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In der Mathematik sind Heyting Algebren spezielle partielle Ordnungen gleichzeitig ist der Begriff der Heyting Algebra eine Verallgemeinerung des Begriffs der Booleschen Algebra Heyting Algebren entstehen als Modelle intuitionistischer Logik einer Logik in der der Satz vom ausgeschlossenen Dritten im Allgemeinen nicht gilt Vollstandige Heyting Algebren sind ein zentraler Gegenstand der punktfreien Topologie Die Heyting Algebra ist nach Arend Heyting benannt Inhaltsverzeichnis 1 Formale Definition 2 Beispiele 3 Eigenschaften 4 Bedeutung fur intuitionistische Logik 5 Literatur 6 EinzelnachweiseFormale Definition BearbeitenEine Heyting Algebra H displaystyle H nbsp ist ein beschrankter Verband mit der Eigenschaft dass es fur alle a displaystyle a nbsp und b displaystyle b nbsp in H displaystyle H nbsp ein grosstes Element x displaystyle x nbsp in H displaystyle H nbsp gibt mit a x b displaystyle a wedge x leq b nbsp Dieses Element wird das relative Pseudokomplement von a displaystyle a nbsp bezuglich b displaystyle b nbsp genannt und a b displaystyle a rightarrow b nbsp geschrieben Eine aquivalente Definition kann mittels folgender Abbildungen gegeben werden f a H H displaystyle f a colon H rightarrow H nbsp definiert als f a x a x displaystyle f a x a wedge x nbsp fur festes a displaystyle a nbsp in H displaystyle H nbsp Ein beschrankter Verband H displaystyle H nbsp ist eine Heyting Algebra genau dann wenn alle Abbildungen f a displaystyle f a nbsp Linksadjungierte einer Galoisverbindung sind In diesem Fall ist der jeweilige Rechtsadjungierte g a displaystyle g a nbsp gegeben durch g a x a x displaystyle g a x a rightarrow x nbsp wobei displaystyle rightarrow nbsp wie oben definiert wird Eine vollstandige Heyting Algebra ist eine Heyting Algebra die ein vollstandiger Verband ist In jeder Heyting Algebra kann man das Pseudokomplement x displaystyle lnot x nbsp eines Elements x displaystyle x nbsp definieren durch x x 0 displaystyle lnot x x rightarrow 0 nbsp wobei 0 das kleinste Element der Heyting Algebra ist Es gilt a a 0 displaystyle a wedge lnot a 0 nbsp und zudem ist a displaystyle lnot a nbsp das grosste Element mit dieser Eigenschaft Jedoch gilt im Allgemeinen nicht a a 1 displaystyle a vee lnot a 1 nbsp so dass displaystyle lnot nbsp nur ein Pseudokomplement und kein echtes Komplement ist Beispiele Bearbeiten nbsp Die freie Heyting Algebra uber einem Erzeuger Rieger Nishimura Verband Jede totale Ordnung die ein beschrankter Verband ist ist auch eine Heyting Algebra mit a b 1 a b b sonst displaystyle a to b begin cases 1 amp a leq b b amp text sonst end cases nbsp Jede Boolesche Algebra ist eine Heyting Algebra mit a b displaystyle a to b nbsp definiert als a b displaystyle lnot a lor b nbsp Jeder vollstandige Verband A displaystyle A nbsp in dem fur alle x A Y A displaystyle x in A Y subseteq A nbsp gilt x Y x y y Y displaystyle x land bigvee Y leq bigvee x land y mid y in Y nbsp ist bereits eine vollstandige Heyting Algebra mit a b x A a x b displaystyle a to b bigvee x in A mid a land x leq b nbsp Endliche beschrankte distributive Verbande gehoren in diese Klasse Die einfachste Heyting Algebra die nicht schon eine Boolesche Algebra ist ist die linear geordnete Menge 0 1 mit folgenden Operationen a b displaystyle a land b nbsp b displaystyle b nbsp a displaystyle a nbsp 0 10 0 0 0 0 1 0 1 a b displaystyle a lor b nbsp b displaystyle b nbsp a displaystyle a nbsp 0 10 0 1 11 1 1 1 a b displaystyle a rightarrow b nbsp b displaystyle b nbsp a displaystyle a nbsp 0 10 1 1 1 0 1 11 0 1 a displaystyle a nbsp a displaystyle neg a nbsp 0 1 01 0Man sieht dass 1 2 1 2 1 2 0 1 2 displaystyle tfrac 1 2 lor neg tfrac 1 2 tfrac 1 2 lor 0 tfrac 1 2 nbsp den Satz vom ausgeschlossenen Dritten verletzt Der Verband der offenen Mengen eines topologischen Raums ist eine vollstandige Heyting Algebra In diesem Fall ist A B displaystyle A rightarrow B nbsp das Innere der Vereinigung von A c displaystyle A c nbsp und B displaystyle B nbsp wobei A c displaystyle A c nbsp das Komplement der offenen Menge A displaystyle A nbsp bezeichnet Nicht alle vollstandigen