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Das Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat franzosisch Loi relative a la separation des Eglises et de l Etat fuhrte im Jahr 1905 den Laizismus in Frankreich ein Erste Seite des Gesetzentwurfs von 1905Es gilt nicht in den wahrend der Verabschiedung des Gesetzes deutschen Gebieten in Elsass Lothringen Alsace Moselle ebenso wenig in den Uberseegebieten Franzosisch Guayana Franzosisch Polynesien Neukaledonien Mayotte Saint Pierre et Miquelon und Wallis und Futuna 1 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Bedeutung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenIn der Dritten Franzosischen Republik war es wiederholt zu innenpolitischen Spannungen gekommen weil machtige konservativ restaurative Krafte in der franzosischen Gesellschaft der republikanisch demokratischen Staats und Gesellschaftsform grundsatzlich skeptisch gegenuberstanden Sie erstrebten einen konservativ autoritaren Umbau des Staates bis hin zur Wiedereinfuhrung der Monarchie Besonderen Ruckhalt hatten diese Krafte in Militarkreisen im Adel bei radikalisierten Kleinburgern und Teilen der katholischen Kirche Eine extreme Auspragung erhielten diese Ideen durch die Action francaise die monarchistisch antidemokratisch und antiparlamentarisch nationalistisch militant katholisch deutschfeindlich und antisemitisch orientiert war Ein Ausdruck des Kampfes zwischen den konservativ antiparlamentarischen Kraften und den Anhangern der parlamentarisch demokratischen Republik war die Dreyfus Affare die von 1894 bis 1905 das Land erschutterte Die Affare endete schliesslich mit der vollstandigen Rehabilitierung des zu Unrecht verurteilten Hauptmanns Dreyfus und damit mit einem Sieg der republikanischen Seite 1902 hatte im Gefolge dieser Affare die politische Linke die Parlamentswahlen gewonnen Von den Radikaldemokraten wurde insbesondere die katholische Kirche als Feind der Republik angesehen Die burgerlichen Liberalen kritisierten insbesondere ihre antimodernistische Haltung Ausserdem bestand in Frankreich eine lange Tradition des Antiklerikalismus der schon auf die Zeit der Aufklarung und der Franzosischen Revolution zuruckging Die neue Regierung fasste den Entschluss endgultig den Einfluss der Kirchen auf die Gesellschaft und insbesondere das Erziehungswesen zu beschranken Die fuhrenden Personen bei diesen Bestrebungen waren Aristide Briand Emile Combes Jean Jaures Georges Clemenceau und Francis de Pressens In einer Reihe von Gesetzen wurde das Verhaltnis von Kirche und franzosischem Staat neu geregelt Bereits 1901 zwang das noch von der Vorgangerregierung erlassene franzosische Vereinsgesetz alle Kloster Orden und Kongregationen papstlichen Rechts sich der Autoritat eines franzosischen Bischofs zu unterstellen exemte Gemeinschaften die unmittelbar dem Papst unterstellt waren mussten sich im Oktober 1901 auflosen oder Frankreich verlassen Juli 1902 Schliessung der ca 3000 nicht staatlich genehmigten kirchlichen Schulen Dies fuhrte zu heftigen offentlichen Protesten 74 Bischofe unterzeichneten eine Protestation Daraufhin stellte die Regierung die Besoldung von Bischofen ein Marz 1903 Auflosung aller mannlichen Ordensgemeinschaften zahlreiche Ordensbruder und Ordenspatres finden Zuflucht in Ausweichklostern im Ausland und in franzosischen Kolonien Juli 1903 Auflosung aller weiblichen Ordensgemeinschaften 7 Juli 1904 Verbot der Neugrundung von OrdensgemeinschaftenAm 9 Dezember 1905 wurde schliesslich das Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat verabschiedet Dieses Gesetz etablierte in Frankreich das heute noch geltende Prinzip des Laizismus d h der vollstandigen Trennung von Kirche und Staat Das Gesetz galt zwar vor allem der katholischen Kirche doch wurden aus Grunden der Neutralitat in diese Regelung die anderen Konfessionen und Religionsgemeinschaften einbezogen Die Gesetze wurden von Pius X in der Enzyklika Vehementer nos verdammt und verschlechterten fur viele Jahre das Verhaltnis der franzosischen Republik zur katholischen Kirche Zum Teil konnten die Gesetze nur gegen den erheblichen Widerstand kirchentreuer Bevolkerungsteile durchgesetzt werden Am 28 Juli 1904 kam es zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl Sie wurden erst 1921 wieder aufgenommen 2 Es gibt seither keine staatliche Finanzierung der Kirche oder anderer Religionsgemeinschaften Alle vor 1905 gebauten sakralen Gebaude insbesondere die Kirchen sind offentliches Eigentum und werden vom Staat unterhalten Auch wurde der Religionsunterricht an staatlichen Schulen abgeschafft Damit werden die in der Regel alteren katholischen Kirchengebaude der grossten Konfession staatlich unterhalten diejenigen der anderen christlichen Konfessionen und