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Hans Friedrich Wendt 5 Dezember 1903 in Celle 1984 1 war ein deutscher Offizier und politischer Aktivist Er wurde bekannt als einer der Angeklagten im Ulmer Reichswehrprozess von 1930 sowie als national revolutionarer Aktivist in der Spatphase der Weimarer Republik Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Tatigkeit 1 1 Herkunft und fruhes Leben 1 2 Umsturzlerische Plane und Aktivitaten 1929 1930 1 3 Der Ulmer Reichswehrprozess 1 4 Haft in Gollnow und spateres Leben 2 Ehe und Familie 3 Literatur 4 EinzelnachweiseLeben und Tatigkeit BearbeitenHerkunft und fruhes Leben Bearbeiten Wendt entstammte einer Offiziersfamilie Seine Eltern waren Immanuel Immo Wendt 1862 1925 und seine Ehefrau Margarete Wendt geb Kattwinkel 1879 1959 Der Vater war ein im Jahre 1920 mit dem Range eines Generalmajors verabschiedeter Artillerieoffizier Wendt besuchte das Gymnasium in Gustrow bei Rostock und spater das Realgymnasium in Munchen Er unterbrach seine schulische Laufbahn 1920 um ein zweijahriges Praktikum in der Landwirtschaft zu absolvieren bevor er im November 1922 als Offiziersanwarter in die Reichswehr eintrat Nach einer Beurlaubung im Winter 1923 holte Wendt im Fruhjahr 1924 seine Reifeprufung nach Am 1 Dezember 1928 wurde er zum Leutnant und am 1 Oktober 1929 zum Oberleutnant befordert Umsturzlerische Plane und Aktivitaten 1929 1930 Bearbeiten Ende der 1920er Jahre gehorte Wendt dem 5 Artillerie Regiment in Ulm unter Ludwig Beck an Dort lernte er Richard Scheringer 1904 1986 und Hanns Ludin 1905 1947 kennen Allen drei Mannern gemeinsam war die Ablehnung der inneren Verhaltnisse der Reichswehr und die Rolle der Armee innerhalb des bestehenden Staates Insbesondere lehnten sie die vermeintliche Anlehnung der Reichswehr an die regierenden Linksparteien ab denen sie eine pazifistische Einstellung und eine gegen das Heer und seine Interessen gerichtete Betatigung anlasteten Als ihr politisches Ideal formulierten sie dass die Staatsmacht und Heeresfuhrung einen Kurswechsel vollziehen und den bewaffneten nationalen Befreiungskampf gegen die von ihnen als unterdruckend interpretierte Friedensordnung die dem Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg auferlegt worden war beginnen sollte 1929 initiierten mehrere rechtsgerichtete politische Krafte das sogenannte Volksbegehren gegen den Young Plan eine umfassende propagandistische Kampagne die versuchte genug Unterschriften zu sammeln um eine Volksabstimmung uber die Annahme oder Ablehnung des Ende der 1920er Jahre zwischen dem Deutschen Reich und den Siegermachten des Ersten Weltkriegs vereinbarten sogenannten Young Plan der die Reparationszahlungen des Deutschen Reiches an die Kriegssiegermachte neu regeln sollte herbeizufuhren Neben der konservativen Deutschnationalen Volkspartei und dem Weltkriegsveteranenbund Stahlhelm beteiligte auch die NSDAP sich nachdrucklich an der Kampagne gegen den Young Plan wobei sie nachdem sie zuvor eine recht unbekannte bayerische Regionalpartei gewesen war durch ihre scharfe und effektive Propaganda erstmals in den Fokus einer breiteren Offentlichkeit geriet und als eine politische Grosse von Bedeutung wahrgenommen zu werden begann Auch Wendt Scheringer und Ludin wurden 1929 auf die Partei aufmerksam und zeigten sich von ihrem Kampfgeist und ihrem Radikalismus beeindruckt Die drei legten sich zu dieser Zeit den Plan zurecht die Armee zum Grundstock eines kommenden Befreiungsheeres umzubilden das die Aufgabe haben sollte den Kampf gegen die ausseren Feinde zu fuhren Fur den Fall eines Scheiterns des Volksbegehrens schwebte ihnen vor dass auf das Scheitern des Volksbegehrens mit einem gemeinsamen Putsch von Armee und rechtsgerichteten politischen Kraften reagiert werden sollte Nachdem Fuhlungnahmen mit dem Stahlhelm ergaben dass dieser eine Unterstutzung derartiger Plane ablehnte gewannen die drei jungen Offiziere schliesslich die Uberzeugung dass die NSDAP jene Kraft sei die am besten