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Herbst des Mittelalters ist der Titel eines Werks des niederlandischen Historikers Johan Huizinga uber die flamisch burgundische Kultur im 14 und 15 Jahrhundert Das Buch erschien 1919 unter dem niederlandischen Originaltitel Herfsttij der Middeleeuwen und auf Deutsch erstmals im Jahr 1924 Es wurde mehrfach neu aufgelegt und erschien 1941 als Ausgabe letzter Hand Das Werk wurde zu einem Klassiker der Kulturgeschichte ist in zahlreiche Sprachen ubersetzt und hatte eine grosse Wirkungsgeschichte In Deutschland erschien es 2006 in der 12 Auflage im Alfred Kroner Verlag sowie 2018 in einer Neuubersetzung Die Aussagen und Befunde des Werks sind uber die Region Flanderns und Burgunds hinaus bedeutsam da ahnliche Stimmungen und Stromungen im deutschen Spatmittelalter u a von Walther Rehm 1 und wenngleich mit anderem methodischen Ansatz und stark nationalistischer Orientierung von Rudolf Stadelmann 2 nachgewiesen wurden Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte und methodischer Ansatz 2 Inhalt 3 Rezeption 4 Ausgaben 5 Literatur 6 EinzelnachweiseVorgeschichte und methodischer Ansatz BearbeitenHuizinga war stark beeindruckt von der Ausstellung Les Primitifs Flamands a Bruges im Jahr 1902 uber die sog primitive flamische Malerei des spaten 14 und fruhen 15 Jahrhunderts in Brugge namentlich von den Bildern Jan van Eycks uber den er ein Buch zu schreiben begann 3 Aus dessen Anfangen entwickelte sich der Herbst des Mittelalters Wahrend er daran arbeitete orientierte er sich von der Sprachwissenschaft weg und zur Kultur Geschichte hin Etwa 1907 hatte Huizinga die Erkenntnis dass das spate Mittelalter nicht Ankundigung eines Kommenden sondern ein Absterben dessen was dahingeht sei was den damaligen Erkenntnissen durchaus zuwiderlief Die Kultur dieser Zeit sei nicht die Adventszeit der Renaissance das gelte nicht nur fur Kunstler sondern auch fur Dichter und Theologen 4 nbsp Jan van Eyck Kreuzigung und Jungstes Gericht Diptychon Ausschnitt ca 1430 40 Metropolitan Museum of Art New York 5 Mit dieser These geriet er in Widerspruch zu Jacob Burckhardt der in seinem Werk Die Kultur der Renaissance in Italien 6 in der Kultur der Renaissance eine moderne stark sakular gepragte Erscheinung sah Huizinga sah Burckhardts Fixierung auf das italienische Quattrocento kritisch Wegen dieser habe er das spatmittelalterliche Leben in anderen Landern vernachlassigt Dieses sei jedoch nicht grundsatzlich verschieden von dem Italiens des 15 Jahrhunderts gewesen Die Kritik an Burckhardts Verstandnis einer fruhen Blute der Moderne schlagt sich in Huizingas Werk und vor allem in der Wahl der Herbst Metapher nieder Diese suggeriert im Gegensatz zu der nicht zuletzt unter Burckhardts Einfluss verbreiteten Annahme eines Goldenen Zeitalters eine Nachblute und einen anschliessenden kulturellen Niedergang der vorhergehenden Epoche Huizingas bildhaftes Denken sein morphologischer Ansatz der ihn nach der inneren Homogenitat von Kulturen und Epochen suchen liess zeigt gewisse Parallelen zu Oswald Spenglers Werk Der Untergang des Abendlandes Allerdings teilte er nicht dessen Fatalismus und biologistisch rassentheoretische Grundannahmen 7 Auch war Huizinga die Problematik