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Erich Albin Georg Karl Hengelhaupt 22 September 1911 in Magdeburg 1 15 Marz 1993 in Wohlen bei Bern 2 3 war im nationalsozialistischen Deutschen Reich SS Sturmbannfuhrer Leiter des Referates II D 1 Ost und der Amtsgruppe VI C des Reichssicherheitshauptamtes Leben BearbeitenNach dem Abitur sollte er auf Wunsch des Vaters Theologie in Leipzig studieren brach das Studium aber nach funf Semestern ab da wie er in seinem Lebenslauf vom 22 November 1938 schilderte dieses nicht mehr mit seiner politischen Uberzeugung vereinbar war Er wechselte im Wintersemester 1933 34 zum Studium der Zeitungswissenschaft Volkswirtschaftslehre und Soziologie Bereits zum Studienbeginn war er in die SA und den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund NSDStB eingetreten Zum 1 August 1930 schloss er sich der NSDAP an Mitgliedsnummer 295 880 4 Im Fruhjahr 1933 wurde er personlicher Referent des Fuhrers der Studentenschaft der Universitat Leipzig Herbert Hahn 5 Herbert Hahn hatte im Auftrag von Prof Hans Achgelis dem Rektor der Leipziger Universitat einen studentischen Sicherheitsdienst gebildet Achgelis war ein gluhender Nationalsozialist Der ihm unterstellte studentische Sicherheitsdienst sollte fur die Aufrechterhaltung der Ruhe und Sicherheit sorgen Hahn war ermachtigt Mitglieder des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes NSDStB einzustellen 6 Als SS Mitglied SS Nummer 324 972 machte er in der Kreisleitung des NSDStB Mitteldeutschlands Karriere und ubernahm im folgenden Semester die Fuhrung der Hochschulgruppe an der Universitat Leipzig Der steile Aufstieg des Studenten Erich Hengelhaupt ist mit seiner Funktion innerhalb dieses Sicherheitsdienstes an der Uni Leipzig verbunden Hengelhaupt wurde alsbald Fuhrer der Hochschulgruppe des NSDStB an der Universitat Leipzig und im September 1934 ernannte ihn der Gauleiter von Sachsen und Reichsstatthalter Martin Mutschmann zum Gaustudentenbundfuhrer in Sachsen womit Erich Hengelhaupt automatisch der Gauleitung der NSDAP in Sachsen angehorte 5 Vom Studentischen Sicherheitsdienst an der Uni Leipzig bis zum Sicherheitsdienst SD der SS war der Weg nicht mehr weit Gerade in der Universitatsstadt Leipzig rekrutierte der SD sein Fuhrungspersonal aus vormaligen Studentenfunktionaren Hengelhaupt wurde bereits 1934 als V Mann des SD Abschnitts Leipzig unter der Registriernummer 44 548 17 in der erhalten gebliebenen SD Kartei gefuhrt Schliesslich wurde er als hauptamtlicher Mitarbeiter in den SD ubernommen 7 Nach einer Vorlesung in Leipzig 1938 holte ihn Franz Alfred Six im November 1938 in das Wannsee Institut des SD unter Michael Achmeteli Hengelhaupt ubernahm hier das Fachgebiet sowjetische und kaukasische Emigration Seine Doktorarbeit schrieb er uber die Geschichte der nationalsozialistischen Presse im Gau Sachsen Am Institut fur Zeitungswissenschaften in Leipzig erhielt er einen Forschungsauftrag uber die volksdeutschen Siedlungen auf dem Balkan und in der UdSSR wobei ihn insbesondere die kaukasische Emigration interessierte 8 Hengelhaupt war damit fur die geheime wissenschaftliche Bearbeitung russischer kaukasischer und damit naturlich auch georgischer Emigranten im Auftrag der SS zustandig Sein neuer Chef im Wannsee Institut Michael Achmeteli war als geburtiger Georgier in der kaukasisch georgischen Emigration bestens vernetzt und konnte die notwendigen Kontakte vermitteln Michael Achmetelis Onkel Vladimir Lado Achmeteli ehemals georgischer Botschafter leitete gar die Kaukasische Vertrauensstelle in Berlin Diese war eine Einrichtung der Gestapo zur Kontrolle der Exil Kaukasier Hengelhaupt spezialisierte sich auf die Emigranten aus der Sowjetunion uber die er