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David Joris auch Joriszoon oder David Georgssohn genannt 1 1501 oder 1502 in Brugge 28 August 1556 in Basel war ein Glasmaler und eine fuhrende Personlichkeit des enthusiastischen Flugels der Tauferbewegung des 16 Jahrhunderts Seine Anhanger wurden Daviditen oder auch David Joristen genannt Jan van Scorels Portrat von David Joris Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Theologie 3 Schriften 4 Anhanger 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDavid Joris war der Sohn des Kramers und Meistersingers Georg oder Joris van Amersfoordt Nach seiner Ausbildung zum Glasmaler und den Gesellenjahren in Frankreich und England liess er sich in Delft nieder wo er heiratete Dort kam er vermutlich mit den Ideen der Reformation in Beruhrung Erstmals auffallig wurde er 1528 wegen der Verspottung der Monstranz bei einer Himmelfahrtsprozession Dafur wurde er mit Auspeitschung Durchstechung der Zunge und dreijahriger Verbannung aus Holland bestraft Joris zog nach Emden in Ostfriesland wo er Jan Volkertsz Trypmaker und vermutlich auch Melchior Hofmann kennenlernte Zuruck in Holland wurde er in Den Haag Ende 1531 Zeuge der Hinrichtung von Jan Volkertsz Trypmaker und neun anderer Melchioriten und war beeindruckt vom Martyrium der Taufer Da Hofmann jedoch nach diesen Hinrichtungen seiner Amsterdamer Anhanger das Taufen einstellte liess Joris sich erst im Jahre 1534 oder 1535 von Obbe Philips taufen Kurz nach der Taufe wurde er zum Altesten ernannt Vom Tauferreich zu Munster distanzierte er sich weil er Gewalt ablehnte Nach dessen katastrophalem Scheitern war die Tauferbewegung zersplittert Joris gelang es in Bocholt 1536 auf einer Versammlung verschiedener Taufergruppen Anhangern von Jan van Batenburg die Gewaltausubung als gottliche Rache rechtfertigten pazifistischen Obbeniten und den Joriten einen Kompromiss zu finden um die revolutionistischen Stromungen im Taufertum zuruckzudrangen Man verstandigte sich vage darauf dass Gottes Engel die gottliche Rache ausfuhren wurde zu einer dauerhaften Einigung kam es jedoch nicht Auch in der Frage der Vielehe wurde dabei keine Ubereinkunft gefunden Zu einem Konsens kam man nur bei der Beurteilung der Glaubigentaufe Nach der Versammlung in Bocholt erhielt Joris einen begeisterten Brief der Tauferin Anneken Jansz in dem sie seinen Vermittlungsversuch lobte und ihn als Propheten der Endzeit pries Wohl in direkter Folge dieses Briefes hatte Joris Ende des Jahres 1536 Visionen die er in Briefen bekannt machte und auf die er seine Theologie grundete 2 Diesen Visionen entnahm er sowohl seine Berufung zu prophetisch charismatischer Fuhrerschaft 3 als auch seine Vorstellung dass wahre Christen die durch Busse und offentliches Sundenbekenntnis den heiligen Geist erworben hatten Adams Unschuld vor dem Sundenfall besassen und deshalb keine Scham auf sexuellem Gebiet haben durften Joris schloss daraus dass damit die biblischen Ehevorschriften fur die wahrhaft Glaubigen aufgehoben seien Er selbst hatte neben seiner Ehefrau mit der er elf Kinder hatte eine geistliche Braut Anna von Berchem die Schwester seines spateren Schwiegersohns mit der er ebenfalls mehrere Kinder hatte und die er spater mit einem seiner Anhanger verheiratete In Ostfriesland Oldenburg und Holland fand er Anhanger und war eine Zeitlang der wichtigste Tauferfuhrer der Niederlande Aber schon 1538 wandten sich einzelne Gruppen wieder von ihm ab Im selben Jahr reiste er nach Strassburg und suchte dort vergeblich die Anerkennung durch Hofmanns Anhangerschaft 4 1538 wurde Jan van Batenburg verhaftet und benannte beim Verhor u a Joris als einen Tauferfuhrer Daraufhin kam es zu einer Tauferverfolgung der viele seiner Anhanger darunter Joris Mutter zum Opfer fielen Joris floh aus Groningen wieder nach Emden wo seine Gemeinschaft den Schutz der toleranten Grafin Anna von Oldenburg genoss bis sie auf Druck des Kaisers Karl V ausgewiesen wurde Joris selbst hielt sich in Antwerpen auf Unter dem Druck der Verfolgung verschob sich der Akzent seiner Lehre Im Mittelpunkt stand nun nicht mehr