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Dieser Artikel behandelt das Gemalde Der Heuwagen von Hieronymus Bosch Fur das im Deutschen ahnlich dazu als Der Heukarren bekannte Gemalde von John Constable siehe The Hay Wain Der Heuwagen ist ein Triptychon des niederlandischen Malers Hieronymus Bosch um 1450 1516 Das Werk existiert in zwei Versionen eine hangt im Real Sitio de San Lorenzo de El Escorial die andere im Museo del Prado Madrid Es gibt keine konkreten Hinweise auf seine Entstehungszeit die Forschung geht davon aus dass Der Heuwagen um 1490 gemalt wurde Gesamtansicht Der Heuwagen innen Inhaltsverzeichnis 1 Das Triptychon 1 1 Die Aussenseite der Flugel 1 2 Linker Flugel Der Garten Eden 1 3 Mitteltafel Der Heuwagen 1 4 Rechter Flugel Die Holle 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseDas Triptychon BearbeitenDie Aussenseite der Flugel Bearbeiten nbsp Der Heuwagen AussenseiteIn zugeklapptem Zustand erscheint auf der Frontseite Aussenflugel zentral ein leicht melancholisch oder mude blickender alterer Mann gebeugt von der Last einer Kiepe der mit seinem Wanderstab einen zahnefletschenden kleinen Hund mit Stachelhalsband abwehrt Kiepe und Wanderstab identifizieren den Mann als Pilger oder wandernden Handler Kramer Hausierer Das weisse Haar signalisiert dass er seine Tatigkeit vielleicht schon lange ausgeubt hat und dass der Tod nicht mehr weit ist Das grosse Loch in der Hose am Knie zeigt dass er es wohl nicht zu irdischen Reichtumern gebracht hat Er tragt seine kleine Habe auf dem Rucken Der Zwang den kargen Lebensunterhalt als wandernder Pilger oder Handler selbst verdienen zu mussen ist unverkennbar Im Sozialprestige steht er ganz unten In einer 1531 auf Niederlandisch erlassenen Verordnung Kaiser Karls V gegen alles Pack das dem Gemeinwohl ausserst schadlich heisst es Hausierer Flickschuster Kesselflicker Kupferhammerer Quacksalber jene die Streichholzer Rattengift und Salben verkaufen und anderes Zeug dieser Art die nichts anderes tun als im Land herumzuziehen als Schwindler Wegelagerer Diebe und Ubeltater Kesselflicker und Kupferhammerer waren damals typische Zigeunerberufe die Bettler werden nicht genannt weil sie weitgehend eine stadtische Erscheinung blieben und eine Funktion hatten Denn in der christlichen Weltanschauung hatten sie lange ihren festen Platz da nur an ihnen der christlich gesinnte Reiche seine geforderte Mildtatigkeit caritas beweisen konnte Der Hausierer war somit sozial ganz randstandig wenn nicht sogar ausserhalb der damaligen Gesellschaft Die Abneigung der stadtischen Gesellschaft war ausserordentlich gross zumal die Kaufmannszunfte in ihnen unerwunschte Konkurrenz sahen Wichtig in alten Gemalden ist immer die Blickrichtung der gemalten Figuren was sehen sie was sehen sie nicht Der Wanderer blickt versonnen in die Ferne und ist keineswegs mit der Abwehr des Hundes beschaftigt Auch schaut er nicht auf die direkt rechts neben ihm liegenden Knochen Tod Verganglichkeit memento mori eines Pferdes oder Esels zwei Dohlen oder Krahen Aasfresser grundsatzlich gilt fur die damalige nichtitalienische und nicht suddeutsche Malerei der Satz des Kirchenvaters Augustinus Aves sunt daemones also teuflischen Ursprungs auch und gerade bei Bosch Vogel auch in dem truben Gewasser unter dem schon halb zerbrochenen