt Dampfschiff trieben in England in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts die industrielle Entwicklung zugig voran Industrielle Revolution Aus den eintraglichen Kolonien kamen zahlreiche Rohstoffe ins Vereinigte Konigreich In Frankreich dagegen war nach den Wirren der Franzosischen Revolution und den napoleonischen Kriegen die Risikobereitschaft die notig ist um in ein Unternehmen oder eine neue Technologie anstelle von Grundbesitz zu investieren weniger ausgepragt als anderswo Die durch die napoleonische Kontinentalblockade hervorgerufene Abschirmung des Binnenmarktes gegen Grossbritannien wurde durch die streng protektionistische Zoll und Tarifpolitik der Restaurationszeit im Wesentlichen beibehalten Diese Politik brachte allerdings nicht den gewunschten Wirtschafts und Innovationsschub mangels Konkurrenz gab es wenig Anreize zur Modernisierung des produzierenden Gewerbes und der Industrieanlagen Im Rahmen der merkantilistischen Politik entwickelte sich die Schwerindustrie und wurde konkurrenzfahig Die hohen Zolle schadeten dagegen der Leichtindustrie Uberlegene englische Technologien hielten zu Beginn des 19 Jahrhunderts durch eine Kombination von Technologietransfer und Industriespionage in Frankreich allmahlich Einzug So fuhrte der englische Mechaniker William Cockerill Senior im Jahre 1813 eine Wattsche Dampfmaschine in das franzosisch besetzte Belgien ein die als Modell fur Replikate benutzt wurde Dies geschah trotz aller britischen Versuche die technischen Neuerungen im eigenen Land zu halten In Grossbritannien war die nicht lizenzierte Ausfuhr von Maschinen verboten Exportkontrolle Frankreich welches die Dampfmaschine schon seit 1781 wenn auch nur in geringer Stuckzahl verwendete profitierte von diesem Technologietransfer Die Baumwollspinnerei nach der allgemeine n Einfuhrung der mule jennys wurde der wohl modernste Gewerbesektor des Landes Insgesamt schaffte diese fortschreitende Technisierung von Schlusselindustrien besonders der Textilindustrie die Grundlage fur eine flachendeckende Industrialisierung Die Take Off Phase Bearbeiten Die eher schleppende Entwicklung nahm im Zeitraum 1830 bis 1860 an Fahrt zu es kam zu einem rasanten Anstieg der industriellen Produktion Das Wirtschaftswachstum in Frankreich blieb jedoch weiterhin hinter dem in anderen europaischen Landern zuruck Deutschland schaffte es in dieser Zeit die Industrialisierung im ganzen Land beschleunigt fortzusetzen Es gelang jedoch nicht den Ruckstand zu Grossbritannien wesentlich zu verkleinern Zwar erhielten Maschinen und technische Neuerungen in allen Industriebereichen Einzug und es wurde vermehrt konzentriert und arbeitsteilig produziert jedoch verdrangte die moderne Industrie die alten Produktionsformen nicht in allen Bereichen vollstandig So wurde Hanf im Jahre 1850 immer noch ausschliesslich mit der Hand gesponnen und der Anteil der maschinengetriebenen Flachsspinnerei machte lediglich zehn Prozent der nationalen Flachsverarbeitung aus Durch die Februarrevolution 1848 wurden die Bourbonen endgultig gesturzt Prasident der Zweiten Republik wurde Louis Napoleon 1852 ernannte er sich zum Kaiser Napoleon III Zweites Kaiserreich 1852 70 Er trieb Prestigepolitik und erwarb weitere Kolonien in Nord und Mittelafrika Madagaskar und Indochina Nachdem Napoleon III seit seinem Staatsstreich vom 2 Dezember 1851 internationale Wirtschaftsabkommen nicht mehr durch das Parlament ratifizieren lassen musste begann Frankreich 1860 mit befreundeten Nationen