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Der Begriff Homochiralitat wird verwendet um eine Gruppe von Molekulen zu beschreiben die den gleichen Chiralitatssinn besitzen Das heisst dass ahnliche Substituenten auf die gleiche Weise um ein zentrales Atom das Chiralitatszentrum angeordnet sind Homochiralitat wird vor allem in lebenden Organismen beobachtet So haben beispielsweise alle naturlich vorkommenden Aminosauren die L Form Ebenso besitzen die meisten biologisch relevanten Zucker die D Form Die dazu spiegelbildlichen Enantiomere dieser Molekule sind ublicherweise biologisch inaktiv und zum Teil sogar toxisch fur Organismen Der Ursprung dieses Phanomens ist nicht vollstandig geklart Eine Theorie besagt dass Homochiralitat die Entropiebarriere bei der Ausbildung grosser organisierter Molekule verringert Es wurde experimentell nachgewiesen dass Aminosauren grosse Aggregate in grosserer Ausbeute bilden wenn sie enantiomerenrein und nicht als Racemat vorliegen 1 2 Homochiralitat soll sich in drei Schritten entwickeln Durch den Bruch der Spiegelsymmetrie entsteht ein winziges enantiomeres Ungleichgewicht dies ist der Schlussel zur Homochiralitat Die Chirale Amplifizierung fuhrt zu einer enantiomeren Anreicherung Chiralitatsubertragung erlaubt die Ubertragung der Chiralitat von einer Molekulgruppe auf eine andere Inhaltsverzeichnis 1 Bruch der Spiegelsymmetrie 2 Chirale Amplifizierung 3 Chiralitatsubertragung 4 Racematspaltung bei racemischen Aminosauren 5 Geschichte 6 Siehe auch 7 Einzelnachweise 8 WeblinksBruch der Spiegelsymmetrie BearbeitenDie am schwierigsten zu beantwortende Frage ist wie ein enantiomeres Ungleichgewicht ursprunglich erzeugt wird Einige Wissenschaftler unterstutzen die Theorie einer extraterrestrischen Herkunft was auf der Entdeckung eines Enantiomerenuberschusses in verschiedenen insbesondere alpha methylierten Aminosauren im Murchison Meteorit basiert Es gibt Beweise fur die Existenz zirkular polarisierten Lichts im Weltraum welches vermutlich durch Mie Streuung an ausgerichteten interstellaren Staubpartikeln entstanden ist Die Wechselwirkung dieses zirkular polarisierten Lichtes mit racemischen organischen Verbindungen konnte die Bildung eines kleinen Enantiomerenuberschusses ausgelost haben Unter simulierten Weltraumbedingungen gelang es mithilfe von zirkular polarisierter Synchrotronstrahlung einen Enantiomerenuberschuss von 2 6 in die Aminosaure Leucin zu induzieren 3 Eine klassische Studie beinhaltet ein Laborexperiment 4 Wenn Natriumchlorat aus Wasser auskristallisiert und die gewonnenen Kristalle in einem Polarimeter untersucht werden stellt man fest dass jeder Kristall chiral ist und ausschliesslich aus der L bzw D Form besteht In einem normalen Experiment sind die jeweiligen Mengen an L und D Kristallen gleich wenn statistische Effekte korrigiert werden Wenn die Natriumchloratlosung jedoch wahrend des Kristallisationsprozesses geruhrt wird erhalt man ausschliesslich L oder D Kristalle Bei 32 Kristallisationsexperimenten ergaben 14 Experimente D Kristalle und die restlichen 18 Experimente L Kristalle Es gibt keine eindeutige Erklarung fur diesen Bruch der Symmetrie aber man nimmt an dass es mit der Autokatalyse zusammenhangt die beim Keimbildungsprozess stattfindet Chirale Amplifizierung BearbeitenIn Laborexperimenten konnte demonstriert werden wie in bestimmten autokatalytischen Reaktionssystemen die Prasenz von kleinen Mengen des Reaktionsprodukts mit Enantiomerenuberschuss am Reaktionsbeginn zu einem viel grosseren Enantiomerenuberschuss am Ende der Reaktion fuhren kann In einer wegweisenden Studie 5 wurde Pyrimidin 5 carbaldehyd Abb 1 mit