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Dieser Artikel behandelt die Diffusivitat insbesondere aus dem Blickwinkel der NMR Fur die allgemeine Bedeutung als Diffusionskoeffizient siehe dort Diffusivitat von lateinisch diffundere ausdehnen zerstreuen ausstromen lassen ist die Eigenschaft eines Materials die Ausbreitung von gelosten Stoffen zu ermoglichen Der Ausbreitungsprozess selbst wird als Diffusion bezeichnet Der Begriff steht einerseits fur den Diffusionskoeffizienten 1 aber insbesondere in festem Material im ubertragenen Sinne fur die Fahigkeit Diffusion zuzulassen In der ubertragenen Bedeutung wird er insbesondere in den Neurowissenschaften im Zusammenhang mit Korpergewebe und der in ihr enthaltenen Gewebsflussigkeit verwendet aber auch in der Hydrologie Grundwasser der Festkorperphysik und der Thermodynamik Warmediffusivitat Im Gegensatz zur Diffusion in flussigen oder gasformigen Medien kann sich ein geloster Stoff im Festkorper z B wegen der Kristallgitter Struktur aber auch Flussigkeit in festem Material z B wegen Bodenschichten Nervenfasern im Allgemeinen nicht in alle Richtungen gleichermassen ausbreiten Bestimmte Richtungen werden bevorzugt und es herrscht Anisotropie In diesem Falle steht im 1 Fickschen Gesetz anstelle des Diffusionskoeffizienten der Diffusionstensor eine symmetrische 3 3 Matrix mit reellen nichtnegative Eigenwerten Die richtungsabhangige Ausbreitung im Gewebe wird als scheinbare Diffusion bezeichnet die Hauptdiagonalelemente des Diffusions Tensors als scheinbare Diffusionskoeffizienten auch ADC fur apparent diffusion coefficient Zur quantitativen Beschreibung der scheinbaren Diffusion und der damit verbundenen Anisotropie werden verschiedene Masszahlen verwendet die unter anderem aus den Eigenwerten des Diffusionstensors gebildet werden So misst z B die fraktionale Anisotropie FA wie stark die Eigenwerte sich voneinander unterscheiden d h wie stark sich die Diffusivitat in verschiedenen Richtungen unterscheidet Die fraktionale Anisotropie und die relative Anisotropie RA werden zusammen mit mittlerer axialer und radialer Diffusivitat weiter unten behandelt In geisteswissenschaftlichen Disziplinen wird der Begriff ubertragen fur den Grad gebraucht in dem sich etwas ausbreiten oder verschoben bzw auf andere Gebiete angewandt werden kann 2 3 4 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Messung und Anwendung 3 Masszahlen 3 1 Mittlere Diffusivitat 3 2 Axiale Diffusivitat 3 3 Radiale Diffusivitat 3 4 Fraktionale Anisotropie 3 5 Relative Anisotropie 3 6 Volumenverhaltnis 4 Literatur 5 EinzelnachweiseHintergrund Bearbeiten Hauptartikel Diffusion Diffusion von gelosten Stoffen wird durch die Fickschen Gesetze beschrieben Das erste dieser beiden Gesetze j D c x displaystyle j D frac partial c partial x nbsp sagt aus das die Teilchenstromdichte j displaystyle j nbsp linear vom Gradienten der Konzentration c displaystyle c nbsp abhangt je grosser an zwei Orten der Unterschied in der Konzentration des gelosten Stoffes ist desto mehr Teilchen werden von der hoheren zur niedrigeren Konzentration fliessen Der Koeffizient D displaystyle D nbsp wird dabei der Diffusionskoeffizient oder die Diffusivitat genannt Diese Beschreibung kann fur verschiedenste Transportprozesse angewandt werden die von in Flussigkeiten gelosten chemischen Stoffen uber elektrische Leitung bis hin zur Warmeleitung reichen Die einfache Beschreibung durch das eindimensionale Gesetz oben bricht jedoch immer dann zusammen wenn der