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Die Chemische Fabrik Rhenania AG ist eine ehemalige Soda und Schwefelsaurefabrik die 1852 im Stolberger Stadtteil Atsch von Friedrich Wilhelm Hasenclever gegrundet und nach den Zerstorungen im Zweiten Weltkrieg stillgelegt wurde Die zu diesem Unternehmen gehorende Rhenania Halde existiert allerdings nach wie vor und stellt als Altlast ein erhebliches Umweltrisiko dar welches hohe Kosten verursacht Chemische Fabrik Rhenania AG und Rhenania Halde Inhaltsverzeichnis 1 Ara Friedrich Wilhelm Hasenclever 2 Ara Robert Hasenclever 3 Ara Max Hasenclever 4 Altlast Rhenania Halde 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAra Friedrich Wilhelm Hasenclever BearbeitenIm Jahr 1850 kam der studierte Chemiker und Besitzer einer Aachener Apotheke nach Stolberg wo er im Ortsteil Atsch in relativer Nahe zur Grube Atsch von der er die Kohle bezog zunachst die Waldmeisterhutte grundete 1 Hier bereitete er mit Hilfe von Rostofen die im Stolberger Raum in ausreichendem Masse vorhandene Zinkblende zur Verhuttung auf Dabei entwickelte er ein Verfahren um aus dieser Zinkblende Schwefelsaure herzustellen wodurch der zuvor ubliche Import von Schwefel und Schwefelkies unnotig wurde Bereits zwei Jahre spater gelang es Hasenclever zusammen mit den Unternehmern Max Braun und Eugene Godin welche er auf einem Galmeibergwerk in Altenberg dem heutigen Kelmis kennengelernt hatte sein Unternehmen welches dann als Hasenclever amp Co firmierte massgeblich zu erweitern und sie begannen mit Hilfe des Leblanc Verfahrens Schwefelsaure zu Soda zu verarbeiten Unter der Leitung Hasenclevers entwickelte sich nun ein bedeutendes Unternehmen welches 1856 in die Aktiengesellschaft Chemische Fabrik Rhenania AG umgewandelt wurde Im Jahr 1863 gelang es dem Werk als erstes Unternehmen Deutschlands aus Uberresten der Sodaproduktion Schwefel zu regenerieren Nur ein Jahr spater widmete sich die Rhenania auch der Produktion von Chlorbarium Wasserglas Mineraldunger Superphosphate Sulfate und Glaubersalz Ebenfalls 1864 ubernahm das Unternehmen noch die unter Liquidation stehende Fensterglashutte von der Firma Stolberger Glashuttengesellschaft Emil Rabe amp Co auf der Schneidmuhle die bereits 1861 mit der Glashutte in Nievelstein bei Herzogenrath zusammengelegt worden war 2 Die Rhenania brachte zwischenzeitlich das bei ihr praktizierte Leblanc Verfahren auf einen weltweit anerkannten hohen Standard und konstruierte dazu eigene Anlagen wie beispielsweise den Sodarevolver 3 die Thelen Pfanne 4 zum Eindampfen der Sodalauge bei der mittels mechanisch bewegter Kratzer ein Festbrennen der Soda verhindert wurde und der Hasenclever sche Zylinderapparat zur kontinuierlichen Herstellung von Chlorkalk Nachdem 1865 das Solvay Verfahren von Ernest Solvay entwickelt worden war welches das Leblanc Verfahren ablosen sollte versuchte der ab 1866 bei der Rhenania eingestellte Betriebsleiter Moritz Honigmann eine moderne Laboranlage zur Herstellung von Ammoniaksoda nach diesem neuen Verfahren zu installieren Die Firma weigerte sich jedoch aus betriebswirtschaftlichen Grunden dieses modernere Verfahren zur Produktion von Soda einzusetzen und Honigmann verliess daraufhin 1868 das Unternehmen und errichtete zwei Jahre spater auf dem Gelande der Konigsgrube im Wurselener Ortsteil Grevenberg die erste deutsche Ammoniaksoda Fabrik Als Begrundung fur ihre Ablehnung gab die Rhenania AG an dass das erforderliche Ammoniak von auswartigen Gasfabriken oder Kokereien hatte bezogen werden mussen und dass die im Werk weiterhin anfallende Schwefelsaure die dann fur die Sodaproduktion