bereits in Leipzig geforscht hatte Im Januar 1939 war Hengelhaupt kurze Zeit zur Einarbeitung in der Zentralabteilung II im SD Hauptamt Weltanschauliche Gegner tatig wo er als SS Bewerber fur die Abteilung II 111 Freimaurer verantwortlich war 9 Nach Grundung des Reichssicherheitshauptamtes RSHA im September 1939 wurde Hengelhaupt aus dem Wannsee Institut herausgelost und bekam einen Posten als Obersturmfuhrer und Referent beim Inlands SD Amt II Weltanschauliche Gegner Abteilung II D Auslandsprobleme Er leitete hier das Referat II D 1 Ost zustandig fur die osteuropaische Emigration 10 Anfang 1940 wurde das Wannsee Institut offiziell in ein Sonderreferat des Amtes VI im Reichssicherheitshauptamt umgewandelt und dem Bereich Ausland C Russisch Japanisches Einflussgebiet Osten unter der Leitung von Heinz Grafe unterstellt 11 Nach der Besetzung Warschaus und der Aufteilung Polens kam die Beobachtung der Emigranten in Warschau unter deutsche Kontrolle Es entstand nach bewahrtem Muster auch in Warschau eine Kaukasische Vertrauensstelle fur das gesamte Generalgouvernement wie man den Teil Polens nun nannte der nicht in das Reichsgebiet eingegliedert wurde Die Vertrauensstelle in Warschau unterstand zwar der Gestapo hatte aber auch den Auftrag die Warschauer Emigrantenkreisen zu beobachten Das war wiederum auch Aufgabe von Hengelhaupt Eine Folge von Hengelhaupts Fokussierung auf Auslandsprobleme und Emigration war 1940 seine Versetzung vom Inlands SD Auslandsprobleme zum Auslands SD und damit zum Amt VI des RSHA Weltanschauliche Gegner im Ausland Bereits 1939 hatte Hengelhaupt uber das Wannsee Institut des SD das mit der Auslandswissenschaftlichen Fakultat der Universitat Berlin gekoppelt war den Exilrussen Georg Youri Gerebkow kennengelernt Nachdem Gerebkow die Emigrantenszene in Paris bestens kannte erstellte er 1940 fur Hengelhaupt und das RSHA einen Bericht uber die russische Emigration in Paris 12 Nachdem die Wehrmacht 1940 in Frankreich einmarschierte und Paris besetzte gerieten die dortige Emigrantenkolonien in den Machtbereich Hitlers Im September 1940 traf Erich Hengelhaupt zusammen mit Georg Gerebkow beim Einsatzkommando Paris ein um sich insbesondere um die Emigrantenszene zu kummern Hengelhaupt sorgte dafur dass die in Paris zur Kontrolle der Emigranten einzurichtenden Vertrauensstellen von Personen gefuhrt wurden die fur den SD arbeiteten Fur die Russen richtete Erich Hengelhaupt im August September 1940 eine Russische Vertrauensstelle ein bei der sich alle Exilrussen registrieren lassen mussten Leiter dieser Vertrauensstelle wurde Georg Gerebkow Gerebkow agierte dort als Vertrauensmann des Reichssicherheitshauptamtes sollte sowjetische Agenten ausfindig machen und gab die Propagandazeitung Paris Messenger in russischer Sprache heraus Gerebkow warb in Paris eine grossere Anzahl von Russen fur Dolmetscherdienste an der Ostfront 12 Zudem liess Hengelhaupt auch einen Kaukasischen Arbeitsstab nach demselben Muster errichten Als Kontaktperson hatte bei den Georgiern hatte Hengelhaupt Michael Kedia genannt bekommen Kedia gehorte zu den engsten Vertrauten des georgischen Exilregierungschefs Noe Schordania und leitete diesen Kaukasischen Arbeitsstab in Paris der nichts anderes als eine Vertrauensstelle war Kedia war von den anderen Vertretern der Kaukasier dazu gehorten Armenier Aserbaidschaner und Nordkaukasier als ihr Vertreter gegenuber den deutschen Behorden in Paris gewahlt worden 13 14 Hengelhaupt war vermutlich bewusst dass er mit Michael Kedia einen Erzfeind von Lawrenti Beria anheuerte denn Beria hatte 1919 bis 1921 die Familie Kedia in Georgien ausgespaht Seither bestand eine intensive Feindschaft zwischen den Familien Kedia und Beria 15 Allerdings