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Der Estherteppich ist ein Gobelin eines unbekannten Kunstlers der um 1560 entstanden ist Die verarbeiteten Materialien sind Leinen Wolle Seide und Metallfaden Er befindet sich seit 2005 in der Dauerausstellung des Pommerschen Landesmuseums und stammt aus der Kustodie der Universitat Greifswald 1 Estherteppichunbekannter Kunstler um 1560Leinen Wolle Seide Metallfaden335 259 cmPommersches Landesmuseum GreifswaldVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Bildinhalte 1 1 Bildthema 1 2 Bildbeschreibung 2 Objektgeschichte 2 1 Entstehungshintergrund 2 2 Aufbewahrungsorte 3 Kunsthistorische Forschung zum Objekt 4 Literatur 5 EinzelnachweiseBildinhalte BearbeitenBildthema Bearbeiten Der Wandteppich bildet Szenen aus dem alttestamentlichen Buch Esther ab laut welchem die judische Frau Esther Konigin von Persien wird und ihr Leben riskiert um ihr Volk vor einem vom Regierungsbeamten Haman geplanten Genozid zu bewahren 2 Bildbeschreibung Bearbeiten Auffallig bei der Darstellung aller Personen ist dass sie in ihrer Erscheinung dem Entstehungsraum und auch der Entstehungszeit angepasst wurden Die Gewandung erinnert eher an den mittelalterlich westlichen und christlichen Hof Das Innenfeld des Teppichs ist in drei Abschnitte unterteilt Im oberen Feld sind zwei Szenen dargestellt die optisch zunachst nicht voneinander abgegrenzt sind Der Chronologie zufolge sind sie von rechts nach links zu lesen In der rechten Halfte ist Mordechai der Ziehvater Esthers zu sehen welcher den Konig Xerxes vor einem Anschlag auf die Juden warnt Die Warnung wird durch die dargestellte Gestik der ausgestreckten Hande klar mit der er bestimmt auf den Konig weist Xerxes geht vor ihm in die Knie Die Arme halt er vor der Brust uberkreuzt wodurch sein Zepter zu Boden fallt Im linken Teil des oberen Abschnitts ist eine weitere abgeschlossene Szene zu erkennen In dieser wird Haman der Verrater der das judische Volk toten will von Konig Xerxes zum Tode verurteilt Esther steht rechts daneben und zeigt anschuldigend auf Haman Sie ist dem Geschehen zugewandt und durch eine Krone zu erkennen Hinter Haman steht eine Person die die Hande an Hamans Kopf hat um diesen zu scheren da ihn die Todesstrafe erwartet Die linke und rechte Szene sind durch einen gemeinsamen Hintergrund verbunden Dieser zeigt eine Landschaft mit Gebauden In dem mittleren und grossten Bereich kniet die gekronte Esther vor Konig Xerxes und bittet um Gnade fur ihr Volk Der Konig sitzt rechts von ihr mit uberkreuzten Beinen auf dem Thron Im Hintergrund befinden sich elf Personen die bis auf eine nicht naher identifiziert werden konnen Der Mann der zwischen Esther und Xerxes zu sehen ist konnte Haman sein aufgrund des ahnlichen Aussehens und der Platzierung zwischen den Hauptpersonen Die Szene tragt sich in einem Gebaude zu was anhand der Architektur im Hintergrund zu erkennen ist Es sind mehrere verzierte Saulen und Saulenbogen sowie Fenster zu sehen Uber Esther am oberen Rand der Szene befindet sich eine tabula ansata mit einer gestickten Inschrift die auf Ester 3 LUT hinweist Dieses Kapitel steht nicht in direkter Verbindung zu der hier dargestellten Audienzszene In der beschriebenen Stelle handelt es sich um Hamans Dekret und die Hintergrunde seines Plans Im unteren Bereich befinden sich zwei Felder die durch Saulen und flache Bogen voneinander getrennt sind In diesen Feldern befinden sich zwei Vollwappen die jeweils von einem Paar gehalten werden Das linke Feld weist einen blauen Hintergrund mit floralem Muster auf Das Wappen zeigt eine Windmuhle Das Wappen auf der rechten Seite ist vor einem roten Hintergrund dargestellt Auf diesem ist eine Frau in einem Kleid zu sehen Sie