die von Hofmann gepragte Apokalyptik sondern eine zunehmende Verinnerlichung des Glaubens die es erlaubte nach aussen Konformitat mit den etablierten Kirchen zu zeigen In diese Zeit fiel die Auseinandersetzung mit Menno Simons einem anderen wichtigen Vertreter des Taufertums in den Niederlanden um die spiritualistische bzw wortliche Deutung der Heiligen Schrift Wahrend Simons mit seinen rigorosen Moralvorstellungen den Grossteil der Taufer einen konnte und Joris vorwarf zu viele Kompromisse einzugehen wurden Joris und seine Anhanger als mystische Sekte der Daviditen auch Joristen oder David Joristen zur Randgruppe Diese Gemeinschaft existierte trotz starker Verfolgung bis ins 17 Jahrhundert in den Niederlanden und in Norddeutschland und wirkte noch spater pragend auf den Pietismus Wahrend ein Teil der David Joristen im Geheimen in Ostfriesland blieb siedelte Joris im Jahre 1544 mit Teilen seiner Gemeinde unter dem Pseudonym Jan van Brugge beziehungsweise Johann von Bruck nach Basel uber wo er sich als verfolgter adliger Zwinglianer ausgab Aufgrund seines Vermogens das er seinem adligen Schwiegersohn Joachim von Berchem und anderen Anhangern verdankte wurde er aufgenommen Man sah in ihm einen strengen Zwinglianer und brachte ihm grosse Achtung entgegen Er erwarb Grundbesitz darunter als Stadtresidenz den Spiesshof in Basel und erbaute das Holeeschloss bei Binningen wahrend sein Schwiegersohn Joachim von Berchem Schloss Binningen kaufte Dort lebten er und seine Anhanger unauffallig Sie besuchten regelmassig die reformierten Gottesdienste liessen ihre Kinder taufen und galten als Wohltater der Armen Joris schloss Freundschaft mit verschiedenen bedeutenden Humanisten die in Basel wohnten u a mit Sebastian Castellio der einige Schriften von Joris ins Lateinische ubersetzte und wohl einer der wenigen war die Joris wahre Identitat kannten Kontakt hatte er auch mit Kaspar Schwenckfeld und Johann Weyer der gegen die Hexenverfolgung eintrat Gleichzeitig schrieb er viele Traktate uber das Taufertum und korrespondierte mit seinen in sicherer Entfernung lebenden Anhangern Sein vornehmer Lebensstil brachte ihm jedoch innerhalb seiner Gemeinschaft Kritik Auch sein langjahriger Mitstreiter und Schwiegersohn Nicolaus von Blesdijk wandte sich 1554 ab und wurde Prediger der reformierten Kirche nbsp Der Spiesshof in Basel Wohnort von Joris in BaselAm 28 August 1556 starb David Joris drei Tage nach seiner Frau Dirckgen Beide wurden in der Leonhardskirche in Basel beigesetzt Nach seinem Tod kam es zum Streit um das Erbe In diesem Zusammenhang kam drei Jahre nach seinem Tod seine wahre Identitat ans Tageslicht Joris wurde posthum der Prozess gemacht seine Leiche am 13 Mai 1559 exhumiert und zusammen mit seinen Buchern verbrannt Die Mitglieder seiner Gemeinde wurden zur offentlichen Abbitte verurteilt und anschliessend wieder in die evangelische Kirche aufgenommen Die meisten verliessen aber Basel bald darauf und kehrten in die Niederlande zuruck Theologie BearbeitenJoris vertrat die mystische oder spiritualistische Seite des Taufertums Den Teufel betrachtete er nur als eine Allegorie fur die inneren bosen Triebe des Menschen 5 Taufe und Abendmahl sowie jede Form des Gottesdienstes galten ihm als Nebensachlichkeiten weshalb er keine Schwierigkeiten hatte sich nach aussen als Anhanger der reformierten Kirche auszugeben Entscheidend war dass der Mensch innerlich die Passion Christi nachempfand um so als vollkommener von Begierden freier neuer Mensch wiedergeboren zu werden Dabei ordnete er den Buchstaben der Bibel dem direkten Einwirken des Heiligen Geistes unter So konnte er seine Forderung nach mystischer Askese mit seinem eigenen Lebenswandel als wohlhabender Bigamist in Einklang bringen Die Geschichte teilte er in drei Epochen eingeteilt nach dem Aufbau des Jerusalemer Tempels Als erstes den Vorhof die Zeit des Alten Testaments dann den Tempel selbst das Zeitalter des neuen Testaments und zuletzt das Allerheiligste die Periode des Heiligen Geistes Sich selbst sah er als dritten David der allein die gottliche Weisheit im Sinne des zweiten Davids