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Franz Josef Bohm 16 Marz 1903 in Munchen Anfang Marz 1946 in Lebedjan war ein deutscher Philosoph Als Neukantianer promoviert und habilitiert nahm er in der Zeit des Nationalsozialismus auch volkische Elemente in sein Werk auf Er ubernahm Anfang 1938 an der Universitat Heidelberg im Anschluss an eine Vertretungszeit das vakante Extraordinariat Ernst Hoffmanns sein Wirken dort blieb jedoch auch aufgrund seines Einzugs zur Wehrmacht im Jahr 1940 begrenzt Ende 1941 erhielt Bohm einen Lehrstuhl an der Reichsuniversitat Strassburg musste sich jedoch wegen seines Militardienstes auf publizistische Beitrage beschranken Nach dem Krieg konnte er seine akademische Laufbahn nicht mehr fortsetzen er starb in einem Kriegsgefangenenlager Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBohm war Sohn eines Stabsarztes und wuchs in Nurnberg auf wo er 1923 sein Abitur am Humanistischen Melanchthon Gymnasium ablegte Er begann sein Studium in Wurzburg wechselte 1924 nach zwei Semestern nach Heidelberg und studierte dort ausser Philosophie auch Kunstgeschichte und Allgemeine Staatslehre 1928 promovierte er mit seiner Arbeit Logik der Asthetik bei Heinrich Rickert Im Sommer 1932 legte er seine Habilitationsschrift Ontologie der Geschichte vor In beiden Werken prasentierte sich Bohm als nach Christian Tilitzki geradezu sklavisch en Anhanger des Neukantianismus 1 Nachdem Karl Jaspers 1937 in den Ruhestand versetzt worden war schlug Dekan Hubert Schrade dem Rektor Ernst Krieck Mitte August jenen Jahres vor auf eine Wiederbesetzung des Lehrstuhls wegen der augenblicklichen Lage der Philosophie in Deutschland zu verzichten stattdessen sollte das vakante Extraordinariat Ernst Hoffmanns durch einen Philosophen besetzt werden Der Vorschlag wurde positiv aufgenommen weil das Reichserziehungsministerium ohnehin einen Abbau der philosophischen Lehrstuhle forcierte Beim im Dezember prasentierten Dreiervorschlag aus Bohm Hans Georg Gadamer und Erwin Metzke nahm Bohm mit Abstand die Favoritenrolle ein da er schon seit langerer Zeit in der Gunst Kriecks stand Der Vorschlag nahm dabei Bezug auf Bohms im Herbst 1937 vollendetes Werk Anticartesianismus Deutsche Philosophie im Widerstand das als vielversprechender Versuch gewertet wurde eine nationalsozialistische Neuinterpretation der Philosophiegeschichte vorzunehmen die nur als Weltanschauungsgeschichte fortbestehen konne Bohm habe sich damit vollig vom Einfluss Rickerts gelost dies sei daran zu erkennen dass er sich nicht langer abstrakter Begriffe bediene und nicht der Versuchung unterliege Begriffsgeschichte als Geschichte der Philosophie hinzustellen Bohm der am 31 Mai 1937 die Aufnahme in die NSDAP beantragte und ruckwirkend zum 1 Mai desselben Jahres aufgenommen wurde Mitgliedsnummer 4 354 266 2 aber sonst nicht weiter politisch hervorgetreten war wurde daraufhin mit einem Vertretungsauftrag fur das Extraordinariat betraut welches ihm schliesslich Anfang 1938 ubertragen wurde Das Reichserziehungsministerium bestatigte dies ohne weiteren Kommentar und ohne einen Personalvorschlag prasentiert zu haben 3 1940 wurde Bohm einberufen Zum 1 Dezember 1941 erhielt er an der Reichsuniversitat Strassburg einen Lehrstuhl fur Philosophie und europaische Weltanschauungsgeschichte und wurde zum Direktor eines gleichnamigen Seminars ernannt Ziel sollte die Vertiefung der geschichtliche n Erkenntnis der weltanschaulichen Grundlagen der europaischen Kulturen und Vergegenwartigung der Leitwerte unserer