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Gaudium et spes GS Freude und Hoffnung heisst nach ihren Anfangsworten die Pastoralkonstitution uber die Kirche in der Welt von heute die im Verlauf des Zweiten Vatikanischen Konzils erarbeitet und am 7 Dezember 1965 von Papst Paul VI promulgiert wurde Das Konzilsdokument behandelt den Bezug der Kirche zur Welt Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Aufbau und Titel 3 Inhalt 3 1 Gesellschaft 3 1 1 Wesentliche Gleichheit aller Menschen 3 1 2 Gleichberechtigung von Mann und Frau 3 2 Arbeit 3 3 Ehe und Familie 3 4 Weitere Aussagen 4 Rezeption 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962 1965 lagen zu Beginn uber 70 unterschiedlichste Arbeitsentwurfe Schemata zur Beratung vor Diese wurden im Verlauf der vier Sitzungsperioden teilweise gekurzt teilweise zusammengefasst oder auch gestrichen Der Text von Gaudium et spes war dagegen ein neuer Entwurf der Konzilsvater selbst der unter dem Eindruck der Eroffnungsansprache Johannes XXIII und auf Initiative vieler Bischofe erst wahrend des Konzils entstand Anders als noch in der Enzyklika Humani generis von Pius XII die sich kritisch mit der Moderne der Nachkriegszeit befasste wunschten die Konzilsvater eine positive Positionsbeschreibung Viele ihrer Grundzuge sind an die Enzykliken Mater et magistra und Pacem in terris 1961 1963 von Papst Johannes XXIII angelehnt Aufbau und Titel BearbeitenDie Konstitution ist in zwei Teile geteilt Die Artikel 11 bis 45 beschaftigen sich mit allgemeinen Fragen uber Die Kirche und die Berufung des Menschen die Artikel 46 bis 90 widmen sich wichtigen Einzelfragen Bereits in der ersten Fassung des Textes war der Titel einer Konstitution vorgesehen In den folgenden Zwischen Fassungen wurde auf diesen Titel jedoch verzichtet Erst im April 1965 wahrend der Ausarbeitungsphase durch die Gemischte Kommission wurde der Titel Constitutio pastoralis vorgeschlagen Moeller 1 In der Generalkongregation wurde der Titel und der Anspruch des Textes diskutiert Damit verbunden ist die Verbindlichkeit des Textes als solches Erzbischof Gabriel Marie Garrone wies daher darauf hin dass der Text durchaus die Intention habe Lehraussagen zu tatigen die das Verhaltnis von Kirche und Welt betreffen Dies hat aber auch einen pastoralen Charakter Moeller 2 In einer Abstimmung wurden von 541 Vatern Vorschlage zur Umbenennung eingereicht die meisten von ihnen tendierten dem Text den Charakter einer Erklarung declaratio zukommen zulassen Insgesamt war aber die Mehrheit fur die Beibehaltung des Titels Pastoralkonstitution Damit gehort der Text zu der zentralen Quadriga den vier Konstitutionen des Konzils Moeller 3 Zur Erklarung wurde dem ersten Artikel eine Fussnote beigefugt Der Terminus pastoral bedeute dass gestutzt auf Prinzipien der Lehre das Verhaltnis der Kirche zur Welt und zu den Menschen von heute dargestellt wird GS 1 Im ersten Teil der Konstitution entwickelt die Kirche ihre Lehre vom Menschen von der Welt in die der Mensch eingefugt ist und von ihrem Verhaltnis zu beiden GS 1 Der zweite Teil wendet diese Lehre an und betrachtet konkrete Situationen und Fragen der Menschen und der heutigen Gesellschaft So enthalt der zweite Teil neben unwandelbaren auch geschichtlich bedingte Elemente GS 1 was Auswirkungen auf die Deutung hat Die Interpretation dies legt die Bemerkung fest ist also nach den allgemeinen theologischen Interpretationsregeln zu vollziehen GS 1 Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte finden sich in beiden Teilen der Konstitution pastorale und dogmatische Aspekte Moeller 4 Inhalt BearbeitenGesellschaft Bearbeiten Das