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Dimitar Jossifow Peschew bulgarisch Dimitr Peshev wiss Transliteration Dimităr Pesev 13 jul 25 Juni 1894greg in Kjustendil Bulgarien 22 Marz 1973 Sofia war ein burgerlich nationaler bulgarischer Politiker Er setzte sich wahrend des Zweiten Weltkriegs aktiv fur die bulgarischen Juden ein Standbild von Dimitar Peschew in KjustendilDer Rechtsanwalt Peschew zog als Abgeordneter in das bulgarische Parlament ein Er trat auch fur Grossbulgarien ein das bedeutete damals die Annexion der jugoslawischen und griechischen Teile Makedoniens und der rumanischen Dobrudscha 1935 war er kurze Zeit Justizminister und verantwortlich fur die Einfuhrung der Zivilehe Er verhinderte am 9 Marz 1943 in seiner Eigenschaft als stellvertretender bulgarischer Parlamentsprasident durch seine Intervention bei Innenminister Gabrowski und gegenuber dem bulgarischen Zaren Boris III den Abtransport der bulgarischen Juden Am 8 Marz 1943 waren in den Bahnhofen die Waggons zur Deportation in die Vernichtungslager Treblinka 1 bereitgestellt worden Daruber hatte ihm am Abend des 8 Marz eine Delegation aus seinem Heimatswahlkreis Kjustendil berichtet Inhaltsverzeichnis 1 Manifest zur Beendigung antisemitischer Massnahmen 2 Bulgarisch orthodoxe Kirche 3 Aussetzung der antijudischen Massnahmen 4 Nachkriegszeit 5 Wurdigung seiner Verdienste 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseManifest zur Beendigung antisemitischer Massnahmen BearbeitenPeschew arbeitete nachdem er die unmittelbar bevorstehenden Deportationen der Juden verhindern konnte ein Manifest zur Beendigung antisemitischer Massnahmen aus das von ihm und 42 weiteren Abgeordneten unterzeichnet wurde Dieses Manifest uberreichte er am 17 Marz 1943 personlich dem Leiter der Staatskanzlei Damit war der entscheidende Schritt getan Der bislang weitestgehend im Geheimen von Theodor Dannecker und dem bulgarischen Kommissar fur Judenfragen Aleksandar Belew beschlossene Plan zur Deportation der 50 000 bulgarischen Juden war offentlich geworden Bulgarisch orthodoxe Kirche BearbeitenSchliesslich intervenierte am 24 Mai 1943 auch die bulgarisch orthodoxe Kirche Das in der bulgarischen Offentlichkeit sehr angesehene Kirchenoberhaupt Stefan von Sofia wandte sich nachdem er noch eine Delegation aus Vertretern der judischen Gemeinde empfangen hatte unmittelbar an Zar Boris III und forderte ihn auf die Deportationen unverzuglich auszusetzen da diese in fundamentalem Gegensatz zur traditionellen Toleranz der Bulgaren stunden Im Ubrigen wurde auch Gott ihn fur seine Taten zur Rechenschaft ziehen Noch am selben Tag zelebrierte Metropolit Stefan auf dem Alexander Newski Platz ein Tedeum und nahm die Juden offentlich in Schutz Er selbst nahm den Grossrabbiner von Sofia unter personlichen Schutz Aussetzung der antijudischen Massnahmen BearbeitenAufgrund der nunmehr projudischen Stimmung in der gesamten bulgarischen Gesellschaft sah sich auch Boris III gezwungen eine die Deportationen ablehnende Position zu beziehen was er im Hinblick auf die Bundnispolitik mit Nazideutschland bislang vermieden hatte Zwar lavierten Boris III und die bulgarische Fuhrung wegen einer drohenden deutschen Besetzung Bulgariens in der Deportationsfrage gegenuber Nazideutschland das immer wieder den Vollzug der vorbereiteten Deportationen von der bulgarischen Regierung forderte noch einige Zeit aber der entscheidende Schritt mit dem notwendigen Aufschub der Massnahmen war getan Der Druck auf die judische Bevolkerung liess nach den Ereignissen vom 24 Mai 1943 sofort nach Am 31 August 1944 wurde dann das Gesetz zum Schutz der Nation mit allen antijudischen Regelungen ausser Kraft gesetzt Damit konnten die bulgarischen Juden dank der politischen Initiative des Abgeordneten Peschews wieder in ihre Heimatorte zuruckkehren entfiel das obligatorische Tragen des gelben Judensterns und durften sie sich auch wieder ihrer bulgarischen Namensendungen bedienen Etwa zur selben Zeit zwischen dem 5 Mai und dem 7 Juni 1944 wurden noch 300 000 ungarische Juden in die Vernichtungslager deportiert Dagegen konnten nach Kriegsende die bulgarischen Juden mit staatlicher Zustimmung nach Israel ausreisen was der weitaus grosste Teil der judischen Bevolkerung 45 000 auch ausnutzte Nachkriegszeit BearbeitenAm Ende des Zweiten Weltkriegs hielt Peschew sofort entschiedene Distanz zu der mit sowjetischer Unterstutzung an die Macht gelangten kommunistischen Regierung Daraufhin wurde er offiziell wegen seiner Aktivitaten angesichts der extrem rechtsgerichteten Politik des bulgarischen Parlaments u a Verabschiedung von Rassengesetzen ungeachtet seiner nicht zu uberschatzenden Verdienste bei der Rettung der bulgarischen Juden vor ihrer unmittelbar bevorstehenden Vernichtung vor Gericht gestellt und am 1 Februar 1945 zu einer funfzehnjahrigen