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23 02011 32 63766 Koordinaten 23 1 12 4 N 32 38 15 6 OIkhmindi Ikhmindi auch Iḫmindi war eine im 6 Jahrhundert n Chr gegrundete befestigte Stadt am Nil im heutigen Suden Agyptens Bis zur Uberflutung durch den Nassersee in den 1960er Jahren zahlte der Ort zu den am besten erhaltenen fruhchristlichen Siedlungen in Unternubien Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Stadtbild 3 1 Zentralkirche 3 2 Sudkirche 4 Bauinschrift von Ikhmindi 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLage BearbeitenIkhmindi lag nordlich des antiken Siedlungsgebietes von Sayala am linken westlichen Ufer des Nil etwa 120 Kilometer Luftlinie sudlich von Assuan und knapp 40 Kilometer sudlich von Sabagura einer Festungsstadt vergleichbarer Grosse Wenige Kilometer flussabwarts mundete das Wadi Allaqi von Osten in das Niltal Hier zweigte eine alte Karawanenroute Richtung Rotes Meer ab die Stadt selbst lag nicht an einer Karawanenstrasse In ptolemaischer Zeit verlief die Grenze zwischen Agypten und Nubien ungefahr bei Ikhmindi Nachdem der romische Prafekt Petronius 23 v Chr das weiter sudlich gelegene befestigte Qasr Ibrim eingenommen und fur zwei Jahre eine Garnison stationiert hatte zogen sich die Romer auf die alte Grenze zuruck und hielten al Maharaqqa wenige Kilometer nordlich von Ikhmindi als Grenzort der Provinz Aegyptus 1 Forschungsgeschichte BearbeitenDie ersten Skizzen fertigte 1900 Ludwig Borchardt an E Somers Clarke veroffentlichte 1912 seine archaologischen Untersuchungen 1928 bis 1934 veranlasste die agyptische Altertumsbehorde Ausgrabungen in Unternubien die vom italienischen Aussenministerium unterstutzt wurden Der Leiter fur die Arbeiten war Ugo Monneret de Villard Die umfanglichsten Grabungen fuhrte 1958 59 ein von Sergio Donadoni und Arturo Stenico geleitetes Team der Universitat Mailand durch Sie fertigten einen detaillierten Gesamtplan der Siedlung an Dies geschah unter der Tragerschaft der Egypt Exploration Society im Rahmen der UNESCO Rettungsaktion kurz vor der Uberflutung durch den Nassersee Friedrich Wilhelm Deichmann und Peter Grossmann vom Deutschen Archaologischen Institut besuchten den Ort Anfang 1964 auf einer kurzen Reise 2 Stadtbild BearbeitenDie Grundung der Siedlung kann auf die zweite Halfte des 6 Jahrhunderts eingegrenzt werden da sie in einer griechischen Grundungsinschrift aus dieser Zeit erwahnt wird Von der nahezu quadratischen ummauerten Stadtanlage waren Anfang der 1960er Jahre noch grosse Teile der etwa 120 120 Meter messenden Festungsmauer und die Ruinen zahlreicher Wohngebaude erhalten Zweck der Befestigungsanlage laut der Inschrift sei Menschen und Tieren Schutz zu bieten 3 Damit ist die hauptsachliche Funktion genannt die auch die Befestigungen von Sabagura Kalabscha und Sheik Daud gehabt haben durften Es ging fur die ortliche Bevolkerung um die Abwehr von Uberfallen durch Nomaden und nicht um die Sicherung einer Handelsroute Nur die Stadtmauer von Faras stammte aus kuschitischer Zeit die anderen Orte wurden dagegen ebenfalls im Lauf des 6 Jahrhunderts ausgebaut und befestigt Auf eine ubergeordnete staatliche Organisation der Stadte wie sie im Byzantinischen Reich bestand kann daraus jedoch nicht geschlossen werden Der Ort lag gunstig auf einem niedrigen zum Nil steil abfallenden Hugel der zwischen dem Nil und einem toten Seitenarm eine nach Suden vorgeschobene schmale Halbinsel bildete so dass es nur von Norden einen Zugang gab Der ostliche Teil der Stadtmauer und ein dahinter liegender 20 bis 30 Meter breiter Streifen der Siedlung waren durch einen Erdrutsch abgesturzt Es gilt als gesichert dass wie an den ubrigen Seiten auch an der Ostseite die Stadtmauer durch quadratische Eckturme gesichert war Im Norden und Suden befanden sich Torvorbauten deren Eingange Richtung Osten wiesen Wie in Sabagura fuhrte der Weg im rechten Winkel in die Stadt wie dort war in Ikhmindi die Aussenseite der Mauer leicht geboscht Die zusatzlichen Versteifungen durch Strebemauern fehlten