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Horoi altgriechisch Ὅroi Horoi lateinisch Definitiones Definitionen ist der Titel einer antiken Sammlung von Definitionen die dem Philosophen Platon zugeschrieben wurde aber sicher nicht von ihm stammt Daher werden die Horoi auch die pseudoplatonischen Definitionen genannt Die Unechtheit wurde schon in der Antike erkannt Der Anfang der Horoi in der altesten erhaltenen Handschrift Paris Bibliotheque Nationale Gr 1807 9 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Verfasser und Entstehungszeit 3 Rezeption 4 Ausgaben und Ubersetzungen 5 Literatur 6 AnmerkungenInhalt BearbeitenDie Horoi sind eine Sammlung von 184 aneinandergereihten Stichwortern die definiert werden Es handelt sich um philosophisch relevante Begriffe zu denen jeweils eine oder mehrere Definitionen angegeben sind Bei der Reihenfolge ist ein Ordnungsprinzip nur ansatzweise erkennbar Den Anfang Definitionen 1 20 bilden hauptsachlich Begriffe aus der Naturphilosophie den anschliessenden Teil Definitionen 21 107 vorwiegend Begriffe der Ethik wie Affekte und Tugenden sowie der politischen Philosophie ferner auch logisch grammatische und erkenntnistheoretische Terminologie Auf den bis 107 reichenden Hauptteil folgt ein Anhang mit gemischten Begriffsbestimmungen Definitionen 108 184 der wohl wie aus Uberschneidungen mit dem Hauptteil zu erschliessen ist nachtraglich angefugt wurde Metaphysisches kommt nur am Rande vor Vermutlich hat die Sammlung im Lauf der Jahrhunderte Veranderungen erfahren Dafur spricht der Umstand dass die Anzahl der Definitionen in der handschriftlichen Uberlieferung des Textes schwankt 1 Methodisch hangen die Horoi mit dem platonischen Verfahren der Begriffseinteilung Dihairesis zusammen das auf dem Voranschreiten vom Allgemeineren zum Spezielleren von oben nach unten beruht Dabei definiert man indem man Oberbegriffe die Gattungen bezeichnen so lange durch die Angabe spezifischer Merkmale naher bestimmt bis die gesuchte Definition gefunden ist Diese besteht aus der Angabe der untersten speziellsten einschlagigen Gattung und des artbildenden Unterscheidungsmerkmals In diesem Sinne ist in den Horoi die Definition definiert als Aussage die aus Unterschied und Gattung zusammengesetzt ist 2 Gemass dem dihairetischen Prinzip nennen manche Definitionen in den Horoi die unterste Gattung und den artbildenden Unterschied etwa die Bestimmung des Menschen als zweifussiges Lebewesen ohne Flugel 3 Hier ist zweifussiges Lebewesen die unterste Gattung und ohne Flugel das Unterscheidungsmerkmal des Menschen gegenuber den Vogeln der artbildende Unterschied Andere Definitionen bestehen aber nur aus Aufzahlungen von Merkmalen oder es werden nur triviale Worterklarungen geboten Fur manche Begriffe sind unterschiedliche Definitionen angegeben beispielsweise wird der Mensch zusatzlich als einziges Vernunftwesen charakterisiert Verfasser und Entstehungszeit BearbeitenIn der Forschung besteht Konsens dass die Definitionensammlung nicht von Platon angelegt wurde wenngleich die einzelnen Angaben auf seiner Lehre basieren und manche Begriffsbestimmungen auf seinen Unterricht zuruckgehen konnen Als sicher gilt dass die Horoi im Umkreis der von Platon gegrundeten Philosophenschule der Platonischen Akademie entstanden sind Wahrscheinlich fallt die Zusammenstellung der Sammlung in die Epoche der Alteren Akademie und zwar in den Zeitraum nach Platons Tod also in die zweite Halfte des 4 oder in das erste Drittel des 3 Jahrhunderts v Chr Vermutlich stellt die erhaltene Sammlung eine Auswahl aus einem grosseren Bestand an Definitionen dar der damals in der Akademie vorhanden war und auch die Grundlage der heute verlorenen Definitionensammlung von Platons Schuler Speusippos bildete 4 Die Hypothese dass die vorliegende Sammlung diejenige des Speusippos ist wird heute nicht mehr vertreten 5 Ob die erhaltene Sammlung eine Kompilation aus alteren Sammlungen ist ist in der Forschung umstritten 6 nbsp Marsilio Ficinos Ubersetzung der Horoi Autograph Paris Bibliotheque Nationale Suppl gr 212 fol 194r nbsp Der Anfang der Horoi in der Erstausgabe Venedig 1513Rezeption BearbeitenDie Existenz der Horoi ist erst in der Romischen Kaiserzeit bezeugt Als Autor wurde in der Antike vereinzelt Platon genannt 7 doch die vorherrschende Meinung war dass die Definitionensammlung nicht von ihm stammt In die Tetralogienordnung seiner Werke wurde sie nicht aufgenommen In den anonym uberlieferten spatantiken Prolegomena