wegfiele nicht mehr in ausreichendem Masse und zu einem wirtschaftlichen Preis hatte abgesetzt werden konnen Ausserdem wurde sich bei der Solvay Methode das im Kochsalz enthaltene Chlor an Kalzium binden und damit ebenfalls jeglicher weiterer Nutzung entziehen Das Chlor war fur die Rhenania uberlebenswichtig da sie mit den Gewinnen aus ihren Chlorprodukten die Verluste aus der Sodaproduktion wettmachen konnten die in den 1860er Jahren von einem internationalen Preisverfall betroffen waren Der Nachteil dieser Entscheidung war allerdings dass die beim Leblanc Verfahren in grossem Masse anfallenden Abfallprodukte auf der benachbarten Rhenania Halde deponiert werden mussten und bis in die heutige Zeit ein erhebliches Umweltproblem darstellen Am 25 Dezember 1874 verstarb der Firmengrunder Friedrich Wilhelm Hasenclever und sein Sohn Robert Hasenclever der bereits nach Abschluss seines Ingenieurstudiums ab 1864 im vaterlichen Betrieb tatig gewesen war wurde neuer Leiter der Rhenania Ara Robert Hasenclever BearbeitenRobert Hasenclever ubernahm ein wirtschaftlich gut aufgestelltes Unternehmen dem lediglich noch die Anbindung an das Schienennetz fehlte Hasenclever setzte sich deshalb vorrangig dafur ein dass schon ein Jahr spater die Chemische Fabrik Rhenania AG mit einem Werkgleis abgehend vom Bahnhof Stolberg Atsch an das Schienennetz der Aachen Julicher Eisenbahn Gesellschaft angeschlossen werden konnte Im Jahr 1882 erhielt dann die Rhenania das Patent fur einen von ihren Ingenieuren entwickelten Rhenania Rostofen welcher in den nachsten Jahrzehnten weltweit Verwendung zum Rosten von Zinkblende fand 5 Im Jahr 1873 erweiterte Hasenclever seine Fabrikation durch den Ankauf des im gleichen Jahr stillgelegten vormaligen Messingwalzwerks Atscher Muhle und richtete dort eine Fassbinderei zum Abfullen der chemischen Produkte ein Schliesslich ubernahm er im Jahr 1887 Teile der Chemischen Fabrik Rheinau im Mannheimer Stadtbezirk Rheinau die seit 1873 ebenfalls nach dem Leblanc Verfahren Soda und Pottasche herstellte aber 1884 ihre Produktion mangels Rentabilitat einstellen musste Vor der Ubernahme wurde das Unternehmen noch grundlegend saniert und anschliessend mit modernsten Maschinen ausgestattet In den Folgejahren fand hier schwerpunktmassig die Herstellung von Salzsaure und ihrer Nebenprodukte sowie ab den 1890er Jahren die Produktion von Schwefel und Salpetersaure Chlorkalk und Natriumsulfat statt 6 Nachdem von 1891 bis 1896 der Chemiker Friedrich Quincke als Betriebsleiter bei der Rhenania eingestellt worden war begann das Unternehmen Mitte der 1890er Jahre mit der Produktion von Pankreatin Dieses diente zum einen als Medikament bei Verdauungsbeschwerden und ersetzte zum anderen ab 1907 als Beizmittel den auf Grund seines Gehaltes an Trypsin in Gerbereien verwendeten Hundekot Im Gegenzug verausserte Hasenclever im Jahr 1899 die von seinem Vater erworbene Fensterglashutte an die Glashutte vorm Gebr Siegwarth amp Co AG in Stolberg welche diese dann noch bis 1928 weiterbetrieben Am 28 Juni 1902 verstarb Robert Hasenclever und sein Sohn Max Hasenclever 1939 ubernahm in dritter Generation und als Mitglied eines dreikopfigen Direktoriums die zu einem Grossbetrieb aufgestiegene Chemische Fabrik Rhenania AG Ara Max Hasenclever BearbeitenDie Ara Max Hasenclevers war vor allem gekennzeichnet durch zahlreiche Fusionen und Neuausrichtungen mit dem Zweck den Fortbestand der Rhenania anbetracht eines sich vor allem nach dem Ersten Weltkrieg neu aufzustellenden Marktes zu sichern Zunachst trennte sich Hasenclever im Jahr 1912 von der ehemaligen Chemischen Fabrik Rheinau in