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Clara Hatzlerin um 1430 in Augsburg vermutlich 1476 oder im darauf folgenden Jahr war eine Lohnschreiberin des 15 Jahrhunderts Sie ist die einzige urkundlich bezeugte Frau die gegen Bezahlung handschriftliche Kopien deutscher Kodizes herstellte Nachweisbar ist sie in Augsburger Steuerbuchern zwischen 1452 und 1476 1 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Clara als Nonne 3 Lohn und Berufsschreiber in Augsburg 4 Stellung in der Germanistischen Mediavistik 5 Werke 6 Ausgaben 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseHerkunft BearbeitenClara Hatzlerin stammte aus einer fur das damalige Augsburg typischen Notarsfamilie Ihr Vater Bartholomaus ist bezeugt als so genannter Briefschreiber der als Beauftragter reicher Burger deren Rechtsanspruche regelte Urkundlich nachgewiesen ist er sowohl in Steuerbuchern zwischen 1409 und 1443 als auch durch einen Eintrag im Augsburger Missivbuch und als Zeuge in einem Schuldbrief des Marx Lang 2 Als Bartholomaus im Jahr 1444 45 verstarb ubernahm der alteste Sohn Bartholomaus der zwischen 1451 und 1496 als notarius publicus urkundlich bezeugt ist die Kanzlei und damit auch die Steuerpflicht Clara als Nonne BearbeitenDer Herausgeber des Liederbuchs Carl Haltaus konnte 1839 keine weiteren Nachrichten uber Clara Hatzlerin ermitteln und sah sie als eine Nonne zu Augsburg die ihre Mussestunden damit ausfullte Lieder ihrer Zeit aufzuschreiben wie es damals in Klostern Sitte war 3 Dieses Missverstandnis entstand weil im 15 Jahrhundert Frauen als Schreiberinnen zwar durchaus haufig vertreten waren jedoch nicht ausserhalb des klerikalen Bereiches Die Annahme Clara sei eine schreibende Nonne gewesen wurde bei der Durchsicht des Liederbuchs angezweifelt da sich darin einige anstossige Lieder befinden 2 Den schlussigsten Widerlegungsbeweis liefern Augsburger Steuerbucher aus denen hervorgeht dass Clara 24 Jahre lang im Hause ihres Vaters Steuern zahlte was sie als Nonne niemals hatte tun konnen da ihr Vermogen in diesem Fall dem Kloster zugekommen ware 4 Lohn und Berufsschreiber in Augsburg BearbeitenDer Beruf des Lohn und Berufsschreibers ist eine Erscheinung des 15 Jahrhunderts einer Zeit in der der Schreibbetrieb florierte und der Bedarf an Gebrauchsliteratur immer grosser wurde Eine Vorreiterrolle in diesem Bereich kam der Stadt Augsburg zu die eine Liste von uber 30 nachgewiesenen Lohnschreibern vorzuweisen hat Lohnschreiber waren hauptsachlich Laien die billige Handschriftenkopien fur die Offentlichkeit herstellten indem sie diese handschriftlich abschrieben und nicht mehr wie bis dahin ublich Mitglieder des Klerus die sich auf die kunstvolle Ausgestaltung von Prachthandschriften spezialisiert hatten Neben Clara Hatzlerin gehorten auch die Kalligraphen Heinrich Molitor und Heinrich Lengefeld oder etwa Konrad Bollstatter zu diesem Personenkreis 5 Fur Berufsschreiber war es durchaus ublich nebenbei im offentlichen juristischen oder Verwaltungsschreibbetrieb tatig zu sein So arbeitete auch Clara Hatzlerin in der Kanzlei ihres Vaters Bartholomaus Hatzler und ihres gleichnamigen Bruders Als Nebenerwerbstatigkeit stellte sie dort handschriftliche Kopien von in Auftrag gegebenen Buchern her Einige Handschriften aus ihrer Feder bei denen es sich hauptsachlich um Gebrauchshandschriften handelt sind bis heute erhalten geblieben Stellung in der Germanistischen Mediavistik BearbeitenClara Hatzlerin war keine Autorin im eigentlichen Sinne sondern