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Das Gewandhaus am Altstadtmarkt in Braunschweig diente ursprunglich als Lager Verkaufs und Gildehaus der Gilde der Gewandschneider Die Bezeichnung Gewandhaus leitet sich von der Handelsware der Wandschneider ab die gewendetes also gefaltet aufbewahrtes Tuch einkauften und es in Abschnitten verkauften Ostgiebel des Gewandhauses Detail der Ostfassade Der Braunschweiger Lowe In der gotischen Halle und den daran angrenzenden Gewolben des Gebaudes sind heute zwei Restaurants ansassig das Obergeschoss wird seit 1910 von der Industrie und Handelskammer Braunschweig genutzt Inhaltsverzeichnis 1 Bau und Nutzungsgeschichte 2 Aufbau der Ostfassade 3 Literatur 4 WeblinksBau und Nutzungsgeschichte BearbeitenIn der zweiten Halfte des 13 Jahrhunderts der ersten Blutezeit der Altstadt Braunschweigs als Handelsmetropole des Mittelalters reichten die Raumlichkeiten in den Hausern der Handwerker und Kaufleute sowie auf den Hofen der Innungen nicht mehr aus um die in der Stadt hergestellten Guter zu lagern Insbesondere traf dies auf die braunschweigischen Tuchwaren zu Aus diesem Grunde entschloss sich die Burgerschaft dafur ein neues grosszugiges Gebaude zu errichten das zugleich als Sitz der stadtischen Kaufleute und der wichtigsten Zunfte dienen sollte Damit wurde es zugleich Gildehaus und Borse Das Gewandhaus war mit Sicherheit bereits vor dem Jahr 1268 vorhanden erst ab diesem Jahr begann der Rat der Stadt seine Verhandlungen in Ratsbuchern schriftlich festzuhalten Erstmals urkundlich erwahnt wird es dort 1307 Im Jahre 1329 erhielt es einen Weinkeller und wurde 1352 mit einem Schankprivileg versehen was den Gewolbekeller zum altesten Gastronomiekeller Niedersachsens macht Im Mittelalter genoss man dort Bier Wein und Braunschweiger Mumme Im Laufe der Jahre trug das Gebaude verschiedene Bezeichnungen so u a Kophus Kaufhaus Klederhof Kleiderhof Gildehaus Tuchhaus Klederhus Wandhus und domus pannicidorum letztendlich blieb jedoch Gewandhaus der Name der die Zeiten bis heute uberdauerte Im Jahre 1368 als der Rat der Stadt noch uber kein eigenes Zeughaus verfugte wurden hier auch die Kanonen der Stadt Braunschweig untergebracht nbsp Braunschweiger Elle nbsp Renaissanceportal von Wolter Hasemann das sich fruher an der Hagenmarkt Apotheke befand Die Gewandschneider verkauften im Gewandhaus ihr Tuch abschnitt oder ballenweise in den sogenannten Wandbuden Um Kaufer wie auch Verkaufer vor Betrugern zu schutzen wurde bereits im 16 Jahrhundert ein genormtes Langenmass in Braunschweig eingefuhrt die Braunschweiger Elle Sie misst 57 07 cm und befindet sich seit alters her gegenuber dem Gewandhaus fest verankert am zweiten Pfeiler des Altstadtrathauses Neben Handels diente das Gewandhaus auch Reprasentationszwecken Es war ein Ort fur Versammlungen und Festlichkeiten Macht und Reichtum der Gewandschneider die die alteste und vornehmste Gilde der Stadt stellten drucken sich im Bau des Gewandhauses aus Der erste Umbau des im Laufe der Zeit baufallig gewordenen Gebaudes erfolgte von 1588 bis 1592 nach Entwurfen und unter der Aufsicht des Generalbaumeisters Hans Lampe Auf ihn geht die Umgestaltung des Ostgiebels als Schaufassade zuruck Der von dem Hildesheimer Baumeister Wolter im Jahr 1590 gestaltete Westgiebel