jedoch Die gesamte Mauer bestand aus Bruchsteinen lediglich um auf der Mauerkrone einen ebenen Wehrgang herzustellen wurden Lehmziegel verwendet Der Wehrgang war durch eine 75 Zentimeter dicke Brustung geschutzt An der Westmauer dienten zwei an der Nord und Sudmauer jeweils ein Turmvorbau zusatzlich zu den Torbauten der Verteidigung Ihre Entfernung zwischen 30 und 40 Meter entsprach der Weite eines Pfeilschusses 4 Sofern die Lage der Strassen im Innern bestimmt werden konnte ergab sich zwischen der dichten Bebauung ein nicht sehr regelmassig durchgehaltenes in seinen Grundzugen geplantes Strassengitter Typisch fur nubische Siedlungen war eine Ringstrasse parallel zur Umfassungsmauer Die gerade nord sudlich verlaufende Hauptstrasse war in ihrem mittleren Bereich durch die Zentralkirche unterbrochen die wohl vor der Planung der Strassen errichtet worden war und nun das Stadtzentrum bildete Weitere Strassen erschlossen unterschiedlich grosse Stadtbezirke insulae Die Anordnung der Hauser spricht fur ein spateres ungeplantes allmahliches Zusammenwachsen Die Strassen waren alle schmal und ungepflastert Offensichtlich nach Fertigstellung der Hauser wurde an einigen Stellen der enge Strassenraum dazwischen durch ein nubisches Tonnengewolbe abgedeckt Die Auflager fur die Gewolbe fehlten an vielen Hauswanden und mussten durch nachtraglich vorgesetzte Mauern hergestellt werden Eine solche Uberdachung gab es an anderen Orten nicht Ihre Anbringung geschah wohl uberwiegend auf Veranlassung der jeweiligen Hausbewohner was manche Unregelmassigkeiten bei der Ausfuhrung erklaren wurde 5 Die aneinander gebauten Wohnhauser bestanden aus zwei bis drei kleinen langrechteckigen Raumen Sie waren in der Sockelzone meist aus Bruchsteinen und in den obere Wandteilen und Gewolbedecken aus Lehmziegeln gemauert Manche Hauser liessen zwei Bauphasen erkennen Die altesten Gebaude verfugten uber so geringe Wandstarken dass sie nur mit einem Flachdach aus Palmstammen gedeckt gewesen sein konnten Um bei einem spateren Umbau ein Gewolbe aufsetzen zu konnen musste erst durch Verstarkung der Wande ein Auflager geschaffen werden Bei einigen Gebauden fuhrten gerade oder zweilaufige Treppen zu einem in manchen Fallen erst nachtraglich aufgesetzten Obergeschoss Abgesehen von wenigen Fischerhutten am Nilufer lagen alle Wohngebaude innerhalb der Stadtmauern 6 Zentralkirche Bearbeiten Die von den Italienern 1958 59 vollstandig freigelegte Zentralkirche lag auf einer etwas erhohten Felsplatte an der Hauptachse zwischen den beiden Stadttoren Die innerhalb eines etwa 14 10 Meter grossen Rechtecks gelegene Apsis wurde mehrmals umgebaut Beim altesten Bau aus Lehmziegeln schob sich die zentrale Apsis als stumpfwinkliges Rechteck uber die Ostwand hinaus Spater wurden im Zuge eines vollstandigen Neubaus der Aussenwande aus Sandstein die beiden Seitenraume bis zu einer geraden Ostwand hinaus verlangert und die Apsis erhielt an der Innenseite eine halbrunde Wandschale Die beiden Eingange befanden sich typischerweise im westlichen Bereich der Nord und Sudseite gegenuber An der Westwand war vom Kirchenschiff Naos in jeder Ecke ein etwa quadratischer Nebenraum abgeteilt im sudlichen Raum lag der Aufgang zum Obergeschoss Von diesen Einbauten sowie von mutmasslich vorhandenen Mittelpfeilern fand bereits Ugo Monneret de Villard Anfang der 1930er Jahre keine Reste mehr Im Unterschied zu anderen nubischen Kirchen wie der hiesigen Sudkirche und derjenigen von Sabagura fehlte ein Verbindungsgang zwischen den Nebenraumen hinter der Apsis Die erste Phase wird in die Grundungszeit des Ortes und die beginnende Christianisierung also in das 6 Jahrhundert datiert Auf den Durchgang hinter der Apsis wurde allgemein erst ab der Mitte des 8 Jahrhunderts verzichtet Die letzte Phase war der Einbau des Apsisrundes 7 Sudkirche Bearbeiten Die Reste der dreischiffigen Sudkirche wurden im Suden ausserhalb der ummauerten Stadt freigelegt Der rechteckige Grundriss von etwa 12 5 9 5 Meter folgte der ublichen nubischen Einteilung mit