der Herbstmetapher bewusst Sie solle nur die Stimmung des Ganzen wiedergeben 8 das Transitorisch Fluchtige dieser Zeit steht also nicht fur eine Morphologie des Untergangs wie sie Spengler entwirft Im Unterschied zu Norbert Elias 9 will Huizinga uberhaupt keinen teleologisch gerichteten Prozess beschreiben 10 Auch bleibt die Dynamik der politischen Krafte weitgehend ausserhalb des Horizonts des Werkes nbsp Wandteppich mit Illustration aus dem Alexanderroman dem neben der Bibel beliebtesten Buch des 15 Jahrhunderts das die Ritterkultur in die hellenistische Vergangenheit projizierte Tournai ca 1460Implizit grenzte sich Huizinga allerdings von dem Kulturhistoriker Karl Lamprecht ab dessen Verwendung von Epochen und Leitbegriffen er kritisierte Historische Leitbegriffe seien immer der konkreten Interpretation untergeordnet Epochen grenzten sich nicht durch Jahreszahlen ab relevant seien vielmehr vor allem ihre langerdauernden Auswirkungen Lamprechts psychologisch materialistische Interpretation kultureller Phanomene akzeptierte Huizinga nur fur die Handlungsmotive von Einzelpersonen 11 Aber auch diese liessen sich in feudalen Zeiten in denen Habgier mangels beweglichen Reichtums erst allmahlich als eine der wichtigsten Todsunden angesehen wurde eher aus dusterer Rachgier Machtgier und verletztem Hochmut herleiten Der Hochmut und die Ruhmsucht gingen zwar in Form der Verschwendung eine Ehe mit der wachsenden Habgier einher Zwar sei im Konflikt zwischen den Hausern Orleans und Burgund die Blutrache nicht der einzige aber ein entscheidender Faktor gewesen 12 Der Kulturwissenschaftler Franz Arens setzte sich wie wenige andere mit der Methode Huizingas auseinander Er sah in Huizinga einen idealistischen Geist der gegen die Windmuhlenflugel der politischen und okonomischen Erklarungsansatze und die Dominanz der entsprechenden Urkunden kampfe die nichts vom Unterschied im Lebenston der uns von jenen Zeiten trennt 13 verrate wahrend die meisten Historiker den von Huizinga genutzten Typ narrativer und bildhafter Quellen noch ignorierten 14 Christoph Strupp sieht anders als der Geschichtsphilosoph Frank Ankersmit in der Methode Huizingas nur auf den ersten Blick eine Verwandtschaft zum postmodernen Wissenschaftsverstandnis das Geschichte auf Metaphern und Formen reduziert Tatsachlich trenne ihn sein Wahrheitsethos und die von ihm hochgeschatzte kulturelle Bedeutung der Geisteswissenschaften von der postmodernen Wissenschaft 15 Inhalt Bearbeiten nbsp Der Ball der Brennenden am Hofe Karl VI von Frankreich in einem Manuskript der Chronik von Jean Froissart Brugge 1483 Einer der brennenden Tanzer ist in ein Weinfass gestiegen Nach dem Brand verfallt der geistesgestorte Konig in Wahnsinn Ausgangspunkt des Werkes ist die Diagnose einer hohen Spannung des Lebens 16 einer starken Emotionalisierung der Gesellschaft des spaten Mittelalters die mit einem extremeren Erleben von Gluck und Ungluck verbunden war als dies in modernen Zeiten normalerweise der Fall war Die damalige Zeit erscheint als Epoche extremer Leidenschaften gepragt von Kriegen Krankheiten Unsicherheit und Lebensangst von Furcht vor den Turken und der Pest Weltverachtung Fatalismus Hysterie und Askese ebenso wie von Genuss und Prunksucht des