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Die Hassuna Kultur ist eine archaologische Kultur des keramischen Neolithikums in Nordmesopotamien Irak Syrien Ihre charakteristische Keramik wurde erstmals bei einem Tiefschnitt in Ninive in der untersten Schicht entdeckt allerdings wurde sie erst nach Ausgrabungen des Irakischen Nationalmuseums Bagdad auf dem namensgebenden Tell Hassuna zwischen 1943 und 1945 als eigenstandige Kultur erkannt Die meisten Erkenntnisse uber die Hassuna Kultur gewannen jedoch sowjetische Archaologen bei der Erforschung des Yarim Tepe I in den 1960er und 1970er Jahren Ungefahrer VerbreitungsraumDer Alte OrientZeitleiste nach kalibrierten C14 DatenEpipalaolithikum 12000 9500 v Chr KebarienNatufienKhiamienPrakeramisches Neolithikum 9500 6400 v Chr PPNA 9500 8800 v Chr PPNB 8800 7000 v Chr PPNC 1 7000 6400 v Chr Keramisches Neolithikum 6400 5800 v Chr Umm Dabaghiyah Kultur 6000 5800 v Chr Hassuna Kultur 5800 5260 v Chr Samarra Kultur 2 5500 5000 v Chr Ubergang zum Chalkolithikum 5800 4500 v Chr Halaf Kultur 3 5500 5000 v Chr Chalkolithikum 4500 3600 v Chr Obed Zeit 5000 4000 v Chr Uruk Zeit 4000 3100 3000 v Chr Fruhbronzezeit 3000 2000 v Chr Dschemdet Nasr Zeit 3000 2800 v Chr Fruhdynastikum 2900 2800 2340 v Chr Akkadzeit 2340 2200 v Chr Neusumerische Ur III Zeit 2340 2000 v Chr Mittelbronzezeit 2000 1550 v Chr Isin Larsa Zeit 2 altassyrische Zeit 3 2000 1800 v Chr Altbabylonische Zeit 1800 1595 v Chr Spatbronzezeit 1550 1150 v Chr Kassitenzeit 2 1580 1200 v Chr Mittelassyrische Zeit 3 1400 1000 v Chr Eisenzeit 1150 600 v Chr Isin II Zeit 2 1160 1026 v Chr Neuassyrische Zeit 1000 600 v Chr Neubabylonische Zeit 1025 627 v Chr Spatbabylonische Zeit 626 539 v Chr Achamenidenzeit 539 330 v Chr Jahreszahlen nach der mittleren Chronologie gerundet Aufgrund ihrer zeitlichen und raumlichen Uberlappung mit der Samarra Kultur wurde ihr Zusammenhang mit dieser immer wieder diskutiert 4 Inhaltsverzeichnis 1 Zeitliche und geographische Verortung 2 Materielle Hinterlassenschaften 2 1 Keramik 2 2 Architektur 2 3 Bestattungen 2 4 Kleinfunde 3 Wirtschaftsgrundlage 4 Fundorte 5 Literatur 6 FussnotenZeitliche und geographische Verortung BearbeitenDie Hassuna Kultur wird auf etwa 6400 5800 v Chr datiert 5 nach anderen Angaben um 6500 5500 v Chr 6 und auch 6300 5800 v Chr werden genannt 7 Es existiert bisher nur eine einzige Altersbestimmung mit der Radiokohlenstoff Methode die Schicht V des Fundortes Hassuna auf 5 090 200 v Chr unkalibriert 8 datiert Keramikfunde fuhrten zur Annahme dass die Hassuna Kultur sich uber weite Teile Nordmesopotamiens erstreckte da diese Keramikfunde zu grossen Teilen nicht publiziert sind bleibt diese Annahme unsicher 9 Das Kerngebiet der Hassuna Kultur liegt am mittleren Tigris sudostlich begrenzt durch den Grossen Zab in Siedlungen jenseits dieser Grenze kam es zu einer Vermischung mit materiellen Hinterlassenschaften der Samarra Kultur Materielle Hinterlassenschaften BearbeitenDie Hassuna Kultur ist besonders durch ihre charakteristische Keramik bekannt Daruber hinaus existieren aber auch Architektur und Bestattungsuberreste sowie Kleinfunde Die Siedlungen hatten meist 100 bis 200 Einwohner Keramik Bearbeiten Die Hassuna Keramik wird in zwei Gruppen eingeteilt Die archaische Hassuna Ware steht stark in der Tradition der Umm Dabaghiyah Kultur und umfasst handgemachte grobe Gefasse die bei niedriger Temperatur