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Die Hamburger Dombibliothek war die Buchersammlung der Domherren am Hamburger Mariendom Sie wurde 1784 versteigert wobei die Konigliche Bibliothek Kopenhagen die wertvollsten Manuskripte erwarb Hamburger Dom und Konventsgebaude teilweise abgerissen Zustand 1806 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufstellungsort 3 Bestande 4 Versteigerung 5 Schatze der Hamburger Dombibliothek 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Dombibliothek war die alteste und zunachst auch die einzige Buchersammlung der Stadt Hamburg In wenigen Fallen enthalten historische Bucher Eintrage aus denen ihre Zugehorigkeit zur Bibliothek hervorgeht Ein im fruhen 11 Jahrhundert angefertigtes Evangeliar wurde der Hamburger Dombibliothek von Gottfried einem Stormarner Gaugrafen 1110 geschenkt 1 2 Die fur das Domkapitel 1255 angefertigte sogenannte Hamburger Bibel enthalt die Notiz dass die Dombibliothek beim Stadtbrand von 1284 nicht zerstort wurde 3 Die Bucher befanden sich bis zur Reformationszeit im Dom selbst Nachdem der Domdekan Otto Schulze 1630 seine Privatbibliothek dem Dom geschenkt hatte wurde das ehemalige Refektorium in Hamburg Revent h er Remter genannt als Buchersaal eingerichtet und diente seit 1659 um weitere Bestande erweitert als offentliche Bibliothek Diese wurde allerdings von der Offentlichkeit kaum wahrgenommen und ausser von den Domherren selbst auch kaum benutzt Aus dem 17 Jahrhundert sind mehrere Bucherschenkungen bekannt doch der Auktionskatalog von 1784 verzeichnete kein nach 1660 gedrucktes Buch 4 Aufstellungsort BearbeitenEin kleiner Kreuzgang am St Peters Ort Speers Ort 5 erschloss die Konventsgebaude der Domherren Hier auf dem Areal zwischen der Petrikirche und dem Dom befanden sich bis zum Abriss im Jahr 1782 das Archiv die Bibliothek und die Versammlungszimmer des Kapitels 6 Zacharias Konrad von Uffenbach besuchte die Bibliothek im Februar 1710 wahrend ihrer regularen Offnungszeit am Mittwochnachmittag von drei bis funf Uhr Die Sammlung so Uffenbach 1753 befand sich in einem zimlich grossen Saal in dem Dom selbsten an der Seite man gehet eine Treppe in dem Dom hinauf 7 Der Bibliotheksraum wird als langsrechteckiger heller eingewolbter Raum beschrieben dessen Decke mit einer Darstellung des sudlichen Sternenhimmels asterismis austral Poli Antartici ausgemalt war 8 Uber dem Eingang befand sich folgende Inschrift Reverendi Capituli Hamburgensis Bibliotheca linguae et manuum puritate dedicata Buchersaal des ehrwurdigen Domcapitels der Reinigkeit der Zunge und der Hande geweiht 9 An der Ostwand des Raumes las man eine Inschrift die daran erinnerte dass der Domdechant Joachim Goedersen diese Bibliothek im Jahre 1652 hatte herrichten lassen Die Bucher standen dort rund um sowohl an den Wanden als unter den Fenstern auf zierlichen Repositorien waren nach den Facultaten alphabetisch geordnet und meistens in Franzbanden gebunden 10 Wegen Platzmangel hatte man uber die ganze Lange des Raumes zusatzlich zwei 3 Fuss hohe und ebenso breite Bucherschranke aufstellen lassen welche an beyden Seiten mit zwo Reihen Buchern uber einander versehen sind 11 Uffenbach beschrieb diese niedrigen Schranke als Tische Ausser den Buchern gehorten auch ein Erd und ein Himmelsglobus von Tycho Brahe mit einem Durchmesser von je 3 Fuss zur Sammlung 10 11 Uffenbach sah in drei Schranken verschiedene schone mathematische Instrumente 7 Der Begriff Revent h er wurde im 17 und 18 Jahrhundert nicht nur fur den Bibliotheksraum im ehemaligen Refektorium sondern auch fur den weitlaufigen Vorraum der Bibliothek verwendet hier fanden oft Buchauktionen statt 12 Fur das Hamburger Publikum war der Revent h er auch als Konzertsaal bedeutsam Beispielsweise wurde Handels Brockes Passion 1719 hier uraufgefuhrt Bestande BearbeitenUffenbach sah 1710 einen nicht sehr grossen Bucherbestand den er auf etwa 3000 Bucher schatzte vorwiegend juristische Werke Als