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In Beromunster einem historischen Marktzentrum im Norden des Kantons Luzern befindet sich das im Mittelalter gegrundete Chorherrenstift St Michael Chorherrenstift St Michael BeromunsterInhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Grundungssage 1 2 Stiftsgeschichte 2 Ritterorden vom Hl Grab zu Jerusalem 3 Stiftskirche 3 1 Architektur und Ausstattung 3 2 Glocken 3 3 Orgeln 4 Kulturguterbestand 5 Schule 6 Pilgerort 7 Bildergalerie 8 Literatur 9 Siehe auch 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenGrundungssage Bearbeiten In der Geschichte des Chorherrenstifts entstand wegen der Namensform und Bemerkungen in fruhen Archivquellen die nicht naher verifizierbare Legende der Aargaugraf Bero habe das Stift im 10 Jahrhundert eingerichtet Stiftsgeschichte Bearbeiten Im Jahr 1036 regelte Graf Ulrich von Lenzburg die Schutzaufsicht uber das Stift und die Verfugung uber dessen Grundbesitz neu In der Schenkungsurkunde von 1036 die nicht im Original sondern nur in einer spateren Abschrift uberliefert ist wird die dem Hl Michael geweihte Chorherrengemeinschaft in der Ortschaft Beromunster zum ersten Mal erwahnt 1 Die Urkunde verweist im allgemeinen Sinn auf die Vorfahren des Grafen als Stifter der Institution Die Kirche von Beromunster diente dem aargauischen Grafengeschlecht wohl als Grabstatte 1045 bestatigte Konig Heinrich III bei seinem Aufenthalt in Solothurn die Stellung und den Grundbesitz von Beromunster Das Lenzburger Stift lag ursprunglich auf dem Gebiet der alten Dorfsiedlung Gunzwil Allmahlich entwickelte sich neben der Konventanlage eine Dorfsiedlung mit Markt und einem eigenen Rat Der Grundbesitz des Chorherrenstifts lag einerseits im Michelsamt der Region um Beromunster mit Ermensee und umfasste andererseits auch zahlreiche Guter und Rechte in einem weiten Gebiet des Mittellands vor allem in den Kantonen Luzern Aargau und Solothurn zudem in der Innerschweiz und Streubesitzungen bis in die Nord und Westschweiz und nach Suddeutschland Dazu gehorten Patronatsrechte in vielen Pfarreien Beromunster kam nach dem Aussterben der Lenzburger im Jahr 1173 an die Grafen von Kyburg Kaiser Friedrich I bestatigte umgehend mit einer ausfuhrlichen Urkunde die Besitzungen des Stifts darin sind dem Kloster gehorende Rechte und Guter in ungefahr 100 Ortschaften aufgefuhrt 2 1264 ging das Stift St Michael an die Habsburger uber Bei der Eroberung des habsburgischen Aargaus durch die Eidgenossen 1415 kam das Stift mit dem ganzen Michelsamt an Luzern Die bisher mehrheitlich adeligen Chorherren wurden nun mehr und mehr durch Sohne der Luzerner Patrizierfamilien abgelost Von deren Reichtum und Kunstverstandnis zeugen noch heute die herrschaftlichen Stiftshauser Chorhofe rings um die Kirche Von 1470 bis 1475 arbeitete im Chorherrenstift Beromunster eine Druckerwerkstatt welche der Chorherr Helias Helye geb um 1400 errichtet hat Hier wurde als erstes das lateinische Nachschlagewerk zur Bibel Mammotrectus deutsch etwa Der an der Mutterbrust Genahrte des Johannes Marchesinus alias Giovanni Marchesini gest 1299 gedruckt das Buch enthalt Erklarungen schwieriger Worter der Bibel angeordnet in der Reihenfolge der biblischen Bucher und umfasst in Kleinfolio Format 300 Blatter die Seite zu 2 Spalten und je 32 Zeilen Der Druck ist in der Schlussschrift datiert auf den Vortag vor dem St Martins Tag 1470 10 November 1470 und ist das erste im Druck datierte Buch im Gebiet der heutigen Schweiz Hain 10555 GW M20793 BSB Ink M 153 Neben einigen weiteren Drucken geistlichen Inhalts publizierte die Presse 1472 einen Tractatus De cometis des Zurcher Stadtarztes Eberhard Schleusinger um 1430 