und wichtigen Handelspartnern Meistbegunstigtenvertrage abzuschliessen diese wurden 1881 auch auf Deutschland ausgedehnt Insgesamt fuhrte dies zu einer vorsichtigen Offnung des franzosischen Binnenmarktes 1855 fand die erste Weltausstellung in Frankreich statt Sie wurde nach dem Vorbild der Londoner Great Exhibition von 1851 gestaltet und sollte diese wenn moglich ubertreffen Weitere Weltausstellungen ebenfalls in Paris gab es 1867 1878 1889 Eiffelturm 1900 und dann erst wieder 1937 Konsolidierungsphase Bearbeiten Von 1860 zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs festigte sich die franzosische Wirtschaft obwohl in den 1870er Jahren Frankreich nach dem Deutsch Franzosischen Krieg seine Kriegsschulden abzahlen und hohe Reparationen an das Deutsche Kaiserreich zahlen musste Napoleon III wurde 1870 nach der Schlacht von Sedan gefangen genommen Nach der Niederlage im Deutsch Franzosischen Krieg 1870 71 wurde er abgesetzt und machte der Dritten Republik Platz Daher stand noch weniger Kapital fur Investitionen zur Verfugung was auch die Abschwachung des Wirtschaftswachstums zur selben Zeit verursachte Auf der anderen Seite verringerten sich durch den Bau von Eisenbahnstrecken die Transportzeit und die Transportkosten erheblich und trugen so zu einer erhohten Produktivitat bei die Frankreich in ausgesuchten Bereichen auch international konkurrenzfahig machte Dies zeigte sich auch in der Zoll und Abgabenpolitik der Regierung die die bisher sehr restriktiven merkantilistischen Regelungen in einigen ausgesuchten Industriebereichen allmahlich abbaute wenn eine bestimmte Industrie auch mit denen in Grossbritannien und dem Deutschen Reich konkurrieren konnte Dennoch gelang es Frankreich im gesamtwirtschaftlich immens bedeutsamen Bereich der Stahlproduktion nicht den Ruckstand zu den beiden oben genannten Nationen aufzuholen obgleich sie ihren Stahlausstoss bis 1913 schneller vergrossert hatte als jedes andere europaische Land Am Vorabend des Ersten Weltkrieges war Frankreichs Industrie also weitgehend konsolidiert der des Deutschen Reiches aber zumindest in den Bereichen der Stahlindustrie und des Bergbaus weit unterlegen Industriesektoren und Bergbau BearbeitenBergbau Bearbeiten Frankreichs grossten industriellen Standortnachteil macht die Kohleknappheit aus Die franzosische Kohle war daruber hinaus zur Koksherstellung ungeeignet Das Fehlen von hochwertiger Kohle erhohte die Kosten der Eisen und Stahlproduktion enorm da diese Kohle zu hohen Preisen aus Grossbritannien und aus Deutschland importiert werden musste Die Kohleknappheit die zum einen den naturraumlichen Gegebenheiten zum Teil aber auch den Gebietsverlusten vor allem durch die Unabhangigkeit Belgiens 1830 und der Abtretung Elsass Lothringens 1871 zugeschrieben werden muss belasteten Frankreich schwer Man musste das Metallerz nun entweder in die Kohleregionen transportieren oder aber die Kohle in Regionen mit Erzforderung verbringen wo sich daraufhin wie im Loire Becken ein Grossteil der franzosischen Schwerindustrie ansiedelte Beides verursachte hohe Transportkosten Eine Besserung stellte sich erst nach und nach mit dem Aufbau des Eisenbahnnetzes ein da die mit der Eisenbahn erreichbare Transportkapazitat hoher lag als die auf der Strasse oder auf schiffbaren Kanalen Daher geht der Bau der Eisenbahn vor allem auf den Bergbau zuruck So wurde die erste Linie von Saint Etienne nach Andrezieux eingerichtet um Kohle vom Bergwerk zu den benachbarten Kanalen zu transportieren