Steg auf den der Wanderer halb ruckwarts gewandt zugeht Wird er hineinsturzen wie Pieter Brueghels Blinde Hund und Steg also als gegenwartige und kommende Gefahr Und was tut sich in seinem Rucken Ist er an dem infamen Raububerfall von drei Wegelagerern und Dieben schon teilnahmslos vorbeigegangen oder hat er ihn einfach nicht bemerkt Der Kerl mit der roten gebogenen Hahnenschwanzfeder der einen offenbar wohlhabenderen bereits um wesentliche Kleiderstucke beraubten Mann an den Baum fesselt tragt ein klassisches Teufelssymbol am Hut Mehr in der Bildmitte dagegen sicher nicht ohne Absicht von Bosch in der Ferne genau uber dem Kopf des Wanderers platziert ein Galgen samt Menschenauflauf fur eine bevorstehende Hinrichtung Verbrechen und irdische Gerichtsbarkeit sind hier bildnerisch miteinander verbunden Der Wanderer sieht beide nicht Dann die letzte Szene im Rucken des Hausierers ein Paar das zur Musik eines Dudelsackblasers tanzt Der Mann geht seinen Weg und zwar von links nach rechts was Bedeutung fur die Interpretation der Innenseite des Triptychons hat Der Weg eines alten armen Menschen der nicht zur stadtischen Gesellschaft gehort und auch nie in den Kirchen zu finden sein wird fuhrt durch eine Welt des Verbrechens der Strafe und des unbotmassigen Vergnugens Die Abbildung korrespondiert mit dem sehr ahnlichen Einzelbildnis Der Hausierer von Hieronymus Bosch Linker Flugel Der Garten Eden Bearbeiten nbsp Der Heuwagen Linker InnenflugelBosch prasentiert auf dem linken Innenflugel untereinander den Engelsturz die Erschaffung Evas den Sundenfall und die Vertreibung aus dem Paradies Abtrunnige Engel werden des Himmels verwiesen Oberhalb der Wolken sind sie noch als Engel Personen mit Flugeln zu erkennen die von anderen Engeln die Schwerter schwingen nach unten durch die Wolken vertrieben werden Beim Durchtritt durch die Wolken verwandeln sie sich in Insekten und seltsame fliegende Echsen die dann der Erde entgegensturzen Ihr hassliches Ausseres besagt Sie haben sich von Gott abgewendet und daher an seiner Seite nichts mehr zu suchen In der zweiten Szene ist Eva soeben von Gott geschaffen worden Adam liegt schlafend am Boden und sie die nach der Bibel aus einer Rippe Adams entstanden ist scheint ihm regelrecht zu entsteigen In der dritten Szene folgt der Sundenfall Eva hat schon eine Frucht vom Baum der Erkenntnis gegessen Sie bedeckt ihr Genital Die Schlange mit dem Oberkorper einer Frau ist im Begriff Adam eine Frucht zu reichen Schliesslich werden Adam und Eva aus dem Paradies verjagt Ein Engel bewaffnet mit einem Schwert lasst ihnen die verschamt ihre Genitalien bedecken keine andere Wahl Mitteltafel Der Heuwagen Bearbeiten nbsp MitteltafelWahrend bei der Abbildung des Garten Eden die Kirche als Auftraggeber vorstellbar ist kann bei der Darstellung auf der Mitteltafel nicht mehr angenommen werden dass sie dazu bestimmt ware den Altarraum eines Gotteshauses zu schmucken Obschon in den niederlandischen Sprichwortern dieses Thema aufgegriffen wird wo es heisst Die Welt ist ein Heuhaufen Ein jeder pfluckt davon so viel er kann Diese im Volk bekannten Spruche speisen sich aus Bibelzitaten die in literarischen Ausgaben wie den Disticha Catonis oder den Proverbia Seriosa fur das Volk vereinfacht umformuliert wurden und seit 1487 88 durch Leempt s Druck im