Adels Der Grundton der Geschichte des burgundischen Furstenhauses die sich als roter Faden durch das Werk zieht sei die Rachgier 17 diese sei das Motiv fur zahlreiche Parteienkampfe hinter denen keine okonomischen Ursachen erkennbar seien sondern ein weitgehend noch heidnisches Rechtsempfinden wonach jede Tat ihre Vergeltung nach sich ziehen muss Hingegen verschwand die Vorstellung von der Suhnbarkeit aller Verbrechen da in jedem Verbrechen ein Angriff auf die Majestat Gottes gesehen wurde Alles vollzog sich larmend im Licht der Offentlichkeit Religiose Rituale und Sakramente Prozessionen und Glockengelaut Sakrilege wie der Bal des Ardents barbarische Hinrichtungen die man mit perverser Lust oder tierischem abgestumpften Ergotzen 18 verfolgte grausamste Harte gegen Bedurftige Behinderte und Geisteskranke sowie feudale Prunksucht ebenso wie grenzenlose Ruhrung offentliche Predigten gegen den Luxus reuevolle Abkehr Massenbeichten und Bussubungen waren allgegenwartig Furstentreue und Parteigefuhle losten starkste Emotionen aus Das Leben war farbiger und erregender die allgemeine Reizbarkeit grosser als heute die Bereitschaft zu Tranen 19 allgegenwartig was Huizinga mit zahlreichen charakteristischen Episoden zu belegen sucht Als der beruhmte Olivier Maillard 1485 zu Orleans die Fastenpredigten abhielt kletterten dort so viele Menschen auf die Dacher der Hauser dass der Schieferdecker nachher 64 Tage fur Wiederherstellungsarbeiten in Rechnung stellte Johan Huizinga Herbst des Mittelalters 20 nbsp Die Ermordung des burgundischen Herzogs Johann Ohnefurcht in Paris Maitre de la Chronique d Angleterre Brugge ca 1470 80 Im mentalitatsgeschichtlichen Kontext spielte die verfeinerte spatgotische religiose und weltliche Kunst eine wichtige emotional tief ergreifende Rolle sie diente einerseits der religiosen und weltlichen Erbauung und Prunkentfaltung andererseits der Flucht aus der gottgegebenen harten Lebenswirklichkeit vor allem der unteren Schichten gab es doch fur Armut Krankheit Kalte Dunkelheit kaum Linderung Die Welt der unteren Schichten war eine des Elends des Rausches und der Wunderglaubigkeit Die hofische Gesellschaft hingegen formte ihre Emotionen stilvoll aus ihre elaborierten Rituale und ihre romantischen Idyllen bildeten einen Schutzschild gegen die zunehmende Gewalt und Brutalitat der Gesellschaft aber gelegentlich fielen auch die Trager der hofischen Kultur in barbarische Verhaltensweisen zuruck oder wandten sich enttauscht von der feigen erbarmlichen und schlaffen Welt ab wie der Modedichter am franzosischen Hof Eustache Deschamps 21 Wahrend das Volk im Schlendrian einer ganz verausserlichten Religion 22 lebte und es bei Prozessionen zu Unschicklichkeiten und Trinkgelagen kam nahrten Enthusiasten wie Dionysius der Kartauser mit seiner Herz Jesu Verehrung den Hang zur Mystik der die Ruckkehr zu einem praintellektuellen Seelenleben und die Weltverleugnung forderte Der Rat von Strassburg liess jahrlich 1100 Liter Wein denjenigen ausschenken die im Munster die Sankt Adolfs Nacht wachend und im Gebet zubrachten Johan Huizinga Herbst der Mittelalters 23 Noch waren auch die Heiligen im Alltag prasent und nicht entruckt das am Stofflichen haftende Volk bemachtigte sich ihrer auch in