Transport in bestimmten Richtungen bevorzugt ablaufen kann in anderen aber behindert wird Man spricht dann von Richtungsabhangigkeit oder Anisotropie Mogliche Grunde fur eine Anisotropie konnen sein dass bestimmte Stellen im Festkorper grossere Konzentrationen des gelosten Stoffes aufnehmen konnen So konnen sich in Stahl an der Rissspitze von Versetzungen hohere Konzentrationen von gelostem Wasserstoff ansammeln 5 Auch bei der Beschreibung der Warmeleitung spielen Unterschiede der Warmekapazitat des Materials eine Rolle weshalb zwischen der Temperaturleitfahigkeit die auch Warmediffusivitat genannt wird und der Warmeleitfahigkeit unterschieden werden muss Viel drastischer ist die Richtungsabhangigkeit jedoch in Korpergewebe in dem bereits in gesundem Gewebe Zellmembranen den freien Fluss der Gewebsflussigkeit behindern 6 Im Falle von Anisotropie tritt an die Stelle des obigen eindimensionalen Gesetzes j D c displaystyle vec j overline overline D nabla c nbsp in dem nun D D x D x y D x z D y x D y D y z D z x D z y D z displaystyle overline overline D begin bmatrix D x amp D xy amp D xz D yx amp D y amp D yz D zx amp D zy amp D z end bmatrix nbsp eine 3 3 Matrix ist die als Diffusions Tensor bezeichnet wird Diese Matrix ist symmetrisch und hat daher nur sechs unabhangige Komponenten die in einer Variante der Voigtschen Notation als ein Vektor D D x D x y D x z D y D y z D z T displaystyle overline D D x D xy D xz D y D yz D z T nbsp geschrieben werden konnen Die Eigenwerte des Diffusions Tensors werden mit l 1 displaystyle lambda 1 nbsp l 2 displaystyle lambda 2 nbsp und l 3 displaystyle lambda 3 nbsp bezeichnet wobei l1 l2 l3 0 gilt Tragt man die scheinbaren Diffusionskoeffizienten uber den jeweiligen Raumrichtungen auf so erhalt man im Allgemeinen einen Rotationsellipsoid Messung und Anwendung Bearbeiten Hauptartikel Diffusions Tensor Bildgebung Die Messung der Diffusivitat erfolgt mit Hilfe von Magnetresonanzbildgebung MRI bei der so genannten Diffusionstensorbildgebung DTI so dass das Gehirn in 0 5 8 mm grosse Voxel eingeteilt wird und in jedem Voxel in mindestens sechs verschiedene Richtungen je der Diffusionskoeffizient der Selbstdiffusion von Wasser in der Gewebsflussigkeit gemessen wird Ein solcher Diffusionskoeffizient wird denn auch als scheinbarer Diffusionskoeffizient auch ADC fur apparent diffusion coefficient bezeichnet Auf Grund dieser mindestens 6 Werte pro Voxel wird fur jedes Voxel ein Diffusionstensor berechnet Aus diesem werden voxelweise Masszahlen fur die Diffusivitat oder Anisotropie abgeleitet und z B mit Hilfe von Tensor Glyphen oder als Farbwertbilder grafisch dargestellt oder fur weitergehende Auswertungen verwendet z B die Erstellung von Modellen der Fasertrakte Traktographie Auf Grund der Diffusivitat kann auf andere Eigenschaften des Gewebes geschlossen werden So werden Ruckschlusse auf die grobe Struktur z B Faserigkeit und damit auf alterungs oder krankheitsbedingte Veranderungen z B Veranderungen der Myelinisierung der Axone von Hirngewebe gezogen Da die Beweglichkeit von Gewebeflussigkeit in faserigem Gewebe in Richtung der Gewebefasern wesentlich grosser ist als quer zur Faserrichtung konnen auf Grund von Diffusivitatsmessungen Modelle der Fasertrakte des Gehirns erstellt werden Traktografie Es kann aber auch festgestellt werden an welcher Stelle aufgrund des Bruchs einer Membran Flussigkeit frei fliessen kann Masszahlen BearbeitenDie Diffusivitat wird mit den Eigenwerten des Diffusionstensors beschrieben