zweite Kapitel des ersten Teils Die menschliche Gemeinschaft knupft an die vorhergehenden Ausfuhrungen zur Wurde des Menschen an Damit reagiert die Kirche auf die Zunahme der gegenseitigen Verflechtungen unter den Menschen zu deren Entwicklung der heutige technische Fortschritt ungemein viel beitragt um das gemeinschaftliche Leben mittels christlicher Hilfe zu fordern GS 13 Im Anschluss an umfassende jungere Dokumente Mater et magistra Pacem in terris werden nur einige Schwerpunkte gesetzt Wesentliche Gleichheit aller Menschen Bearbeiten Aus der von Gott vermittelten Wurde aller Menschen folgen ihre wesentliche Gleichheit und damit ihre gleichen Grundrechte was insbesondere ein Novum fur das Verhaltnis von Mann und Frau darstellt Da alle Menschen eine geistige Seele haben und nach Gottes Bild geschaffen sind da sie dieselbe Natur und denselben Ursprung haben da sie als von Christus Erloste sich derselben gottlichen Berufung und Bestimmung erfreuen darum muss die grundlegende Gleichheit aller Menschen immer mehr zur Anerkennung gebracht werden GS 29 Abs 1 Die Konzilsvater betonen zwar dass es Unterschiede zwischen den Menschen in Bezug auf ihre physischen Fahigkeiten und geistigen und sittlichen Krafte gibt Dies darf als ein Hinweis auf das komplementare Verstandnis der Geschlechter gelesen werden wonach Gott den Menschen unterschiedliche Geschlechtscharakteristika verliehen hat Doch durfen diese Differenzen eine Einschrankung der Grundrechte der Person in der Gesellschaft gemass Gaudium et spes nicht legitimieren 1 Gleichberechtigung von Mann und Frau Bearbeiten Gaudium et spes wertet im Anschluss an die Sozialenzyklika Pacem in terris die damalige kulturelle Beanspruchung der Frauen auf rechtliche und faktische Gleichstellung mit den Mannern GS 9 Abs 4 als Zeichen der Zeit 1 Folgerungen daraus sind vor allem die Ausfuhrungen zur Gleichheit die in dieser Deutlichkeit neu waren Jede Form einer Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der Person sei es wegen des Geschlechts oder der Rasse der Farbe der gesellschaftlichen Stellung der Sprache oder der Religion muss uberwunden und beseitigt werden da sie dem Plan Gottes widerspricht Es ist eine beklagenswerte Tatsache dass jene Grundrechte der Person noch immer nicht uberall unverletzlich gelten wenn man etwa der Frau das Recht der freien Wahl des Gatten und des Lebensstandes oder die gleiche Stufe der Bildungsmoglichkeit und Kultur wie sie dem Mann zuerkannt wird verweigert GS 29 Abs 2 und 3 Arbeit Bearbeiten Das dritte Kapitel des ersten Teils Das menschliche Schaffen in der Welt benennt zunachst zwei wichtige Erkenntnisse die die weiteren Uberlegungen pragen Zunachst die Entstehung des homo faber und die Entstehung einer die ganze Welt umfassenden Gemeinschaft GS 33 2 Diese Entwicklungen stellen die Menschheit vor eine Vielzahl von Fragen die in GS 33 benannt aber noch nicht beantwortet werden Ziel des Dokumentes ist in einen fruchtbaren Dialog zwischen dem Licht der Offenbarung und der Sachkenntnis aller Menschen Antworten zu finden Der Wert der menschlichen Arbeit wird betont da sie sowohl dem eigenen Lebensunterhalt als auch dem der Gemeinschaft dient und das Werk des Schopfers weiterentwickelt GS 34 Moralische Fragen werden hier noch diskutiert da zunachst der immanente Eigenwert der Arbeit betont werden sollte 3 Ehe und Familie Bearbeiten In GS 47 52 wird uber die Bedeutung der Ehe und Familie geschrieben Die Ehe wird als ein personales Geschehen zwischen Mann und Frau definiert das die gegenseitige Liebe voraussetzt In diesem Rahmen sieht die Ehe die Bereitschaft zur Zeugung von Kindern vor vgl GS 50 