physischer Form Gelegentlich eines Festes verteilt Karl VI Rippen seines Ahnen des heiligen Ludwig die Pralaten bekommen ein Bein zur Verteilung die sie dann auch nach der Mahlzeit vornehmen Johan Huizinga Herbst des Mittelalters 24 nbsp Mittelteil des Genter Altars Die Anbetung des Lamms Gottes von Jan van Eyck und Hubert van Eyck 1432 oder 1435Das Bild dieser ausserst farbenreichen von brutaler Gewalt und permanenter Todesfurcht aber auch Weltverleugnung und von der Sehnsucht nach schonerem Leben 25 wenigstens im Traum beherrschten spatmittelalterlichen Kultur wird von Huizinga anschaulich ja suggestiv ausgebreitet Sie wird vor allem von der Kirche dominiert hat jedoch keine befreiende sondern eine entwicklungshemmende Wirkung ihre Kehrseiten sind der Verlust der Bindung an die Vernunft extremer Subjektivismus Originalitatswahn und kollektive Selbstenthemmung 26 Der Optimismus der Renaissance war der Epoche fremd 27 Eine zentrale Rolle in der Epoche spielt der Niedergang des Rittergedankens 28 Huizinga zeigt wie in einer verfeinerten Kunst und Literatur in glanzvollen hofischen Zeremonien am Hofe von Burgund in religiosen Ritualen wie in pastoralen Idyllen diese allgemeine Sehnsucht nach schonerem Leben zum Ausdruck kommt wahrend doch gleichzeitig das aristokratische Ritter und Liebesideal und die Traume von Heldentum langst zur Illusion verkommen sind 29 Die ritterliche Welt hat schon zur Zeit Karls des Kuhnen ihre militarische Bedeutung wie ihre ethischen Ideale verloren der Zweikampf ist der Technik des Anschleichens und Uberrumpelns gewichen Die Ritterwelt wird so zu einer idyllischen Marchenwelt sie wird ertraumt Das Rittertum nimmt die Dinge umso ernster je unwirklicher sie zu werden drohen In dieser Welt werden die Dinge noch einmal nach ihrer Bedeutung nicht nach ihrem Sein befragt Auf dem Turnierplatz verteidigt sich der Symbolismus des Mittelalters gegen den Realismus der Neuzeit 30 nbsp Begrabnis der Johanna von Bourbon Chronik Ende 14 JahrhundertEntsprechend unterliegt das Denken der Zeit einem tiefgreifenden Wandel Hinter dem von Karl Lamprecht so genannten Typismus des mittelalterlichen Denkens verberge sich nicht das Unvermogen die Besonderheit der Dinge zu sehen 31 sondern die Aufgliederung der ganzen Welt und ihre Einordnung in Hierarchien von Begriffen In der Malerei und Literatur dominiert eine Tendenz zur unbegrenzten Ausarbeitung des Details 32 So ziehen auf den Tafeln des Genter Altars profane Gegenstande die gleiche Bewunderung auf sich wie die religiose Symbolik Alles ist wesentlich es gibt keinen Unterschied zwischen dem Sujet und dem Beiwerk Der Grundzug des mittelalterlichen Geistes der darin aufscheint ist fur Huizinga sein ubermassig visueller Charakter eine Kehrseite ist die Verkummerung des Gedankens 33 Das komplexe letztlich anthropomorphe symbolische Denken des Mittelalters 34 ufert gegen Ende der Epoche zu einem schematischen System der Bedeutungen aus in dem alles mit allem durch Analogie verbunden ist die wohlstrukturierte Symbolwelt wird abgelost durch ein stark vergrobertes bildhaft allegorisches Denken der unteren Schichten einerseits das die oberflachliche Einbildungskraft bedient und das Aufbluhen des konkret realistischen Denkens der Renaissance