Mannheim welche zu diesem Zeitpunkt rund 320 Mitarbeiter beschaftigte und ubertrug diese an die von dem Industriellen Theodor Goldschmidt gefuhrte Th Goldschmidt AG der auf der Suche nach einer sicheren Belieferung mit Vorprodukten und Schwerchemikalien war Im Jahr 1917 ubernahm die Rhenania AG die 1890 von Walter Feldt gegrundete Chemische Fabrik Honningen vorm Walther Feld amp Co KG in Bad Honningen und war im gleichen Zeitraum zusammen mit den Kaliwerken Friedrichshall AG an der Grundung der Claus Schwefel GmbH in Bernburg an der Saale beteiligt die Schwefel nach dem Claus Verfahren herstellten Drei Jahre spater folgte der Zusammenschluss der Rhenania AG mit dem Verein Chemischer Fabriken in Mannheim mit Hauptsitz in Aachen und Zweigniederlassung in Mannheim sowie 1925 mit der Chemische Fabrik Kunheim amp Co AG mit Sitz in Berlin woraufhin das Unternehmen in Rhenania Kunheim Vereinigte Chemische Fabriken AG umfirmiert und die Zentrale in Berlin eingerichtet wurde 7 Wiederum nur drei Jahre spater fusionierte schliesslich die Rhenania Kunheim mit der Kaliwerke Neu Stassfurt Friedrichshall AG welche 1921 ihrerseits durch den Mehrheitserwerb der Kaliwerke Friedrichshall AG an den Kaliwerken Neu Stassfurt in Sachsen Anhalt entstanden war Gemass Hauptversammlungsbeschluss vom 6 September 1928 wurde diese neue Unternehmenskonstellation nun zu Kali Chemie AG mit Sitz in Berlin umbenannt 8 in der sich sowohl die Sodaherstellung als auch die hierzu erforderliche Gewinnung von Steinsalz in einer Hand befanden Erhalten blieb der ursprungliche Firmenname des Stolberger Unternehmens in dem seit 1918 hergestellten Produkt Rhenania Phosphat welches aus belgischem Kreidephosphat und Phonolith hergestellt wurde Nachdem im Jahr 1939 Max Hasenclever verstorben war wurde bedingt durch den beginnenden Zweiten Weltkrieg die Produktion schrittweise an die neuen Verhaltnisse angepasst Dazu wurden unter anderem die Raumlichkeiten der Fassbinderei auf dem Gelande der ehemaligen Atscher Muhle als Lager und Arbeitsstatte fur Juden genutzt die 1942 von dort in die Vernichtungslager deportiert wurden sowie fur russische ukrainische und polnische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene 9 In den nun folgenden Kriegsjahren wurde das Stolberger Werk nahezu vollig zerstort und die Kali Chemie verzichtete daraufhin nach dem Krieg auf einen Wiederaufbau dieses Traditionsunternehmens Die Kali Chemie selbst wurde seit 1992 zu 100 in den Unternehmensbereich der Solvay GmbH integriert nachdem diese bereits seit 1954 Hauptaktionar der Kali Chemie AG geworden war wodurch Solvay unter anderem Rechtsnachfolgerin und Eigentumerin auch der Rhenania Halde und deren Umweltproblematik wurde Altlast Rhenania Halde Bearbeiten nbsp Rhenania HaldeSeit Anbeginn ihrer Produktion bis zu ihrer Stilllegung hatte die Chemische Fabrik Rhenania AG die Ruckstande aus ihrer Sodaproduktion und andere Abfallprodukte in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Industriehalde aufgeschichtet die auf einer Grundflache von ca 78 000 m mit einem Volumen von ca 2 6 Mio Kubikmetern auf eine Hohe von 38 Metern angewachsen war und noch heute das Ortsbild pragt Diese Halde setzt sich zusammen sowohl aus anorganischen Calciumsalzen und Calciumsulfiden wobei jeweils pro produziertem Kilogramm Soda ein Kilogramm Calciumsulfid angefallen war als auch aus Schlacken aus der Metallverhuttung Aschen aus Feuerungsanlagen Bauschutt aus Gebaudeabrissen und Fehlchargen aus der Produktion Anfallende und in die Halde versickernde Niederschlage bewirken eine Losung verschiedener Substanzen aus dem Innern der