Metallverarbeitende Industrie Bearbeiten Die Metallverarbeitende Industrie ist durch den Produktionsprozess der Verhuttung sowie wegen des hierzu benotigten Erzes und der Kohle fur den Schmelzprozess mit dem Bergbau eng vernetzt Die Probleme des Bergbaus behinderten deshalb auch die metallverarbeitende Industrie die nur teilweise durch Neuerungen in der Schmelztechnik wettgemacht werden konnten Verursacht durch Frankreichs Waldreichtum einerseits und Knappheit an mineralischer Kohle andererseits wurde der Holzkohlehochofen noch sehr lange und zur Metallverhuttung eingesetzt so dass die Eisenproduktion durch Kokshochofen noch 1850 nur 50 Prozent der Gesamtproduktion ausmachte Die Etablierung von grossen Schwerindustriezentren benotigte zum Teil auch wegen der in den Waldern verstreut gelegenen Holzkohleschmelzen mehr Zeit als dies zum Beispiel im Deutschen Reich der Fall war Insgesamt war die metallverarbeitende Industrie trotz grosser Werke wie Le Creusot und Schneider zunachst nicht international konkurrenzfahig Dadurch war eine protektionistische Zollpolitik notwendig um den Binnenabsatzmarkt der heimischen Metallindustrie zu schutzen Mit einer gewachsenen und gestarkten Industrie profitierte Frankreich im Laufe der Regierungszeit Napoleons III wieder von einer Senkung der Zolle Textilindustrie Bearbeiten Die Textilindustrie machte in Frankreich zwar weniger als ein Prozent am Gesamtkapital aller wirtschaftlichen Unternehmungen aus gemessen an der grossen Zahl der Arbeitskrafte zahlte sie jedoch zu den wichtigsten Industrien Die franzosische Textilindustrie war bis 1850 grosstenteils nicht industrialisiert Lediglich die Baumwollindustrie machte in den ersten 50 Jahren des neunzehnten Jahrhunderts besonders aber nach der flachendeckenden Einfuhrung der Feinspinnmaschine signifikante Fortschritte Die Feinspinnmaschine brauchte allerdings von der Ersteinfuhrung im Jahre 1782 bis zur landesweiten Verwendung lange Zeit Diese Tragheit in der Verbreitung technischer Neuerungen beschrankte sich jedoch nicht nur auf die Textilindustrie Sie war vielmehr ein typisches Kennzeichen der franzosischen Wirtschaft die auch die Dampfmaschine schon sehr fruh verwendet hatte und den Kokshochofen bereits seit 1785 kannte Die technischen Neuerungen zur Verarbeitung der Rohbaumwolle waren schon fruh bekannt und auch die Organisation der Produktion im Fabriksystem war um 1830 weitgehend abgeschlossen Die Baumwolle verarbeitende Industrie war der Motor des Wachstums und des Entstehens anderer Industriezweige indem sie eine gewaltige Nachfrage nach Webstuhlen und Maschinen schuf und eine Vielzahl von Arbeitskraften beschaftigte In den anderen textilverarbeitenden Wirtschaftszweigen mit Ausnahme des Textildrucks setzten sich technische und organisatorische Neuerungen in der ersten Halfte des neunzehnten Jahrhunderts nur langsam durch Nach 1850 expandierten viele franzosische Textilunternehmen was die Handwerker des Textilbereiches die landlichen Weber und Spinner zwang sich mit Niedriglohnen abzufinden oder die Produktion ganzlich einzustellen Von 1880 an verlangsamte sich das Wachstum der franzosischen konsumguterorientierten Textilindustrie wieder auch wenn nun auch die Hanf Wolle Jute und Leinenverarbeitenden Industrien zunehmend technisiert wurden Begrundet werden kann diese im Gegensatz zu den anderen durchaus florierenden Industrien atypische Abschwachung des Wachstums mit der ausgepragten Binnenmarktausrichtung Frankreichs einerseits und einer