und der Kaufleute andererseits Die Trager des Neuen sind aber nicht die Vertreter der Latinitat und der pomposen Rhetorik die zu einem Spiel der Gebildeten wird sondern die davon Unbefangenen also etwa Poeten wie Francois Villon 35 Rezeption BearbeitenUbersetzungen erschienen 1924 in deutscher Sprache und in Englisch 1927 in schwedischer 1930 in spanischer 1932 in franzosischer 1937 in ungarischer 1940 in italienischer 1951 in finnischer 1961 in polnischer 1962 in portugiesischer 1970 in rumanischer und 1995 in russischer Sprache Diskutiert wurde immer wieder die Frage ob der Herbst eine geeignete Metapher fur die Epoche darstelle also ob es sich eher um eine Phase fruhburgerlichen Aufbruchs oder um eine der spatfeudalen Dekadenz und einer verfallenden Ritterkultur handle Auch Fragen der Epochengrenze zwischen Mittelalter und Renaissance wurden aufgeworfen wobei das Werk offenbar zu einem verbesserten Verstandnis der einzelnen Entwicklungsschritte der spatmittelalterlichen und fruhen Renaissancekultur beitrug 36 Diskutiert wurde auch ob und wie weit sich Huizinga mit seinem spekulativ interpretierenden Ansatz von den Quellen entfernt habe Kritisch angemerkt wurde gelegentlich dass er keinen hinreichenden Einblick in die deutschen Verhaltnisse gehabt habe Viele deutsche Forscher fuhlten sich jedoch von dem Werk stark angezogen 37 Walther Rehm der von Huizingas Arbeiten begeistert war attestierte ihm dass die Kultur des spatmittelalterlichen Deutschlands grosse Parallelen zu der Kultur Flanderns und Burgunds aufweise Friedrich Baethgen urteilte Huizinga habe die allgemeine Signatur der Zeit erfasst Gerhard Ritter kritisierte hingegen dass die von Huizinga erfasste weltschmerzliche Stimmung des untergehenden Rittertums kein Beleg fur eine mittelalterliche Weltuntergangsstimmung schlechthin sei 38 Andere Autoren warfen Huizinga eine zu starke Fixierung auf die Kultur des franzosischen bzw burgundischen Hofes unklare Begriffsbildung sowie die unscharfe territoriale Abgrenzung des untersuchten Raumes vor So entlehnt er seine Beispiele gelegentlich aus der englischen 39 italienischen oder deutschen Geschichte dieser Zeit oder geht bis auf das Jahr 1000 zuruck 40 Franz Ahrens hielt aufgrund seiner Kenntnisse des Quattrocento in Westeuropa den Titel des Buches jedoch fur berechtigt 41 Eine dezidiert kulturkritische Deutung wonach Huizinga das spate Mittelalter aus der Perspektive neuzeitlicher Kulturkritik z B unter dem Eindruck der Untergangsstimmung der 1930er Jahre betrachtet habe wie Franz Schnabel nahelegte halt Christoph Strupp fur unbegrundet 42 Jedoch werden haufig Parallelen der von Huizinga untersuchten Epoche zur Kultur des Fin de Siecle etwa 1890 1914 gezogen einer Zeit in der das vor allem spate Mittelalter uberschwanglich geliebt idyllisiert aber zugleich als sterbende Epoche angesehen wurde 43 Das gilt wohl auch fur Huizinga selbst der das Goldene Zeitalter der Niederlande als Kontrast zum Spatmittelalter in Burgund und Flandern vor Augen hatte 44 Die Entwicklung der Geschichtswissenschaft speist sich seit einigen Jahrzehnten immer starker aus Anregungen die aus anderen Disziplinen kommen aus kultur literatur kunstwissenschaftlichen oder anthropologischen Theorien Fur diese