bis nach 1488 als Buchlein in 12 Blattern im 2 Format H 15512 GW 7252 BSB Ink S 202 Nach dem Tod des Chorherrn Heliae gest 20 Marz 1475 stellte die Druckerei ihre Arbeit ein 3 Die Erschutterungen beim Franzoseneinfall 1798 hat das Stift zwar uberstanden aber nicht ohne massive Einbussen Schwerer als der Verlust eines grossen Teils des Kirchenschatzes und die finanzielle Belastung durch Kriegssteuern wog die Auflosung der Feudalrechte durch die Revolution Dadurch verlor das Stift seine Besitzungen und die damit verbundenen Einkunfte Seit dem Wessenberg Konkordat von 1806 einer Ubereinkunft zwischen dem Kanton Luzern und der Regierung des Bistums Konstanz sind die 18 Chorherrenpfrunden fur betagte Geistliche der deutschsprachigen Bistumer der Schweiz reserviert Es wurden entsprechend Reformen des Stifts notwendig die unter dem Stiftspropst Franz Bernhard Goldlin von Tiefenau durchgefuhrt wurde Ritterorden vom Hl Grab zu Jerusalem BearbeitenDas Chorherrenstift Beromunster ist der juristische Sitz der Schweizerischen Statthalterei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und das St Michaelsheiligtum ihre Ordenskirche Bei der Errichtung der Statthalterei im Jahr 1950 fiel die Wahl auf Beromunster aufgrund der Verbundenheit des Stifts mit dem Heiligen Land im Laufe der Geschichte angefangen mit der Teilnahme Graf Ulrichs IV von Lenzburg am 2 Kreuzzug von 1147 sowie der Heiliglandfahrt des Chorherren Hesso II von Rynach um 1247 Vom 16 Jh an unternahmen einzelne Chorherren von Beromunster Pilgerreisen ins Heilige Land und liessen sich am Heiligen Grab in Jerusalem zum Ritter schlagen um nach ihrer Ruckreise in Liturgie Lehre und Architektur die Bedeutung des Heiligen Landes fur den christlichen Glauben hoch zu halten Auch nach der Uberfuhrung des Rittertums vom Hl Grab in einen papstlichen Ritterorden im Jahr 1868 war und ist der neue Ritterorden durch einzelne Chorherren in Beromunster prasent 4 ab 1932 auch ohne fur den Ritterschlag ins Heilige Land reisen zu mussen 5 Stiftskirche Bearbeiten nbsp Stiftskirche BeromunsterArchitektur und Ausstattung Bearbeiten Dank den archaologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen im Stiftsareal sind Uberreste von Kirchen und Kapellen aus dem Fruh und dem Hochmittelalter bekannt Demnach standen auf dem Platz der Stiftskirche des 11 Jahrhunderts bereits eine Vorgangerkirche und eine altere Kapelle die nur bis 1693 bestehende St Peters Kapelle Die Bauzeit der Stiftskirche passt nach dem baugeschichtlichen Befund offenbar in die Zeit ver der Niederschrift der Urkunde von 1036 6 Das aufgehende Mauerwerk der fruhromanischen Basilika ist im heutigen Bauwerk noch weitgehend erhalten Der Kirchturm stammt wohl aus dem 13 Jahrhundert Im 17 und 18 Jahrhundert liess das Stift die Kirche in drei Bauetappen renovieren und im barocken Stil ausschmucken Im 17 Jahrhundert entstand das reich verzierte Chorgestuhl in der Kirche 1771 bis 1775 schuf Joseph Ignaz Weiss das Heiliggrab die Deckengemalde und das Hochaltarbild Im Umkreis der Stiftskirche stehen die Chorherrenhauser Glocken Bearbeiten Im auf der Nordseite an das Kirchenschiff angebauten Kirchturm hangt ein achtstimmiges Glockengelaut aus Bronzeglocken Glocke Gussjahr Giesser Gewicht ca Schlagton1 1616 Peter VII Fussli Zurich 3150 kg h 2 1637 S K J C Renward Karl Rosier Lothringen 2050 kg cis 3 1457 Hans Peiger Basel 1620 kg e 4 1961 H Ruetschi AG Aarau fis 5 1961 H Ruetschi AG Aarau gis 6 1961 H Ruetschi AG Aarau h 7 1961 H Ruetschi AG Aarau cis 8 1522 0 180 kg e Auf allen vier Seiten des Kirchturms sind auf kleinen Schaugiebeln Zifferblatter der Turmuhr angebracht Orgeln Bearbeiten Die Stiftskirche verfugt uber drei Orgeln 