Verringerung des Lebensstandards der Bevolkerung andererseits die nun nicht mehr in der Lage war ebenso viel Geld wie zuvor fur Textilprodukte auszugeben Die gleichzeitige Verlangsamung des Bevolkerungswachstums verstarkte die weniger schnell steigende Nachfrage nach Textilien weiter Die Textilindustrie profitierte auch von Fortschritten und technischen Neuerungen im chemischen Bereich Sie benotigte die von Chemiewerken produzierten Bleich Appretur und Farbemittel die die Technik des Textildrucks erst moglich machten Ein weiterer wesentlicher Durchbruch fur den Bedruck von Stoffen ergab sich aus der Entdeckung der kunstlichen vergleichsweise preisgunstigen Herstellung des Ultramarin der als blauer Farbstoff diente Bunter insbesondere blauer Stoff wurde durch diese Entdeckung preisgunstiger und so fur breitere Schichten erschwinglich Chemische Industrie Bearbeiten Nachdem schon im Kaiserreich das Verfahren der Natronherstellung aus Salz sowie die Herstellungsverfahren von Schwefelsaure und Salzsaure entdeckt und industriell nutzbar gemacht worden waren konnten diese Produkte in der Industrie angewandt werden Auch der Ertrag der Landwirtschaft konnte durch den Fortschritt auf dem Gebiet der Chemie erhoht werden So stellte die Gewinnung von Zucker aus der Zuckerrube durch den Einsatz von Knochenkohle Kalk und Kohlensaure eine Moglichkeit dar die Zuckerknappheit nach dem Verlust vieler uberseeischer Besitzungen zu mildern und spater ganzlich aufzufangen Verkehrspolitik BearbeitenDa die Transportkosten einen grossen Anteil an den Produktionskosten und der damit verbundenen internationalen Konkurrenzfahigkeit von Industrien ausmachen waren samtliche franzosische Regierungen von jeher bemuht die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern Strassenbau Bearbeiten Die strassenbauliche Infrastruktur Frankreichs war aufgrund des immer noch vorhandenen und zum Teil noch weiter ausgebauten alten romischen Verkehrswegenetzes der britischen in weiten Teilen uberlegen Viele der alten Strassen befanden sich jedoch in einem desolaten Zustand weswegen sich alle Regierungen im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert bemuhten das Strassen und Wegenetz instand zu setzen und weiter auszubauen Wahrend der Franzosischen Revolution und der Zeit des Kaiserreichs war dieses Bemuhen jedoch aufgrund der notigen Kriegsanstrengungen nicht von Erfolg gekront sodass sich das staatliche Strassennetz 1815 in einem denkbar schlechten Zustand befand Nach Investitionen in Reparatur und Ausbau wurde das allgemeine Netz mit seinen Hauptverkehrsachsen ab 1830 um kleinere Departementstrassen erweitert Nach weiteren Verbesserungen verfugte Frankreich um 1848 uber ein Gesamtstrassennetz von etwa 100 000 Kilometern Am besten ausgebaut war das Strassennetz des Nordostens mit seiner Schwerindustrie dem langen Grenzverlauf der Nahe zur Hauptstadt und den fur den Strassenbau ausgezeichneten naturraumlichen Gegebenheiten Die geringeren Transportkosten durch diese gute Infrastruktur trugen zum weiteren Wachstum und zur internationalen Konkurrenzfahigkeit der Loire Region bei Kanalbau Bearbeiten Trotz des im internationalen Vergleich hervorragenden Strassennetzes reichte dieses nicht mehr aus um den stetig anwachsenden industriellen Bedarf an Roh und Brennstoffen kosteneffizient zu transportieren Nur Wasserstrassen konnten zunachst den Bedarf der Industrie decken Gleichzeitig mit der Verbesserung der Strassen wurde daher auch der Kanalbau in Angriff