halt einen goldenen Strauss in der Hand Zwischen den beiden Wappen ist das Bildmotiv des Einhorns abgebildet das sich in den Schoss einer Jungfrau legt Die drei Felder mit dem Geschehen sind umgeben von einer Bordure mit Blattern Bluten und Fruchten Objektgeschichte BearbeitenEntstehungshintergrund Bearbeiten Den Wappen zufolge entstand der Estherteppich anlasslich der Hochzeit des Stralsunder Patriziers Jurgen Moller Sohn des Ratsherrn Roloff Moller und der namentlich unbekannten Tochter der Greifswalder Patrizier Johann Volschow und Anna Stevelin Das Wappen ihrer Familie befindet sich unten rechts auf dem Teppich das Familienwappen des Brautigams unten links 3 Einem Eintrag im Stralsunder Stadtbuch vom 22 Januar 1552 zufolge hat Roloff Moller an diesem Tag einen Brautschatz von Johann Volschow erhalten Dieser bestand aus unter anderem 1000 Gulden Schmuck Kleidung und dem Hochzeitsmahl Der Teppich wird nicht mit aufgefuhrt allerdings lasst sich aus dieser Aufzeichnung schliessen dass die Hochzeit vermutlich 1551 1552 stattgefunden hat 4 Somit wird auch der Teppich vor 1560 gefertigt worden sein Der Wirker der mit der Herstellung des Teppichs beauftragt wurde ist nicht bekannt An der deutschen Ostseekuste waren Wismar Lubeck und Stettin Hauptorte der niederdeutschen Bildwirkerei Die teilweise aus den Niederlanden und Frankreich zugewanderten Kunstler zogen umher allerdings waren die freien Ateliers eng miteinander verbunden Die Zuschreibung zu einem Wirker bzw einer Werkstatt gestaltet sich deshalb schwierig Der niederdeutsche Stil zeigt eine technische Vereinfachung und Vergroberung im Vergleich zu den niederlandischen Vorgangern Der Stil zeichnet sich zudem durch eine eckigere und sehr farbige Darstellung dar Die raumliche Komposition wurde aufgelost und es entstanden eher flachenhafte dekorative Arbeiten 5 Aufbewahrungsorte Bearbeiten Der Estherteppich befand sich vor dem Zweiten Weltkrieg im Besitz der Universitat Greifswald Es ist unklar wie er dorthin gelangt ist Er wurde zuvor beim Croy Fest ausgestellt war jedoch kein Teil der Testamente der Croy Familie Der Teppich konnte aus dem Nachlass von Phillip I stammen jedoch wurde diese Theorie in alteren Quellen bereits widerlegt 6 Eine weitere Moglichkeit ist dass der Teppich durch die Familie der Braut an die Universitat gelangt ist da diese bekannterweise finanzielle Unterstutzer der Institution waren 7 Als 1944 1945 abzusehen war dass die sowjetischen Truppen Pommern besetzen wurden war man bemuht die Kunst und Kulturguter der Universitat abzutransportieren Der Transport nach Gottingen wurde zunachst untersagt woraufhin die Objekte nach Lubeck gelangten 1951 kam der Estherteppich zusammen mit dem Croy Teppich im Kunstgutlager Celle unter Die Ruckfuhrung nach Greifswald gestaltete sich schwierig Viele Nachfragen der Universitat wurden ignoriert wodurch die Teppiche erst funf Jahre spater wieder nach Greifswald gelangten Am 8 Oktober 1956 kam es zur Ruckfuhrung der Objekte punktlich zur 500 Jahrfeier der Universitat Greifswald 8 Der Estherteppich befand sich in der Kustodie Greifswald bevor er durch Niessbrauch erworben wurde Seit 2005 ist er Teil der Dauerausstellung des Pommerschen Landesmuseum Greifswald 1 Er befindet sich in einer Glasvitrine gegenuber dem Croy Teppich im Ausstellungsabschnitt zur Universitatsgeschichte Kunsthistorische Forschung zum Objekt BearbeitenDie Literatur in der der Estherteppich rezipiert wird stammt grosstenteils aus der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts Nach 1995 lasst sich eine tiefgehende Abhandlung des Teppichs nicht finden In einer Publikation zu niederdeutschen Wandteppichen des 16 Jahrhunderts von Hermann Grotefend und Max Semrau aus dem Jahr 1912 