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Als factio lateinisch Plural factiones wurden im Romischen Reich zwei Formen von Zusammenschlussen bezeichnet Einerseits handelte es sich um informelle politische Verbindungen von Interessengruppen in der Romischen Republik andererseits um Organisationen die in der Kaiserzeit die Infrastruktur zum Betrieb der Zirkusspiele stellten Inhaltsverzeichnis 1 Republik 2 Kaiserzeit 3 Literatur 4 AnmerkungenRepublik BearbeitenZunachst wurden als factiones Zusammenschlusse von in der Regel hochrangigen Personen bezeichnet die dadurch gemeinsame Ziele durchsetzen wollten Diese Verbindungen konnten temporarer oder dauerhafter Natur sein In der spaten Republik bekam der Begriff einen pejorativen Charakter im Sinne von Klungel oder Koterie von oligarchischen Kraften 1 Den Zusammenschlussen haftete oft der Vorwurf der moralischen Minderwertigkeit an 2 In der Praxis konnten verschiedene Gruppen gemeint sein so politische Mitlaufer Verschworer wie Lucius Sergius Catilina und dessen Mitverschworer aber auch Zusammenschlusse wie der Gaius Iulius Caesars Gnaeus Pompeius Magnus und Marcus Licinius Crassus im ersten Triumvirat Marcus Tullius Cicero bezeichnete die Optimaten in ihrer Gesamtheit als factio 3 Grundsatzlich waren derartige Verbindungen nichts Anstossiges Neben amicitia und clientela waren die factiones eine der Saulen der romischen Politik In der Zeit nach dem Krieg gegen Hannibal begannen sich diese Zusammenschlusse herauszubilden doch veranderten sie in der spaten Republik ihre Form und waren somit ein augenfalliges Zeichen der Krise der Romischen Republik Mit dem Untergang der Republik fanden auch die politischen factiones ihr Ende Kaiserzeit Bearbeiten nbsp Pferderennen mit Teilnehmern aller vier Farben auf einem antiken romischen Mosaik aus LyonIn der Kaiserzeit vollzog sich schnell ein volliger Bedeutungswandel des Begriffes Nun waren es nicht mehr politische Gruppen sondern Zusammenschlusse von Rittern ohne die die Zirkusspiele nicht durchfuhrbar gewesen waren wenngleich dadurch wiederum politischer Einfluss erwuchs Sie stellten alles fur die Spiele Benotigte von Pferden Wagen und Wagenlenkern bis hin zu weiterem Personal und Sachleistungen zur Verfugung Die Direktoren der Zusammenschlusse wurden domini factionum genannt Sie waren sehr einflussreich und konnten noch bin in die Regierungszeit des Kaisers Nero hinein den Spielgebern die Bedingungen der Austragungen vorschreiben Es gab vier konkurrierende Zusammenschlusse die an ihren Farben erkennbar waren venetus blau prasinus grun russatus rot und albatus weiss Domitian fuhrte mit purpureus purpur und aureus gold zwei weitere Farben ein die sich aber nicht durchsetzen konnten und nach seinem Tod wieder verschwanden Die vier traditionellen Farben der romischen Wagenlenker wecken ausserdem Assoziationen zu den vier apokalyptischen Reitern denn diese tragen die Farben weiss rot schwarz und grunlich 4 Zunachst war die Anhangerschaft nicht an eine der Farben wie in der sehr spaten Kaiserzeit und dem fruhbyzantinischen Reich an die Zirkusparteien gebunden sondern vergaben ihre Gunst frei Einzig am Kaiserhof bildeten sich feste Zirkusparteien heraus Sowohl die Tuniken des Wagenlenkers als auch die Wagenkasten waren in den Farben der factiones gehalten und damit leicht erkennbar Noch im 2 Jahrhundert holten sich siegreiche Wagenlenker wie Gutta Calpurnianus und Gaius Appuleius Diocles ihre Siegespalmen in allen vier Farben gewandet ab Zunachst waren die Rennen in der augusteischen Zeit weitestgehend den Liebhabern und Kennern der Pferderennen vorbehalten das einfachere Volk vergnugte sich bei anderen Veranstaltungen Seit der