www.wikidata.de-de.nina.az
Der Claus Prozess ist ein Verfahren zur industriellen Herstellung von Schwefel aus Schwefelwasserstoff 1 Schwefelwasserstoff ist Bestandteil von sogenanntem saurem Erdgas Sauergas das zum Beispiel in Norddeutschland bei Oldenburg in der kanadischen Provinz Alberta bei Calgary sowie in der chinesischen Provinz Sichuan gefordert wird Schwefelwasserstoff entsteht aber vor allem bei der grosstechnisch durchgefuhrten hydrierenden Entschwefelung von Erdol in praktisch allen Raffinerien weltweit In Raffinerien entstehen erhebliche Mengen an Schwefelwasserstoff auch bei Konversionsprozessen die ohne Wasserstoff auskommen zum Beispiel beim Cracking im Steam Cracker Durch den Claus Prozess in Alberta hergestellter Schwefel wartet im Hafen von Vancouver auf seine Verschiffung Saures Erdgas besteht aus Erdgas hauptsachlich CH4 und anderen Kohlenwasserstoffen und H2S sowie sonstigen Bestandteilen wie etwa H2O CO2 Thiolen sowie COS und CS2 Da fur den Claus Prozess ein relativ hoher H2S Gehalt des Gases erforderlich ist gt 40 wird das H2S zunachst aus dem Erdgas selektiv herausgewaschen z B mit Methyldiethanolamin MDEA oder Diisopropylamin und dann aus der Waschlosung durch Erhitzen freigesetzt Aminwasche Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Verfahren 3 Literatur 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDas Claus Verfahren wurde ursprunglich 1883 dem deutsch britischen Chemiker Carl Friedrich Claus patentiert und zwar sowohl in Deutschland als auch in England 2 Ursprunglich wurde es zur Ruckgewinnung von Schwefel aus Calciumsulfid bei der Natriumcarbonat Produktion aus Pflanzen verwendet Heutzutage wird nur noch der modifizierte Claus Prozess durchgefuhrt der in den fruhen 1930er Jahren von der deutschen IG Farben entwickelt wurde 3 Weltweit wurden im Jahr 2014 ca 52 8 Mio t Schwefel produziert verteilt auf viele Lander wie folgt Daten in Mio t China 10 5 USA 9 6 Russland 7 3 Canada 5 9 Deutschland 3 8 Japan 3 3 Saudi Arabien 3 3 Indien 2 8 Kasachstan 2 7 Iran 2 1 Vereinigte Arabische Emirate 1 9 Mexiko 1 8 Chile 1 7 Sudkorea 1 4 Polen 1 1 gefolgt von Frankreich Australien Venezuela Kuwait und anderen Fur 2015 wurde die globale Schwefelproduktion auf uber 70 Mio t geschatzt der uberwiegend bei der Entschwefelung von Erdgas und Rohol anfallt Claus Schwefel 4 Verfahren BearbeitenDer grundlegende chemische Prozess kann durch folgende drei Gleichungen beschrieben werden 5 wobei die angegebenen Reaktionsenthalpien fur gasformige Reaktionspartner bei 1 bar Druck und 298 K gelten 6 Der in der Aminwasche abgetrennte Schwefelwasserstoff wird aus der Waschlosung ausgetrieben Ein Drittel dieses Schwefelwasserstoffgases wird im Claus Ofen mit Prozessluft zu Schwefeldioxid verbrannt indem so viel Sauerstoff in Form von Luft oder mit Sauerstoff angereicherter Luft dosiert wird dass folgende Stochiometrie erfullt wird I H 2 S 3 2 O 2 S O 2 H 2 O D H 0 518 0 k J m o l displaystyle mathrm H 2 S 3 2 O 2 longrightarrow SO 2 H 2 O qquad Delta H 0 518 0 frac mathrm kJ mathrm mol nbsp Ein Teil des ubrigen Schwefelwasserstoffs reagiert mit dem entstandenen SO2 unter Komproportionierung zu elementarem Schwefel in