geeignet ware ihr Ziel die militarische Befreiung Deutschlands zu erreichen zu verwirklichen Aus diesem Grund nahmen sie 1929 Kontakt zur Ortsgruppe der NSDAP in ihrem Garnisonsort Ulm auf Im November 1929 fuhren Scheringer und Ludin auf Vermittlung der Ulmer NSDAP Ortsgruppe nach Munchen um mit fuhrenden Vertretern der Reichsleitung der NSDAP um eine Unterstutzung ihrer umsturzlerischen Plane zu werben Sie trafen den Obersten SA Fuhrer Franz Pfeffer von Salomon und seinen Stabschef Otto Wagener die jedoch die Unterstutzung der ihnen von den Offizieren angetragenen illegalen Aktionen als Reaktion auf ein Scheitern des Volksbegehrens ablehnten Trotz der Ablehnung der ihnen vorgeschlagenen Plane eines gewaltsamen Aufstands der deutschen Freiheitsbewegung mit Hilfe der Reichswehr und ihrem Bekenntnis zu einem strikt legalen politischen Agieren der NSDAP liessen Pfeffer und Wagener jedoch durchblicken dass sie mit den Ideen der Offiziere sympathisierten Sie nahmen daher das Angebot Ludins dass er und seine beiden Freunde stattdessen im Kreis ihrer Kameraden in Ulm und an anderen Armeestandorten fur die Ziele der NSDAP werben wurden und nach einiger Zeit uber ihre Erfolge an die Parteileitung der NSDAP berichten wurden bereitwillig an 2 Nach ihrer Ruckkehr nach Ulm nahmen Wendt Ludin und Scheringer Kontakt zu anderen Offizieren in Ulm und andernorts deren nationale Einstellung ihnen bekannt war auf Sie reisten in verschiedene Garnisonsstadte um diese Offiziere im personlichen Gesprach fur ihre Sache zu gewinnen Nach dem damaligen Bestimmungen uber das Innenleben des Militars stellte dieser Vorgang einen Versuch einer Zellenbildung innerhalb der Reichswehr dar die das Ziel verfolgte im Falle eines gewaltsamen Vorgehens der NSDAP gegen die Reichsverfassung nicht gegen die NSDAP vorzugehen sondern etwaige Befehle zu verweigern oder gar aktiv auf die Seite der Umsturzler uberzutreten Wahrend Ludin und Scheringer ihre Werbeversuche als aktive Offiziere durchfuhrten schied Wendt zum 1 Dezember 1929 aus der Reichswehr aus um als Privatmann in Offizierskreisen fur die NSDAP zu werben Seinen Lebensunterhalt verdiente er seither in der Zeugmeisterei der NSDAP in Kassel Die politischen Beeinflussungsversuche die die drei Manner in den folgenden Jahren unternahmen stiessen jedoch nicht bei allen Personen an die sie sich wandten um sie fur die NSDAP zu werben auf Gegenliebe Sie wurden schliesslich vorgesetzten Reichswehrstellen gemeldet Eine erste oberflachliche Untersuchung fuhrte dazu dass Ludin und Scheringer leichte Disziplinarstrafen erhielten Ein bald danach erfolgender Kommandowechsel bei der Ulmer Garnison fuhrte dazu dass der Vorgang neu aufgerollt und dem Oberreichsanwalt ubergeben wurde Dieser eroffnete schliesslich ein Verfahren gegen Ludin Scheringer und Wendt wegen Hochverrat Der Ulmer Reichswehrprozess Bearbeiten Im Marz 1930 wurden die drei verhaftet Wendts Inhaftnahme erfolgte am 11 Marz 1930 In dem folgenden Ulmer Reichswehrprozess der im September und Oktober 1930 vor dem Reichsgericht in Leipzig verhandelt wurde wurden den drei Angeklagten die folgenden Vorwurfe zur Last gelegt 1 das hochverraterische Unternehmen die Verfassung des Deutschen Reiches gewaltsam zu andern vorbereitet 2 mehrere Soldaten aufgefordert oder angereizt zu haben gemeinschaftlich entweder dem Vorgesetzten den Gehorsam zu verweigern oder sich ihm zu widersetzen 3 es unternommen zu haben durch mundliche Ausserungen Missvergnugen in Beziehung auf den Dienst unter ihren Kameraden zu erregen 4 vorsatzlich einen Befehl in Dienstsachen nicht befolgt und dadurch vorsatzlich eine Gefahr fur die Schlagfertigkeit der Truppe herbeigefuhrt zu haben Der Ulmer Prozess wurde insofern zu einer grossen Sensation da Adolf Hitler als Zeuge im Gerichtssaal auftrat wobei er eine als Legalitatseid bekannt gewordene Versicherung abgab dass seine Partei ausschliesslich mit legalen Mitteln versuchen wurde an die Macht im Staat zu gelangen und gewaltsame