Freiheitsstrafe verurteilt Er kam jedoch bereits nach anderthalb Jahren aufgrund einer Begnadigung aus der Haft frei Nur aufgrund des Einflusses eines alten Schulfreundes entging Peschew dann Anfang 1948 der Internierung in einem der auf Beschluss des Zentralkomitees der Bulgarischen Kommunistischen Partei eingerichteten Umerziehungslager in die die sogenannten asozialen Elemente Arbeitsscheue Trinker Rowdys usw aber auch politische Gegner eingeliefert wurden Wurdigung seiner Verdienste BearbeitenPeschews Verdienste wurden zu seinen Lebzeiten weder in Bulgarien noch international auch nicht von judischer oder israelischer Seite gewurdigt Die bulgarischen Regierungen hatten stets eine Publizierung der tatsachlichen Vorgange vom Marz 1943 verhindert um nicht zuletzt auch die Rolle der bulgarischen Kommunisten im Zusammenhang mit der vorgesehenen Deportation der judischen Bevolkerung ins Licht der Offentlichkeit rucken zu lassen da diese durchaus nicht so engagiert und tatkraftig war wie dies von offizieller Seite stets dargestellt worden war Daruber hinaus schrieb eine oberflachliche Geschichtsschreibung den entscheidenden Anteil an der Rettung der bulgarischen Juden Zar Boris III zu der letztlich zwar die exekutiven Massnahmen zur Aussetzung der Deportationen eingeleitet hatte jedoch ohne die Zivilcourage Peschews trotz personlicher Kenntnis von den geplanten Judendeportationen wohl kaum aktiv geworden ware Peschew starb vollig verarmt am 20 Februar 1973 in seiner kleinen Sofioter Wohnung nachdem er im Januar desselben Jahres in die Liste Gerechter unter den Volkern aufgenommen worden war Trotzdem wurde die breite Offentlichkeit erst durch die Ermittlungen des italienischen Essayisten Gabriele Nissim der die Ergebnisse in einem 1998 erschienenen Buch veroffentlichte auf Peschews Wirken aufmerksam gemacht In dessen 2000 in einer deutschen Ubersetzung erschienenem Buch schildert er Peschews personlichen Mut und seine politische Unerschrockenheit die 48 000 bulgarischen Juden das Leben rettete In seinem Geburtshaus in Kjustendil befindet sich seit 2002 ein Museum fur Dimitar Peschew Die internationale Raoul Wallenberg Stiftung hat eine Medaille mit seinem Bild herausgegeben Am 17 November 1998 wurde seiner im Europaischen Parlament und am 1 Mai 2000 in der Knesset offiziell gedacht Zu seinen Ehren wurde ein Baum im Garten der Gerechten in Jerusalem gepflanzt Seitdem fanden weltweit Gedenkveranstaltungen fur ihn statt In Deutschland prasentierte am 21 Marz 2000 der damalige Bundestagsprasident Wolfgang Thierse das Buch im Bundestag Seit 2002 tragt der Peshev Ridge auf der Livingston Insel in der Antarktis seinen Namen Literatur BearbeitenGabriele Nissim L uomo che fermo Hitler La storia di Dimitar Peshev che salvo gli ebrei di una nazione intera Mondadori Milano 1998 ISBN 88 04 42209 2 Gabriele Nissim Der Mann der Hitler stoppte Dimitar Pesev und die Rettung der bulgarischen Juden Siedler Verlag Berlin 2000 ISBN 3 88680 694 4 Gabriele Nissim Peschew Protest In Dan Diner Hrsg Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur EJGK Band 4 Ly Po Metzler Stuttgart Weimar 2013 ISBN 978 3 476 02504 3 S 509 512 Michael Bar Zohar Beyond Hitler s grasp The heroic rescue of Bulgaria s Jews Adams Media Corporation Avon MA 1998 ISBN 1 58062 060 4 Dimitr Peshev Spomeni IK Gutenberg Sofiya 2004 Dimitar Peschew Erinnerungen Verlag Gutenberg Sofia 2004 posthum erschienen nur auf Bulgarisch erhaltlich ISBN 954 9943 73 9 Tzvetan Todorov La fragilite du bien Le sauvetage des juifs bulgares Textes reunis et commentes par Tzvetan Todorov Traduit du bulgare par Marie Vrinat et Irene Kristeva Albin Michel 1999 Paris Auswahl und Kommentar zeitgenossischer Texte ubersetzt ins Franzosische darunter auch Auszuge aus Peschews Erinnerungen ISBN 2 226 11086 0 Angel Dzhonev Ksha Muzej Dimitr Peshev Kyustendil 2005 Angel Dzonev Museumshaus Dimitar Peschew Kustendil 2005 Bulgarisch Englisch ISBN 954 8191 09 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Dimitar Peshev Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Dimitar Peschew im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Einige Details uber die Zeit vor und nach seiner Rettungsaktion Informationen uber Peschew Eintrag uber Ditmar Peschev auf der Internetseite von Yad VashemEinzelnachweise Bearbeiten Israel Gutman u a Hrsg Enzyklopadie des Holocaust Munchen und Zurich 1995 ISBN 3 492 22700 7 S 264 Normdaten Person GND 121063798 lobid OGND AKS LCCN no98094617 VIAF 98115464 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Peschew DimitarALTERNATIVNAMEN Peschew Dimitar Jossifow Pesev Dimitar DNB KURZBESCHREIBUNG bulgarischer PolitikerGEBURTSDATUM 25 Juni 1894GEBURTSORT Kjustendil BulgarienSTERBEDATUM 22 Marz 1973STERBEORT Sofia Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dimitar Peschew amp oldid 236705862