Flamischen Verbreitung fanden 1 Das Heu steht also hier sinnbildlich fur das in der Umgangssprache auch bei uns bekannte Wort Reibach machen was soviel wie heftig davon profitieren meint Im Mittelpunkt der Szene steht ein grosser Heuwagen der von damonischen Gestalten halb Mensch halb Tier gezogen wird Neben dem Gefahrt gehen Menschen mit und versuchen mit Handen und langen Forken Heu herunterzureissen Sie streiten darum einige geraten dabei unter die Rader Inmitten der Szene wird einem am Boden liegenden Opfer die Kehle durchgeschnitten Ein anderer liegt bereits tot am Boden weil er aus Habgier einer Mordtat zum Opfer gefallen ist Verschiedene Szenen im Bild konnen als Hinweise auf die sieben christlichen Todsunden oder auch Untugenden verstanden werden demzufolge verkorpert die Gruppe auf dem Wagen die Wollust luxuria die Mordszene den Zorn ira der saufende Monch die Vollerei gula der Zug hinter dem Wagen die Hoffart superbia der schlafende Mann links am Bildrand die Faulheit acedia die Raufenden zwischen den Wagenradern den Neid invidia und die raffenden Nonnen den Geiz avaritia 2 In der rechten unteren Ecke ist ein feister Geistlicher zu sehen Er trinkt aus einem Becher und es scheint als stosse er auf die Szene an Er schaut ungeruhrt zu wie Nonnen den vor ihm stehenden Sack immer weiter mit Heu fullen die Kirche hat sich ihren Lowenanteil langst gesichert In unmittelbarer Nahe des Geistlichen spielt ein Narr Dudelsack Symbol fur sexuelle Begierde Ein Quacksalber hat gleich daneben seinen Stand aufgebaut der markiert ist mit einem Fahnchen auf dem ein durchstossenes Herz abgebildet ist Uber dem Wagen in einer eigenen Wolkenregion des Himmels ist Jesus dem irdischen Treiben zwar zentral ubergeordnet wirkt aber im Verhaltnis zu dem Geschehen ohne Einfluss nbsp Musiker oben auf dem HeuwagenAuf dem Heuwagen und vor einem Busch in welchem sich ein Liebespaar umarmt sind drei Musiker Die nackten Beine des Lautenspielers und das Zupfen der Laute spielen an auf die korperliche und lustvolle Seite der Musik Der Zeigefinger des mittleren Musikers auf dem Notenblatt spielt dagegen an auf die verstandesmassige Seite der Musik Rechts neben der Gruppe spielt ein in gespenstischem Grau gemalter Teufel auf einer Schalmei Auf der linken Seite schaut ein Engel zu Jesus hoch und betet Die beiden beflugelten Figuren scheinen auf gegensatzliche Einflusse und Effekte von Musik zu deuten Aus dem Busch ragt ein Stock hervor an welchem ein Krug baumelt und ein hasslicher Alter ist als Voyeur links hinter dem Busch zu sehen Dem Heuwagen folgt ein grosser Tross Der Papst und ein Bischof die einzigen die hoch zu Ross sitzen fuhren den Zug an Dahinter folgen der Kaiser und einige Adelige Sie scheinen dem Gefahrt bedenkenlos und wie selbstverstandlich zu folgen Die Richtung die die damonischen Zugtiere eingeschlagen haben ist unmissverstandlich Es geht unbeirrt und ohne Einhalt nach rechts und direkt abwarts in die Holle Dass der Heuhaufen in Bewegung ist deutet moglicherweise auf die standige Veranderung der Welt ihrer Bewohner und ihrer Sichtweisen Das eher statische Weltbild des Mittelalters hat sich gewandelt zu dem eher dynamischen der Renaissance und der Aufklarung Rechter Flugel Die Holle Bearbeiten nbsp Rechter InnenflugelDie Farbe Rot gestaltet die Darstellung der Holle