Umsturzmethoden wie sie die drei Angeklagten erwogen hatten eine strikte Absage erteilen wurde Der Prozess endete am 4 Oktober 1930 mit der Verurteilung der drei Angeklagten zu moderaten Haftstrafen Wendt wurde zu achtzehn Monaten Festungshaft verurteilt Zusammen mit Scheringer wurde er zur Verbussung ihrer Haftstrafe in den Festungstrakt des Gefangnisses im pommerschen Gollnow Festung Gollnow verlegt Haft in Gollnow und spateres Leben Bearbeiten In Gollnow wandten Wendt und Scheringer sich unter dem Einfluss kommunistischer Mitgefangener schrittweise von ihren bisherigen nationalsozialistischen Uberzeugungen ab Der Legalitatseid Hitlers und die parlamentarische Betatigung der NSDAP bewirkten eine sukzessive Desillusionierung der beiden Manner gegenuber der NSDAP deren Entwicklung ihrem eigenen Selbstverstandnis als Revolutionare zuwiderlief Sie wandten sich daher zunachst den nationalrevolutionaren Abspaltungen von der NSDAP der 1930 gebildeten Kampfgemeinschaft Revolutionarer Nationalsozialisten KGRNS und der 1931 gebildeten Nationalsozialistischen Kampfbewegung Deutschlands NSKD zu Diese hatten sich von der NSDAP abgetrennt da sie den Legalitatskurs der Parteifuhrung ablehnten und stattdessen eine Machterlangung durch direkte Aktion und in letzter Konsequenz gewaltsam revolutionaren Umsturz fur den richtigen und aussichtsreichen Weg den es einzuschlagen gelte ansahen Wendt unterstutzte im April 1931 die sogenannte Stennes Revolte die Abspaltung von national revolutionar gesinnten Teilen der Berliner und der ostdeutschen SA um den Berliner SA Kommandeur Walther Stennes von der Festung Gollnow aus in einem offenen Brief der in der Presse veroffentlicht wurde Wahrend Scheringer schliesslich uber die Zwischenstufe der nationalrevolutionaren Bewegung sich politisch zu einem linientreuen Kommunisten im Sinne der KPD entwickelte vollzog Wendt nicht den Ubertritt zur KPD und damit zur radikalen Linken sondern er beliess es dabei sich der von Otto Strasser begrundeten KGRNS anzuschliessen Am 19 September 1931 wurde Wendt regular aus der Festungshaft entlassen Nachdem Scheringer wegen kommunistischer Propagandatatigkeit ein zweites Mal angeklagt wurde beteiligte Wendt sich trotz ihrer politischen Differenzen an dem von der KPD zugunsten von Scheringer organisierten Scheringer Komitee das fur Scheringers Freilassung warb Auch soll Wendt bei der Roten Hilfe und der Internationalen Arbeiterhilfe mitgearbeitet haben Nach 1933 zog Wendt sich nach spateren Angaben Scheringers ins Privatleben zuruck Angeblich verdiente er seinen Lebensunterhalt als Schauspieler Scheringer spottete hieruber So versacken die Leute Andere Quellen behaupten dagegen dass Wendt nach 1933 mit Strasser in die Tschechoslowakei geflohen und seither verschollen sei Wendt starb 1984 Sein Grab befindet sich auf dem alten Teil des Waldfriedhofes Munchen 1 Ehe und Familie BearbeitenWendt war verheiratet mit Maria Simon 20 Marz 1915 in Bamberg 1980 Literatur BearbeitenAlexander Bischkopf Aufbruch zwischen den Fronten Der Fall Scheringer in der Werbestrategie der KPD um das nationalsozialistische Wahler und Mitgliederpotential 2013 Peter Bucher Der Reichswehrprozess der Hochverrat der Ulmer Reichswehroffiziere 1929 30 1967 S 16 und passim Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Ausbau Schutz und Untergang der Weimar Republik 1978 S 685 Richard Scheringer Das grosse Los Damnitz Verlag Munchen 1979 Einzelnachweise Bearbeiten a b Grabstein von Hans Friedrich Wendt in der Grabstein Datenbank des Vereines fur Computergenealogie Abgerufen am 13 Dezember 2021 Richard Scheringer Das grosse Los Damnitz Verlag Munchen 1979 S 156Normdaten Person GND 129036633 lobid OGND AKS VIAF 35524401 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wendt Hans FriedrichKURZBESCHREIBUNG deutscher Offizier und politischer AktivistGEBURTSDATUM 5 Dezember 1903GEBURTSORT CelleSTERBEDATUM 1984 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Friedrich Wendt amp oldid 237909762