Halde vor allem von Sulfiden und Sulfaten welche zu schwefelhaltigem Sickerwasser mit einer entsprechenden Belastung des Grundwassers sowie zu einer enormen Geruchsbelastigung fuhrten Ausserdem war bis zum Start der unten beschriebenen Sanierungsmassnahmen die Standsicherheit der Halde gefahrdet Dennoch hatte sich die Natur uber Jahrzehnte hinweg die Halde zuruckerobert und diese ist heute als uberregional bedeutsamer Standort von teilweise sehr seltenen Orchideenarten bekannt wie beispielsweise Sumpf Stendelwurz Zweiblatt Waldhyazinthen und den Knabenkrautern die allesamt dem gesetzlichen Artenschutz unterliegen Daruber hinaus wurde ab Mitte des 20 Jahrhunderts eine heute nicht mehr existente Kartbahn auf der Halde eingerichtet wodurch diese zwischenzeitlich als lokaler Eventplatz genutzt wurde Erst 2007 entschlossen sich die Stadteregion Aachen der Altlasten Sanierungsverband NRW und die Solvay Deutschland GmbH die Rhenania Halde aufwandig und unter Berucksichtigung des Artenschutzes zu sanieren 10 Dabei wurden zunachst Oberflachenabdichtungen vorgenommen und Drainagen fur das Sickerwasser verlegt welches in einem Haldengraben aufgefangen und einem neu installierten Bioreaktor zugefuhrt wird Dort wird das verunreinigte Wasser umweltgerecht gereinigt und uber dem naheliegenden Saubach der Inde zugefuhrt Daruber hinaus wurden die Wege der stillgelegten Kartbahn renaturiert und die Halde selbst mit 13 000 Kubikmetern Erdreich nivelliert sowie die Boschungen stabilisiert Anschliessend folgte eine Bepflanzung mit mehreren Tausend Douglasien die in erheblichem Masse Feuchtigkeit aufsaugen und verdunsten konnen wodurch der Sickerwasseranteil mittlerweile um mehr als 50 verringert werden konnte 11 Im Jahr 2013 betrugen die Gesamtkosten bis dahin noch nicht vollstandig abgeschlossenen Sanierungsarbeiten auf mehr als 10 Millionen Euro wobei die Solvay GmbH etwa die Halfte der Kosten trug Hinzu kamen noch die laufenden Folgekosten fur den Betrieb des Bioreaktors und der weiteren Instandhaltung der aufgeforsteten Halde Literatur BearbeitenO Schulte Rhenania Verein Chemischer Fabriken Aktiengesellschaft Aachen Dt Architektur und Industrie Verlag DARI 1925 Fritz Rusberg Funfzig Jahre Kali Chemie Aktiengesellschaft Kali Chemie AG 1949Weblinks BearbeitenFriedrich Holtz Die chemischen Fabrik Rhenania in Stolberg Bericht auf den Seiten des Heimat und Geschichtsvereins Stolberg Chemische Fabrik Rhenania AG Bericht auf stolberg abc de Sodaherstellung und Chemische Fabrik Rhenania Bericht auf stolberg abc de Chronologie der Rhenania bei Albert GieselerEinzelnachweise Bearbeiten Waldmeisterhutte Stolberg Atsch Bericht auf stolberg abc de Glashutte Schneidmuhle Bericht auf stolberg abc de Sodarevolver Bericht auf stolberg abc de Thelen Pfanne Bericht auf stolberg abc de Rhenania Rostofen Bericht auf stolberg abc de Geschichte der Chemischen Fabrik Rheinau auf den Seiten der EVONIK Harold James Georg Solmes ein deutscher Bankier Schriftenreihe zur Zeitschrift fur Unternehmensgeschichte Bd 25 C H Beck Aktie Kali Chemie mit Firmenhistorie Gedenktafel im Berthold Wolff Park Bericht auf stolberg abc de Sarah Ritter Sanierung eines Biotops Die Rhenania Halde in Stolberg Atsch Situationsbericht auf silo tips vom 18 Februar 2016 Mirijana Bulic Vorlage 2015 0328 betr der Sanierung der Rhenania Halde in Stolberg und Wasserfarbung im Saubach Burgerinformationssystem auf den Seiten der Stadteregion Aachen vom 26 August 2015Normdaten Korperschaft GND 3048740 7 lobid OGND AKS VIAF 142821317 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chemische Fabrik Rhenania amp oldid 230937043