findet sich ein detaillierter Beitrag zu historischen Hintergrunden Bildinhalten und Deutungen zur Darstellung 9 Grotefend und Semrau stellten die These auf dass die Inschrift als Ester 5 LUT statt Ester 3 LUT zu lesen ist da im funften Kapitel die gezeigte Audienzszene beschrieben wird 10 Heinrich Gobel fuhrte eine weitere bedeutende Idee in die Forschung ein Er bezeichnete den Estherteppich in einem Band zu Wandteppichen in west mittel ost und norddeutschen nord und osteuropaischen Landern von 1934 als Ausgangspunkt der dreigegliederten Darstellung bei burgerlichen niederdeutschen Tapisserien 11 Der Kunstwert des Gobelins wird in dieser Ausfuhrung kritisch betrachtet aufgrund der kunstlerischen Umsetzung und Technik 11 Im Uberblickswerk von Dora Heinz zu europaischen Wandteppichen von 1963 wird der Estherteppich in einen kunsthistorischen Kontext gesetzt Es wird genauer auf den niederdeutschen Stil der Bildwirkerei eingegangen 5 Birgit Dahlenburg veroffentlichte 1995 eine Abhandlung zu den Sammlungen der Universitat Greifswald 12 Darin wird der Estherteppich inhaltlich beschrieben Auch hier wird die Komposition und die anatomische Darstellung der Personen kritisiert und als unbeholfen beschrieben Der Estherteppich findet zudem haufig neben dem Croy Teppich Erwahnung So auch in Horst Diether Schroders Werk zur Geschichte des Croy Teppichs von 2000 8 Darin werden die Aufbewahrungsorte des Estherteppichs wahrend und nach dem Zweiten Weltkrieg beschrieben Literatur BearbeitenFritz Adler Das Stralsundische Geschlecht der Moller In Pommersche Jahrbucher Band 28 1934 ZDB ID 217929 5 S 3 26 Dieter Birnbaum Hrsg Jubilaumsansprachen und Festvortrage zum 525 Grundungstag der Universitat am 17 Okt 1981 Greifswalder Universitatsreden Neue Folge Nr 45 Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald Greifswald 1982 DNB 840175280 Birgit Dahlenburg Kulturbesitz und Sammlungen der Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald Cultural treasures and collections of Ernst Moritz Arndt University Greifswald Hrsg Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald Hinstorff Rostock 1995 ISBN 3 356 00630 4 Hermann Grotefend Max Semrau Eine Gruppe niederdeutscher Wandteppiche des 16 Jahrhunderts In Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift Zeitschrift des schlesischen Altertumsvereins Neue Folge Band 6 1912 ISSN 0259 7861 S 177 187 hier S 179 ff Niederschlesische digitale Bibliothek Digital S 193 205 hier S 197 ff Heinrich Gobel Wandteppiche 3 Teil Die germanischen und slawischen Lander Band 2 West Mittel Ost und Norddeutschland England Island Schweden Norwegen Danemark Russland Polen Litauen Brandus Berlin 1934 DNB 36598857X S 134 f hier S 134 doi 10 11588 diglit 13168 uni heidelberg de abgerufen am 27 August 2023 Dora Heinz Europaische Wandteppiche Bibliothek fur Kunst und Antiquitatenfreunde Band 37 Band I Von der Anfangen der Bildwirkerei bis zum Ende des 16 Jahrhunderts Klinkhardt amp Biermann Braunschweig 1963 DNB 451928857 S 304 306 Ernst Lucht Die Universitat Greifswald Hundert Bilder von ihren Bauten Geschichts und Kunstdenkmalern aus der Stadt Greifswald und ihrer Umgebung 2 Auflage Lindner Verlag Fritz Lindner Dusseldorf 1930 OCLC 230700596 Kap Die Croyteppiche und der Lutherbecher S 24 f Theodor Pyl Hrsg Die Genealogien der Greifswalder Rathsmitglieder von 1382 1647 Pommersche Genealogien Band 5 Greifswald 1896 Theodor Pyl Die Greifswalder Sammlungen vaterlandischer Altertumer Hrsg Gesellschaft fur Pommersche Geschichte und Altertumskunde Rugisch Pommersche Abteilung Heft 1 Greifswald 1897 S 100 Pkt 13 Scan in der Google Buchsuche Der kleinere Croyteppich Theodor Pyl Die Greifswalder Sammlungen vaterlandischer Altertumer Hrsg Gesellschaft