vielmehr eine Schreiberin mittelalterlicher Handschriften Dementsprechend verfasste sie die Texte ihrer Codices nicht selbst sondern schrieb bereits bekannte Werke handschriftlich und damit im besten Fall wortlich ab Aus diesem Grund wurde Clara Hatzlerin in der germanistischen Mediavistik lange Zeit sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt Jungste Forschungsergebnisse zeigen jedoch ihre Wichtigkeit vor allem im Bereich der Palaographie Clara schrieb ihre Texte in einer sehr gut lesbaren und sorgfaltig gearbeiteten Schrift die von Palaographen oft als Prototyp der Kanzleibastarda im 15 Jahrhundert angefuhrt wird Nicht zuletzt ermoglichte die konsequente Schreibernennung am Ende aller Codices ihre Aufnahme in das Projekt DAmalS 6 des Instituts fur Germanistik an der Karl Franzens Universitat Graz Mediavisten versuchen dort Schreiberhande einer Handschrift mithilfe von Datenbanken zu identifizieren und nutzen die Handschriften der Hatzlerin als palaographische Vergleichsmoglichkeit Werke BearbeitenBisher sind acht Handschriften der Hatzlerin bekannt In der Forschungsliteratur wird gelegentlich auch die Zahl neun angegeben wenn die zweiteilige Handschrift von Der Heiligen Leben als zwei Werke gezahlt wird Darunter sind Rechtsbucher Jagdliteratur ein Werk aus dem Themenbereich der Mystik und Magie und die Sammelhandschrift Liederbuch Die acht Codices stammen aus der Zeit zwischen 1465 und 1473 wurden in einer fur Clara Hatzlerin typischen Schrift namlich der Kanzleibastarda geschrieben und konnten zweifelsfrei Clara Hatzlerin als Schreiberin zugeordnet werden da sie die meisten Handschriften selbst signierte 2 Johannes Hartlieb Buch aller verbotenen Kunst Heidelberg Cpg 478 um 1465 7 Die bekronung kaiser Fridrichs Heidelberg Cpg 677 1467 8 Beizbuchlein Donaueschingen Hs 830 1468 Liederbuch der Clara Hatzlerin Prag Nat mus ms X A 12 1470 71 Heinrich Munsinger von den valcken habichen sperbern pfariden und hunden Stuttgart HB XI 51 1473 Schwabenspiegel Wien OeNB cvp Ser n 3614 3 Viertel des 15 Jahrhunderts Augsburger Stadtrecht von 1276 Augsburg SuStb 2 Cod Aug 160 undatiert Der Heiligen Leben Salzburg St Peter b XII 19a b undatiert Ausgaben BearbeitenCarl Haltaus Hrsg Liederbuch der Clara Hatzlerin Aus der Handschrift des Bohmischen Museums zu Prag Bibliothek der gesamten deutschen National Literatur von der altesten bis auf die neuere Zeit 8 Quedlinburg u Leipzig Basse 1840 Konrad Dietrich Hassler Hrsg Heinrich Mynsinger von den Falken Pferden und Hunden Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart 71 Stuttgart 1863Literatur BearbeitenKarl August Barack Die Handschriften der furstlich furstenbergischen Hofbibliothek zu Donaueschingen Laupp amp Siebeck Tubingen 1865 Nr 830 S 563f Online Karl Bartsch Hatzlerin Clara In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 11 Duncker amp Humblot Leipzig 1880 S 36 Eduard Gebele Clara Hatzlerin In Lebensbilder aus dem Bayrischen Schwaben Band 6 Hueber Munchen 1958 S 26 37 Eduard Gebele Hatzlerin Clara In Neue Deutsche Biographie NDB Band 7 Duncker amp Humblot Berlin 1966 ISBN 3 428 00188 5 S 455 f Digitalisat Elvira Glaser Das Beizbuchlein in der Abschrift der Clara Hatzlerin Ein Zeugnis Augsburger Schreibsprache im 15 Jahrhundert Tonvokalismus In Sprachgeschichtliche Untersuchungen zum alteren und neueren Deutsch Universitatsverlag C Winter Heidelberg 1996 S 29 46 Beitrag zu Beizbuchlein Elvira Glaser Das Graphemsystem der Clara Hatzlerin im Kontext der Handschrift Heidelberg