der anderen Religionen nicht Eine Ausnahme bilden das Gebiet des damals zum deutschen Kaiserreich gehorende Elsass Lothringen in dem es noch heute Religionsunterricht an staatlichen Schulen gibt 3 Franzosisch Guyana Franzosisch Polynesien und Neukaledonien Schon 1901 hatte ein neues Vereinsgesetz bestimmt dass Ordensgemeinschaften die mit strengen Auflagen verbundene Anerkennung als Verein beantragen mussten was in den Jahren unter Combes immer scharfer umgesetzt bzw letztlich fast allen Gemeinschaften verweigert wurde 1902 wurden etwa 3000 kirchlich gefuhrte Schulen geschlossen Ab Juli 1904 durften Ordensmitglieder uberhaupt nicht mehr als Lehrer arbeiten Kruzifixe und religiose Symbole wurden aus offentlichen Gebauden wie Schulen oder Gerichten entfernt Mit dem Gesetz von 1905 kundigte die franzosische Regierung auch das Konkordat das 1801 Napoleon mit dem Vatikan geschlossen hatte Ausgeschlossen vom generellen Verbot der staatlichen Forderung von Religion ist die Anstaltsseelsorge aumoneries wobei auf die Verwirklichung der Religionsfreiheit hingewiesen wird Art 1 Abs 2 des Trennungsgesetzes von 1905 Dazu gehort auch die Militarseelsorge die zunachst auf katholische protestantische und judische Militargeistliche beschrankt war 2005 wurde sie durch eine islamische Militarseelsorge erganzt 4 Vor dem Hintergrund des Laizismus im staatlichen Schulwesen ist z B auch der Streit uber das Tragen von Kopftuchern an franzosischen Schulen zu sehen der 2005 zu der Bestimmung fuhrte dass Schuler im Unterricht keine religios gepragte Kleidung oder deutliche religiose Symbole tragen durfen Axel von Campenhausen weist darauf hin dass Religionsgemeinschaften insbesondere die romisch katholische Kirche und der Islam auf vielfaltige Weise gefordert werden Die Rechtslage beruhte auf Ministerialerlassen Dekreten und Gerichtsentscheidungen und sei in den Einzelheiten extrem unubersichtlich und widerspruchlich Deshalb bedurften Massnahmen umstandlicher Rechtfertigung im Einzelfall 5 Bedeutung BearbeitenFrankreich ist seit dem Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat laizistisch was auch in Artikel 1 der Verfassung der Funften Franzosischen Republik von 1958 festgehalten wird Im Unterschied etwa zu Deutschland sind Kirchen und Glaubensgemeinschaften privatrechtliche Vereine keine Korperschaften des offentlichen Rechts es gibt keinen Religionsunterricht an den offentlichen Schulen der Staat verbietet das Tragen religioser Symbole in den Schulen er zieht fur die Kirchen keine Kirchensteuer ein sie finanzieren sich anderweitig und die Kirchen haben keinen Sitz in Rundfunkraten Gleichwohl werden in Frankreich zahlreiche private Schulen unterhalten deren Trager die katholische Kirche ist und in denen mehr als 20 der franzosischen Schuler unterrichtet werden 6 Literatur BearbeitenBenedikt Kranemann Myriam Wijlens Hrsg Religion und Laicite in Frankreich Entwicklungen Herausforderungen und Perspektiven Erfurter theologische Schriften Bd 37 Echter Wurzburg 2009 ISBN 978 3 429 03037 7 Jean Paul Cahn Hartmut Kaelble Hrsg Religion und Laizitat in Frankreich und Deutschland im 19 und 20 Jahrhundert Religions et laicite en France et en Allemagne aux 19e et 20e siecles Schriftenreihe des Deutsch franzosischen Historikerkomitees Bd 5 Steiner Stuttgart 2008 ISBN 978 3 515 09276 0 deutsch und franzosisch Weblinks BearbeitenText des Gesetzes vom 9 Dezember 1905 bei Wikisource franzosisch Uber das Gesetz von 1905 im Virtuellen Museum des franzosischen Protestantismus Aktueller Text auf einer franzosischen Regierungsseite franzosisch Janine Ziegler Das Ideal einer neutralen Offentlichkeit Seite der Bundeszentrale fur politische Bildung 21 Januar 2013 abgerufen am 27 April 2022Einzelnachweise Bearbeiten Alsace Moselle et outre mer les exceptions au droit des cultes issu de la loi de 1905 Abgerufen am 28 November 2022 franzosisch Jorg Zedler Hrsg Der Heilige Stuhl in den internationalen Beziehungen 1870 1939 Utz Munchen 2010 ISBN 978 3 8316 4021 8 S 289 Rene Metz Das Verhaltnis von Kirche und Staat in Frankreich In Joseph Listl Hg Grundriss des nachkonziliaren Kirchenrechts Pustet Regensburg 1980 ISBN 3 7917 0609 8 S 907 922 S 917 918 Zur Anstalts und Militarseelsorge Christian Walter Religionsverfassungsrecht In vergleichender und internationaler Perspektive Jus publicum Bd 150 Mohr Siebeck Tubingen 2006 ISBN 3 16 148990 X S 324 f Aufsatz in Humboldt Forum Recht 2008 Staat und Religion nach dem Grundgesetz PDF Memento des Originals vom 8 Februar 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www humboldt forum recht de Alain Taverne Katholische Schulen in Frankreich schulstiftung freiburg de PDF Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat Frankreich amp oldid 233673139