volkischen Gemeinschaft in der konkret geschichtlichen Lage unserer Zeit sein Bohm war durch seine Einberufung aber noch hauptsachlich an Paris gebunden weshalb er seine Ambitionen nicht verwirklichen und sich auf gelegentliche publizistische Beitrage zur europaischen Weltanschauungsgeschichte beschranken musste 4 Bohm schrieb wahrend dieser Zeit auch Beitrage fur deutsche Besatzungszeitungen Brusseler Zeitung Deutsche Zeitung in den Niederlanden 5 Er nahm anschliessend wieder am Kriegsgeschehen teil geriet in Gefangenschaft und starb Anfang Marz 1946 in einem Lager in Lebedjan an Unterernahrung 6 Wirken BearbeitenZunachst ein Schuler Heinrich Rickerts wurde Bohm durch den Philosophiehistoriker Ernst Hoffmann die von Rickert nicht sonderlich beachtete Philosophie der Spatantike des Mittelalters und der Neuzeit von Augustin bis Descartes nahegebracht Hoffmann ermoglichte es Bohm auch lange Zeit vor seiner Dissertation Texte in der Badischen Lehrerzeitung zu veroffentlichen 7 Zur Zeit der Weimarer Republik ein kulturidealistischer Antimodernist schien er in seinem Aufsatz Das Kulturproblem zunachst einmal Rickerts ideale Kulturwerte darzulegen erlaubte sich aber einige Aktualisierungen wodurch er den hermetischen Charakter seiner Dissertation und Habilitation deutlich verliess Er publizierte zur 1500 Jahr Feier Augustins in der Badischen Lehrerzeitung eine Artikelserie und zeigte sich als Katholik empfanglich fur eine mittelalterliche Kulturtotalitat bzw Kultureinheit Zumindest die Universalitat des Geistigen stellte fur ihn eine dauerhafte Verpflichtung dar eine Verabsolutierung von modernen Erscheinungen dieser Totalitat wie Rasse Volk Nation oder was auch immer sich empirisch fur eine Anbetung ergebe erteilte er eine Absage Die Nation der Wirtschaftsabsolutismus Kapitalismus wie Marxismus hatten wieder in den Dienst der idealen Kultur zu treten Dabei sah Bohm fur diese Kultur wiederum die Notwendigkeit eine neuzeitliche Individualitat zuzulassen was ebenso sein Festhalten an der auf dem Nationalliberalismus aufbauenden Kulturphilosophie Rickerts zeigte als auch seine Ablehnung romantischer Regressionen 8 Die Kultur war fur Bohm ideal dazu geeignet eine Klassenversohnung zu erreichen Wahrend durch eine Hingabe an die immanente Gesetzlichkeit des okonomisch technischen Prozesses die Kultur nur noch ein Thema fur Wenige werde konne durch eine kulturelle Beherrschung des Prozesses die Kultur wieder zu einer Angelegenheit des Volkes werden Den Volksbegriff fixierte Bohm nicht ethnisch sodass er es fur wunschenswert hielt dass sich die Menschen im Sinne von Lessings Nathan auf einer gemeinsamen Ebene begegnen konnten 8 Nach der Machtergreifung anderte Bohm seinen Antimodernismus dahingehend dass er dessen religiose Erwartungen verscharfte der Sakularismus im Geschichtsverstandnis musse aufgegeben die Geschichte wieder religios begriffen und ein Gegensteuern zur aus der im 19 Jahrhundert erfolgten Ablosung von der Transzendenz eingeleitet werden Hier kam fur Bohm der Erste Weltkrieg gelegen der mit seinem Einbruch des Schicksals samtliche Illusionen uber die Universalitat der Kultur zerstort und erkennbar gemacht habe dass das Volk eine Wirklichkeit darstelle Fur Bohm fuhrte der Begriff des Volksgeistes die naturliche und kulturelle Eigenart eines Volkes in eine metaphysische Ordnung uber In dieser Ordnung werde die Eigenart Trager einer nicht selbst erteilten sondern nur erfahrbaren und unter grosstem Einsatz zu erfullenden Berufung 9 Fur Christian Tilitzki sieht