gebrannt wurden Auch dunnwandige Keramik aus rotem Ton mit teilweise schwarzen Oberflachen die mit Ritzverzierungen versehen und anschliessend glanzend poliert wurden ist typisch Die Standard Hassuna Ware ist im Vergleich zur archaischen Ware heller und bemalt oder mit eingeritzten Schraffuren versehen und generell nicht poliert Besonders typisch sind kugelformige Gefasse mit niedrigen Halsen die vor allem im oberen Bereich mit eingeritzten Fischgraten und Dreiecks teilweise auch Halbmond und Punktmustern verziert sind Ebenfalls charakteristisch sowohl fur archaische als auch fur Standardware sind flache Schalen mit gerilltem Boden die vermutlich beim Schalen von Hulsenfruchten verwendet wurden Sie werden daher in der Regel als husking trays bezeichnet Parallel zur Standard Hassuna Ware tritt in Hassuna Siedlungen oft auch Samarra Ware auf und umgekehrt Architektur Bearbeiten In den fruhen Hassuna Schichten fallt das Fehlen jeglicher Architektur auf Stattdessen finden sich dort nur Ofen und grosse Aushohlungen verfullt mit Boden und Schutt Man geht davon aus dass diese Schichten die Anfangsphase der Bautatigkeit wiedergeben die der Gewinnung von Baumaterial diente In den fruhen Schichten fanden sich oft noch Rundbauten die eigentlich fur das Akeramische Neolithikum typisch sind In Yarim Tepe I hatten diese Durchmesser von 2 5 bis 3 Metern und enthielten Reste von Tierknochen Schmuck und Gefassen sowie unter ihren Boden menschliche Skelette wie vielerorts im Alten Orient ublich Wahrscheinlich handelt es sich hierbei nicht um Wohngebaude 10 In Hassuna hatten Rundbauten hingegen Durchmesser von bis zu 5 Metern und besassen Wande in ihrem Inneren die sie in mehrere Raume aufteilten In ihnen fanden sich Keramik Ofen und Asche neben Knochen und Steinwerkzeugen sowie Abfallen was auf eine Wohnfunktion dieser Gebaude hinweist Neben den Rundbauten fanden sich auch rechteckige Gebaudekomplexe die aus mehreren annahernd quadratischen Raumen mit einer Grundflache von bis zu 4 m und Wanddicken bis zu 35 cm bestanden Wahrend zunachst jeweils etwa 3 5 solcher Raume an deren Aussenseiten sich oft Ofen befanden einen Komplex unklarer Funktion bildeten stieg die Anzahl von Raumen pro Siedlungsschicht stetig an Reihen mehrerer niedriger paralleler Wande konnten Fundament eines Lagergebaudes oder einer Anlage zum Trocknen von Korn gewesen sein Mit dem Auftreten von Standard Hassuna und Samarra Ware erreicht auch die Architektur einen neuen Grad an Raffinesse und Planung Die deutlich gleichmassiger angelegten rechteckigen Hauser der oberen Schichten bestanden aus mehreren Raumen an welche Zellen angebaut sein konnten die vermutlich als Lagerraume dienten und uber die Dacher zuganglich waren Letztere bestanden wohl meist aus Ton und Schilfmatten und waren durch Holzpfosten verstarkt Fur daruber liegende weitere Stockwerke gibt es keine Hinweise vermutlich wurden die Dacher jedoch als Arbeitsbereiche genutzt Wande und Boden dieser Hauser waren mit Gips verputzt unter den Boden konnten sich auch Unterbauten aus Schotter oder Schilfmatten befinden Durchgange wurden mit Tonschwellen und Angelsteinen fur Turen versehen daneben existierten auch Banke aus Ton haufig zusammen mit grossen Reibschalen Fast alle Gebaude besassen einen runden oder rechteckigen Ofen in hoheren Schichten treten auch grosse zweistufige Brennofen auf Bestattungen Bearbeiten Die in Hassuna Siedlungen gefundenen