Diisopropylzink zum entsprechenden Pyrimidyl Alkohol alkyliert Das anfangliche Reaktionsprodukt ist auch ein effizienter Katalysator somit ist die Reaktion autokatalytisch Die Anwesenheit von nur 0 2 Aquivalenten des S Enantiomers des gebildeten Alkohols am Beginn der Reaktion ist ausreichend um den Enantiomerenuberschuss auf 93 zu erhohen nbsp Abb 1 Autokatalyse nach SoaiEine andere Studie 6 betrifft die Prolin katalysierte Aminoxylierung von Propanal mit Nitrosobenzol Abb 2 In diesem System fuhrt die Anwesenheit eines enantiomer angereicherten Katalysators ebenfalls zu einem der beiden moglichen optischen Isomere nbsp Abb 2 Autokatalyse nach BlackmondSerin Octamer Cluster 7 8 sind ein weiteres Beispiel Diese Cluster die aus acht Serin Molekulen bestehen zeigen in der Massenspektrometrie eine ungewohnliche homochirale Praferenz es gibt jedoch keinen Beweis dass solche Cluster unter nicht ionisierenden Bedingungen existieren Zudem ist das Verhalten der Aminosauren an Phasengrenzen prabiotisch weitaus relevanter 9 Die Beobachtung dass die partielle Sublimation einer um 10 enantiomer angereicherten Probe von Leucin zu einer Anreicherung von bis zu 82 im Sublimat fuhrt zeigt dass eine Enantiomerenanreicherung bei Aminosauren auch im Weltraum erfolgen konnte 10 Partielle Sublimationsprozesse konnen auf der Oberflache von Meteoren stattfinden wo grosse Temperaturvariationen vorkommen Diese Entdeckung konnte Konsequenzen fur die Entwicklung des Mars Organics Detectors haben dessen Start fur 2013 geplant ist Diese Sonde soll kleine Mengen Aminosauren mittels einer Sublimationstechnik von der Marsoberflache gewinnen Eine hohe Amplifizierung des Enantiomerenuberschusses von Zuckern wird auch bei der Aminosauren katalysierten asymmetrischen Bildung von Kohlenwasserstoffen beobachtet 11 Chiralitatsubertragung BearbeitenViele Strategien der stereoselektiven Synthese basieren auf Chiralitatsubertragung Besonders wichtig ist die sogenannte Organokatalyse organischer Reaktionen durch Prolin zum Beispiel bei Mannich Reaktionen Racematspaltung bei racemischen Aminosauren BearbeitenEs existiert keine Theorie die die Korrelation zwischen L Aminosauren aufklart Vergleicht man beispielsweise Alanin das eine kleine Methylgruppe tragt und Phenylalanin das eine grosse Benzylgruppe besitzt stellt sich die einfache Frage in welchem Aspekt L Alanin dem L Phenylalanin mehr ahnelt als dem D Phenylalanin und welche Art von Mechanismus die Selektion aller L Aminosauren bewirkt Es ware genauso moglich dass naturliches Alanin eine L Konfiguration besitzt naturliches Phenylalanin hingegen eine D Konfiguration Im Jahr 2004 wurde berichtet 12 dass ein Uberschuss von racemischem Asparagin DL Asparagin das wahrend der Umkristallisation spontan Kristalle der reinen Isomere bildet die Racematspaltung einer ebenfalls in Losung befindlichen racemischen Aminosaure wie zum Beispiel Arginin Arg Asparaginsaure Asp Glutamin Gln Histidin His Leucin Leu Methionin Met Phenylalanin Phe Serin Ser Valin Val Tyrosin Tyr und Tryptophan Trp induziert Der Enantiomerenuberschuss dieser zweiten Aminosauren korreliert fast linear mit dem entsprechenden Wert der induzierenden Aminosaure also Asparagin Bei der Umkristallisation einer Mischung von 12 DL Aminosauren Ala Asp Arg Glu Gln His Leu Met Ser Val Phe und Tyr und einem Uberschuss DL Asn wurde festgestellt dass alle Aminosauren mit der gleichen Konfiguration wie Asn bevorzugt mit auskristallisierten 12 Es hing vom Zufall ab ob die Anreicherung mit dem L oder D Asparagin erfolgte Sobald jedoch die Auswahl getroffen war wurde die koexistierende Aminosaure mit der gleichen Konfiguration am