genommen Etwa zwei Drittel der Kanale Frankreichs entstanden in der Zeit von 1814 bis 1848 Das insgesamt 7000 Kilometer lange Wasserstrassennetz Frankreichs war allerdings verglichen mit dem Grossbritanniens und der Deutschen Lander unzulanglich und behinderte ein Schritthalten in der industriellen Entwicklung mit diesen Wirtschaftsraumen nachhaltig Eisenbahnbau Bearbeiten 1827 wurde eine 21 km lange Pferdebahn zwischen Saint Etienne und Andrezieux im Zentralmassiv eroffnet Sie wurde bereits nach englischem Vorbild in Normalspurweite gebaut und diente als Abfuhrstrecke fur Kohlezechen 1830 kamen erstmals zwei von Marc Seguin gebaute Dampflokomotiven zum Einsatz die den Pferdebetrieb jedoch nur erganzten 1832 wurde die Linie nach Lyon verlangert und war auf diesem Abschnitt bereits zweigleisig Die erste ausschliesslich dampfbetriebene Eisenbahnstrecke Frankreichs war die 1837 eroffnete Strecke Paris Saint Germain en Laye Nachdem die erste Eisenbahn im Jahre 1823 mit koniglichem Privileg gebaut worden war sicherte sich das Parlament die alleinigen Rechte zur Erteilung diesbezuglicher Baugenehmigungen Das franzosische Streckennetz entstand meist durch Zusammenwirken des Staats mit dem Privatkapital da sich letzteres allein zum Ausbau des Netzes nicht als ausreichend erwies Die Formen der Staatsunterstutzung waren mannigfaltiger Art bare Zuschusse in Geld oder Grund und Boden bis 1884 in einer Gesamtsumme von mehr als 1 Milliarden Franc staatlicher Kauf von Anteilsscheinen sowie Zinsgarantie Zuschusse infolge eines Gesetzes vom 11 Juni 1859 fur sechs grosse Eisenbahngesellschaften denen jeweils eine Grossregion zum Aufbau eines Netzes zugewiesen wurde Mit Einschluss der Zuschusse fur die algerischen Bahnen bis 1883 erreichte der Gesamtbetrag dieser Zuschusse 700 Millionen Francs Nur zwei dieser Gesellschaften die der Nordostbahn und die der Linie Paris Lyon Marseille arbeiteten so erfolgreich dass sie die Zinsgarantie nicht in Anspruch nehmen mussten Dazu kam die Begunstigung von Fusionen lange Konzessionsdauer und milde Handhabung des staatlichen Beaufsichtigungsrechts Der Staat ubernahm auch selbst den Unterhalt fur einige nicht profitable Linien Durch diese Mechanismen vollzog sich der Aufbau eines flachendeckenden Eisenbahnnetzes letztendlich langsamer als in anderen europaischen Landern sodass Frankreich im Jahre 1850 im Bereich des Eisenbahnbaus hinter Grossbritannien und den deutschen Landern zurucklag und mit 3000 Kilometern lediglich ein halb so langes Schienennetz hatte wie die deutschen Staaten zur gleichen Zeit Die Gesamtlange des franzosischen Eisenbahnnetzes lag Anfang 1885 bei uber 30 000 km Siehe auch Geschichte der Eisenbahn in FrankreichBevolkerung BearbeitenIn Frankreich fand im Gegensatz zu Grossbritannien nur eine langsame Verstadterung statt Wahrend 1851 74 5 Prozent der Menschen auf dem Land lebten waren es 60 Jahre spater immer noch 55 8 Prozent Die Verschiebung der Bevolkerungsanteile vom Land auf die Stadt ist dabei nicht ausschliesslich auf Binnenmobilitat zuruckzufuhren sondern auf die deutlich hoheren Geburtenrate in den Stadten Die Anzahl der Menschen die tatsachlich vom Land in die Stadt zogen lag niedriger als die obigen Zahlen suggerieren Dieses Phanomen lasst sich zum Teil mit dem weiter bestehen bleibenden landlich protoindustriellen Gewerbe sowie dem Erfolg des Verlagssystems erklaren dass in Teilen Frankreichs bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein Bestand hatte Dies schutzte viele