Im Hintergrund steht der Himmel in Flammen im Vordergrund bauen damonische Wesen unermudlich an einem Turm der an den Turmbau zu Babel gemahnt Hier wird Gott gelastert Nackte Menschen werden dem unfertigen Gebaude zugefuhrt andere von Hollenhunden zerrissen bzw von seltsamem Getier gequalt und gefressen Bosch hebt die ublichen Bildgrenzen auf indem sich die Spitze der Zugmannschaft aus dem Mittelteil in der rechten Tafel fortsetzt und dort bereits in der Holle angekommen ist nbsp Hollenzug vom Mittelteil zum rechten FlugelLiteratur BearbeitenDirk Bax Ontcijfering van Jeroen Bosch Den Haag 1949 engl Ausgabe His Picture Writing deciphered ubersetzt von M A Bax Botha Rotterdam 1979 Bruno Blonde Hans Vlieghe The social Statue of Hieronymus Bosch In Burlington Magazin 131 Heft 2 1989 S 699f Guido Boulboulle Groteske Angst Die Hollenphantasien des Hieronymus Bosch In Christoph Auffarth Sonja Kerth Hrsg Glaubensstreit und Gelachter Reformation und Lachkultur im Mittelalter und in der Fruhen Neuzeit LIT Verlag Berlin 2008 S 55 78 Eric de Bruyn De vergeten beeldtaal van Jheronimus Bosch De symboliek van de Hooiwagen Triptiek en de Rotterdamse Marskramer Tondo verklaard vanuit middelnederlandse teksten s Hertogenbosch 2001 Diss Brussel 2000 Nils Buttner Hieronymus Bosch Kap Heuwagen und Garten der Luste Beck Verlag Munchen 2012 ISBN 978 3 406 63336 2 S 92 105 Wertheim Aymes Clement Hieronymus Bosch Eine Einfuhrung in seine geheime Logik Berlin 1957 Godfried C M van Dijck De Bossche optimaten geschiedenis van de Illustere Lieve Vrouwebroederschap te s Hertogenbosch 1318 1973 Bijdragen tot de geschiedenis van het Zuiden van Nederland 27 Tilburg 1973 Untersuchung zu Boschs Lebensumwelt Stefan Fischer Hieronymus Bosch Malerei als Vision Lehrbild und Kunstwerk ATLAS Bonner Beitrage zur Kunstgeschichte Band 6 Koln 2009 ISBN 978 3 412 20296 5 Diss Uni Bonn Stefan Fischer Im Irrgarten der Bilder Die Welt des Hieronymus Bosch Reclam Stuttgart 2016 ISBN 978 3 15 011003 4 Wilhelm Fraenger Hieronymus Bosch das Tausendjahrige Reich Grundzuge einer Auslegung Winkler Verlag Coburg 1947 Heinrich Goertz Hieronymus Bosch Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten rororo Band 50237 Rowohlt Reinbek 1998 ISBN 3 499 50237 2 Rose Marie Hagen Rainer Hagen Bildbefragungen Meisterwerke im Detail Taschen Koln 2000 ISBN 3 8228 6384 X Jos Koldeweij Bernard Vermet Paul Vandenbroeck Jheronimus Bosch alle schilderingen en tekeningen Gent Amsterdam 2001 deutsche Ausgabe Hieronymus Bosch Das Gesamtwerk Stuttgart 2001 Roger H Marijnissen Hieronymus Bosch Das vollstandige Werk unter Mitwirkung von Peter Ruyffelaere 2 Auflage Koln 1999 Gerd Unverfehrt Hieronymus Bosch Studien zu seiner Rezeption im 16 Jahrhundert Berlin 1980 Diss Gottingen 1974 Gerd Unverfehrt Wein statt Wasser Essen und Trinken bei Jheronimus Bosch Gottingen 2003 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons The Haywain Triptych Prado Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Museo Nacional del Prado Der Heuwagen englisch Einzelnachweise Bearbeiten Stefan Fischer Im Irrgarten der Bilder Die Welt des Hieronymus Bosch Callwey Munchen 2016 S 187 Friedrich Piel Hieronimus Bosch Deutsche Buchgemeinschaft Darmstadt 1959 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Heuwagen amp oldid 227133695