zeichnet sich durch gotisierende Elemente aus und ist eher schlicht gestaltet wahrend der in den Jahren 1590 1591 von den Bildhauern Balthasar Kircher und Jurgen Rottger geschaffene Ostgiebel schon im Stil der Renaissance gehalten ist Dieser Ostgiebel zahlt zu den bedeutendsten Werken der Renaissancebaukunst in Niedersachsen nbsp Gewandhaus mit ehemaligem Runinger Zollhaus rechts hinter dem Baum von Norden aus gesehen nbsp WestfassadeIm Laufe der Zeit durchlief das Gewandhaus nun verschiedene Zweckbestimmungen So war es nach dem Umbau z T Kornspeicher und schliesslich Lager fur allerlei Dinge Im 19 Jahrhundert wurde das Gewandhaus als Magazin und Weinhandlung wahrend der Braunschweiger Messen als Verkaufslokal genutzt Mit dem Caspari Vertrag aus dem Jahr 1858 ging es in Staatsbesitz uber und wurde im Jahr 1907 an die Stadt Braunschweig verkauft Im Jahr 1905 traten die Eigentumer jener Gebaude die direkt an die Sudseite des Gewandhauses angrenzten mit dem Vorhaben an die Stadt heran diese grosstenteils kleinen baufalligen und noch aus dem Mittelalter stammenden Fachwerkhauser abreissen zu lassen um dort Neubauten errichten zu konnen Dies hatte baulich u U erhebliche Nachteile fur das Gewandhaus mit sich bringen konnen und deshalb wurde nach langeren Verhandlungen zwischen der Stadt der herzoglichen Regierung und der IHK erzielte man 1906 folgende Losung Die IHK Braunschweig erwarb die alten Hauser auf der Sudseite um dort ein Dienstgebaude fur sich errichten zu konnen Die Stadt Braunschweig wiederum erwarb das Gewandhaus das Eigentum des sogenannten Kammergutes der herzoglichen Regierung war mit der Verpflichtung die kunstlerisch und kunstgeschichtlich wertvollen Gebaudeteile dauerhaft zu erhalten Des Weiteren raumt die Stadt der IHK gegen Ubernahme der Unterhaltung des baulichen Zustandes sowie der zu zahlenden Steuern auf unbestimmte Zeit ein Niessbrauchsrecht an dem Gebaude ein Kurz darauf wurden die Buden und Fachwerkhauser in der Strasse Garkuche abgerissen Anstelle dieser wurde ein Neubau fur die Industrie und Handelskammer errichtet der weitgehend an die Architektur des Gewandhauses angepasst wurde Die neuen Dienstraume der IHK wurden im Jahre 1910 ihrer Bestimmung ubergeben Als Folge zahlreicher Luftangriffe im Jahr 1944 brannte das Gewandhaus vollstandig aus lediglich die Ostfassade blieb stehen Die ursprunglich an der aus Bruchsteinen erbauten Nordseite des Gewandhauses stehende Hauserzeile aus sieben seit dem Jahr 1470 erbauten Fachwerkhausern wurde ebenfalls im Jahr 1944 vollstandig zerstort Der obere Teil des Ostgiebels sturzte schliesslich in einer Sturmnacht des Jahres 1946 in sich zusammen Danach begannen zunachst die Sicherungsmassnahmen an den traurigen Resten des Gebaudes In den Jahren 1948 bis 1950 wurde das Gewandhaus durch die Architekten und Bildhauer Friedrich Wilhelm Kraemer Jakob Hofmann Kurt Edzard und Karl Paul Egon Schiffers rekonstruiert und teilweise mit modernen Formen erganzt So tragt einer der Maskenkopfe am Ostgiebel des Gewandhauses die Gesichtszuge von Pablo Picasso und ein anderer ist ein Selbstportrat eines der beteiligten Bildhauer Unter allen steinernen Kopfen waren ursprunglich steinerne Reliefs die Gehange aus Fruchten darstellten angebracht Bei der Rekonstruktion wurde das Fruchterelief