Entwicklung kann das Werk Huizingas als wegweisend gelten 45 Das gilt insbesondere fur seinen Einfluss auf die Annales Schule die sich von der Ereignisgeschichte abwendete Ihr Begrunder Marc Bloch 46 lobte ausdrucklich die Methodologie Huizingas Er sieht das Werk als wegweisenden Beitrag zur historischen Psychologie des Kollektivs das allerdings bei aller Sensibilitat fur die mentalen Differenzen zwischen dem Mittelalter und der Neuzeit die Klassenunterschiede vernachlassige 47 Erich Auerbach beschaftigt sich mit den von Huizingas aufgezeigten Phanomenen aus historisch stilkritischer Perspektive Das in der Farbe stark Auftragende des sinnlichen Geschmacks jener Zeit die eindringliche Sinnlichkeit des Prunkstils zeige die Prasenz der Ereignisse der Heilsgeschichte im taglichen Leben des Volkes also in der Tradition des Mittelalters jedoch mit Anzeichen krasser Ubersteigerung und roher Verkommenheit Selbst die Totentanze haben den Charakter von Prozessionen oder Festzugen 48 Die drastische Realistik der franzosisch burgundischen Kultur des 15 Jahrhunderts die das dem Leiden und der Verganglichkeit Unterworfene am Menschen stark heraushebt nennt Auerbach kreaturlich die Unterschiede der Stande wurden verwischt durch das gemeinsame Schicksal des kreaturlichen Verfalls Hieraus sei ein starkes Gegengewicht gegen die humanistische Nachahmung der Antike erwachsen 49 Ausgaben BearbeitenNiederlandisch Herfsttij der Middeleeuwen Studie over levens en gedachtenvormen der veertiende en vijftiende eeuw in Frankrijk en de Nederlanden 1919 Jubilaumsausgabe Leiden 2018 ISBN 978 90 8728 312 4 21 Auflage Amsterdam Antwerpen 1997 ISBN 90 254 9625 3 Ausgabe in den Gesammelten Werken 1949 Teil 3 dbnl Deutsch Herbst des Mittelalters Studien uber Lebens und Geistesformen des 14 und 15 Jahrhunderts in Frankreich und in den Niederlanden Hrsg von Kurt Koster Deutsch von T Wolf Monckeberg Drei Masken Verlag Munchen 1924 UB Heidelberg Verbesserte Neuauflagen 1928 und 1930 letztere im Kroner Verlag Herbst des Mittelalters Studien uber Lebens und Geistesformen des 14 und 15 Jahrhundert in Frankreich und in den Niederlanden Nach der Ausgabe der letzten Hand von 1941 hrsg von Kurt Koster Alfred Kroner Verlag Stuttgart 1987 Taschenbuchausgabe 12 uberarb und neu eingeleitete Auflage Stuttgart 2006 ISBN 978 3 520 20412 7 Herbst des Mittelalters Studie uber Lebens und Gedankenformen des 14 und 15 Jahrhunderts in Frankreich und den Niederlanden Neuubersetzung Wilhelm Fink Verlag 2018 ISBN 978 3 7705 6242 8 Literatur BearbeitenChristian Krumm Johan Huizinga Deutschland und die Deutschen Waxmann Verlag Munster New York 2011 Christoph Strupp Johan Huizinga Geschichtswissenschaft als Kulturgeschichte Vandenhoeck und Ruprecht Verlag Gottingen 2000 Jan A Aertsen und Martin Pickave Hrsg Herbst des Mittelalters Fragen zur Bewertung des 14 und 15 Jahrhunderts Miscellanea Mediaevalia 31 De Gruyter Berlin New York 2004 ISBN 978 3 11 018261 3 Einzelnachweise Bearbeiten Walter Rehm Kulturverfall und spatmittelhochdeutsche Didaktik Zeitschrift fur deutsche Philologie 52 1927 Rudolf Stadelmann Vom Geist des ausgehenden Mittelalters Halle 1929 Hans Senger Eine Schwalbe macht noch keinen Herbst Zu Huizingas Metapher vom Herbst des Mittelalters