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Gustav Wolkerling 4 Mai 1882 in Perleberg Westprignitz 23 Oktober 1954 in Heidelberg war ein Spion der als Angehoriger des deutschen Reichsheeres kurz vor dem Ersten Weltkrieg Geheimdokumente ins Ausland verkaufte Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Werdegang und Spionagetatigkeit 1 2 Verurteilung und Strafverbussung 2 Literatur 3 WeblinksLeben BearbeitenWerdegang und Spionagetatigkeit Bearbeiten Wolkerlings Eltern lebten in durftigen Verhaltnissen So war es fur den geistig begabten Gustav Wolkerling ein sozialer Aufstieg als er nach der Volksschule 1896 eine Beschaftigung als Schreiber im Landratsamt Perleberg fand Spater war er in gleicher Funktion bei der stadtischen Polizeiverwaltung Perleberg tatig Im Oktober 1903 erhielt Wolkerling seine Einberufung in das 1 Westpreussische Fussartillerie Regiment Nr 11 nach Thorn Schnell wurde er zum Unteroffizier befordert und bereits nach zweieinhalb Dienstjahren als etatmassiger Schreiber der Festungskommandantur Thorn eingesetzt Nach weiteren drei Jahren lernte er die damals 18 jahrige Verkauferin Minna Sommer kennen Schon nach einem halben Jahr erfolgte die Hochzeit Sie bezogen eine Dienstwohnung in der Artilleriekaserne II in Thorn Der mittlerweile zum Sergeanten beforderte Gustav Wolkerling wollte seiner Ehefrau mehr bieten als sein massiges Unteroffiziersgehalt Auf Grund einer 1908 erschienenen Zeitungsanzeige fand er Kontakt zu Oberst Nikolai Stepanowitsch Batjuschin vom russischen militarischen Nachrichtendienst einem der erfolgreichsten russischen Agentenfuhrer mit Dienstsitz in Warschau Oberst Batjuschin liess nach Vorlagen Nachschlussel zu den Panzerschranken von Wolkerlings Vorgesetzten anfertigen Aus den mit Geheimmaterial aller Art gefullten Schranken lieferte Wolkerling binnen weniger Jahre eine Unmenge von Kopien und Abschriften vertraulicher Akten hochgeheimer Mobilmachungsunterlagen sowie sonstige brisante militarische Dienstvorschriften und Plane an Russland Weil Wolkerling mit dem Kopieren der Akten mit seiner Schreibmaschine nicht nachkam ging er spater dazu uber das Geheimmaterial zu fotografieren Nachdem Wolkerling Ende 1911 schon betrachtliche Summen kassiert hatte und uber einen grossen Vorrat kopierter beziehungsweise abfotografierter Geheimakten verfugte dessen stuckweiser Verkauf ihm auf Jahre hinaus ein gesichertes Einkommen garantierte erbat er zum 31 Dezember 1911 seine Entlassung aus dem Militardienst Das Ehepaar Wolkerling bezog Anfang 1912 eine luxuriose Wohnung in der Stadt Bromberg in der Provinz Posen Geschaftstuchtig hatte Wolkerling mit dem franzosischen Nachrichtendienst Verbindung aufgenommen und die fur Russland kopierten Geheimdokumente gleich noch einmal verkauft Als er zu demselben Zweck Anfang 1912 auch noch mit dem osterreichisch ungarischen Geheimdienst Kontakt aufnahm bewirkte dies seine Enttarnung Wolkerling hatte nicht bedacht dass Osterreich Ungarn und Deutschland Verbundete waren Ein von Wolkerling mitfotografierter Verteilerstempel auf einem Dokument brachte die deutsche Spionageabwehr auf seine Spur Von Beamten der Berliner Politischen Polizei wurde Wolkerling im Februar 1912 auf einer Rundreise zur Ubermittlung von Nachrichtenmaterial ins damals noch russische Warschau und nach Paris beschattet und am 23 Februar 1912 in Berlin verhaftet In seiner Wohnung wurden neben grosseren Summen Bargelds viele Wertpapiere und Hypothekenbriefe sowie zirka zwei Zentner militarisches Geheimmaterial sichergestellt Da sich Wolkerling wahrend der spateren Untersuchung nicht kooperativ zeigte konnte der Umfang seiner Tatigkeit nicht vollstandig aufgedeckt werden Gewiss ist aber dass Wolkerling einer der bestbezahlten Spione des 20 Jahrhunderts war und durch seine nachrichtendienstliche Tatigkeit in den Jahren 1908 bis 1912 Einnahmen im heutigen Gegenwert von etwa einer halben Million Euro erzielte Dem Verratsumfang nach durfte der Fall Gustav Wolkerling die Taten des vielgenannten k u k Obersten Alfred Redl ubertroffen haben Obwohl er wichtige Geheimunterlagen wie Festungsplane und geheime Mobilmachungsvorschriften ubermittelte lasst sich allerdings nicht erkennen dass irgendeine der von ihm preisgegebenen Informationen einen wirksamen Nutzen fur die russische oder franzosische Kriegsfuhrung im kurz danach ausbrechenden Ersten Weltkrieg gehabt hatte Verurteilung