Skelette stammten uberwiegend von Kindern die in der Regel in Tongefasse gelegt meist unter den Fussboden aber auch unter Wanden und Turschwellen von Hausern bestattet wurden Die seltenen Skelettreste von Erwachsenen wurden in chaotischem Zustand in Kornbehaltern oder unter den Fussboden von Hausern sowie in zwei Fallen in Vertiefungen in Gebaudemauern gefunden Vermutlich wurden also die meisten Erwachsenen ausserhalb der Siedlung bestattet Eine bestimmte Orientierung der Graber an Himmelsrichtungen ist im Gegensatz zu spateren Epochen in welchen die Grabausrichtung eine kultische Bedeutung hatte nicht erkennbar Grabbeigaben gab es nur in geringem Umfang Sie bestanden aus Keramik und Tierknochen in einem Fall auch aus einem Halsband Kleinfunde Bearbeiten Steingerate liegen generell in eher geringen Mengen vor wobei in den Schichten mit archaischer Hassuna Ware Werkzeuge aus Flint uber diejenigen aus Obsidian deutlich dominierten wahrend in spateren Schichten der Anteil an Obisidangeraten deutlich zunahm Zu diesen Werkzeugen gehoren vor allem Schaber Bohrer Axte Hacken und Sichelklingen sowie eher selten Pfeilspitzen Daneben gab es auch Klingen Keulenkopfe vereinzelte Schalen Mahlsteine und auch Perlen aus verschiedenen Mineralien darunter Serpentin Karneol und Turkis Knochen wurden vor allem zu Ahlen Nadeln und Schleifgeraten verarbeitet Ein Schulterblatt eines Rindes von Yarim Tepe I weist Ritzungen auf die als Rechenoperationen gedeutet wurden 11 Aus Ton wurden in grossen Mengen Spinnwirtel und Schleudersteine die als Jagdwaffen weit verbreitet waren hergestellt daruber hinaus aber auch Gegenstande mit Zick Zack Muster bei denen es sich um Vorlaufer von Stempelsiegeln handeln konnte 12 und kleine Tonpropfen mit verdickten Enden von denen unter anderem vermutet wurde dass es sich um eine Art von Lippenpflocken handeln konnte Ein Armband aus Blei lag in Yarim Tepe unter einem Raum von Schicht XII Aus Schicht V von Yarim Tepe I stammt ausserdem eine Reihe von weiblichen Tonfigurinen die vermutlich aufrecht standen Sie tragen eine hohe konische Kopfbedeckung und waren im unteren Bereich mit Bandern verziert Aus derselben Schicht stammt weiterhin auch eine bemalte Tonflote In Hassuna wurden ebenfalls weibliche Figurinen gefunden Wirtschaftsgrundlage BearbeitenDie Tieruberreste setzten sich aus domestizierten Arten wie Schwein Rind Schaf und Ziege neben wilden Arten wie Gazelle Onager Hase und Wildschwein zusammen Auch wenn eine intensivere Untersuchung der Uberreste noch aussteht lassen sich hieraus Viehhaltung und besonders die Jagd als Fleischquelle erschliessen Die grosse Anzahl von Spinnwirteln legt zudem die Produktion von Textilien nahe Pflanzenreste umfassten domestizierte Arten wie vor allem Gerste aber auch Weizen Linsen und Erbsen Hieraus kann auf Landwirtschaft als weitere Grundlage der Nahrungsversorgung geschlossen werden Obsidian wurde nur in Form fertiger Gerate gefunden jedoch nicht als Abfall der bei der Produktion derselben anfallt Hieraus und aus der Tatsache dass der Nemrut Dagi als Quelle identifiziert werden konnte wird geschlossen dass diese Gerate dem Fernhandel entstammen Fundorte Bearbeiten nbsp Hassuna Kultur Irak nbsp Yarim Tepe I nbsp Hassunawichtigste Fundorte der Hassuna Kultur im heutigen IrakNamengebende Fundstatte ist Hassuna am Rande des Tigristals das durch die Archaologen Seton Lloyd und Fuad Safar zwischen 1943 und 1944 