unter dem im Giebeldreieck angebrachten Kopf rechts neben dem unteren Korbbogenfenster durch ein steinernes Relief eines Ordensbundels ersetzt In einer Broschure des Jahres 1953 uber den Wiederaufbau des Gewandhauses wird die Intention des betreffenden Bildhauers im Jahr 1946 folgendermassen erklart was zur Zeit geopfert worden ware das sei der Idealismus der Jugend gewesen und so hangte er als Opfer der Gutglaubigkeit ein Bundel von Orden und Ehrenzeichen an die entsprechende Stelle Friedrich Wilhelm Kraemer restaurierte die Nordwand des Gewandhauses die durch die unregelmassige Anordnung der Fenster sowohl in der Waagerechten als auch Senkrechten und deren wechselnden Abstanden und unterschiedlichen Grossen der langgestreckten Nordmauer ein auffalliges und abwechslungsreiches Aussehen verleihen nbsp Die Krambuden an der Nordfassade des Gewandhauses links im Bild Radierung von Anton August Beck 1776Bei dem sich am nordwestlichen Teil der Gewandhausfront anschliessenden Fachwerkhaus das sich schrag gegenuber dem Chor der Martinikirche befindet handelt es sich um das ehemalige Runinger Zollhaus aus dem Jahre 1643 Nachdem es in Runingen abgebaut worden war wurde es in den Jahren 1948 1950 am Altstadtmarkt wieder aufgebaut um teilweise die Lucke zu schliessen die der Bombenkrieg 1944 hinterlassen hatte Das Zollhaus wurde nachtraglich in Hohe und Aussehen den Krambuden angepasst die sich seit 1470 an der Nordseite des Gewandhauses befanden An dieses Fachwerkhaus schliesst sich das im Jahr 1590 erbaute Renaissanceportal der ehemaligen Apotheke am Hagenmarkt an Dieses Portal tragt eine Wappenkartusche mit dem Braunschweiger Lowen in der uber der Schulter des Lowen ein kleines mit Messern besetztes Rad zu sehen ist Dieses Rad ist eines der Attribute der heiligen Katharina die die Schutzpatronin des Weichbildes Hagen und der Braunschweiger Katharinenkirche ist Im Jahr 1976 wurde die Fassade des Gewandhauses renoviert Aufbau der Ostfassade Bearbeiten nbsp Ostfassade nbsp Quod tibi hoc alteriDie Ostfassade ist aus einem Quadrat mit einem aufgesetzten gleichseitigen Dreieck gebildet Sie ist als Schauwand gestaltet und in vier Stockwerke unterteilt die durch Saulen in drei Achsen gegliedert werden und sich als niedrige Gesimse prasentieren Die niedrigen Geschosse im Inneren des Gebaudes mussten mit den steilen Linien einer Giebelfassade in Einklang gebracht werden Dies erreichten die Bildhauer durch die Betonung der Mittelachse und durch die geschickte Verbindung vertikaler und horizontaler Elemente Das unterste Geschoss ist eine offene Halle die als von drei Korbbogen getragene Arkade gestaltet ist Vertikal werden die sich daruber anschliessenden drei Geschosse durch schlanke Saulen gegliedert die rechts und links paarig angeordnete rechteckige Fenster zeigen und in der Mitte die Achse betonende Fenster mit Korbbogen aufweisen Daruber ist ein ebenfalls in vier Geschosse gegliederter Giebel aufgesetzt der mit ornamentierten Pilastern und Hermen geschmuckt ist Auch hier sind in der Mitte Fenster mit Korbbogen eingesetzt die von je zwei schmalen rechteckigen Fenstern flankiert werden Uber diesen ist das Stadtwappen mit dem Braunschweiger Lowen an einem durch Triangulatur bestimmten Fixpunkt in einer Kartusche angebracht Neben dem Wappen