wertvollstes Buch wurde ihm vom Bibliothekar Worenhof ein Evangeliar vorgelegt auf selbigem stunde der name Godefridus Comes dabey von einer neuern Hand gezeichnet mortuus 1106 7 Ausser den Manuskripten lateinischer Klassiker siehe unten erwahnte er unter anderem folgende fur die Geschichte Hamburgs interessante Bucher 13 Privilegien der Hanse in England Privilegia mercatorum ansae teutonicae in Angliae regno amp Anglica ditione fruenda 1784 fur die Konigliche Bibliothek Kopenhagen erworben 14 Von Ordnung der hohen Obrigkeit in Hamburg niederdeutsch Johann Joachim Rasch schatzte 1757 dass sich mehr als 12 000 Bande in der Dombibliothek befunden hatten 11 das erscheint im Vergleich zu Uffenbachs Angaben und dem Auktionskatalog als viel zu hoch gegriffen Friedrich Johann Lorenz Meyer erstellte anhand des Auktionskatalogs eine Ubersicht uber die wichtigsten Bucher 15 16 Bibel Vulgata 3 Bande Folio datiert 1255 Martyrerlegende 2 Bande Folio viele illuminierte Messbucher Pariser Polyglotte und andere seltene Bibeln Ungarische Bibel Folio datiert 1590 Corpus historiae byzantinae Pariser Originalausgabe Hiob Ludolfs athiopisches Lexikon mit handschriftlichen Zusatzen von Christoph Schlichting London 1661 Vergil Manuskript der Aeneis Ovid Manuskripte der Metamorphosen 2 Exemplare Fasti Tristia Lucanus Manuskript von De bello civili Juvenal zwei Bande Manuskripte Terenz Manuskript der Komodien mit Kommentaren eine schone Ausgabe des Kartenwerks von Ptolemaus gedruckt in Ulm 1486 Versteigerung BearbeitenIm Jahr 1781 beschloss das Domkapitel den Bestand der Hamburger Dombibliothek zu versteigern weil das Bibliothekszimmer in dem alten Gebaude baufallig war und wenn die Bucher verkauft wurden bei dem neuen Bau die Einrichtung eines solchen Zimmers erspart wurde 17 Mit dem Erlos sollte die dringend notwendige Renovierung des Kirchturms finanziert werden Der bei Anton Harmsen gedruckte von einem Dr Schone erstellte Versteigerungskatalog umfasste 4798 Nummern Die Auktion war wegen mehrfacher Datumsanderung kein grosser Erfolg schon die Zeitgenossen kommentierten der Bucherschatz sei weit unter Wert verschleudert worden Trotzdem versaumten es Hamburger Sammler und Bibliotheken bei dieser Gelegenheit Bucher der Dombibliothek zu erwerben Die Stadtbibliothek Hamburg etwa erwarb kein einziges Buch obgleich die Bucher fast verschenkt wurden So sind die besten Handschriften z B von Juvenal im Durchschnitt fur zwei Rthlr das Stuck nach Kopenhagen verkauft 18 Wahrend man uber die Kopenhagener Erwerbungen informiert ist verliert sich die Spur anderer Manuskripte Der Hamburger Domherr Hildebold hatte Mitte des 13 Jahrhunderts eine Schrift Discordia in electione Pontificis Zwietracht bei der Wahl des Papstes verfasst die sich moglicherweise auf die Wahl von Papst Clemens IV bezog Das Manuskript wurde 1784 von einem Antiquar ersteigert und galt danach als verschollen 14 Nur wenige Bucher blieben in Hamburg oder kehrten wieder hierhin zuruck Schatze der Hamburger Dombibliothek BearbeitenBeschreibung Herkunft Entstehung Aufbewahrungsort nbsp Dreibandige illustrierte Vulgata sogenannte Hamburger Bibel Fur das Hamburger Domkapitel angefertigt 1225 Konigliche Bibliothek Kopenhagen MS GKS 4 2 vol I III Biblia Latina Kommentar des Orosius zum Hohenlied Salomos Orosius super Cantica Kartauserbibliothek Stettin 1648 von Joachim Godersen der Dombibliothek geschenkt 19 Stadtbibliothek Hamburg Cod philol 283 Elfenbein Evangeliar des Hamburger Mariendomes Quattuor evangelia roter Ledereinband von 1100 mit spatantiker Elfenbeinplatte Pergament 167 Blatter 25 5 17 cm Wenige Initialen Kanontafeln Geschenk des Stormarner Gaugrafen Gottfried an die Dombibliothek Anfang 11 Jahrhundert SUB Hamburg Cod in scrin 93 20 Missale des Hamburger Domes sogenanntes Hamburger Antiphonar Pergament 18 Blatter 42 30 cm Fur das Hamburger Domkapitel angefertigt 1500 1401 SUB Hamburg ND VI 471 21 Claudius Ptolemaus Cosmographia Aus dem Griechischen