dieser Einschluss des Volkes in eine metaphysische Ordnung die eine Sehnsucht Bohms nach unverfugbaren Handlungsnormen darstelle wie ein nicht uberwundener Katholizismus aus Der religiose Aspekt ging in der Folgezeit zuruck das Hauptmotiv aus der Weimarer Zeit der kulturkritische Ansatz blieb jedoch erhalten Die Werte und die menschheitliche Kultur waren nun durch das Volk und die in ihm wirkenden konstanten Krafte ersetzt worden die das Reich der Mittel als Ausdruck einer destruktiven Moderne unter Zwang in ein vernunftiges Ordnungssystem zuruckfuhren sollten Die fruheren Kulturwerte standen nun in diesem Konzept fur einen westlichen franzosischen Geist 10 Auch wenn Bohm mit Bezug auf seinen Anticartesianismus in Heidelberg fur das Extraordinat berufen wurde so hat das Werk doch viele Kritiker gefunden Gotthard Gunther verteidigte die Ratio gegen Bohms Tiraden gegen das Rationale wahrend Hermann Zeltner und Johannes Hoffmeister monierten dass Bohm sich in politisch historischer Polemik Zeltner bzw im Fragmentarischen Hoffmeister verliere Weitere Kritik bezog sich darauf dass Bohm sich schwer tue deutsche und abendlandische Traditionen zu trennen ausserdem wurde ihm vorgeworfen die Ur Feindschaft zwischen Abendland und Bolschewismus zu verdecken 11 Wahrend des kurzen Zeitraums bis zur Einberufung blieb Bohms Wirkung auf den wissenschaftlichen Nachwuchs gering Drei Promotionen gingen auf seine Anregung zuruck ansonsten agierte er meist als Korreferent Kriecks fur dessen Doktoranden und Habilitanden und betreute ehemalige Schuler Hoffmanns und Jaspers 12 Literatur BearbeitenChristian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Verlag Berlin 2002 ISBN 3 05 003647 8 Band 1 S 326 328 u 693 694 sowie Band 2 S 809 Rezensionen Berliner Zeitung FAZ H Soz Kult NZZ Tagesspiegel und Zeit Weblinks BearbeitenKonrad Lotter Franz Bohm Anti Cartesianismus Deutsche Philosophie im Widerstand Leipzig 1938 In Widerspruch Nr 13 Philosophie im deutschen Faschismus 1987 S 80Einzelnachweise Bearbeiten Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 326 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 3480508 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 692 693 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 694 Einberufung und Band 2 S 809 Lehrstuhl in Strassburg Brusseler Zeitung nach Rolf Falter De Brusseler Zeitung 1940 1944 in Historica Lovaniensia 137 Katholieke Universiteit Leuven Fakultat fur Geschichte Lowen 1982 S 72 In der Deutschen Zeitung in den Niederlanden in den Ausgaben vom 28 August und 7 November 1940 Digitalisierter Bestand der Koniglichen Nationalbibliothek der Niederlande Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 693 Fussnote 420 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 326 327 a b Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 327 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 693 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 693 694 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 694 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie Band 1 S 694 und Fussnote 424 auf dieser Seite Normdaten Person GND 120521717 lobid OGND AKS VIAF 67299606 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bohm FranzALTERNATIVNAMEN Bohm Franz Josef vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher PhilosophGEBURTSDATUM 16 Marz 1903GEBURTSORT MunchenSTERBEDATUM Marz 1946STERBEORT Lebedjan Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Franz Bohm Philosoph amp oldid 228570350