Menschen vor schneller Verelendung und gab der Bevolkerung etwa zwei Generationen Zeit sich auf die neuen Verhaltnisse in einem industrialisierten Land einzustellen Auch in Frankreich gab es Armut sie erreichte jedoch zu keinem Zeitpunkt Dimensionen wie in Teilen der Bauernschaft in Grossbritannien oder bei den Webern in Schlesien So gesehen hatte Frankreichs langsamere Industrialisierung und die somit ausbleibende echte industrielle Revolution nicht notwendigerweise negative Auswirkungen auf das Leben der Bevolkerung Auch wenn die Lohne im Laufe der Industrialisierung absanken was zum Beispiel am langsameren Wachstum der konsumguterorientierten Textilindustrie erkennbar ist blieb ein Verarmen grosser Bevolkerungsschichten aus Literatur BearbeitenFernand Braudel Ernest Labrousse Hrsg Wirtschaft und Gesellschaft in Frankreich im Zeitalter der Industrialisierung 1789 1880 2 Bande Syndikat u a Frankfurt am Main 1986 1988 ISBN 3 8108 0242 5 Bd 1 ISBN 3 610 00734 6 Bd 2 Carlo M Cipolla Hrsg Europaische Wirtschaftsgeschichte Band 4 Die Entwicklung der industriellen Gesellschaften Fischer Stuttgart u a 1977 ISBN 3 437 40032 0 John H Clapham The economic Development of France and Germany 1815 1914 4 Auflage Nachdruck Cambridge University Press Cambridge 1961 Leslie A Clarkson Proto industrialization The first Phase of Industrialization Macmillan Houndmills u a 1985 ISBN 0 333 34392 1 Yves Cohen Klaus Manfrass Hrsg Frankreich und Deutschland Forschung Technologie und industrielle Entwicklung im 19 und 20 Jahrhundert Internationales Kolloquium veranstaltet vom Deutschen Historischen Institut Paris in Verbindung mit dem Deutschen Museum Munchen und der Cite des Sciences et de l Industrie Paris Munchen 12 15 Oktober 1987 Beck Munchen 1990 ISBN 3 406 35092 5 Wolfram Fischer Hrsg Europaische Wirtschafts und Sozialgeschichte von der Mitte des 19 Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg Handbuch der europaischen Wirtschafts und Sozialgeschichte 5 Klett Cotta Stuttgart 1985 ISBN 3 12 904770 0 Douglas Fisher The industrial Revolution A macroeconomic Interpretation St Martin s Press New York NY 1992 ISBN 0 312 07989 3 Helmut Grosskreutz Privatkapital und Kanalbau in Frankreich 1814 1848 Eine Fallstudie zur Rolle der Banken in der franzosischen Industrialisierung Schriften zur Wirtschafts und Sozialgeschichte 28 Duncker amp Humblot Berlin 1977 ISBN 3 428 03852 5 Zugleich Berlin Freie Universitat Dissertation 1974 John R Harris Industrial Espionage and Technology Transfer Britain and France in the Eighteenth Century Ashgate Aldershot u a 1998 ISBN 0 85967 827 X Jonathan Hughes Industrialization and economic History Theses and Conjectures McGraw Hill New York NY 1970 Tom Kemp Industrialization in Nineteenth Century Europe Longman London u a 1969 ISBN 0 582 48025 6 Ilja Mieck Hrsg Europaische Wirtschafts und Sozialgeschichte von der Mitte des 17 Jahrhunderts bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts Handbuch der europaischen Wirtschafts und Sozialgeschichte 4 Klett Cotta Stuttgart 1993 ISBN 3 12 904760 3 Toni Pierenkemper Umstrittene Revolutionen Industrialisierung im 19 Jahrhundert Fischer Taschenbucher 60147 Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 596 60147 9 Sidney Pollard Peaceful Conquest The Industrialization of Europe 1760 1970 Oxford University Press Oxford u a 1981 ISBN 0 19 877093 6 Sidney Pollard Hrsg Region und Industrialisierung Studien zur Rolle 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