wobei dabei die mittlere Diffusivitat l displaystyle overline lambda nbsp die axiale Diffusivitat l a displaystyle lambda a nbsp und die radiale Diffusivitat l t displaystyle lambda t nbsp hervorgehoben werden Um den Grad der Anisotropie zu beschreiben bildet man aus den Eigenwerten daruber hinaus die skaleninvarianten Verhaltnisse fraktionale Anisotropie F A displaystyle FA nbsp relative Anisotropie R A displaystyle RA nbsp Volumenverhaltnis V R displaystyle VR nbsp Mittlere Diffusivitat Bearbeiten Die mittlere Diffusivitat der mittlere Diffusionskoeffizient ist definiert als l l 1 l 2 l 3 3 displaystyle overline lambda frac lambda 1 lambda 2 lambda 3 3 nbsp Mittelwert der 3 Eigenwerte Er kann theoretisch beliebig gross sein was entsprechend beliebig grosse Diffusivitat bedeuten wurde l 0 displaystyle overline lambda 0 nbsp fur volliges Fehlen scheinbarer Diffusion keine Brownsche Bewegung der gemessenen Molekule Axiale Diffusivitat Bearbeiten Die axiale Diffusivitat l a l 1 displaystyle lambda a lambda 1 nbsp ist der grosste der drei Eigenwerte Anschaulicher Die axiale Diffusivitat l a displaystyle lambda a nbsp ist die Lange des Diffusionstensorellipsoids und beschreibt damit die Starke der scheinbaren Diffusion in der Hauptrichtung also der Richtung der grossten Beweglichkeit Sie ist ein Marker fur die axonale Unversehrtheit Je grosser die axiale Diffusivitat desto unversehrter sind die Axone Radiale Diffusivitat Bearbeiten Die radiale Diffusivitat ist der Mittelwert der beiden kleineren Eigenwerte also l t l 2 l 3 2 displaystyle lambda t frac lambda 2 lambda 3 2 nbsp Anschaulicher Die radiale Diffusivitat lt t fur transversal ist die durchschnittliche Dicke des Diffusionstensorellipsoids in der Langsmitte und beschreibt die durchschnittliche scheinbare Diffusion in der Ebene senkrecht zur Hauptrichtung Sie ist zum Beispiel ein Marker fur die Unversehrtheit von Myelin Demyelinisierung erhoht die radiale Diffusivitat Fraktionale Anisotropie Bearbeiten nbsp Fraktionale Anisotropie als Funktion der Eigenwerte eines DiffusionstensorsDie fraktionale Anisotropie ist definiert als F A 3 l 1 l 2 l 2 l 2 l 3 l 2 2 l 1 2 l 2 2 l 3 2 l 1 l 2 2 l 2 l 3 2 l 3 l 1 2 2 l 1 2 l 2 2 l 3 2 displaystyle FA sqrt frac 3 lambda 1 overline lambda 2 lambda 2 overline lambda 2 lambda 3 overline lambda 2 2 lambda 1 2 lambda 2 2 lambda 3 2 sqrt frac lambda 1 lambda 2 2 lambda 2 lambda 3 2 lambda 3 lambda 1 2 2 lambda 1 2 lambda 2 2 lambda 3 2 nbsp Anschaulicher Die fraktionale Anisotropie FA ist die Standardabweichung der Eigenwerte dividiert durch die Frobeniusnorm des Diffusionstensors Sie ist ein Mass fur die Gerichtetheit der scheinbaren Diffusion Es ist FA 0 im Falle von vollstandiger Isotropie d h l1 l2 l3 gt 0 Bei maximaler Anisotropie vollstandiger Gerichtetheit der Diffusion in genau eine Richtung wenn also l1 gt 0 und l2 l3 0 sind ist FA 1 Sie ist zum Beispiel ein Marker fur die anatomische Beschaffenheit der weissen Substanz des Hirns Je grosser die FA desto unversehrter die weisse Substanz Relative Anisotropie Bearbeiten nbsp Relative Anisotropie als Funktion der Eigenwerte eines Diffusionstensors nbsp Fraktionale und relative Anisotropie im Vergleich Die relative Anisotropie ist definiert als R A l 1 l 2 l 2 l 2 l 3 l 2 3 l displaystyle RA frac sqrt frac lambda 1 overline lambda 2 lambda 2 overline lambda 2 lambda 3 overline lambda 2 3 overline lambda nbsp Anschaulicher Die relative Anisotropie RA ist die Standardabweichung der Eigenwerte