a Kohlenstoffatom bevorzugt mit einbezogen was sich mit der thermodynamischen Stabilitat der gebildeten Kristallstrukturen erklaren lasst Der hochste berichtete Enantiomerenuberschuss lag bei 100 Basierend auf diesen Resultaten wird angenommen dass aus einer Mischung racemischer Aminosauren eine spontane und effektive Racematspaltung erfolgen kann selbst wenn die asymmetrische Synthese einer einzelnen Aminosaure ohne die Hilfe eines optisch aktiven Molekuls nicht stattfinden kann Dies ist die erste Studie die die Entstehung von Chiralitat aus racemischen Aminosauren mit experimentellen Beweisen erklart Geschichte BearbeitenDer Begriff Homochiralitat wurde von Kelvin 1904 eingefuhrt demselben Jahr in dem er seine Baltimore Lecture von 1884 veroffentlichte 11 13 In letzter Zeit wurde der Begriff homochiral jedoch auch im selben Sinne wie enantiomerenrein verwendet Dies ist in einigen Journalen erlaubt es wird jedoch nicht empfohlen In diesen Journalen bedeutet der Begriff allerdings dass bei einem Prozess oder System ein einzelnes von zwei optischen Isomeren bevorzugt wird Siehe auch BearbeitenStereochemie Cahn Ingold Prelog KonventionEinzelnachweise Bearbeiten R R Julian S Myung D E Clemmer Do Homochiral Aggregates Have an Entropic Advantage In J Phys Chem B 2005 109 S 440 444 doi 10 1021 jp046478x Learning Chemical Networks Give Life a Chiral Twist Symmetry Breaking To Optimize Energy Harvestin Auf SciTechDaily vom 26 April 2022 U J Meierhenrich Asymmetrische Vakuum UV Photolyse der Aminosaure Leucin in fester Phase In Angewandte Chemie 2005 117 5774 5779 doi 10 1002 ange 200501311 D K Kondepudi R J Kaufman S Singh Chiral Symmetry Breaking in Sodium Chlorate Crystallization In Science 1990 250 975 976 T Shibata H Morioka T Hayase K Choji K Soai Highly Enantioselective Catalytic Asymmetric Automultiplication of Chiral Pyrimidyl Alcohol In J Am Chem Soc 1996 118 471 472 doi 10 1021 ja953066g P M Suju H Iwamura D G Blackmond Amplification of Enantiomeric Excess in a Proline Mediated Reaction In Angew Chem Int Ed 2004 43 3317 3321 R G Cooks D Zhang und K J Koch Chiroselective Self Directed Octamerization of Serine Implications for Homochirogenesis In Anal Chem 2001 73 3646 3655 doi 10 1021 ac010284l S C Nanita R G Cooks Serinoctamere Clusterbildung Reaktionen und Auswirkungen auf die Homochiralitat von Biomolekulen In Angew Chem 2006 118 568 583 doi 10 1002 ange 200501328 D G Blackmond M Klussmann Spoilt for choice assessing phase behaviour models for the evolution of homochirality In Chem Commun 2007 3990 3996 doi 10 1039 b709314b S P Fletcher R B C Jagt B L Feringa An astrophysically relevant mechanism for amino acid enantiomer enrichment In Chem Commun 2007 2578 2580 doi 10 1039 b702882b a b A Cordova M Engqvist I Ibrahem J Casas H Sunden Plausible origins of homochirality in the amino acid catalyzed neogenesis of carbohydrates In Chem Commun 2005 15 2047 2049 a b S Kojo H Uchino M Yoshimura K Tanaka Racemic D L asparagine causes enantiomeric excess of other coexisting racemic D L amino acids during recrystallization a hypothesis accounting for the origin of L amino acids in the biosphere in Chem Commun 2004 2146 2147 doi 10 1039 b409941a D G Morris Stereochemistry Royal Society of Chemistry Cambridge 2001 S 30 Weblinks BearbeitenOn the Genesis of Homochirality A Maureen Rouhi Chemical amp Engineering News 17 Juni 2004 Scienceweek digest 1998 How left handed amino acids got ahead a demonstration of the evolution of biological homochirality in the lab Pressemitteilung Imperial College London 2004 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Homochiralitat amp oldid 222442352