Herrschaft Caligulas wurden sie zu einem bedeutenden Bestandteil der stadtromischen Unterhaltung ja zu stetigen Sensationen Obwohl die Spiele seit der Konigszeit durchgefuhrt wurden erwahnte erst Plinius der Altere nach den erhaltenen Quellen erstmals die factiones und die Farben 5 Zu seiner Zeit hatte sich das Verhaltnis des Publikums zum Spektakel schon stark verandert Mittlerweile interessierte die Zuschauer nicht mehr die Schnelligkeit eines Pferdes oder das Geschick eines Wagenlenkers sondern die Farbe des Gespanns das pannus der Lappen das Trikot Sie entschieden uber ihre Zugehorigkeit zu einer Farbe nicht objektiv sondern nach Gefuhl Zu Zeiten des Plinius war die Gunst wohl noch einigermassen gleichmassig unter den Farben verteilt Spater anderte sich das und blau und grun wurden die vorherrschenden Farben was wahrscheinlich an einer zufalligen Vorliebe der Kaiser lag Nero trug als Wagenlenker beispielsweise eine malachitgrune Tunika Die in den Hintergrund getretenen Farben weiss und rot wechselten zunachst frei in ihrer Zuordnung zu blau und grun spatestens in Konstantinopel wurde die weitere Nachfolge rot auf grun und weiss auf blau endgultig festgelegt In dieser Zeit wurde die Organisation auch von den selbststandigen factiones zu kaiserlich staatlichen Betrieben und letztlich Dienstleistern umgestaltet Im 4 Jahrhundert war diese Entwicklung abgeschlossen Spatestens zu dieser Zeit war es nicht mehr moglich dass ein so wichtiges Element des Staates wie die Spiele in der Hand von Privatleuten lagen Der Codex Theodosianus zeigt dass die Regelungen nach der Umwandlung in Staatsbetriebe sehr strikt waren etwa im Umgang mit ausgemusterten Pferden der Namensgebung oder der Futterlieferungen 6 Seit dem spaten dritten Jahrhundert konnten mehrfach siegreiche Wagenlenker Karriere in den factiones machen bis hin zum dominus factionis Als Dienstleister fur den Staat werden die factiones nun auch nicht mehr so oft in den Quellen erwahnt Haufiger werden die von den factiones betriebenen stabula die Rennstalle genannt Die kleineren von ihnen waren in der regio IX beim Circus Flaminius angesiedelt Seit Konstantin I wurde das System der Farben in die neue Hauptstadt Konstantinopel ubernommen Ebenso wurden fur beide Farben zwei Stalle das dihippion im Norden des Hippodroms erbaut In den byzantinischen Quellen erscheint der Begriff factiones jedoch nicht mehr da sie nicht mehr existierten Wahrend das System der Zirkusparteien uberdauerte hatte sich die Form der Organisation und des Betriebes der Rennen und der dazugehorigen Infrastruktur komplett gewandelt Literatur BearbeitenErwin Pollack Conditor factionis In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band IV 1 Stuttgart 1900 Sp 859 Erwin Pollack Dominus 3 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band V 1 Stuttgart 1903 Sp 1309 f Erwin Pollack Factionarius In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band VI 2 Stuttgart 1909 Sp 1954 Erwin Pollack Factiones In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band VI 2 Stuttgart 1909 Sp 1954 1957 Walter Eder Augusta Honle Factiones In Der Neue Pauly DNP Band 4 Metzler Stuttgart 1998 ISBN 3 476 01474 6 Sp 390 392 Anmerkungen Bearbeiten Gaius Iulius Caesar Der Burgerkrieg 3 82 83 Sallust Der Jugurthinische Krieg 31 15 Cicero Uber die Republik 3 23 Karl Heinrich Ostmeyer Vier Pferde Farben und factiones Die apokalyptischen Reiter und ihr zeitgeschichtlicher Hintergrund Offb 6 2 8 In Zeitschrift fur neutestamentliche Wissenschaft ZNT Band 113 Nr 1 De Gruyter 2022 S 99 121 Plinius Naturgeschichte 8 160 Codex Theodosianus 15 10 1 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Factio amp oldid 235173036