musste sich Hengelhaupt den Kontakt zu Kedia mit dem Amt Ausland Abwehr teilen denn Kedia war auch von Beauftragten der Abwehr II bei der Abwehrstelle Paris aufgesucht worden Die Abwehr II zustandig fur Sabotage und Zersetzung hatte ebenfalls Interesse an den Georgiern und wollte Agenten fur die Abwehr II anwerben 16 Hengelhaupt wird bereits 1941 als Angehoriger der Einsatzgruppe A im Baltikum genannt Er war Angehoriger des personlichen Stabes von Walter Stahlecker dem Leiter der Einsatzgruppe A wie einem Gerichtsverfahren gegen Angehorige der Einsatzgruppe A zu entnehmen ist Hengelhaupt war in dieser Zeit in unbekannter Weise in den Eroberungskrieg des RSHA im Osten eingebunden 17 Seine Tatigkeit danach bis etwa Anfang 1942 hatte sehr wahrscheinlich mit der Informationsgewinnung aus den Kriegsgefangenenlagern fur den SD zu tun die im Oktober 1941 angelaufen war Aus diesen Befragungen entwickelte sich das Sabotage und Zersetzungsunternehmen Zeppelin des SD mit Hilfe von Freiwilligen Im Zeitraum Oktober 1941 bis Anfang 1942 bemuhten sich Heinz Grafe im Vorfeld der Grundung des Unternehmen Zeppelin um die Nutzung russischer Kriegsgefangener Zusammen mit Grafe besuchte Hengelhaupt im April 1942 mehrfach das Vernichtungslager Auschwitz 18 Am 14 Marz 1942 heiratete Hengelhaupt in Posen die aus St Petersburg stammende Baltendeutsche Mary Mietens Die nunmehrige Mary Hengelhaupt arbeitete danach zu einem nicht bekannten Zeitpunkt bei Gerhard Teich im Auswertungsreferat 3 des RSHA VI C Gerhard Teich und Erich Hengelhaupt waren eng befreundet 19 Ab 1942 war Hengelhaupt Leiter der Referatsgruppe VI C1 3 des RSHA und damit Stellvertreter von Heinz Grafe der die Gruppe VI C fuhrte Am 21 Juni 1943 wurde Erich Hengelhaupt zum Sturmbannfuhrer befordert Hengelhaupt war mit seinen fur Russland zustandigen Referaten bei VI C wahrend des gesamten Krieges eine Schlusselfigur der deutschen politischen Spionage gegen Sowjetrussland und war zeitweise auch gesamtverantwortlich fur das Sabotage und Zersetzungsunternehmen Zeppelin Unter Hengelhaupt hatte das Unternehmen Zeppelin des SD sogar 1944 ein Attentat auf Josef Stalin versucht Die beiden Attentater ein Paar wurden verraten und erst nach dem Krieg hingerichtet 20 Am 5 Oktober 1943 nahm Hengelhaupt als Vertreter des RSHA zusammen mit SS Obersturmbannfuhrer und Oberregierungsrat Heinz Grafe an einer Besprechung im Ostministerium uber die Kaukasusvolker teil Nach Grafes Unfalltod Ende Januar 1944 wurde er dessen Nachfolger als Leiter der Amtsgruppe VI C Russisch Japanisches Einflussgebiet Osten des RSHA Im Nurnberger Hauptkriegsverbrecherprozess wurde der Leiter des Amtes VI im RSHA Walter Schellenberg als Zeuge mit einem verbrecherischen Befehl zur Totung kranker Aktivisten beim Unternehmen Zeppelin konfrontiert Schellenberg wollte ihn nicht gekannt haben 21 Herausgeber des im Original nicht erhaltenen geheimen Vernichtungsbefehls vom 1 Dezember 1942 war das Referat RSHA VI C 1 unter dem Aktenzeichen B Nr 54120 42 Dieses Referat unterstand Erich Hengelhaupt der den Befehl nicht nur gekannt sondern auch gebilligt haben musste Hengelhaupt wurde nie dafur verantwortlich gemacht Kurz vor Kriegsende setzte sich Erich Hengelhaupt zusammen mit einigen Georgiern um den georgischen Politiker Michael Kedia und dem Abteilungsleiter im Ostministerium Gerhard von Mende in Richtung Schweiz ab Hengelhaupts Schwiegermutter hatte die schweizerische Staatsburgerschaft und Verwandte in der Schweiz Hengelhaupt tauchte dann jedoch unter falschem Namen unter und lebte 1946 in Fussen Allgau Von 1946 bis 1947 arbeitete er zusammen mit Gerhard von Mende und dem Georgier Michael Alschibaja fur den britischen Geheimdienst 22 Im April 1948 ging er mit