Die Frage nach der Empfangnisverhutung wurde im Konzil auf Wunsch von Papst Paul VI nicht abschliessend behandelt sondern die Grundung einer Kommission empfohlen die sich eingangig mit den neuen Moglichkeiten der Geburtenregelung beschaftigen sollte vgl GS 51 Anm 14 Diese Anmerkung weist auch auf ein dynamisches Verstandnis der kirchlichen Lehre hin welches sich aufgrund der neuen Moglichkeiten erst entwickelt 4 Weitere Aussagen Bearbeiten Der Mensch ist Urheber Mittelpunkt und Ziel des wirtschaftlichen Lebens und der Kultur denn die Wurde der menschlichen Person grundet in der Gottesebenbildlichkeit Die menschliche Person ist zugleich Trager und Ziel aller gesellschaftlichen Institutionen Die Kirche weiss sich mit allen Menschen darin verbunden daraus entwickelt sich der Auftrag im Dienst an anderen eine humane Gesellschaft zu gestalten Die Kirche braucht den offenen Dialog mit der Welt um lehrend wie lernend die Zeichen der Zeit zu erkennen und ein Gemeinwohl im weltweiten Kontext nach Gottes Ordnung anzustreben Dieses setzt die Kenntnis der Situation des Menschen in der heutigen Welt voraus wobei die gegenwartig starken Wandlungen zu berucksichtigen sind Trotzdem ist die Kirche an keine besondere Form der Kultur und kein besonderes gesellschaftliches wirtschaftliches oder politisches System gebunden sondern eine Entitat sui generis Das Dokument trifft die Aussage die Demokratie sei die Regierungsform welche ihrer Struktur nach den Staatsburgern die gunstigsten Voraussetzungen fur die Entfaltung von Initiativen und Gemeinsinn bietet Ein monarchisches Staatsoberhaupt steht dem nicht im Wege wenn dieses keine autoritare Regierungsform legitimiert Autoritare Staatsmodelle stutzt die Kirche nicht insbesondere dann nicht wenn diese totalitare Ideologien verbreiten Daher konnen in konkreten Situationen auch Christen zu unterschiedlichen politischen Losungen kommen aber man muss im offenen Dialog zur Klarung der Fragen einen Grundkonsens im Sinne der katholischen Soziallehre miteinander wahren Die menschliche Arbeit hat nach dem Konzilsdokument Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens Infolgedessen hat der Staat Vorsorge gegen den Missbrauch privaten Eigentums zu treffen wo dieses in Widerspruch zum Gemeinwohl tritt Gaudium et spes billigt das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung tritt aber gleichzeitig vehement fur die Forderung nach einer internationalen friedenschaffenden Autoritat ein Der Krieg sei vollig zu untersagen insbesondere GS 82 Den Laien ordnet die Kirche den eigenverantwortlichen Platz fur die weltlichen Aufgaben und Tatigkeiten zu ihnen obliegt die Aufgabe dem burgerlichen Leben das Gebot Gottes einzupragen Rezeption BearbeitenJoseph Ratzinger hat dem Text von Gaudium et spes einen erstaunlichen Optimusmus 5 attestiert Er schrieb 1975 Wenn man nach einer Gesamtdiagnose fur den Text sucht konnte man sagen dass er eine Revision des Syllabus Pius IX eine Art Gegensyllabus darstellt und insofern den Versuch einer offiziellen Versohnung der Kirche mit der seit 1789 gewordenen neuen Zeit darstellt Joseph Ratzinger Der Weltdienst der Kirche Auswirkungen von Gaudium et spes im letzten Jahrzehnt S 39 40 Fortgefuhrt wurden die Aussagen der Konstitution durch das Lehramt in den Schreiben Papst Pauls VI Populorum progressio und Octogesima adveniens und in etlichen Lehraussagen von Papst Johannes Paul II Dieser hatte bereits mit seiner Antrittsenzyklika Redemptor hominis von 1979 den integralen Humanismus zum Leitbild seines Pontifikats erklart In der Rezeption von Gaudium et spes wird betont dass die Pastoralkonstitution mit der Feststellung