ausgegraben wurde 13 Die Fundstatte umfasst eine Flache von 2 ha wobei die erste Siedlung nur durch Kochstellen und Gruben reprasentiert ist Hassuna I Danach entstanden rechteckige Hauser mit zwei bis drei Raumen Baumaterial war Lehm der als Adobe Pise oder Tauf bezeichnet wurde Diese fruhen Hauser hatten Vorratsgruben im Boden In den spateren Schichten 2 bis 6 wurden die Hauser grosser und sie entstanden nun um einen offenen Zentralhof Abgesehen von Hassuna selbst ca 35 km sudlich von Mosul dessen Schichten I II archaische Hassuna Ware und Schichten III V Standard Hassuna Ware neben Samarra Ware hervorbrachten und Yarim Tepe I ca 10 km sudostlich von Tell Afar das in den Schichten XII VIII archaische Hassuna Assemblagen und in den Schichten VI I Standard Hassuna Ware neben Samarra Ware enthielt existiert eine Reihe weiterer Fundorte von Hassuna Ware Hierzu gehort wie bereits erwahnt der Hugel Kujundjik Ninive Bei einem Tiefschnitt wurde dort in den Schichten I IIa archaische Hassuna Ware und in den Schichten IIb und IIc Standard Hassuna Ware entdeckt bevor nach einem Hiatus in Schicht III Halaf Keramik in Erscheinung trat In Al Khan etwa 40 km nordostlich von Hassuna am Khazir wurde ebenfalls archaische Hassuna Ware gefunden jedoch weder Standard Hassuna noch Samarra Keramik Im Bereich der Mosul Talsperre fanden sich ausser in Abu Dhahir und Kharabeh Shattani keine Hassuna Siedlungen Insgesamt 39 Siedlungen wurden hingegen in der Ǧazira ausgemacht wobei in Khirbet Garsour in einer Spat Hassuna Assemblage auch ein Brunnenschacht freigelegt wurde In Nordost Syrien war nur Tall Leilan von der Hassuna Kultur besiedelt Bisher waren insgesamt jedoch nur eine Handvoll Siedlungen der Hassuna Kultur Gegenstand umfangreicherer Grabungsarbeiten Literatur BearbeitenRoger Matthews The early prehistory of Mesopotamia 50 000 4 500 BC Brepols Turnhout 2000 ISBN 2 503 50729 8 James Mellaart The Neolithic of the Near East Thames amp Hudson London 1975 ISBN 0 500 79003 5 Fussnoten Bearbeiten in der Levante a b c d in Sudmesopotamien a b c in Nordmesopotamien vgl James Mellaart The Neolithic of the Near East Thames amp Hudson London 1975 ISBN 0 500 79003 5 S 149 William H Stiebing Jr Susan N Helft Ancient Near Eastern History and Culture 3 Auflage Routledge 2017 Trevor Bryce Jessie Birkett Rees Atlas of the Ancient Near East From Prehistoric Times to the Roman Imperial Period Routledge 2016 S 34 Mario Liverani The Ancient Near East History Society and Economy Ubersetzung von Soraia Tabatabai Routledge 2014 S 48 ital Laterza Bari 2011 vgl Roger Matthews The early prehistory of Mesopotamia 50 000 4 500 BC Brepols Turnhout 2000 ISBN 2 503 50729 8 S 66 Vgl Roger Matthews The early prehistory of Mesopotamia 50 000 4 500 BC Brepols Turnhout 2000 ISBN 2 503 50729 8 S 63 vgl Roger Matthews The early prehistory of Mesopotamia 50 000 4 500 BC Brepols Turnhout 2000 ISBN 2 503 50729 8 vgl Roger Matthews The early prehistory of Mesopotamia 50 000 4 500 BC Brepols Turnhout 2000 ISBN 2 503 50729 8 S 66 vgl James Mellaart The Neolithic of the Near East Thames amp Hudson London 1975 ISBN 0 500 79003 5 S 147 und Roger Matthews The early prehistory of Mesopotamia 50 000 4 500 BC Brepols Turnhout 2000 ISBN 2 503 50729 8 S 69 Seton Lloyd Fuad Safar Tell Hassuna in Journal of Near East Studies 4 1945 255 289 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hassuna Kultur amp oldid 229889622