zur Philosophie Platons wird Speusippos als der Verfasser bezeichnet 8 Die handschriftliche Uberlieferung des griechischen Textes setzt im 9 Jahrhundert ein 9 In der lateinischsprachigen Gelehrtenwelt des Mittelalters waren die Horoi unbekannt sie wurden erst im Zeitalter des Renaissance Humanismus wiederentdeckt Im 15 Jahrhundert ausserte der Humanist Marsilio Ficino die Ansicht der Verfasser sei Speusippos 10 Ficino ubersetzte die Horoi ins Lateinische Er brachte seine Ubersetzung 1497 in Venedig bei Aldo Manuzio heraus wobei er die Zuschreibung an Speusippos in der Uberschrift festhielt 11 Die Erstausgabe des griechischen Textes erschien im September 1513 in Venedig bei Aldo Manuzio im Rahmen der von Markos Musuros herausgegebenen Gesamtausgabe der Werke Platons Auf dieser Ausgabe basiert die lateinische Ubersetzung die der Humanist Willibald Pirckheimer anfertigte und 1523 in Nurnberg bei seinem Drucker Friedrich Peypus veroffentlichte 12 In der modernen Forschung wird der philosophische Wert der Horoi gering veranschlagt vor dem Hintergrund der Definitionsbemuhungen Platons und des Aristoteles erscheinen diese Begriffsbestimmungen als durftiges Resultat philosophischer Arbeit Von einiger Bedeutung ist die Definitionensammlung aber als Quelle fur die Geschichte des antiken Platonismus 13 Ausgaben und Ubersetzungen BearbeitenJoseph Souilhe Hrsg Platon Œuvres completes Bd 13 Teil 3 Dialogues apocryphes 2 Auflage Les Belles Lettres Paris 1962 S 151 173 kritische Ausgabe mit franzosischer Ubersetzung Franz Susemihl Ubersetzer Definitionen In Erich Loewenthal Hrsg Platon Samtliche Werke in drei Banden Bd 3 unveranderter Nachdruck der 8 durchgesehenen Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2004 ISBN 3 534 17918 8 S 787 798 nur Ubersetzung Hans Gunter Zekl Ubersetzer Pseudo Platon Begriffsbestimmungen In Hans Gunter Zekl Hrsg Aristoteles Organon Band 2 Felix Meiner Hamburg 1998 ISBN 3 7873 1313 3 S LXIV LXXII 233 245 nur Ubersetzung Literatur BearbeitenHeinz Gerd Ingenkamp Untersuchungen zu den pseudoplatonischen Definitionen Harrassowitz Wiesbaden 1967 Hans Kramer Die Altere Akademie In Hellmut Flashar Hrsg Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike Band 3 Altere Akademie Aristoteles Peripatos 2 Auflage Schwabe Basel 2004 ISBN 3 7965 1998 9 S 1 165 hier 96 109f 158 Anmerkungen Bearbeiten Luc Brisson Platon Dialogues douteux et apocryphes In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Bd 5 Teil 1 Paris 2012 S 833 841 hier 839 Joseph Souilhe Hrsg Platon Œuvres completes Bd 13 Teil 3 2 Auflage Paris 1962 S 157f Horoi 414d Horoi 415a Hans Kramer Die Altere Akademie In Hellmut Flashar Hrsg Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike Band 3 2 Auflage Basel 2004 S 1 165 hier 96 Hans Gunter Zekl Hrsg Aristoteles Organon Band 2 Hamburg 1998 S LXIX Fur Spatdatierung pladiert Joseph Souilhe Hrsg Platon Œuvres completes Bd 13 Teil 3 2 Auflage Paris 1962 S 157f vgl Margherita Isnardi Nomos e basileia nell Accademia antica In La Parola del Passato 12 1957 S 401 438 hier S 429 und Anm 2 Heinz Gerd Ingenkamp Untersuchungen zu den pseudoplatonischen Definitionen Wiesbaden 1967 S 106 110 Leonardo Taran Speusippus of Athens Leiden 1981 S 197 Die Kompilationshypothese befurwortet Heinz Gerd Ingenkamp Untersuchungen zu den pseudoplatonischen Definitionen Wiesbaden 1967 S 110 112 Die Gegenposition vertritt Konrad Gaiser in seiner Rezension von Ingenkamps Arbeit in Gymnasium 76 1969 S 543 546 hier 544f Heinz Gerd Ingenkamp Untersuchungen zu den pseudoplatonischen Definitionen Wiesbaden 1967 S 112f Prolegomena zur Philosophie Platons 26 hrsg von Leendert G Westerink Prolegomenes a la philosophie de Platon Paris 1990 S 38f Joseph Souilhe Hrsg Platon Œuvres completes Bd 13 Teil 3 2 Auflage Paris 1962 S 158f Zu Ficinos Hypothese siehe Antonio Carlini Alcune considerazioni sulla tradizione testuale degli scritti pseudoplatonici In Klaus Doring u a Hrsg Pseudoplatonica Stuttgart 2005 S 25 35 hier 31f James Hankins Plato in the Italian Renaissance 3 Auflage Leiden 1994 S 307 James Hankins Plato in the Italian Renaissance 3 Auflage Leiden 1994 S 742f Zu Pirckheimers Ubersetzung siehe Niklas Holzberg Willibald Pirckheimer Munchen 1981 S 301 311 Hans Gunter Zekl Hrsg Aristoteles Organon Band 2 Hamburg 1998 S LXIV LXX LXXII Normdaten Werk GND 4477392 4 lobid OGND AKS LCCN no2004102195 VIAF 175244211 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Horoi amp oldid 215833156