und Strafverbussung Bearbeiten Gustav Wolkerling wurde nach dreimaliger Revision gegen seine Verurteilung im Januar 1914 in vierter und letzter Instanz vom Reichsmilitargericht zu Degradierung Vermogenseinzug einer hohen Geldstrafe und 15 Jahren Zuchthaus verurteilt Der deutsche Kaiser Wilhelm II bestatigte als oberster Gerichtsherr am 7 Februar 1914 das Urteil das in seiner Hohe den gesetzlich moglichen Strafrahmen voll ausschopfte Gustav Wolkerling verbusste seine Zuchthausstrafe in den Strafanstalten Sonnenburg und Brandenburg Anders als andere politische Haftlinge kam er in der Novemberrevolution 1918 nicht frei und wurde auch wahrend der 1920er Jahre trotz seines fortwahrenden Drangens nicht vorzeitig entlassen Da Bromberg jetzt zu Polen gehorte versuchte er seine Freilassung zunachst mit der Argumentation zu erwirken er sei jetzt Pole Rein formalrechtlich gesehen konnte er damit moglicherweise sogar recht gehabt haben wie ein zu dieser Frage angefertigtes Gutachten des preussischen Justizministeriums zeigt Allerdings hatte die polnische Seite keinerlei Interesse daran ihm zu helfen und das von ihm angeschriebene polnische Generalkonsulat reagierte nicht auf seine Eingaben Auch alle weiteren Gesuche um Begnadigung wurden abgelehnt Hinter den Ablehnungen stand das Reichswehrministerium das Wolkerlings Tat fur so schwer wiegend hielt dass eine nicht vollstandige Strafverbussung als Schlag gegen die Spionageabwehr und damit gegen die Interessen der Landesverteidigung anzusehen ware Erst im Juli 1928 ein halbes Jahr vor dem regularen Entlassungstermin wurde Wolkerling im Rahmen der so genannten Koch Amnestie fur politische Straftater zusammen mit dem Kommunisten Max Holz und den Rathenau Mordern Ernst Werner Techow und Willi Gunther amnestiert Der stark gealterte und starrsinnig gewordene Wolkerling liess sich nach der Entlassung in erfolglose Streitereien mit dem preussischen Justizministerium ein um die Wiederaufnahme seines Prozesses zu erreichen und Teile seines einstigen Vermogens wiederzuerlangen In den 1930er Jahren verlieren sich die Spuren des ehemaligen Spions der nur mit Hilfe seiner Geschwister uberleben konnte und eine klagliche Existenz fristete Anders verlief das Verfahren gegen seine Ehefrau Minna Wolkerling Gegen sie konnten zunachst trotz zahlreicher Indizien keine ausreichenden Beweise einer Mitwisserschaft erlangt werden sodass sie im Mai 1912 auf freien Fuss gesetzt wurde Im November 1912 wurde dennoch Anklage erhoben da starke Verdachtsmomente bestanden dass sie von den Verratshandlungen ihres Mannes gewusst haben musste Der Prozess fand aber zunachst nicht statt weil die endgultige Verurteilung ihres Mannes abgewartet werden sollte Erst im Juli 1914 stand sie vor dem Landgericht in Bromberg wurde mangels Beweisen freigesprochen bei Kriegsausbruch in Perleberg aber erneut fur zwei Monate inhaftiert Am 16 Januar 1915 liess sie sich wahrscheinlich unter offentlichem oder behordlichem Druck von Gustav Wolkerling scheiden Er selbst blieb ihr trotz des abgebrochenen Kontakts verfallen und war noch in den 1920er Jahren uberzeugt sie werde ihn nach seiner angestrebten vorzeitigen Entlassung erneut heiraten Literatur BearbeitenJurgen W Schmidt Der Perleberger Spion Gustav Wolkerling In Mitteilungen des Vereins fur Geschichte der Prignitz Bd 5 Perleberg 2005 S 62 82 Vorabdruck von Kapitel 8 1 aus Gegen Russland und Frankreich Jurgen W Schmidt Gegen Russland und Frankreich Der deutsche militarische Geheimdienst 1890 1914 3 Auflage Ludwigsfelde 2009 S 431 450 Kapitel 8 1 Verena Moritz Hannes Leidiger Oberst Redl Der Spionagefall Der Skandal Die Fakten St Polten 2012 In dem Buch werden mehrfach die Spionagefalle Redl und Wolkerling in Umfang und Bedeutung verglichen und bewertet Weblinks BearbeitenJurgen W Schmidt Der Oberst Redl des deutschen Kaiserreichs PDF Gustav Wolkerling verdiente als Spion mindestens funfmal soviel wie der ungleich beruhmtere Osterreicher In Preussische Allgemeine Zeitung 4 Marz 2006 S 21 abgerufen am 22 Juli 2018 Normdaten Person GND 107107282X lobid OGND AKS VIAF 316388710 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wolkerling GustavKURZBESCHREIBUNG SpionGEBURTSDATUM 4 Mai 1882GEBURTSORT Perleberg Landkreis WestprignitzSTERBEDATUM 23 Oktober 1954STERBEORT Heidelberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gustav Wolkerling amp oldid 223650248