gerechnet als Standardabweichung einer Grundgesamtheit also mit n 3 als Divisor dividiert durch den Mittelwert der Eigenwerte Sie ist ein Mass fur die Gerichtetheit der scheinbaren Diffusion Es ist RA 0 im Falle von vollstandiger Isotropie d h l1 l2 l3 gt 0 Bei maximaler Anisotropie vollstandiger Gerichtetheit der Diffusion in genau eine Richtung wenn also l1 gt 0 und l2 l3 0 sind ist RA 2 displaystyle sqrt 2 nbsp Volumenverhaltnis Bearbeiten nbsp Volumenverhaltnis als Funktion der Eigenwerte eines DiffusionstensorsDas Volumenverhaltnis ist definiert als V R l 1 l 2 l 3 l 3 displaystyle VR frac lambda 1 lambda 2 lambda 3 overline lambda 3 nbsp Anschaulicher Das Volumenverhaltnis VR ist das Produktes der Eigenwerte dividiert durch die 3 Potenz des Mittelwertes der Eigenwerte Es ist ein Mass fur die Gerichtetheit der scheinbaren Diffusion Es ist VR 1 im Falle von vollstandiger Isotropie d h l1 l2 l3 gt 0 Wenn mindestens der kleinste der Eigenwerte gleich 0 ist dann ist VR 0 Das entspricht der Situation dass die Diffusion nur in genau einer Richtung l2 l3 0 oder aber nur in einer Ebene l3 0 stattfindet Literatur BearbeitenScott A Huettel Allen W Song Gregory McCarthy Functional magnetic resonance imaging Sinauer Associates Sunderland Mass 2008 ISBN 978 0 87893 286 3 Englischsprachiges Fachbuch erklart in Kapitel 5 die Diffusionstensorbildgebung Derek K Jones Gaussian Modeling of the Diffusion Signal In Heidi Johansen Berg Timothy E J Behrens Hrsg Diffusion MRI from quantitative measurement to in vivo neuroanatomy Academic Press London 2009 ISBN 978 0 12 374709 9 S 37 54 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Kapitel 3 in englischsprachigem Fachbuch Le Bihan D Mangin JF Poupon C Clark CA Pappata S Molko N Chabriat H Diffusion Tensor Imaging Concepts and Applications In Journal of Magnetic Resonance Imaging 2001 S 534 546 englisch Diffusion Tensor Imaging Concepts and Applications Memento vom 19 Oktober 2013 im Internet Archive PDF 696 kB abgerufen am 22 Juni 2016 Ubersichts Artikel in Fachzeitschrift Einzelnachweise Bearbeiten Charles Kittel Thermodynamik Oldenbourg Munchen 2001 ISBN 3 486 25716 1 S 391 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Kurt Krenn Vermittlung und Differenz Vom Sinn des Seins in der Befindlichkeit der Partizipation beim Hl Thomas von Aquin Analecta Gregoriana Band 121 Editrice Pontificia Universita Gregoriana Rom 1962 ISBN 978 88 7652 094 5 S 76 78 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Gabriele Fassauer Arbeitsleistung Identitat und Markt Eine Analyse marktformiger Leistungssteuerung in Arbeitsorganisatione VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2008 ISBN 978 3 531 15950 8 S 238 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Daniel Fulda Wissenschaft aus Kunst Die Entstehung der modernen deutschen Geschichtsschreibung 1760 186 W de Gruyter Berlin New York 1996 ISBN 978 3 11 015014 8 S 227 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Guido Juilfs Das Diffusionsverhalten von Wasserstoff in einem niedriglegierten Stahl unter Berucksichtigung des Verformungsgrades GRIN Verlag Munchen 2008 ISBN 978 3 640 20251 5 S 11 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Timo Krings Grundlagen der funktionellen Magnetresonanztomographie In Gunter Schiepek Canan Basar Hrsg Neurobiologie der Psychotherapie Schattauer Stuttgart 2004 ISBN 3 7945 2363 6 S 104 130 insbesondere S 124 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Diffusivitat amp oldid 210754966