7 Die Hauptorgel auf der Westempore wurde 1841 bis 1842 von dem Orgelbauer Franz Anton Kiene Langenargen erbaut und zuletzt von der Orgelbaufirma Goll Luzern restauriert und weitgehend auf den originalen Zustand zuruckgefuhrt Die Vox humana wurde rekonstruiert Das Instrument hat 29 Register auf zwei Manualwerken und Pedal Die Trakturen sind mechanisch 8 nbsp Blick auf die HauptorgelI Hauptwerk C 1 Bordun 16 2 Cornett 16 3 Principal 8 4 Coppel 8 5 Flote major 8 6 Viola 8 7 Dolcian 8 8 Gamba 8 9 Octav 4 10 Rohrflot 4 11 Flot 4 12 Quint 3 13 Mixtur 2 14 Doublett 2 II Positiv C 15 Montre 8 16 Flote douce 8 17 Quintadœn 8 18 Unda maris 8 19 Fuggari 4 20 Flote cuspito 4 21 Echo 4 22 Cymbal 2 23 Vox humana 8 Pedal C 24 Principalbass 16 25 Subbass 16 26 Violon 8 27 Subbass 8 28 Bombard 16 29 Trompon 8 Koppeln II I I PDie Epistelorgel auf der Sudempore wurde 1960 von dem Orgelbau Walter Graf Oberkirch in ein historisches Gehause von 1773 eingebaut Das Schleifladen Instrument hat 22 Register auf zwei Manualwerken und Pedal Die Trakturen sind elektrisch 9 I Hauptwerk C 1 Prinzipal 8 2 Gemshorn 8 3 Octave 4 4 Rohrflote 4 5 Octave 2 6 Mixtur IV V 1 1 3 7 Krummhorn 8 Tremolo II Positiv C 8 Rohrgedackt 6 9 Rohrflote 8 10 Salicional 8 11 Praestant 4 12 Spitzflote 4 13 Nasal 2 2 3 14 Waldflote 2 15 Terz 1 3 5 16 Zimbel III 1 17 Trompete 8 Tremolo Pedal C 18 Subbass 16 19 Zartbass 16 20 Oktave 8 21 Rohrgedackt 8 22 Choralbass 4 Koppeln II I I P II P Spielhilfen zwei freie Kombinationen drei feste Kombinationen p f tutti Absteller CrescendoDie Evangelienorgel auf der Nordempore wurde 1693 von dem Orgelbauer Johann Christoph Albrecht aus Waldshut erbaut und 1984 durch die Orgelbaufirma Goll Luzern restauriert und teilweise rekonstruiert Das Instrument hat 8 Register Regal 8 Mixtur Octav 4 Copel 8 Principal 8 Superoctav 2 Fleuten 4 Quint 3 auf einem Manualwerk kurze Oktave Das Pedal C bis h ist angehangt Die beiden sich in der Nahe des Altars befindlichen Orgeln sind nach der Epistelseite und der Evangelienseite fruheren Lagebezeichnungen in katholischen Kirchen benannt Kulturguterbestand Bearbeiten nbsp WaldkathedraleDas Chorherrenstift St Michael besitzt eine alte Bibliothek zu der auch seltene Fruhdrucke gehoren die in der Stiftsdruckerei entstanden Aus Beromunster stammt das erste datierte gedruckte Buch in der Schweiz das 1470 von Chorherr Helias Helye gedruckte Werk Mammotrectus Das Stift bewahrt bedeutende Archivquellen seit dem 11 Jahrhundert eine reich ausgestattete Schatzkammer und einen Bestand an Paramenten auf Ende des 18 Jahrhunderts wurde fur die Chorherren beim Schlossliwald ein Spaziergang angelegt der spater Waldkathedrale genannt wurde Die Anlage 140 Meter lang und 16 Meter breit bestand zu Beginn aus 94 Rosskastanienbaumen und 3500 Hagebuchen 10 Die Baumreihen bildeten den Umriss einer Kirche mit Mittel Seitenschiff und Chor Schule BearbeitenBereits im Jahre 1047 ist im Zusammenhang mit dem Stifter Ulrich I von Lenzburg eine Schule erwahnt Im Jahre 1226 lag die Schulleitung beim urkundlich erwahnten Scholasticus Ab dem spaten 16 Jahrhundert richtete sich die Schule nach dem Lehrplan der Jesuiten 11 1866 wurde die Stiftsschule zu einem Progymnasium mit Realklassen umgestaltet der heutigen Kantonsschule Beromunster 1964 wurde die Schule vom Stift losgelost und bis 1977 erfolgte der Ausbau zur vollwertigen kantonalen Maturitatsschule 12 Pilgerort BearbeitenAls traditioneller Anlass zum Pilgern gilt der Auffahrtsumritt von Beromunster am Fest Christi Himmelfahrt Er umrundet die 18 km lange ehemalige Grenze des Besitzes des Chorherrenstiftes Jahrlich nehmen tausende Pilger daran teil Auch fur individuelle Pilgerfahrten ist