Jesus Christus geistlich auslegen konnte und damit eine entscheidende Rolle in der Heilsgeschichte einnahm Anstelle der apokalyptischen Erwartung die etwa die Lehre von Melchior Hofmann beherrschte setzte er geistliche Erneuerung des Einzelnen Schriften BearbeitenJoris verfasste weit mehr als die uber 200 Schriften die Antonius van der Linde katalogisierte 6 darunter ausser seinem Hauptwerk dem mehrfach uberarbeiteten Wunderbuch vor allem Traktate und Briefe Viele davon wurden noch bis ins 17 Jahrhundert nachgedruckt t Wonderboeck 1 Auflage 1542 2 Auflage 1551 Verklaringe der Scheppenisse 1553 Een geestelijck liedt boecxken Inholdende veel schoone sinrijcke Christelijcke liedekens Rotterdam Dierck Mullem c 1590 Anhanger BearbeitenMit seinen in den Niederlanden zuruckgebliebenen Anhangern korrespondierte Joris Gemass seinem Vorbild und seinen Anweisungen passten sie sich in der Lebensweise ausserlich an besuchten den Gottesdienst der Staatskirche brachten ihre Kinder zur Taufe und nahmen an Beichte und Abendmahl teil Gleichzeitig jedoch trafen sie sich im Geheimen unterrichteten ihre Kinder in David Joris Lehre und verbreiteten seine Schriften In den Herzogtumern Schleswig und Holstein besonders auf Eiderstedt wohin etliche David Joristen als Deicharbeiter und Kaufleute ausgewandert waren wurden in der ersten Halfte des 17 Jahrhunderts mehrmals Prozesse gegen sie angestrengt siehe Taufer auf Eiderstedt Literatur Bearbeiten nbsp James M Stayer Joris David In Theologische Realenzyklopadie Band 17 1988 S 238 242 James M Stayer Taufer Tauferische Gemeinschaften I In TRE Band 32 2001 S 610 611 Antonius van der Linde Joris David In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 14 Duncker amp Humblot Leipzig 1881 S 532 f Robert Stupperich Joris zoon David In Neue Deutsche Biographie NDB Band 10 Duncker amp Humblot Berlin 1974 ISBN 3 428 00191 5 S 608 f Digitalisat Friedrich Wilhelm Bautz David Joris In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 1 Bautz Hamm 1975 2 unveranderte Auflage Hamm 1990 ISBN 3 88309 013 1 Sp 1234 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Irmgard Wilhelm Schaffer Joris David In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 3 Bautz Herzberg 1992 ISBN 3 88309 035 2 Sp 654 656 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Dauid Georgen auss Holand dess Ertzkatzers warhafftige Histori seines lebens vnnd verfurischen leer Basel 1596 Samme Zijlstra Otto S Knottnerus Joris David Pseudonym Johann von Bruck In Biographisches Lexikon fur Ostfriesland Band IV Aurich 2007 S 238 242 ostfriesischelandschaft de PDF abgerufen am 9 April 2022 Martin Josel Am Heuberg spukt es David Joris In Basler Stadtbuch 1996 S 225 227 Rene Schurtenberger Der Ketzer von Basel Kriminalroman mit historischem Hintergrund ILV Basel 2012 ISBN 978 3 905955 43 9Weblinks BearbeitenHanspeter Jecker Joris David In Historisches Lexikon der Schweiz Gary K Waite Joris David In Mennonitisches Lexikon Band 5 MennLex 5 Gerhard Hein und Gary K Waite David Joris ca 1501 1556 In Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia OnlineEinzelnachweise Bearbeiten Biographie von David Joris bei altbasel ch Klaus Deppermann Melchior Hofmann Soziale Unruhen und apokalyptische Visionen im Zeitalter der Reformation Gottingen 1979 S 315ff Stayer Art Joris David in TRE 17 S 239 Stayer Art Taufer Taufersche Gemeinschaften 1 TRE 32 S 599 617 S 611 Stuart Clark Thinking with demons the idea of witchcraft in early modern Europe 1999 Page 543 Gary K Waite Man is a Devil to Himself David Joris and the Rise of a Sceptical Tradition towards the Devil in the Early Modern Netherlands Antonius van der Linde David Joris Bibliographie s Gravenhage 1867Normdaten Person GND 104279850 lobid OGND AKS LCCN n84020436 VIAF 42273658 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Joris DavidKURZBESCHREIBUNG Vertreter der Tauferbewegung Glasmaler und selbst ernannter MessiasGEBURTSDATUM 1501GEBURTSORT BruggeSTERBEDATUM 28 August 1556STERBEORT Basel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title David Joris amp oldid 237174472