einem Besuchervisum in die Schweiz zu seiner Frau Als Deutscher unterlag er der Fremdenkontrolle doch er erhielt mit Hilfe seiner Frau und deren Mutter unter Angabe eines total gefalschten Lebenslaufes immer wieder eine Aufenthaltsgenehmigung Erich Hengelhaupt begann 1951 in der Schweiz ein Chemie Studium und wurde 1953 Betriebsleiter in einem schweizerischen Chemieunternehmen in Zurich 23 Nach Aussage seiner Frau lehnte er einen Versuch Gehlens ab ihn fur die Organisation Gehlen zu gewinnen 24 Literatur BearbeitenMichael Wildt Generation des Unbedingten Das Fuhrungskorps des Reichssicherheitshauptamtes Hamburger Edition HIS Verlagsges mbH 2002 ISBN 3 930908 75 1 Einzelnachweise Bearbeiten Standesamt Magdeburg Geburtsregister fur das Jahr 1911 Geburtsurkunde Nr 2323 1911 Standesamt Wohlen bei Bern Band 6 Seite 61 Nr 5 Gedenktafel Historischer Kalender oder Der hinkende Bot Band Jahr 267 1994 p 91 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 14771185 a b Michael Wildt Generation des Unbedingten Das Fuhrungskorps des Reichssicherheitshauptamtes 2 Auflage Hamburger Edition Hamburg 2002 ISBN 3 930908 75 1 S 128 Leipziger Tageszeitung vom 31 Marz 1933 zitiert bei Hannah Arendt Institut fur Tolitarismusforschung https hait tu dresden de ext forschung der freiheitskampf artikel asp id 9821 2 5 2021 Carsten Schreiber Elite im Verborgenen In Studien zur Zeitgeschichte herausgegeben vom Institut fur Zeitgeschichte Band 77 R Oldenbourg Munchen 2008 ISBN 978 3 486 58543 8 S 339 Michael Wildt Generation des Unbedingten S 408 Lutz Hachmeister Der Gegnerforscher Die Karriere des SS Fuhrers Franz Alfred Six C H Beck Munchen 1998 ISBN 3 406 43507 6 S 178 Geschaftsverteilungsplan RSHA vom 1 Februar 1940 Geschaftsverteilungsplan des Reichssicherheitshauptamtes Stand 1 Januar 1941 a b CIA Freedom of Information Act FOIA GEREBKOV Georg 0006 0008 0051 Michael Wildt Generation des Unbedingten S 517 518 Francoise Thom Beria Le Janus du Kremlin Les Editions du CERF Paris 2013 ISBN 978 2 204 10158 5 S 254 Francoise Thom Beria Le Janus du Kremlin S 768 Angaben Erwin von Lahousen The National Archives Kew KV 2 173 2 Blatt 6 und Friedrich Baumeister Oberst Rudolph KV 2 266 1 Blatt 20 Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg 141 Js 534 60 zur Einsatzgruppe A Michael Wildt Generation des Unbedingten S 673 674 Angaben von Reiner Olzscha in sowjetischer Gefangenschaft BstU Kompendium ZR 290 zum Unternehmen Zeppelin Der Spiegel Nr 30 1967 S 43 49 Andreas Weigelt Klaus Dieter Muller Thomas Schaarschmidt Mike Schmeitzner Todesurteile sowjetischer Militartribunale gegen Deutsche 1944 1947 Vandenhoeck amp Ruprecht 2014 S 240 243 Igor Lander Attentatsversuch gegen Stalin Der Fall Tavrin Shilo Labyrinth e books Kapitel 8 Die Deutschen in Russisch Aussage Walter Schellenberg beim Nurnberger Tribunal NMT Prozessunterlagen Band XIV S 580 CIA Freedom of Information Act Mende Gerhard von 0076 sowie Counterintelligence Report 213 Operation RUSTY March 1947 The CIA and Nazi War Criminals National Security Archive Electronic Briefing Book No 146 edited by Tamara Feinstein February 4 2005 Document 39 April 1 1947 https nsarchive2 gwu edu NSAEBB NSAEBB146 index htm Schweizerisches Bundesarchiv BAR E4301 1992 36 6310 HENGELHAUPT ERICH 1911 09 22 Michael Wildt Generation des Unbedingten S 778 PersonendatenNAME Hengelhaupt ErichALTERNATIVNAMEN Hengelhaupt Erich Albin Georg Karl vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher SS Sturmbannfuhrer im Dritten ReichGEBURTSDATUM 22 September 1911GEBURTSORT Magdeburg Deutsches ReichSTERBEDATUM 15 Marz 1993STERBEORT Wohlen Kanton Aargau Schweiz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erich Hengelhaupt amp oldid 239059997