Cpg 677 In Deutsche Sprache in Raum und Zeit Edition Praesens Wien 1998 ISBN 3 7069 0087 4 S 479 494 Beitrag zu Die bekronung kaiser Fridrichs Elvira Glaser Schreibsysteme zweier Augsburger Handschriften des 15 Jahrhunderts In Studien zum Fruhneuhochdeutschen Goppinger Arbeiten zur Germanistik Nr 476 Kummerle Goppingen 1988 S 113 129 Beitrag zu Augsburger Stadtrecht Elvira Glaser Von der Transkription bis zur lauthistorischen Interpretation In Edition und Sprachgeschichte S 25 41 Beitrag zu Die bekronung kaiser Fridrichs Elvira Glaser Zum Graphiesystem der Clara Hatzlerin Portrait einer Lohnschreiberin in fruhneuhochdeutscher Zeit In Arbeiten zum Fruhneuhochdeutschen Wurzburger Beitrage zur deutschen Philologie Nr 11 Wurzburg 1993 S 53 73 Beitrag zu Schwabenspiegel Ingeborg Glier Artikel Hatzlerin Klara In Verfasserlexikon Band 3 1981 ISBN 3 11 008778 2 Spalte 547 549 Inta Knor Das Liederbuch der Clara Hatzlerin als Dokument urbaner Kultur im ausgehenden 15 Jahrhundert Univ und Landesbibliothek Sachsen Anhalt Schriften zum Bibliotheks und Buchereiwesen in Sachsen Anhalt 90 Halle Saale 2008 Karin Schneider Berufs und Amateurschreiber Zum Laien Schreibbetrieb im spatmittelalterlichen Augsburg In Literarisches Leben in Augsburg wahrend des 15 Jahrhunderts Max Niemeyer Tubingen 1995 ISBN 3 484 16507 3 S 8 26 Antje Schraberger Die fursorgliche Schreiberin Fehler und korrekturanalytische Studie zur Uberlieferungsstrategie der spatmittelalterlichen Lohnschreiberin Clara Hatzlerin im Lichte ihrer Reproduktion von Munsingers Falkenbuch Grazer Mediavistische Schriften Quellen und Studien Reihen Nr 4 Graz Unipress Verlag 2022 ISBN 978 3 902666 89 5 Weblinks BearbeitenClara Hatzlerin in der Bibliotheca Augustana Daten zur Person Clara Hatzlerin Digitalisat der Handschrift Cpg 478 Johannes Hartlieb Buch aller verbotenen Kunst Digitalisat der Handschrift Cpg 677 Die bekronung kaiser Fridrichs DAmalS Projekt zur Identifizierung mittelalterlicher Schreiberhande Memento vom 2 Marz 2015 im Internet Archive Liederbuch der Clara Hatzlerin Neuedition DFG ForschungsprojektEinzelnachweise Bearbeiten Ingeborg Glier Hatzlerin Klara In Verfasserlexikon Band 3 1981 ISBN 3 11 008778 2 Spalte 547 549 a b c Eduard Gebele Clara Hatzlerin In Lebensbilder aus dem Bayrischen Schwaben Band 6 Hueber Munchen 1958 S 26 37 Carl Haltaus Hrsg Liederbuch der Clara Hatzlerin Aus der Handschrift des Bohmischen Museums zu Prag Bibliothek der gesamten deutschen National Literatur von der altesten bis auf die neuere Zeit 8 Quedlinburg u Leipzig Basse 1840 S IX Karl August Barack Die Handschriften der furstlich furstenbergischen Hofbibliothek zu Donaueschingen Laupp amp Siebeck Tubingen 1865 Nr 830 S 563f Karin Schneider Berufs und Amateurschreiber Zum Laien Schreibbetrieb im spatmittelalterlichen Augsburg In Literarisches Leben in Augsburg wahrend des 15 Jahrhunderts Max Niemeyer Tubingen 1995 S 8 26 DAmalS Projekt zur Identifizierung mittelalterlicher Schreiberhande Memento vom 2 Marz 2015 im Internet Archive Signatur Clara Hatzlerin in der Handschrift Heidelberg Cpg 478 Signatur Clara Hatzlerin in der Handschrift Heidelberg Cpg 677Normdaten Person GND 118719831 lobid OGND AKS LCCN n2008082571 VIAF 27866269 Wikipedia Personensuche Anmerkung Zweite VIAF 101083990 PersonendatenNAME Hatzlerin ClaraKURZBESCHREIBUNG LohnschreiberinGEBURTSDATUM um 1430GEBURTSORT AugsburgSTERBEDATUM unsicher 1476 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Clara Hatzlerin amp oldid 228860898