In Fragen zur Bewertung des 14 und 15 Jahrhunderts S 3 24 doi org 10 1515 Huizinga im Vorwort zur 1 dt Auflage wieder abgedruckt in Huizinga Herbst des Mittelalters Kroner Verlag 1987 S XI Alle weiteren Huizinga Zitate nach dieser Ausgabe Die Auswahl der Bilder orientiert sich nicht an den von Huizingas besprochenen Werken oder an einer bestimmten Ausgabe des Buches Jacob Burckhardt Die Cultur der Renaissance in Italien Basel 1860 Oswald Spengler Der Untergang des Abendlandes Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte Band 1 Gestalt und Wirklichkeit Wien Braumuller 1918 Huizinga im Vorwort zur 1 dt Auflage wieder abgedruckt in Huizinga 1987 S XI Norbert Elias Uber den Prozess der Zivilisation Erstveroffentlichung 1939 Johan Goudsblom Zum Hintergrund der Zivilisationstheorie von Norbert Elias ihr Verhaltnis zu Huizinga Weber und Freud In W Schulte Hrsg Soziologie in der Gesellschaft Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft fur Soziologie der Ad hoc Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20 Deutschen Soziologentag in Bremen 1980 Bremen 1981 S 768 772 Krumm 2011 S 254 Huizinga 1987 S 16 24 f Huizinga 1987 S 10 Franz Ahrens Rezension in Archiv fur Politik und Geschichte VI 1926 S 521 Strupp 2000 S 293 Alle Zitate nach der dt Ausgabe im Kroner Verlag Stuttgart 1987 Hier S 1 Huizinga 1987 S 16 Huizinga 1987 S 16 Huizinga 1987 S 8 Huizinga 1987 S 6 Huizinga 1987 S 33 Huizinga 1987 S 205 Huizinga 1987 S 187 Huizinga 1987 S 194 Huizinga 1987 S 29 Horst Lademacher Zur Pathologie von Kulturverlust Johan Huizinga als Kritiker seiner Zeit Antrittsvorlesung Universitat Munster In Jahrbuch des Zentrums fur Niederlande Studien 1 1990 S 119 132 hier S 121 ff Huizinga 1987 S 29 Huizinga 1987 S 67 ff Huizinga 1987 S 81 ff Hermann Hempel Karl der Kuhne und der Burgundische Staat In Ders Aspekte Alte und neue Texte Wallstein Verlag 1995 S 21 Huizinga 1987 S 252 Huizinga 1987 S 339 Huizinga 1987 S 341 Huizinga 1987 S 57 ff Huizinga 1987 S 385 ff Siehe zahlreiche Beitrage in Jan A Aertsen und Martin Pickave 2004 Krumm 2011 S 116 Eine Quintessenz der wichtigsten Rezensionen der deutschen Ausgabe findet sich bei Christoph Strupp Johan Huizinga Geschichtswissenschaft als Kulturgeschichte Gottingen 2000 S 143 ff Baethgen und Ritter zit nach Strupp 2000 S 144 Z B Huizinga 1987 S 13 Z B Huizinga 1987 S 194 Franz Arens Westeuropas Quattrocento In Hochland 23 Heft 1 1925 Strupp 2000 S 257 Meindert Evers Begegnungen mit der deutschen Kultur niederlandisch deutsche Beziehungen zwischen 1780 und 1920 Konigshausen amp Neumann 2006 S 167 W E Krul Huizinga s faam als cultuurcriticus Groniek 11 1978 79 Nr 61 S 2 7 Christoph Strupp Der lange Schatten Johan Huizingas Neue Ansatze der Kulturgeschichtsschreibung in den Niederlanden In Geschichte und Gesellschaft 23 1997 1 Wege zur Kulturgeschichte S 44 69 Marc Bloch La societe feodale 1939 40 Marc Bloch Rezension von Huizinga Johan Herbst des Mittelalters Munich Drei Masken Verlag 1928 In Bulletin de la Faculte des Lettres de Strasbourg 7 1928 1 S 33 35 Erich Auerbach Mimesis 1946 10 Auflage Tubingen Basel 2001 S 236 Auerbach 2001 S 237 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Herbst des Mittelalters amp oldid 229027618