Heyting Algebren sind auf diese Weise erzeugbar Damit zusammenhangende Fragen werden in der punktfreien Topologie untersucht in der vollstandige Heyting Algebren auch Frames oder Locales genannt werden Die Lindenbaum Algebra der intuitionistischen Aussagenlogik ist eine Heyting Algebra Sie ist definiert als die Menge aller aussagenlogischen Formeln geordnet durch die logische Folgerungsrelation fur zwei Formeln F displaystyle F nbsp und G displaystyle G nbsp sei F G displaystyle F leq G nbsp genau dann wenn F G displaystyle F models G nbsp Dabei ist displaystyle leq nbsp allerdings nur eine Quasiordnung die eine partielle Ordnung induziert welche dann die gewunschte Heyting Algebra ist Die globalen Elemente des Unterobjekt Klassifikators W displaystyle Omega nbsp eines Elementartopos bilden eine Heyting Algebra es ist die Heyting Algebra der Wahrheitswerte der von dem Topos induzierten intuitionistischen Logik hoherer Stufe Die Heytingalgebra mit dem Hassediagramm 1 M L R 0 ist ein minimales Beispiel mit Elementen x displaystyle x nbsp fur die x x displaystyle lnot lnot x leq x nbsp gilt aber nicht 1 x x displaystyle 1 leq x lor lnot x nbsp namlich L und R wie auch ein minimales Beispiel mit Elementen p q r displaystyle p q r nbsp fur die p q r p q p r displaystyle p to q lor r leq p to q lor p to r nbsp nicht gilt namlich p q r M L R displaystyle p q r M L R nbsp Eigenschaften BearbeitenHeyting Algebren sind stets distributiv d h x y z x y x z displaystyle x land y lor z x land y lor x land z nbsp und x y z x y x z displaystyle x lor y land z x lor y land x lor z nbsp Die Distributivitat wird manchmal als Axiom postuliert aber sie folgt schon aus der Existenz relativer Pseudokomplemente Der Grund fur das Gelten von 1 ist dass x displaystyle x wedge nbsp als unterer Adjungierter einer Galois Verbindung alle existierenden Suprema bewahrt 1 ist aber nichts anderes als die Bewahrung binarer Suprema durch x displaystyle x wedge nbsp Mit einem ahnlichen Argument lasst sich folgendes infinitares Distributivgesetz in vollstandigen Heyting Algebren zeigen x Y x y y Y displaystyle x wedge bigvee Y bigvee x wedge y mid y in Y nbsp fur alle x displaystyle x nbsp aus H displaystyle H nbsp und Teilmengen Y displaystyle Y nbsp von H displaystyle H nbsp Ein Verband A displaystyle A nbsp mit einer binaren Operation displaystyle rightarrow nbsp ist eine Heyting Algebra genau dann wenn a a 1 displaystyle a rightarrow a 1 nbsp a a b a b displaystyle a wedge a rightarrow b a wedge b nbsp b a b b displaystyle b wedge a rightarrow b b nbsp a b c a b a c displaystyle a rightarrow b wedge c a rightarrow b wedge a rightarrow c nbsp Nicht jede Heyting Algebra erfullt die beiden De Morganschen Gesetze Allerdings sind folgende Aussagen uber eine beliebige Heyting Algebra H displaystyle H nbsp aquivalent H displaystyle H nbsp erfullt beide De Morganschen Gesetze x y x y displaystyle lnot x wedge y lnot x vee lnot y nbsp fur alle x y H displaystyle x y in H nbsp x x 1 displaystyle lnot x vee lnot lnot x 1 nbsp fur alle x H displaystyle x in H nbsp x y x y displaystyle lnot lnot x vee y lnot lnot x vee lnot lnot y nbsp fur alle x y H displaystyle x y in H nbsp Das Pseudokomplement eines Elements x displaystyle x nbsp aus H displaystyle H nbsp ist das Supremum der Menge y y x 0 displaystyle y mid y wedge x 0 nbsp und es gehort zu dieser Menge d h es gilt x x 0 displaystyle x wedge lnot x 0 nbsp Ein Element x displaystyle x nbsp einer Heyting Algebra H displaystyle H nbsp heisst regular wenn eine der folgenden aquivalenten Bedingungen gilt x x displaystyle x lnot lnot x nbsp x y displaystyle x lnot y nbsp fur ein y displaystyle y nbsp aus H displaystyle H nbsp Eine Heyting Algebra H displaystyle H nbsp ist eine Boolesche Algebra genau dann wenn eine der folgenden aquivalenten Bedingungen gilt Jedes x displaystyle x nbsp aus H displaystyle H nbsp ist regular 1 x x 1 displaystyle x vee lnot x 1 nbsp fur alle x displaystyle x nbsp aus H displaystyle H nbsp 1 In diesem Fall ist das Element a b displaystyle a rightarrow b nbsp gleich a b displaystyle lnot a vee b nbsp In jeder Heyting Algebra sind das kleinste und das grosste Element 