der Molekulgrosse S2 II 2 H 2 S S O 2 3 2 S 2 2 H 2 O D H 0 47 3 k J m o l displaystyle mathrm 2 H 2 S SO 2 longrightarrow 3 2 S 2 2 H 2 O qquad Delta H 0 47 3 frac mathrm kJ mathrm mol nbsp Der restliche Schwefelwasserstoff wird mit dem verbliebenen SO2 bei tieferer Temperatur katalytisch zu elementarem Schwefel umgesetzt hauptsachlich S8 III 2 H 2 S S O 2 3 8 S 8 2 H 2 O D H 0 107 2 k J m o l displaystyle mathrm 2 H 2 S SO 2 longrightarrow 3 8 S 8 2 H 2 O qquad Delta H 0 107 2 frac mathrm kJ mathrm mol nbsp Das technische Verfahren besteht folglich aus drei Stufen 1 1 Thermische Stufe In einem Claus Ofen wird durch teilweises Verbrennen des H2S mit Luft oder einem Luft Reinsauerstoff Gemisch die benotigte Menge SO2 erzeugt Reaktion I ca 950 1200 C Zentraler Teil des Ofens ist der Brenner Burner der die Reaktionsgase optimal vermischt F1 siehe Abb 1 Das entstehende SO2 reagiert bereits im Claus Ofen teilweise mit dem vorhandenen H2S zu elementarem Schwefel der wegen der hohen Temperatur zunachst als S2 anfallt Reaktion II Hinter dem Claus Ofen wird das Gasgemisch in einem Warmeaustauscher mit Kesselspeisewasser KSW auf ca 300 C abgekuhlt wobei Dampf erzeugt wird Durch die Kuhlung wird der erzeugte Schwefel flussig abgeschieden wobei die S2 Molekule zu einem Gemisch von Ringmolekulen wie S8 S7 und S6 oligomerisieren Ungefahr 60 70 der maximal moglichen Schwefelmenge werden bereits hier gewonnen sofern der H2S Gehalt des Feed Gases ausreichend hoch ist Hinter dem ersten Schwefelabscheider besteht das Gas dann uberwiegend aus Stickstoff Wasserdampf H2S und SO2 nbsp Fliessschema einer Claus Anlage zu Herstellung von elementarem Schwefel SRE Sulfur Recovery Efficiency 2 Katalytische Stufen In zwei oder drei aufeinander folgenden katalytischen Stufen wird nach Reaktion III weiterer Schwefel gewonnen Bei dieser exothermen Gasphasen Reaktion handelt es sich um einen Gleichgewichtsprozess wobei das Gleichgewicht bei niedrigen Temperaturen am weitesten auf der Seite des elementaren Schwefels liegt Zur Beschleunigung der Gleichgewichtseinstellung wird synthetisches Aluminiumoxid oder Titandioxid als Katalysator eingesetzt Die Austrittstemperaturen der katalytischen Reaktoren werden hoch genug eingestellt um ein Kondensieren von Schwefeldampf auf dem Katalysatormaterial und damit dessen Deaktivierung sicher zu vermeiden Um eine maximale Ausbeute bei gleichzeitig akzeptabler Reaktionszeit zu erzielen liegt die Temperatur in ersten Reaktor R bei 305 350 C im zweiten bei ca 225 C und im dritten bei 180 200 C Hinter jedem Reaktor wird der erzeugte Schwefel durch Kuhlung des Gasgemischs flussig abgeschieden K1 bis K3 wonach das verbleibende Gas aber wieder in einer Vorwarmstufe W1 bis W3 auf die notwendige Reaktionstemperatur aufgeheizt werden muss sofern noch ein weiterer Reaktor angeschlossen ist Der erste katalytische Reaktor hat daruber hinaus die Funktion Kohlendisulfid und Carbonylsulfid hydrolytisch zu zersetzen wozu eine moglichst hohe Temperatur erforderlich ist IV C S 2 2 H 2 O 2 H 2 S C O 2 displaystyle mathrm CS 2 2 H 2 O longrightarrow 2 H 2 S CO 2 nbsp V C O S H 2 O H 2 S C O 2 displaystyle mathrm COS H 2 O longrightarrow H 2 S CO 