fur Pommersche Geschichte und Altertumskunde Rugisch Pommersche Abteilung Heft 2 Greifswald 1897 S 108 Pkt 3 Scan in der Google Buchsuche als korrigierende Anmerkungen zu Victor Schultze Hrsg Die Kunstdenkmaler der Kon Universitat Greifswald 1896 zu S 15 Anm 25 auf S 27 Herrman Schmitz Bildteppiche Geschichte der Gobelin Wirkerei 3 Auflage Verlag fur Kunstwissenschaften Berlin 1922 OCLC 756383307 S 160 Scan Internet Archive Horst Diether Schroder Der Croy Teppich der Universitat Greifswald und seine Geschichte Hrsg Rektor der Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald 2000 ISBN 3 86006 146 1 S 55 58 Alfred Voeltzkow Karl Adam Die Familien Voelschow oder Voeltzkow mit Einschluss der von Voltzkow auf Voltzkow Ein Beitrag zur pommerschen Kulturgeschichte und Genealogie In Baltische Studien Anhang Band 10 1906 S 3 10 hier S 3 5 digitale bibliothek mv de Einzelnachweise Bearbeiten a b Materialordner Archiv Pommersches Landesmuseum Estherteppich Inventar Nr UNI Kustodie 5 Objektdatenblatt eingesehen am 17 Mai 2023 Buch Ester In Lutherbibel Online Deutsche Bibelgesellschaft abgerufen am 2 Juli 2023 Alfred Voeltzkow Karl Adam Die Familien Voelschow oder Voeltzkow mit Einschluss der von Voltzkow auf Voltzkow Ein Beitrag zur pommerschen Kulturgeschichte und Genealogie In Baltische Studien Anhang Band 10 1906 S 3 10 hier S 3 5 digitale bibliothek mv de Hermann Grotefend Max Semrau Eine Gruppe niederdeutscher Wandteppiche des 16 Jahrhunderts In Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift Zeitschrift des schlesischen Altertumsvereins Neue Folge Band 6 1912 ISSN 0259 7861 S 177 187 hier S 181 182 Niederschlesische digitale Bibliothek abgerufen am 25 August 2023 Digital S 193 205 hier S 198 199 a b Dora Heinz Europaische Wandteppiche Bibliothek fur Kunst und Antiquitatenfreunde Band 37 Band I Von der Anfangen der Bildwirkerei bis zum Ende des 16 Jahrhunderts Klinkhardt amp Biermann Braunschweig 1963 DNB 451928857 S 304 306 Theodor Pyl Die Greifswalder Sammlungen vaterlandischer Altertumer Heft 2 Greifswald 1897 S 108 Scan in der Google Buchsuche Die okonomische Selbstverwaltung der Universitat Greifswald in der Fruhen Neuzeit Universitat Greifswald abgerufen am 2 Juli 2023 a b Horst Diether Schroder Der Croy Teppich der Universitat Greifswald und seine Geschichte Hrsg Rektor der Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald 2000 ISBN 3 86006 146 1 S 55 58 Hermann Grotefend Max Semrau Eine Gruppe niederdeutscher Wandteppiche des 16 Jahrhunderts In Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift Zeitschrift des schlesischen Altertumsvereins Neue Folge Band 6 1912 ISSN 0259 7861 S 177 187 hier S 179 184 Niederschlesische digitale Bibliothek Digital S 193 205 Hermann Grotefend Max Semrau Eine Gruppe niederdeutscher Wandteppiche des 16 Jahrhunderts In Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift Zeitschrift des schlesischen Altertumsvereins Neue Folge Band 6 1912 ISSN 0259 7861 S 177 187 hier S 180 Niederschlesische digitale Bibliothek Digital S 196 a b Heinrich Gobel Wandteppiche 3 Teil Die germanischen und slawischen Lander Band 2 West Mittel Ost und Norddeutschland England Island Schweden Norwegen Danemark Russland Polen Litauen Brandus Berlin 1934 DNB 36598857X S 134 f hier S 134 doi 10 11588 diglit 13168 uni heidelberg de abgerufen am 27 August 2023 Birgit Dahlenburg Kulturbesitz und Sammlungen der Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald Cultural treasures and collections of Ernst Moritz Arndt University Greifswald Hrsg Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald Hinstorff Rostock 1995 ISBN 3 356 00630 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Estherteppich amp oldid 239023097