0 und 1 regular Die regularen Elemente einer Heyting Algebra bilden eine Boolesche Algebra Wenn nicht alle Elemente der Heyting Algebra regular sind ist diese Boolesche Algebra kein Unterverband der Heyting Algebra weil die Supremums Operationen verschieden sind Ist H displaystyle H nbsp eine Heyting Algebra so kann es sein dass der dazu duale Verband H op displaystyle H text op nbsp ebenfalls eine Heyting Algebra ist Falls das so ist kann man zu einem Element a H displaystyle a in H nbsp in H op displaystyle H text op nbsp das Pseudokomplement bilden und dieses als Element a displaystyle bar a nbsp von H displaystyle H nbsp auffassen Es gilt dann immer a a displaystyle lnot a leq bar a nbsp In der anderen Richtung gilt die Ungleichung im Allgemeinen nicht a a displaystyle bar a leq lnot a nbsp ist aquivalent zu a a 1 displaystyle a lor lnot a 1 nbsp und zu a a 0 displaystyle a land bar a 0 nbsp Im Unterschied zu manchen mehrwertigen Logiken teilen Heyting Algebren mit Booleschen Algebren die folgende Eigenschaft Wenn die Negation einen Fixpunkt hat also a a displaystyle lnot a a nbsp fur ein a displaystyle a nbsp dann ist die Heyting Algebra trivial sie besteht nur aus einem Element Bedeutung fur intuitionistische Logik BearbeitenArend Heytings Motivation diesen Begriff einzufuhren war die Klarung der Bedeutung von intuitionistischer Logik fur die Grundlagen der Mathematik Das Peircesche Gesetz P Q P P displaystyle P rightarrow Q rightarrow P rightarrow P nbsp illustriert die Rolle die Heyting Algebren fur die Semantik intuitionistischer Logik spielen Das Peircesche Gesetz ist in klassischer Logik gultig nicht aber in intuitionistischer Logik Eine Heyting Algebra ist vom logischen Standpunkt aus gesehen eine Verallgemeinerung der ublichen Menge von Wahrheitswerten Unter anderen entspricht dem grossten Element 1 einer Heyting Algebra der Wahrheitswert wahr das kleinste Element 0 entspricht falsch Die ubliche zweiwertige Logik ist das einfachste Beispiel einer Heyting Algebra sie besteht nur aus diesen beiden Elementen Abstrakt gesagt ist die zwei elementige Boolesche Algebra auch wie jede Boolesche Algebra eine Heyting Algebra Klassisch gultige Formeln sind solche die unter jeden moglichen Belegung der aussagenlogischen Variablen in der zweiwertigen Booleschen Algebra den Wert 1 wahr ergeben d h die ublichen aussagenlogischen Tautologien Aquivalent dazu konnen auch alle Belegungen in allen Booleschen Algebren betrachtet werden Intuitionistisch gultige Formeln sind hingegen solche die fur alle Heyting Algebren und alle Belegungen den Wert 1 ergeben In der oben angegebenen dreielementigen Heyting Algebra ist der Wert von Peirces Gesetz nicht immer 1 wenn man P displaystyle P nbsp mit und Q displaystyle Q nbsp mit 0 belegt dann ist der Wert P Q P P displaystyle P rightarrow Q rightarrow P rightarrow P nbsp nicht 1 sondern nur Nach oben Gesagtem bedeutet das dass das Peircesche Gesetz intuitionistisch nicht gultig ist klassisch ist es aber schon gultig Literatur BearbeitenMarcello Bonsangue Bart Jacobs Joost N Kok Duality Beyond Sober Spaces Topological Spaces and Observation Frames Faculteit der Wiskunde en Informatica Informatica Rapport IR 350 ZDB ID 777097 2 Vrije Universiteit Faculteit der Wiskunde en Informatica Amsterdam 1994 Francis Borceux Handbook of Categorical Algebra Band 3 Categories of Sheaves Encyclopedia of Mathematics and its Applications 52 Cambridge University Press Cambridge u a 1994 ISBN 0 521 44180 3 Gerhard Gierz Karl H Hofmann Klaus Keimel Jimmie D Lawson Michael W Mislove Dana S Scott Continuous Lattices and Domains Encyclopedia of Mathematics and its Applications 93 Cambridge University Press Cambridge u a 2003 ISBN 0 521 80338 1 Peter T Johnstone Stone Spaces Cambridge Studies in Advanced Mathematics 3 Cambridge University Press Cambridge u a 1986 ISBN 0 521 33779 8 Daniel E Rutherford Introduction to Lattice Theory Oliver and Boyd Edinburgh u a 1965 Einzelnachweise Bearbeiten a b Edward M Patterson Daniel E Rutherford Elementary Abstract Algebra Oliver amp Boyd Edinburgh u a 1965 S 78 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heyting Algebra amp oldid 237364666