ubersetzt von Jacobus Angelus de Scarperia Mit Holzschnittkarten von Johannes aus Armsheim nach Vorlagen von Nicolaus Germanus 22 Inkunabel aus der Werkstatt des Lienhard Holl in Ulm Angeblich aus Prag im Dreissigjahrigen Krieg von einem Soldaten nach Hamburg gebracht und in die Dombibliothek gelangt 23 1482 SUB Hamburg Cod in scrin 30b 24 nbsp Lubecker Bibel 1494 1642 gestiftet von Lector secundarius und Domprediger Gerhard Grave mit eigenhandiger Widmung 1850 uber Adolf Asher von der Bodleian Library in Oxford erworben 1494 Bodleian Library Auct M 3 9 25 Literatur BearbeitenFriedrich Johann Lorenz Meyer Blick auf die Domkirche in Hamburg Hamburg 1804 Joachim Anton Rudolph Janssen Ausfuhrliche Nachrichten uber die sammtlichen evangelisch protestantischen Kirchen und Geistlichen der freyen und Hansestadt Hamburg und ihres Gebiethes sowie uber deren Johanneum Gymnasium Bibliothek und die dabey angestellten Manner Hamburg 1826 Christian Petersen Geschichte der Hamburgischen Stadtbibliothek Hamburg 1838 Gustav Apel Die Dombibliothek und ihr Verkauf im Jahre 1784 In Hamburgische Geschichts und Heimatblatter Nr 3 Hamburg Februar 1939 S 165 172 Hans Walter Stork Hamburger Buchauktionen im 18 Jahrhundert In Johann Anselm Steiger Sandra Richter Hrsg Hamburg Eine Metropolregion zwischen Fruher Neuzeit und Aufklarung Akademie Verlag Berlin 2012 ISBN 978 3 05 005784 2 S 263 290 Einzelnachweise Bearbeiten Christian Petersen Geschichte der hamburgischen Stadtbibliothek 1838 S 2 Hans Walter Stork Hamburger Buchauktionen 2012 S 272 Christian Petersen Geschichte der hamburgischen Stadtbibliothek 1838 S 3 Christian Petersen Geschichte der hamburgischen Stadtbibliothek 1838 S 4 Wegweiser durch Hamburg Oder Nachweisung aller Gassen Markte Platze Kirchen Stadtgebaude und anderer Merkwurdigkeiten in Hamburg wie solche nach dem besonders dazu eingerichteten Grundrisse dieser Stadt bequem aufzufinden sind ein Anhang zu den Hamburgischen Denkwurdigkeiten Bachmann und Gundermann Hamburg 1803 S 46 Friedrich Johann Lorenz Meyer Blick auf die Domkirche in Hamburg 1804 S 80 a b c Zacharias Conrad von Uffenbach Merkwurdige Reisen durch Niedersachsen Holland und Engelland Band 2 Frankfurt Main 1753 S 101 Johann Joachim Rasch Historische Beschreibung der offentlichen Kirchen Bibliothek zu St Jacobi in Hamburg Hamburg 1757 S 3 Joachim Anton Rudolph Janssen Ausfuhrliche Nachrichten 1826 S 477 a b Joachim Anton Rudolph Janssen Ausfuhrliche Nachrichten 1826 S 478 a b c Johann Joachim Rasch Historische Beschreibung der offentlichen Kirchen Bibliothek zu St Jacobi in Hamburg 1757 S 4 Hans Walter Stork Hamburger Buchauktionen 2012 S 265 Zacharias Konrad von Uffenbach Merkwurdige Reisen durch Niedersachsen Holland und Engelland 1753 S 102 a b F L Hoffmann Handschriften welche in Katalogen offentlich verkaufter Bibliotheken verzeichnet sind In Serapeum Zeitschrift fur Bibliothekswissenschaft Nr 22 Leipzig 30 November 1857 S 339 Friedrich Johann Lorenz Meyer Blick auf die Domkirche in Hamburg 1804 S 90 93 F L Hoffmann Handschriften welche in Katalogen offentlich verkaufter Bibliotheken verzeichnet sind In Serapeum Zeitschrift fur Bibliothekswissenschaft Nr 22 Leipzig 30 November 1857 S 338 Friedrich Johann Lorenz Meyer Blick auf die Domkirche in Hamburg 1804 S 88 Christian Petersen Geschichte der Hamburgischen Stadtbibliothek 1838 S 83 Hans Walter Stork Hamburger Buchauktionen 2012 S 272 Quattuor evangelia In SUB Hamburg Abgerufen am 22 Juni 2018 Hamburger Antiphonar In SUB Hamburg Abgerufen am 22 Juni 2018 Exponat des Monats Der Atlas des Claudius Ptolemaeus In SUB Hamburg Abgerufen am 22 Juni 2018 Christian Petersen Geschichte der Hamburgischen Stadtbibliothek 1838 S 4 Inkunabel GW M36379 dort mit Angabe von Digitalisaten Eintrag im Inkunabelkatalog der Bodleian Library Digitalisat53 54906 9 99738 Koordinaten 53 32 56 6 N 9 59 50 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hamburger Dombibliothek amp oldid 222448444