Beromunster ein Ziel Bildergalerie Bearbeiten nbsp Chorgestuhl in der Stiftskirche nbsp Chorherren des Stifts St Michael Beromunster nbsp Ansichtskarte Beromunster ca 1910Literatur BearbeitenJosef Blum Peter Kamber und Hans Ruedi Weber 550 Jahre Schwarze Kunst Beromunster 1470 erster datierter Druck der Schweiz Hrsg Haus zum Dolder Schlossmuseum und Stift St Michael Beromunster 2020 104 Seiten ill ISBN 978 3 033 08019 5 Helene Buchler Mattmann Das Stift Beromunster im Spatmittelalter 1976 Peter Eggenberger Das Stift Beromunster Ergebnisse der Bauforschung 1975 1983 Rex Verlag Luzern Stuttgart 1986 Gregor Egloff Herr in Munster Die Herrschaft des Kollegiatstifts St Michael in Beromunster in der luzernischen Landvogtei Michelsamt am Ende des Mittelalters und in der fruhen Neuzeit 1420 1700 Luzerner Historische Veroffentlichungen Bd 38 Luzern 2003 ISBN 3 7965 1918 0 Erster datierter Schweizer Druck Gedenkschrift zur 500 Jahr Feier in Beromunster 1470 1970 Helyas Verlag Beromunster 1970 darin Gottfried Boesch Helyas Helye von Laufen S 30 68 Helen Mattmann Inkunabelverzeichnis der Stiftsbibliothek Beromunster S 88 151 Bibliographie der Buchdruckerei in Beromunster S 170 172 ausfaltbare Stammtafel die zeigt dass Helias H unehelicher Sohn des Konrad H Stiftspropst am Fraumunster Zurich ca 1350 1423 gewesen ist Dorthe Fuhrer und Mikkel Mangold Katalog der mittelalterlichen Handschriften des Stifts Beromunster Schwabe Basel 2020 ISBN 978 3 7965 4252 7 Anton Gossi Beromunster Stift In Historisches Lexikon der Schweiz Lothar Emmanuel Kaiser Hrsg Wallfahrtsfuhrer der Schweiz Verlag Wallfahrtsfuhrer Emmen 2013 Theodor von Liebenau Urkundenbuch des Stiftes Bero Munster I Band 1036 1312 Stans 1906 Andre Meyer Stift und Stiftskirche St Michael Beromunster Schweizerische Kunstfuhrer Nr 669 Hrsg Gesellschaft fur Schweizerische Kunstgeschichte GSK Bern 2000 ISBN 978 3 85782 669 6 Siehe auch BearbeitenListe bekannter Sendeanlagen Liste der Kulturguter in BeromunsterWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Chorherrenstift St Michael Beromunster Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Veroffentlichungen zu Beromunster im Opac der Regesta Imperii Offizielle Website des Chorherrenstifts St Michael BeromunsterEinzelnachweise Bearbeiten Theodor von Liebenau Urkundenbuch des Stiftes Bero Munster I Band 1036 1312 Stans 1906 S 65 Urkunde in lateinischer Sprache Liebenau 1906 S 75 Ferdinand Geldner Die deutschen Inkunabeldrucker ein Handbuch der deutschen Buchdrucker des 15 Jahrhunderts nach Druckorten Verlag Anton Hiersemann Stuttgart 1968 1970 2 Bande ISBN 3 7772 6825 9 Band 1 S 185 Martin Germann Mittelalterliche Hilfsmittel zum Bibelstudium Wie benutzte man eine karolingische Glossenhandschrift Codex 258 der Burgerbibliothek Bern und den Mammotrectus Beromunster 1470 In Librarium Zeitschrift der Schweizerischen Bibliophilen Gesellschaft Jg 47 2004 Heft 3 S 134 148 mit Abb S 137 140 doi 10 5169 seals 388767 Joseph Suter Stift St Michael Beromunster amp der Ritterorden vom Hl Grab 2 Auflage Beromunster 2017 OCLC 1130770379 Geschichte In www oessh ch Abgerufen am 17 November 2020 Eggenberger 1986 S 18 Informationen zu den Orgeln Informationen zur Hauptorgel Informationen zur Epistelorgel Chorherrenstift Beromunster Schlossliwald Stiftswalder In stiftberomuenster ch wald 2011 abgerufen am 20 Juli 2020 Anton Gossi Beromunster Stift In Historisches Lexikon der Schweiz Pirmin Meier Schola Beronensis 150 Jahre Kantonale Mittelschule Beromunster 201647 20603 8 189733 Koordinaten 47 12 21 7 N 8 11 23 O CH1903 656906 228615 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chorherrenstift St Michael Beromunster amp oldid 234685794