Eingangen im westlichen Bereich der beiden Langsseiten zwei Nebenraumen an der Westwand davon der sudliche als Treppenraum und vier rechteckigen Pfeilern in der Mitte des querrechteckigen Kirchenschiffs Die ostlichen Nebenraume waren durch einen Gang hinter der halbrunden Apsis miteinander verbunden Entsprechend der Apsisbreite ergab sich gegenuber den Seitenschiffen ein etwas breiteres Mittelschiff Die Apsisrundwand war bis zum Ansatz der Wolbung erhalten Teile einer niederen den Chorraum abgrenzenden Mauer ḥiǧab waren ebenfalls erhalten Die Aussenwande bestanden bis zu Hohen von 1 5 Meter aus Sandstein oberhalb aus Lehmziegeln Apsis und Innenwande waren ganz aus Lehmziegel Die Frage der Datierung wird unterschiedlich beantwortet Arturo Stenico gibt die zweite Halfte des 6 Jahrhunderts an William Y Adams 1965 vermutet eine Bauzeit zwischen dem 7 und 9 Jahrhundert und Peter Grossmann halt aufgrund einer Zentralkuppel uber den Mittelpfeilern das 9 Jahrhundert fur wahrscheinlich Als Uberdeckung der Seitenschiffe werden Tonnengewolbe angenommen 8 Bauinschrift von Ikhmindi Bearbeiten1958 wurde in der Sudkirche eine undatierte griechische Grundungsinschrift gefunden in der neben dem Konig Basileus Tokiltoeton und mehreren Wurdentragern ein Exarch Militarfuhrer Gouverneur Joseph von Talmis Kalabscha genannt wird Dieser wird auch zusammen mit dem Bischof Theodoros von Philae in der von Konig Eiparnome entweder 559 oder 574 in Auftrag gegebenen Inschrift erwahnt die anlasslich der Umwidmung des Tempels von Dendur in eine Kirche dort aufgestellt wurde Die schriftliche Ankundigung markiert den Beginn der breiten Christianisierung Unternubiens und fallt in die Zeit der unter dem ostromischen Kaiser Justin II reg 565 578 durchgefuhrten ersten christlichen Mission nach Nubien 9 Bischof Theodoros von Philae war massgeblich fur die Christianisierung Nubiens verantwortlich Gemass einer weiteren Inschrift aus Philae die von ihm beauftragt wurde und 577 datiert ist lebte er noch in diesem Jahr Um diese Zeit muss folglich auch die Inschrift von Ikhmindi angefertigt worden sein In die Sudkirche war sie sicherlich in einer spateren Zeit verbracht worden Ursprunglich durfte sie am Sudtor angebracht gewesen sein Es wird ein Bauwerk beschrieben das unter Basileus Tokiltoeton und dem Exarchen gegrundet wurde Damit ist die Umfassungsmauer von Ikhmindi auf die zweite Halfte des 6 Jahrhunderts datiert Aus der Interpretation der zahlreichen byzantinischen Ehrentitel die der Herrscher sich anhangen liess und mit denen sich auch andere nubische Wurdentrager schmuckten ergibt sich ein starker byzantinischer Einfluss auf die Kultur Ein politischer Einfluss aus Konstantinopel auf die Verwaltung muss damit nicht zusammenhangen die Titelvergabe scheint eher eine Ubernahme der agyptischen Burokratie gewesen zu sein 10 Literatur BearbeitenFriedrich Wilhelm Deichmann Peter Grossmann Nubische Forschungen Reihe Archaologische Forschungen Bd 17 Deutsches Archaologisches Institut Gebr Mann Berlin 1988 ISBN 3 7861 1512 5 Arturo Stenico Ikhmindi una citta fortificata medievale della bassa Nubia In Annali della Facolta di Lettere e Filosofia dell Universita degli Studi di Milano ACME Bd 13 1 1960 S 31 76 Weblinks BearbeitenDerek A Welsby Settlement in Nubia in the Medieval Period MS Word 207 kB A Common Trust The Preservation of the Ancient Monuments of Nubia UNESCO 1960Einzelnachweise Bearbeiten John Whitehorne The Pagan Cults of Roman Oxyrhynchus In Wolfgang Haase Hildegard Temporini Hrsg Aufstieg und Niedergang der romischen Welt De Gruyter Berlin New York Bd 1 T 2 1995 S 3057 Deichmann Grossmann S 14 f Deichmann Grossmann S 67 f Deichmann Grossmann S 68 f Plan Abb 32 Deichmann Grossmann S 71 f Deichmann Grossmann S 73 81 Deichmann Grossmann S 14 20 Deichmann Grossmann S 20 22 John Donelly Fage u a Hrsg The Cambridge History of Africa Cambridge University Press Cambridge 1979 Bd 2 S 560 Deichmann Grossmann S 81 88 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ikhmindi amp oldid 186402871