2 nbsp Die gesamte Ausbeute an Schwefel betragt bei zwei katalytischen Stufen ca 95 wahrend bei drei Stufen bis zu 98 des Schwefels gewonnen werden konnen Der erzeugte von gelostem H2S befreite Flussigschwefel wird in dampfbeheizten Behaltern gelagert und transportiert er ist so rein dass er ohne weitere Nachreinigung z B direkt zur Herstellung von Schwefelsaure herangezogen werden kann Insgesamt erzeugt eine Claus Anlage mehr Energie in Form von Dampf als sie selbst verbraucht 3 Im Claus Endgas hinter der letzten katalytischen Stufe befinden sich neben N2 Wasserdampf Wasserstoff CO und CO2 immer noch Spuren von Schwefeldampf sowie SO2 COS CS2 und H2S die entfernt werden mussen um Geruchsbelastigungen und Umweltschaden zu minimieren die Geruchsschwelle fur H2S liegt bei nur 0 1 ppm Hierzu sind mehr als ein Dutzend unterschiedliche Varianten zur Feinentschwefelung im Einsatz In hohem Masse durchgesetzt hat sich mittlerweile ein Feinentschwefelungsverfahren welches auf der hydrierenden Umsetzung aller vorhandener Schwefelkomponenten zu H2S basiert Letzteres wird in einer nachgeschalteten Waschstufe mit Hilfe einer Aminlosung typischerweise wasserhaltiges MDEA selektiv ausgewaschen und damit als konzentrierter H2S Strom gewonnen welcher in den Claus Ofen geleitet wird Damit sind Schwefelruckgewinnungsraten von uber 99 8 realisierbar das heisst Spitzenwerte im Vergleich zu anderen Feinentschwefelungsprozessen wie z B katalytische H2S Oxidation mit Hilfe von Luft oder SO2 Allerdings muss diese Leistungsfahigkeit bezuglich der Minimierung von SO2 Emissionen durch relativ hohen apparativen sowie energetischen Aufwand erkauft werden Da auch nach der Feinentschwefelung noch mit geringen Konzentrationen von Schwefelverbindungen wie z B H2S im Prozessgas zu rechnen ist wird dieses abschliessend einer katalytischen oder haufiger thermischen Luftoxidation unterworfen so dass praktisch alle Schwefelkomponenten zu SO2 umgesetzt werden welches dann schliesslich emittiert wird Literatur BearbeitenRalf Steudel Elemental Sulfur and Sulfur Rich Compounds Top Curr Chem Vol 230 Springer Berlin 2003 ISBN 3 540 40191 1 F P Springer Uber Schwefel und Schwefelwasserstoff Zur Geschichte dieser Bestandteile von Erdgasen Erdol Erdgas Kohle 2011 Heft 10 S 382 388 Linde Broschure Sulfur Process Technology 2012 PDF Siehe auch BearbeitenFrasch VerfahrenEinzelnachweise Bearbeiten a b Bernhard Schreiner Der Claus Prozess Reich an Jahren und bedeutender denn je In Chemie in unserer Zeit Band 42 Nr 6 Dezember 2008 S 378 392 doi 10 1002 ciuz 200800461 Ralf Steudel Lorraine West Vita of Carl Friedrich Claus inventor of the Claus process for production of sulfur from hydrogen sulfide online Dokument von 2015 verfugbar auf der Plattform ResearchGate net Hans Baehr Gas Purification by the Alkacid Process and Sulfur Recovery by the I G Claus Process Refiner amp Natural Gasoline Manufacturer 1938 Vol 17 6 p 237 244 Mineral Commodity Summary 2016 Ralf Steudel Chemie der Nichtmetalle de Gruyter Berlin 2013 ISBN 978 3 11 030439 8 S 465 466 Berechnet aus den Enthalpie Daten der NIST Datenbank Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Claus Prozess amp oldid 204200147