tragt der Giebel noch zwei Inschrifttafeln Zum einen Anno 1590 zum anderen eine Tafel mit der Inschrift Quod tibi hoc alteri was fur dich das auch fur andere Auf den Enden der Gesimse befinden sich die Figuren zweier Krieger mit Hellebarden in der Hand daruber abwechselnd mit kleinen Obelisken Personifikationen der Tugenden Hoffnung Spes und Tapferkeit Fortitudo Gekront wird der Giebel von einer Figur der Gerechtigkeit Justitia die Waage und Schwert in den Handen halt Einen ahnlichen Aufbau wie der Giebel des Gewandhauses zeigt das im Jahr 1592 erbaute Haus zum Ritter in Heidelberg und noch 1892 diente der Giebelaufbau als Vorlage fur die nachempfundenen Renaissance Elemente eines Bankhauses an der Braunschweiger Martinikirche Auch die Fassaden des 1891 92 erbauten Viktoriahauses in Dresden 1945 zerstort waren aus dem Vorbild des Gewandhaus Ostgiebels entwickelt worden In den Jahren 1857 und 1858 wurde der Ostgiebel restauriert In einer Broschure uber den Wiederaufbau des Gewandhauses aus dem Jahr 1953 wird der harmonische Aufbau des Ostgiebels des Gewandhauses folgendermassen beschrieben Selten ist in einem deutschen Renaissancebau Reichtum und Prunk so schlicht dargeboten strenge Formbildung so reizvoll gelockert worden wie in diesem Stuck einer spezifisch deutschen Klassik Literatur BearbeitenElmar Arnhold Gewandhaus In Mittelalterliche Metropole Braunschweig Architektur und Stadtbaukunst vom 11 bis 15 Jahrhundert Appelhans Verlag Braunschweig 2018 ISBN 978 3 944939 36 0 S 194 195 Karl Birker Der geometrische Aufbau der Ostseite des Gewandhauses in Braunschweig Versuch einer Deutung Braunschweig 1984 H Funke Der Giebel des Gewandhauses In braunschweig Berichte aus dem kulturellen Leben 1964 Heft 1 Seite 20 25 IHK Braunschweig Hrsg Das Gewandhaus zu Braunschweig Vom Kophus der Wandtsnidere der Altstadt zur Industrie und Handelskammer Braunschweig Braunschweig o J um 1933 Gunter Jahn Der Altstadtmarkt in Braunschweig Geschichte und Geschichten Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunschweig Kleine Schriften Band 18 Braunschweig 1988 Erich Walter Lotz Der Wiederaufbau des Gewandhauses in Braunschweig Sonderdruck aus Baumeister Heft 11 November 1953 Munchen Norman Mathias Pingel Gewandhaus In Luitgard Camerer Manfred Garzmann Wolf Dieter Schuegraf Hrsg Braunschweiger Stadtlexikon Joh Heinr Meyer Verlag Braunschweig 1992 ISBN 3 926701 14 5 S 88 Arnold Rabbow Drei verirrte Lowen Ein prachtiges Portal mit ratselhafter Wappenplastik am Gewandhaus zu Braunschweig In Braunschweiger Zeitung vom 30 Juli 1985 K W Sack Das Gewandhaus am Altstadtmarkte zu Braunschweig und die Verhaltnisse der Stadt selbst im Jahre 1590 In Braunschweigisches Magazin 1958 Seite 407 422 und 451 486 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gewandhaus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Gewandhaus In archINFORM kunsthistorische Beschreibung Haus zum Ritterin Heidelberg In archINFORM kunsthistorische Beschreibung Baudenkmaler auf dem Altstadtmarkt in Braunschweig Altstadtmarktbrunnen Altstadtrathaus Gewandhaus Haus zu den Sieben Turmen Martinikirche Runinger Zollhaus Stechinelli Haus 52 2625 10 5175 Koordinaten 52 15 45 N 10 31 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gewandhaus Braunschweig amp oldid 232500561