anthropologischer Unterschiede keine Verletzung der Wurde oder eine Einschrankung von Grundrechten legitimiere 6 Dies werde mit ihrem expliziten Diskriminierungsverbot GS 29 deutlich Insofern berufen sich darauf auch diejenigen die sich fur die Frauenordination einsetzen 7 Im Geiste von GS sei die Folgerung unabweisbar dass auch die innerkirchliche Diskriminierung zu verurteilen sei und der Ausschluss der Frauen vom Priesteramt dem Plan Gottes widerspricht 8 Literatur BearbeitenFranz Gmainer Pranzl Magdalena Holztrattner Hrsg Partnerin der Menschen Zeugin der Hoffnung Die Kirche im Licht der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes Tyrolia Innsbruck 2010 ISBN 978 3 7022 3107 1 Ansgar Kreutzer Die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes modernisierungstheoretisch gedeutet und systematisch theologisch entfaltet Tyrolia Innsbruck 2006 ISBN 978 3 7022 2800 2 Jurgen Brinkmann Hartmut Buhl Hrsg Christen fur den Frieden E S Mittler Herford 1990 ISBN 3 8132 0337 9 Joseph Ratzinger Der Weltdienst der Kirche Auswirkungen von Gaudium et spes im letzten Jahrzehnt In Zehn Jahre Vaticanum II Pustet Regensburg 1976 ISBN 3 7917 046 72 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gaudium et spes Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Deutscher Text auf der Seite des Vatikans Lateinischer Text auf der Seite des VatikansEinzelnachweise Bearbeiten a b Martina Bar Die Wurde der Frau limina Grazer theologische perspektiven 2022 abgerufen am 4 Februar 2023 Alfons Auer Kommentar zum Dritten Kapitel des ersten Teils In Josef Hofer Karl Rahner Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 2 Auflage Band 16 Herder Freiburg im Breisgau Das Zweite Vatikanische Konzil Dokumente und Kommentare ND 2014 377 397 379 vgl Alfons Auer Kommentar zum Dritten Kapitel des ersten Teils In Josef Hofer Karl Rahner Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 2 Auflage Band 16 Herder Freiburg im Breisgau Das Zweite Vatikanische Konzil Dokumente und Kommentare ND 2014 377 397 383 Bernhard Haring CSSR Zweiter Hauptteil Erstes Kapitel des Zweiten Teils Einleitung und Kommentar In Josef Hofer Karl Rahner Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 2 Auflage Band 14 Herder Freiburg im Breisgau 1968 Das Zweite Vatikanische Konzil Dokumente und Kommentare ND 2014 423 447 444 Joseph Ratzinger Der Weltdienst der Kirche Auswirkungen von Gaudium et spes im letzten Jahrzehnt In Zehn Jahre Vaticanum II Pustet Regensburg 1976 S 39 Martina Bar Die Wurde der Frau In Limina Grazer theologische Perspektiven 2022 abgerufen am 4 Februar 2023 Gertrud Heinzelmann Die getrennten Schwestern Interfeminas Verlag Zurich 1967 S 9 ff Raming Rohn Ordinatio Sacerdotalis eine frauenfeindliches und fehlerhaftes Lehrschreiben Imprimatur 14 Dezember 2022 abgerufen am 4 Februar 2023 Charles Moeller Kommentar zum ersten Teil der Pastoralkonstitution Gaudium et spes In Josef Hofer Karl Rahner Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 2 Auflage Band 14 Herder Freiburg im Breisgau 1968 Das Zweite Vatikanische Konzil Dokumente und Kommentare ND 2014 280 422 S 280 vgl S 282 S 282 S 282Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils alphabetisch sortiert Konstitutionen Dei verbum Gaudium et spes Lumen gentium Sacrosanctum ConciliumDekrete Ad gentes Apostolicam actuositatem Christus Dominus Inter mirifica Optatam totius Orientalium Ecclesiarum Perfectae caritatis Presbyterorum ordinis Unitatis redintegratioErklarungen Dignitatis humanae Gravissimum educationis Nostra aetate Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gaudium et spes amp oldid 238198201