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Als Hochzieltriangulation werden fruhere Methoden der Landesvermessung bezeichnet wo ein Grossteil der Zielpunkte nicht auf der Erdoberflache liegt sondern stattdessen Ballons kunstliche Flugkorper Gestirne oder unzugangliche hohe Berggipfel angezielt werden Mit Ausnahme der letzteren sind deren Koordinaten veranderlich so dass sie in der Berechnung der Standpunkte eliminiert werden mussen Die einfachste Methode dazu ist das gleichzeitige Anzielen dieser Hochziele von mindestens zwei terrestrischen Standpunkten Dann konnen mathematische Schnittverfahren Schnittebenen formelmassig so angesetzt werden dass die Koordinaten der Hochziele im Berechnungsgang herausfallen siehe auch Stellartriangulation Die Hochzieltriangulation bietet mehrere Vorteile die heute aber gegenuber den Satellitenmethoden in den Hintergrund getreten sind Bildung weit ausgedehnter Vermessungsnetze und damit gunstigere Fehlerfortpflanzung geringerer Einfluss atmospharischer Lichtbrechung terrestrische Refraktion Vermeidung von Seitenrefraktion keine Notwendigkeit aufwendiger Stabilisierung Vermarkung Messpfeiler usw vollig unabhangige Kontrolle der terrestrischen Landesvermessung Die Methodik geht vermutlich bereits auf das 19 Jahrhundert zuruck wurde aber in den 1950er und 1960er Jahren in mehrfacher Hinsicht weiterentwickelt einerseits durch Winkelmessung mit Spezialinstrumenten z B Kinetheodolite andererseits durch fotografische Aufnahmen der Hochziele vor dem Hintergrund des Sternhimmels und im Rahmen des internationalen Ostseerings vom finnischen Geodaten Yrjo Vaisala mittels hoch fliegender Ballonsonden erfolgreich erprobt Vaisala konnte damit die Verbindungslinie Helsinki Turku die wegen ihrer 150 Kilometer fur Messungen entlang der Erdoberflache viel zu lang ist mit einer Richtungsgenauigkeit von unter 1 bestimmen Dies war 2 besser als das bereits aussergewohnlich genaue Triangulationsnetz von Finnland Die rein terrestrische Triangulation mit unzuganglichen Fern bzw Hochpunkten wurde u a bei Expeditionen eingesetzt etwa der Osterreich Ungarischen Nordpolexpedition 1872 bis 1874 von Julius Payer und Carl Weyprecht mit dem Eisbrecher Tegetthoff Bei der fernen Vorbeifahrt an Nowaja Semlja konnten durch wiederholte Anzielung von Kaps und markanten Doppelgipfeln die nur ungenauen Kustenkarten verbessert werden und die Einmessung einiger Inseln und Gipfel im von der Ferne entdeckten Franz Josef Land gelang Payer obwohl das Schiff bereits im Eis festsass Ahnlich ging die indische Grosse Trigonometrische Vermessung bei der Vermessung der hohen Himalaya Gipfel vor als deren hochster der nach dem Chefgeodaten benannte Mount Everest erkannt wurde Die kosmische Version der Hochzieltriangulation stutzt sich hingegen auf die Nutzung des Sternhimmels als Hintergrund Er wird samt den Flugkorpern durch ballistische Kameras aufgenommen und liefert damit eine Referenzflache im Inertialsystem der Sterne Die Flugkorper ab 1959 auch Satelliten werden gleichzeitig von zwei Bodenstationen fotografiert indem ihre am Himmel gezogene Spur mittels Zeitmarken in Punkte zerhackt und vor dem Sternhintergrund abgebildet wird Spater verwendete man dafur spezielle Satellitenkameras Die Ausmessung der Fotoplatten erfolgt an photogrammetrischen Komparatoren auf einige µm genau Die gleichzeitig aufgenommenen Beobachtungsvektoren jedes Spurpunktes definieren dann jeweils eine Ebene welche die Verbindungslinie der zwei Standpunkte enthalt und direkt im Fundamentalsystem der Sterne also absolut orientiert ist Die Ebenen werden miteinander geschnitten was den genauen Verbindungsvektor zwischen den Kameras ergibt Ab den fruhen 1960er Jahren wurde die Methodik zur Satellitentriangulation weiterentwickelt Mit verbesserten teilweise schon automatisierten Satellitenkameras wurden in den 1970ern weltweit mehrere interkontinentale Satellitentriangulationen durchgefuhrt was bis dato wegen der Erdkrummung technisch undurchfuhrbar war Die Astronomen und Geodaten des SAO konnten erstmals die gegenseitige Lage von vier Kontinenten direkt bestimmen wobei Messstrecken uber 5000 km uberbruckt werden mussten Als Hochziele dienten die Ballonsatelliten Echo 1 und 2 mit ihren 1000 1500 km hohen Bahnen Die erreichte Meter Genauigkeit ubertraf die bisherigen Daten um das 10 bis 20 Fache Auch Westeuropa wurde mit einem dichten Netz zwischen etwa 20 Universitatsinstituten uberzogen das den Namen WEST erhielt und zur genauen Definition des Europanetzes Europaisches Datum 1979 beitrug Den Hohepunkt dieser Entwicklung stellt das 1974 fertiggestellte Weltnetz der Satellitentriangulation dar mit dem weltweit 46 Stationen geodatisch verbunden wurden Durch Auswertung einiger Tausend Fotoplatten ballistische Kameras vom Typ BC 4 liess sich das geodatische Datum aller beteiligten Staaten international auf 3 bis 5 m genau festlegen was je nach Lotabweichung 10 bis 30 mal genauer als bisher war Nur die Sowjetunion und China blieben dieser bis dato einmaligen globalen Kooperation aus militarischen Grunden Geheimhaltung der Koordinaten fern Etwa die Halfte der Platten wurde zwar korrekt mit Sternen und dem vorausberechneten Satelliten aufgenommen ihr Pendant auf den 1 2 jeweiligen Gegenstationen misslang aber meist wegen uberraschender Bewolkung oder zu starkem Wind Diese kalkulierten Ausfalle wurden durch die grosse Uberbestimmung beim Netzausgleich wettgemacht Nachteilig an der Satelliten bzw Stellartriangulation ist lediglich dass die gleichzeitige Sichtbarkeit von Ballons Flugkorpern oder Satelliten auf mindestens zwei besser 3 weit entfernten Bodenstationen bzw Sternwarten gegeben sein muss Erleichtert wird dies durch verlassliche Wetterprognosen Dass dies im Weltnetz etwa 1000 mal gelungen ist hat auch zur internationalen Verstandigung und dem Ende des Kalten Krieges beigetragen Die heutige Erdmessung ist hingegen durch den Ubergang von Licht auf Mikrowellen Systeme GPS GLONASS und Galileo von diesen Einschrankungen frei geworden Literatur BearbeitenKarl Ledersteger Astronomische und Physikalische Geodasie Erdmessung JEK Band V 870 S speziell Kap 2 5 und 13 J B Metzler Verlag Stuttgart 1968 A Berroth Walter Hofmann Kosmische Geodasie 356 S speziell Kapitel 1 5 13 15 Verlag G Braun Karlsruhe 1960 Hellmut Schmid Das Weltnetz der Satellitentriangulation In Wiss Mitteilungen der ETH Zurich und engl Journal of Geophysical Research 1974 Siehe auch BearbeitenSichtweite Triangulation Netzausgleichung Erdfigur geodatisches Datum Satellitenfotografie Wichtige Forscher Yrjo Vaisala Karl Killian Karl Rinner Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hochzieltriangulation amp oldid 227326738